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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.08.1876
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- Band
- 1876-08-16
- Erscheinungsdatum
- 16.08.1876
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- Deutsch
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2914 Nichtamtlicher Theil. 189, 1«. August. uud Cotta hatte deshalb viele Korrespondenzen zu führen und auch kleine Reisen zu machen. Jedenfalls war er für diese Art von Geschäften, auch abgesehen von seinem Freundschastsverhältniß zu Schiller, die geeignete Per sönlichkeit, da er vermöge seiner Eigenschaft als Hosgcrichtsadvocat (als solcher wurde er 1785 recipirt) zur Vornahme von Rechts geschäften sür Dritte befugt war. Cotta's Sorge gelang es denn auch, die Interessen des Freundes aufs beste wahrzunehmen und aus seinen Antheil aus der Erbschaftsmasse fl. 920 zu erhalten. Dahin gegen drang Cotta mit seinem Gesuch, daß die herzogliche Regierung seinem Mandanten Schiller den Erbschastsabzug erlassen möge, nicht durch. Schiller war mit dem Resultat der Cotta'schen Unterhandlungen sehr zufrieden: „Sie haben, theurcr Freund, das so gütig übernom mene Geschäft völlig meinen Wünschen gemäß beendigt und ich sehe mich auch hier wie in allen unseren Verhältnissen, Ihrer Einsicht und freundschaftlichen Sorgfalt unendlich verpflichtet. Wahrlich, ich darf mich eines Freundes rühmen, wie ihn wenige besitzen, der meine An gelegenheiten völlig zu den seinigen macht und in dessen Händen sich alles, was er übernimmt, zu meinem Besten wendet." Aus der Cotta'schen Eingabe ergibt sich ferner, daß Schiller seiner Mutter während ihres Wittwenstandes nach und nach die Summe von fl. K97 zur Unterstützung gezahlt hatte, und auch diese waren in einzelnen kleinen Raten durch Cotta zur Auszahlung gelangt. Hierüber geben die dem Briefwechsel angedruckten Auszüge aus den Rechnungsbüchern genügend Auskunft, da diverse Posten in ihnen figuriren „als aus seine Ordre an seine Frau Mutter nach Leonberg gesandt". Dann vom Jahre 1797 an sendet Cotta an „Frau Obrist wachtmeister Schiller" die Quartalsmiethen, auch „außergewöhnlich" hat er einmal fl. 25 zur Auszahlung gelangen zu lassen. Aus diesem Allen erhellt, daß Cotta des Freundes stets bereit williger Kommissionär und Mittelsmann war und es sollte kaum fernerweitiger Zeugnisse bedürfen, um darzuthuu, daß dieses Ver- hältniß einzig in seiner Art war. Aber wie der sich nie genug thucnde Cotta immer von neuem darauf sann, Schiller dienlich zu sein und seinem Herzen wohlzuthuu, so mag es an diesem Orte gestattet sein, solches noch in Kürze zu erwähnen, da es gilt, auch hier diesem Manne, der die Interessen unseres Buchhandels aus das großartigste förderte, einen Ehrenkranz zu flechten. „Von Bremen werden Sie eine Kiste mit weisscm Port-Wein erhalten, von dem wir letzte Ostern sprachen, die ich zu meinem An gedenken zu trinken und Ihre Gesundheit damit zu stärken bitte", schreibt Cotta im Juli 1803. Und Schiller antwortet sofort: „Ich habe aus Bremen einen delikaten weißen Portwein erhalten, wofür ich Ihnen, Werthester Freund, auss verbindlichste danke. Es ist ein wahres Lebensöl, das Herz und Eingeweide stärken wird." Im Oktober 1804 wiederholt sich diese Sendung und trifft gerade ein, als die durch ein fränkisches Blatt verbreitete Nachricht von Schiller's Tode sich als unbegründet herausgestellt hatte. Schiller dankt für den Empfang und weiß dem freundlichen Geber allerlei Liebes zu sagen, wie dieser Wein ihm so angenehm schmecke und gute Dienste leiste, nachdem alle anderen von seinen Aerzten verord- neten Sorten ihm nichts genützt haben. „Haben Sie auch dafür herz lichen Dank, ich will mich stets dabei Ihrer Liebe erinnern, die so unermüdet sür mich sorgt." „Die so unermüdet sür mich sorgt!" Dieser so oft und freudig anerkannten Liebe und Treue des Freundes sollte der kranke Dichter sich nicht mehr lange erfreuen, da schon im nächsten Jahr, am S. Mai, ein Rückfall der Krankheit seinem Leben schnell ein Ziel setzte. Cotta's Schmerz ist ein großer und wenn er auch mit kräftigem Mannesmuthe den lauten Jammer unterdrückt, jedes Wort, jede Zeile läßt Heraussühlen, daß er in dem Freunde die bessere Hälfte seines Seins verloren hatte. „Allmächtiger", schreibt er an Charlotte Schiller, „wenn mich derSchmerzüber diesen unersetzlichen Verlust bei nahe niederdrückt, wie muß es erst Ihnen, theuerste Freundin, sehn, die Sie in ihm Alles verloren, da Sie nur in ihm und für ihn lebten. Worte des Trostes gibt es hier keine. Selbst der Blick in die Zukunst ist nicht mildernd, wenn er nicht mit dem Glauben an eine ewige Fortdauer verbunden ist. Diesen Glauben theilen Sie gewiß mit mir, und wenn er in den ersten Momenten nicht Stärke genug hat, das Markverzehrende des herben Schmerzens zu lindern, so hoffe ich, die Mutter wird die Gattin so weit zur Fassung bringen, daß die armen Kinder nicht einen doppelten Verlust zu erleiden haben. — Was kann nicht Mutterliebe über den Menschen! Sie werden diesen Ihren Kin dern bleiben, lassen Sie mich »ach meinen Kräften denselben Vater sehn. Die Erziehung der beiden Knaben, wünschte ich, überließen Sic mir! Ucber alles Uebrige sehen Sie ohne Sorgen — ich habe hierüber Plane genug. Da Sic nun dringende Ausgaben haben, so bitte ich auf jedes Verhältniß per Wechsel auf mich zu ziehen." So übertrug der unermüdliche Cotta seine Sorge ans die Hinter- lassenen, denen er bis zu seinem 1832 erfolgten Tod ein treuer, opfer williger Freund und Berather blieb. Mit Recht konnte nach Cotta's Tode der Sohn Schiller's, Ernst, an Georg von Cotta schreiben: „Euer aller Verlust ist un endlich groß und Euer Trost kann nur der sein, daß dem edlen Dahingeschiedenen in einem fortdauernden Seelenzustande mit Danke sür die vielen Wohlthaten gelohnt werde, die sein umfassender Geist überall hin verbreitet hatte; und Euer Schmerz muß durch das Mitgefühl gelindert werden, welches die Mit- und Nachwelt diesem bedeutenden Manne dann zollt und zollen wird, wenn sie sich zu einer reinen Beurtheilung des Erhabenen emporschwingt. — Was uns, edler Freund, anbelangt, so bin ich fest überzeugt, daß die klassische Freundschaft unserer Väter, die Erinnerung an unsere eigene sich oft näher berührte Jugend und vorzüglich unsere Charak tere selbst eine sichere Bürgschaft für die Fortdauer unserer gegen seitigen Zuneigung sein werden, und kann auch die Ueberzeugung aussprechen, daß meine Geschwister von einer gleichen Gesinnung be seelt sind." Und dann eben derselbe wieder an Georg von Cotta im April 1839 als Antwort aus die Einladung zur Feier der Enthüllung des Schillerstandbildes in Stuttgart: „Sodann bin ich der Meinung, daß, wenn ein gesellschaftliches Subscriptions-Diner Statt findet, Du mit Schiller's Söhnen zusammen sitzest, damit Deutschland und Württemberg das innige Verhältniß auch sehe, in welchem Cotta und Schiller standen und stehen. Die Geister unserer Väter würden auch jenseits sich darüber freuen.. Es ist unserer Zeit Vorbehalten, manchen überlieferten Jrr- thum aufzuklären. Auch die Tradition: Cotta habe Schiller darben lassen, zerfällt vor den urkundlichen Mittheilnngen, wie sie in dem von Vollmer herausgegebenen Briefwechsel zum ersten Mal in die Oeffentlichkeit gelangen, in ihr Nichts. So mag zum Schluß dieser Skizze die Erwartung ausge sprochen werden, daß was die Mitwelt dem Lebenden in reichem Maße zollte, ungetheilte Anerkennung seiner hohen Tugenden, auch die Nachwelt ihm nicht vergesse: eine gerechte Beurtheilung und ein ehrenvolles Gedächtniß. Daß mit dieser Darlegung der Inhalt des werthvollen Voll- mer'schen Buches auch nicht im entferntesten erschöpft sein kann, wird Jedem klar sein, der dasselbe zur Hand genommen und ihm eine Viertelstunde freundlicher Aufmerksamkeit zugewendet hat. Es war das aber auch nicht der Zweck des Vorstehenden, wie
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