Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.07.1926
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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182, 3, Juli 1926. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel laufen. An diesem Schleifstein schliff nun feine Frau den Faserstoff, und so ließen sich größere Mengen schneller Herstellen. Zu seinen weiteren Versuchen verfertigte er sich auch einen Schöpfrahmen aus Messingdraht mit siebartigem Boden, schnitt dazu Filze zum Trocknen und Anspresscn und auch noch andere sinnreiche Vorrichtungen. Nun mehr erhielt er durch seine eigene eifrige Weiterarbeit ganz vorzüg liche Ergebnisse, sodaß sein auf diese Weise erzieltes Papier dem Hadernpapier ziemlich gleichkam. Da er am Tage am Webstuhl stehen mußte, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, konnte er sich nur in seinen freien Stunden seinen Erfindungen widmen und mußte oft die Nachtstunden opfern. Keller lieferte den erzeugten Rohstoff an die Papiermühle zu Alt-Chemnitz ab, wo er, mit einem Drittel Hadernstoff vermischt, zu Papier verarbeitet wurde. So entstanden die ersten sechs Ries großes Schreibpapier, die teilweise zum Druck des »Frankenberger Kreisblattes« verwendet wurden. Es wird sich hier um den Fabrikanten H. Völker handeln, der das Fabrikat Kellers weiterverarbeitete und praktisch verwertbar machte. Tie erste Holz schleiferei baute im Jahre 1860 die Firma Kauffmann L Nudel in Hütten (Sachsen). Sie verkaufte den Holzstoff an die Papierfabrik. Leider war es Gottlob Keller nicht vergönnt, den Lohn für seine Er findung zu ernten, da es ihm nicht möglich war, Kapital zu deren Ausnutzung zu erhalten. Sogar die wenigen Ersparnisse, die er sich als armer Weber zusammengctragen hatte, gingen ihm bei seinen Versuchen verloren, sodaß er, vollständig mittellos, als armer Hand werker in den dürftigsten Verhältnissen in Krippen bei Schandau, wo er seit 1853 lebte, am 8. September 1895 starb. Keller hat leider das Los so vieler bedeutender Erfinder teilen müssen. Im allgemeinen ist die Hcrstellungsweise des Holzstoffes bis heute noch in den Grundbedingungen die gleiche geblieben wie zu Kellers Zeiten. Die fabrikmäßige Herstellung des auf mechanischem Wege durch Schleifen in der Holzschneidcrei gewonnenen Holzstoffs zerfällt in drei Hauptoperationcn: das Schleifen, das Sortieren und das Raffinieren des abgeschliffenen Stoffes und das Entwässern des selben. Um schönen Holzstoff herzustellcn, bedarf es eines jungen, schwammig gewachsenen Holzes, das möglichst ergiebig an reiner Zellu lose ist. Nadelhölzer liefern einen härteren, mehr gelblichen, Laub hölzer einen weicheren, weißen Holzstoff. Hauptsächlich finden von den erstgenannten die Fichte, die Kiefer, sowie auch die Tanne, von den Laübhölzcrn die Esche, seltener die Birke und die Linde bei der Holzstoff-Fabrikation Verwendung. Die Vorrichtung des Holzes zum Schleifen geschieht, indem man es sorgfältig entrindet und von den Astknoten befreit: dann zersägt man es aus Kreissägen in Stücke gleich der Breite des Schleifsteins und spaltet diese noch in zwei oder drei Teile. Die Herstellung des Holzschliffs erfolgt in wälder reichen Gegenden mit möglichst starken Wasserkräften, daher vorzugs weise in Gebirgstälern. Gewaltige Mengen an Holz sind im Laufe der Jahre zu Papierstoff bzw. Holzstoff verarbeitet worden. Im Jahre 1913 also ein Jahr vor Beginn des Weltkrieges — wurden ans der ganzen Welt insgesamt 38 Millionen Festmeter Holz im Werte von 500 Millionen Mark zur Papierherstellung verwendet. Davon lieferten die Vereinigten Staaten 1600 000 Tonnen, Kanada 210 000 Tonnen, Schweden 740 000 Tonnen, Norwegen 280 000 Tonnen, Deutschland 700 000 Tonnen und Österreich-Ungarn 260 000 Tonnen. In den letzten Jahren hat die Druckpapiererzcugung in Kanada ganz außerordentlich zugenommen. Der seit über 25 Jahren bestehende Verband Deutscher Druckpapierfabriken erzeugt pro Jahr allein 400 000 Tonnen Zeitungsdruckpapier. Hierzu kommt noch die Produktion der übrigen deutschen Fabriken für Zeitungsdruckpapier, die in der Firma Vereinigte Ningfreie Zeitungsdruckpapier-Fabriken G. m. b. H. znsaminengeschlossen sind. Die Erzeugung dieser Fabriken wird im wesentlichen von der von Zeitungsverlegern gegründeten Handels gesellschaft Deutscher Zeitungs-Verleger vertrieben. Schon seit Jah ren wird die Frage verneint, ob für die Zukunft auch genügend Papier holz auf der Erde zur Verfügung steht. Man rechnet damit, daß die nie ruhende chemische Industrie einen Ersatz liefern wird, der vielleicht noch besser und haltbarer als Holzstoff ist und nicht mehr, sondern gar noch weniger kostet. In einen sehr starken Wettbewerb mit dem Holzstoff ist im Laufe der Jahre die Zellulose getreten, die auf chemischem Wege durch Kochen gewonnen wird. Sehr lebhaft waren die Bemühungen der Techniker und Chemiker, Pflanzenfasern durch chemische Prozesse auf zuschließen. Bereits 1863 erhielt der Amerikaner Tilghman ein Patent, nach welchem Holz durch Kochen mit Chemikalien in Zell stoff umgewandclt wurde. Nach 1870 begann die Entwicklung des ge bleichten Strohstoffs. Professor A. Mitscherlich in Hannov.-Münden gelang es, in späteren Jahren das Tilghmansche Patent so auszu- 840 angesehen werden kann. In einer kleinen, von der Papiergroßhandlung C. F. Vieweg in Chemnitz und Arnstadt ihren Geschäftsfreunden ge widmeten Broschüre wird u. a. ausgeführt, daß die Einführung des Holzschliffs und die Herstellung des Zellstoffs eine gewaltige Um wälzung der ganzen Fabrikationsverhältnisse mit sich brachte, denn nun erst war man unabhängig von dem schon lange nicht mehr zu reichenden Anfall an Lumpen. Durch die Verarbeitung dieser in fast unbegrenzter Menge zu beschaffenden Rohstoffe konnte die Papier fabrikation auf die heutige hohe Stufe quantitativer Leistungsfähigkeit gebracht werden. Hierbei kommt ein wesentliches Verdienst dem rastlos fortschreitenden Maschinenbau und der Elektrotechnik zu. Die durchschnittliche Arbeitsbreite einer Papiermaschine war um die Mitte des vorigen Jahrhunderts 1200 Millimeter. Eine solche Maschine hatte eine Produktion von etwa 1000 kg in 2-4 Stunden. Heute laufen Papiermaschinen, sogenannte Schnelläufer für Druckpapier, mit 5500 Millimeter Siebbreite, 250 in Papiergeschwindigkeit in der Minute und 80 000 kg Produktion in 24 Stunden,— eine erstaunliche Leistung deutschen Maschinenbaues in diesem Zeitabschnitt. Die Behauptung geht nicht zu weit, daß cs deutschem Fleiß und deutscher Tatkraft ge lungen ist, im Wettkampf der Völker den ersten Platz in der Papier- machcrei einzunehmcn. Zu den ältesten Schriftmitteln der Vorzeit zählen Baumrinde, Holz-, Stein- und Metallplatten, Tonziegcl, Tierhäute, Leder und Pergament aus Fellen zubereitet. Späterhin und lange Jahrhunderte hindurch war dann der Papyrus Alleinbeherrscher des alten Schrift tums. Man schnitt aus dem Zellgewebe der Papyrusstande schmale Streifen, die nebeneinandelgelegt und mit anderen Streifen kreuz weise verbunden und mit Stärkekleister verklebt wurden. Das auf diese Weise gewonnene Blatt wurde durch Hämmern geglättet und schreibfähig gemacht. Die Bezeichnung »Papier« ist von Papyrus ab geleitet, es haben aber'wcdcr Papyrus noch Pergament etwas mit unserm jetzigen Papier gemein, das als ein Gemenge verfilzter Fasern anzu sehen ist. Vom fernen Osten aus hat die Papiermacherei ihren Aus gang genommen, wo der Chinese Tsai-Lün bereits vor 2000 Jahren urkundlich als erster Papiermacher genannt wird. Er stampfte aus dem Bambusrohr einen gleichmäßigen Faserbrei, der mit Wasser verdünnt und mittels einer Schöpfform aus gespannten Seidcnfäden geschöpft wurde. Ebenso alt wie das chinesische dürfte das japanische Papier sein, nur wurde hier hauptsächlich die Rinde des Maulbeer baums zu Faserbrei zerstampft und aus Formen, die ans Binscn- geflecht hergestellt wurden, geschöpft. Von China aus verbreitete sich etwa um 1750 n. Chr. die Papiermachcrei nach Zcntral-Asicn. Be sonders waren es die Araber, die dieses Handwerk zur weiteren Ent wicklung brachten: sie verwendeten als Rohmaterial vor allem Leinen hadern und alte Hanftaue. Diese wurden mit Kalkmehl und Wasser behandelt, einem Fäulnisprozeß unterworfen und in Hvlzstampfen zerstoßen. Die geschöpften Blätter wurden mit Stärkekleister ge leimt, an glatten Wänden getrocknet und mit Ticrzähnen geglättet. Den Kriegszügen der Araber folgend, kam die Papiermacherkunst nach dem Abendlande, und je weiter der Zug nach dem Westen ging, desto höher entwickelte sich das einstmals so urzuständliche Handwerk. Im 10. Jahrhundert hielt die Papiermacherei ihren Einzug in Italien, im 11. Jahrhundert in Spanien und alsbald in Frankreich, verbreitet durch heimkehrende Kreuzfahrer. Nm 1320 wird der erste deutsche Papiermacher, der Nürnberger Ulmann Stromer, genannt. Unter dem fördernden Einfluß der Erfindung Wittenbergs steigerte sich der Pa pierbedarf, und die Zahl der Papiermühlen nahm schnell zu. Aus dem Handwerk entstanden die Papiermühlen Mit maschinellen An lagen. Das Wasserrad drehte die Daumenwelle der Stampfen, die eiscnbeschuht ans die Lumpen stießen und diese zu Faserbrei zer mahlten. Aus den Vorratsbütten wurden mit Siebformen die Bogen geschöpft, auf Filzen abgelegt, in großen Spindelpressen ausgepreßt und hierauf in besonderen Trockenkammern zum Trocknen anfgehängt. An Stelle der Leimung mit Stärke führten die Italiener die tierische Leimung ein: die einzelnen Bogen erhielten Wasserzeichen und Rip pungen. Der langwierige Fäulnisprozeß der Hadern wurde durch schnelleres Kochen in eisernen Kochern ersetzt. In Holland wurde 1670 eine Mahlmaschinc erfunden, die nach und nach die Stampfenwerke verdrängte und noch heute unter dem Namen »Holländer« in der Papierindustrie die wichtigste Maschine zur Aufbereitung und Mahlung dotz Faserbreies ist. Mit der genialen Erfindung der Papiermaschine durch den Werk führer Louis Robert in Essen im Jahre 1799 wurde das ursprüngliche Handwerk vom Mühlcnbetrieb hinüber zur Fabrikation und zu einem Industriezweig geführt. - Während bis' zu diesem Wendepunkte nur
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