Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.02.1879
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- 1879-02-19
- Erscheinungsdatum
- 19.02.1879
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- Deutsch
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41, IS. Februar. Nichtamtlicher Theil. 683 Mit Leipzig war ich fertig, das sah ich ein und das werden Sie auch einsehen — trotz aller Energie und Manneskraft; hier heißt es: „Mensch ist Mensch!" Ich beschloß also, nach Berlin zu gehen, da ich mich außerdem beim Vorstand persönlich be schweren wollte. Als ich nach Halle kam, dachte ich wohl einen Augenblick daran, auszusteigen und dort einen Versuch zu machen; doch entschloß ich mich, weiter zu fahren, für Halle mußte ich ganz frische Kräfte haben, und die wollte ich mir erst beim Vorstand holen. In Bitterfeld fiel mir ein, hier könntest du einen einsamen Antiquar prüfen, doch auch dazu fehlte mir der Muth, er war ja außerdem auch kein „moderner", so kaufte ich mir nur ein Schinkenbrödchcn und fuhr nach dem Centrum der Intelligenz weiter. Ä. So, jetzt wird's besser kommen, jetzt sind wir aus der Kleinstaaterei heraus, nun trinken Sie einen Schluck und dann lassen Sie hören. Ä. Mein erster Gang war also zum Herrn Vorstand, der mich aufs liebenswürdigste empfing und mein Klagen mit einer gewissen wohlwollenden Heiterkeit anhorte. Er meinte dann, das sei freilich kein ermuthigender Anfang, aber er und seine Herren Mitregentcn hätten es sich ziemlich so gedacht, man müsse so Etwas probiren, dann sähe man am besten den praktischen Werth ein! Ich wußte nicht recht, wie ich diese Bemerkungen ausfassen sollte, doch forderte ich unbedingt Satisfaktion bei dem Engros-Sortimenter und bezog mich aus den Rückhalt und das moralische Gewicht, was ich vom Vorstand verlangen müsse. Da zuckte er freundlich die Achseln und sagte: „Ja, das thut mir leid, der Mann ist nicht Mitglied vom Börsenverein, dem haben wir nichts zu sagen, da bleibt Ihnen nur der Weg der Civil- klage!" Ä. Was! Civilklage! Dahin sollte es kommen mit unserer gerühmten Organisation?! Ä. Jawohl, lieber Herr, so ist es! Ich brach auf, da ich mir weiter keinen Erfolg versprach. Beim Abschied versicherte mich der Herr noch seiner vollsten Sympathie und warnte mich, wohlmeinend, wie er sagte, mich mit den Berlinern in Acht zu nehmen, die seien etwas sehr kitzlich. Doch was ging mich das an, ich wollte diese Herren schon kitzeln! Hatte ich keinen Rück halt mehr an unser» eigensten Behörden, so sollte mich das eigene Bewußtsein stärken, einer guten Sache zu dienen und nicht nur dem Buchhandel, sondern auch dem Publicum durch Erhal tung eines idealen Literaturverbrciter-Standes nützlich zu sein. A. Das war brav von Ihnen, in Ihnen wurde wirklich die richtige, würdige Kraft gesunden. ü. Bitte, lieber Herr, beschämen Sie mich nicht. Ich richtete meine Schritte nun zn einem der vielbeschrieenen großen Berliner Sortimente, welche seit Jahren schon ungestraft ihr Unwesen treiben. Der geräumige Laden stand gedrängt voll Menschen, man kaufte, zahlte, wählte, daß mir mein Buchhänd lerherz ganz ausging, da war doch ein flottes Treiben. Doch meine Pflicht war wach! Ich mußte hier einschreiten, das Ge schäft war unnatürlich, krankhaft. Ich fragte nach dem Prinzi pal, er erschien sofort, begrüßte mich höflich und wies mich, nachdem er erfahren, wer ich war, an einen seiner Procuristen, er selbst habe vor zehn Uhr Abends keine Zeit zu Privat gesprächen! Mit diesem Herrn Procuristen, einem intelligenten, freund lichen Mann, kam ich bald in ein lebhaftes Gespräch, er be- kämpste meine Ansichten, wir wurden erregter, lauter, sodaß endlich das Publicum aufmerksam wurde. Einige Herren misch ten sich hinein, „was", hieß es, „Sie wollen uns den Bezug unserer Bücher vertheuern? Was fällt Ihnen ein, bleiben Sie zu Hause mit Ihren Redensarten!" Ein Trupp Studenten drängte sich heran: „Was will der Staatsphilister? Uns die Preise schrauben? Wir wollen ihm helfen!" Und nun ertönte das bekannte „Raus! Haut ihm! Auf ihm!" und im Hand umdrehen flog ich meinem Aussänger in die Arme, um eine weitere Erfahrung reicher. Ä. Da soll aber doch ein heiliges Kr . .., hätte ich beinahe gesagt; was fingen Sic nun an? Ä. Mit vier Branchen unseres Geschäftes hatte ich meine Erfahrungen gemacht, jetzt blieb mir noch die Krone des Ganzen, die Herren Verleger übrig. Also auf diese! Berlin war mir verleidet, machte mich unsicher, und nun gar erst Berliner Ver leger, nein! lieber nicht! Da kam mir der Gedanke, um meine Energie wieder zu stählen, einen Hauptschlag zu thun. Ich fuhr nach Altona, dort wollte ich endlich einmal die Cloake aufsuchen und wenn möglich für immer schließen, aus welcher seit Jahren so viele Schandwerke fließen. Die hohe Polizei, welche sonst überall zu finden ist, sagte früher stets, Altona ist dänisch, da können wir nicht einschreiten, nun ist es seit Jahren deutsch und Producirt seine „Klassiker" ungestört weiter. Da mußte ich er folgreich wirken, da konnte ich einen wirklichen Krebsschaden heilen, — also fort! Ä. Vorzüglich, da waren Sie in der Thal aus der rechten Bahn und konnten viel Gutes stiften. Wie ging's denn da? ü. Darüber lassen Sie mich schweigen! Ich bedauere keine nähere Auskunft geben zu können. Genug, ein Erfolg war es nicht, aber eine ganz neue Toilette mußte ich mir anschaffen, — ziehen wir einen Schleier darüber! Ich setzte mich aus die Eisen bahn und fuhr zu Ihnen. Ä. Ich muß Ihnen ausrichtig gestehen, daß ich durch den Bericht Ihrer Mißerfolge vollständig deprimirt bin. Wenn frei lich in dem Maß überall der Gemeinsinn fehlt, wenn man so wenig Interesse fürs Ganze hat, nur an den eigenen schnöden Vortheil denkt, dann Hilst kein Staatsanwalt, kein Generalsecretär, überhaupt nichts! Aber dennoch, dennoch, ich kann's nicht glauben, es muß eine Abhilfe möglich sein, die Edleren und Besseren müßten die egoistische Menge zwingen, zuerst durch Beispiel, dann durch Klarstellung ihres eigenen Interesses. Ä. (seufzt tief, sagt aber nichts). A. Wissen Sie, was mir noch einen Trost läßt? Das ist, daß Sie bei den Verlegern eigentlich noch gar keinen Versuch machten; denn den Altonaer wollen wir nicht so nennen. Ja wohl, das ist es! vom Verleger muß die Reform ausgehen, bei ihm finden Sie die Intelligenz und auch sicher die Opsersrcudig- keit, er wird den Anderen leuchtend vorangehen! Verlieren Sie den Muth nicht, Sie haben viel gelitten, aber Sie werden be lohnt werden, Ihr Bild wird einst in Farbendruck in Schulz' Adreßbuch prangen! Nur Muth! nur Muth! fangen Sie beim Verleger an! ü. (etwas verlegen). Sie erleichtern mir, lieber Herr, mit Ihren edeln Worten unbewußt die Ausführung eines sehr schweren Entschlusses. — Ach, es ruht sich hier so gut! Ä. Bitte, cs ist meine tiefste Ucberzeugung. Ä. Lassen Sie mich offen sein; ich kam hierher, um — bei Ihnen als Verleger den Anfang meines letzten Versuchs zu machen! Ä. Wa-a-as? bei mir? ü. Jawohl, lieber Herr, bei Ihnen; denn ich sagte mir, wenn ich bei Ihnen, als dem Vater des Ganzen, kein Vcrständ- niß finde — dann ist es überhaupt nichts! 93*
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