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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.03.1879
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1879-03-12
- Erscheinungsdatum
- 12.03.1879
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- Deutsch
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sür die Oesfentlichkeit gewonnenen Schätze finden wir in einem sehr lebendig und anschaulich geschriebenen kleinen Werke*), das unserer Schilderung zu Grunde gelegt ist, die freilich nur eine unvollkom mene Vorstellung von dem reichen Geistesschmause zu geben vermag, den Antwerpens Bürger zu freiem Genüsse sür sich und ihre Nach kommen ausgetischt haben. Betrachten wir zunächst das Haus selbst, welches die Samm lungen beherbergt. Ein schöner Bau aus dem fünfzehnten Jahr hundert, dessen Fagade 1761 erneuert wurde, umschließt es die Wohnräume, die Schriftgießerei, die Setzersäle, die eigentliche Druckerei, Lesezimmer, Bibliothek, Archiv und mehrere andere Loka litäten, genau so, wie dieselben in den besten Tagen Christoph Plan tin's vorhanden waren. Durch einen spitzbogigen Thorweg ein tretend, sind wir von dem reizenden Eindrücke gefesselt, den der quadratische Hos hervorbringt. Die Mauern zwischen den Fenstern des Gebäudes nehmen Nischen in zierlichem Steinwerk ein, in wel chen, vielfach von Weinreben und anderen Rankengewächsen um woben, die Büsten berühmter Buchdrucker aufgestellt sind. Dabei dürfen wir die Bemerkung nicht unterdrücken, daß jene Rebengewinde sämmtlich dem Weinstocke entsprießen, den vor mehr denn drei hundert Jahren Plantin's eigene Hand gepflanzt hat. Außerordentlich zahlreich und werthvoll sind die Kunstschätze, die wir über die Räumlichkeiten des Hauses vertheilt finden; von den vielen Oelgemälden sind bis aus sechs sämmtliche entweder Familienportraits oder Bildnisse von berühmten Personen, die zu Plantin und seinen Arbeiten in näheren Beziehungen standen. Acht zehn der Bilder hat der Pinsel des großen Rubens geschaffen, der ein sehr fleißiger Gast in der „Maison Plantin" gewesen zu sein scheint; die Quittungen, die er über die sür seine Gemälde em pfangenen Geldsummen ausgestellt hat, bewahrt das Archiv des Hauses auf. Als die bemerkenswerthesten Portraits der Sammlung nennen wir das Christoph Plantin's selbst, das seiner Frau und seiner Tochter Martina, das seines Eidams Moretus, die des Orte- lius, Justus Lipsius und Alias Montanus, des gefeierten Heraus gebers der großen Polyglottenbibel, welche für den König von Spanien gedruckt wurde und als die Antwerpner Polyglotte bekannt ist. Von den siebzehn andern Portraits sei nur ein ausgezeichneter van Dyck erwähnt, das Bildniß des Balthasar Moretus. Nicht mindere Beachtung verdienen die Kupferstiche; alle sind vorzüglich und viele gehören zu den seltensten Blättern. Da gibt es große Mappen mit Stichen nach Rubens, Teniers, van Dyck, Jordaens; andere enthaltenBlätter von dePaß, de Galle, Sadeleric., sämmtlich Abdrücke vor der Schrift. Außerdem umfaßt die kostbare Sammlung vierhundert Handzeichnungen verschiedener älterer Meister, unter ihnen elf von Rubens, wie dies sein beigesügtes Autograph darthut. Als das wcrthvollste und seltenste Stück muß indcß wohl eine kleine Reihe von sechs Kupferstichen Peter Bocl's angeführt werden, die den Titel trägt: „Livors! Laoolli" (Aller hand Vögel); nach ihr gedenken wir Albrecht Dürer's kleiner Pas sion, in fünfzehn von van Leyden gestochenen Platten, und sechzig Portraits der Herzoge von Brabant und der Grasen von Flandern und einiger Anderen mehr. Wollten wir die zehntausend Werke der Bibliothek desMuseums auch nur oberflächlich betrachten, so würden wir dafür eines eigenen Aussatzes bedürfen. Wir greifen daher aus dem von Degcorge mit- getheilten Kataloge nur einige wenige Titel der interessantesten Druckwerke heraus; so Plantin's „maAnum oxas", die von Mon tanus herausgegebene oben genannte berühmte Polyglottenbibel, von der sich drei Exemplare, eines derselben auf Pergament, vor finden. Das Werk besteht aus acht Großfoliobänden in griechischer, *) Im Naison klantiv ä Lnvers. I^äon Loxoorgo. 2. blrli- llon. llrurollos 1878. lateinischer, hebräischer, chaldäischer und syrischer Sprache. Satz und Correctur des Buches nahmen vierzig Setzer vier Jahre lang in Anspruch, die vorher noch eine specielle Lehre durchmachen mußten, ehe sie ihre Arbeit zu leisten im Stande waren. Die Gesammtkosten des Unternehmens veranschlagte Plantin selbst auf vierzigtausend Kronen (etwa hundertsechsundachtzigtausend Mark). Ferner ver zeichnen wir Psister's Bibel, im Jahre 1459 gedruckt; ein von den Pressen Theodor Marteens' in Löwen hergestelltes Breviarium, dem sich viele andere Missalen und Breviere Nnschließen; einen von Johann Fust im Jahre 1466 auf Pergament gedruckten Cicero, zahlreiche Läitiones xrincixos der alten Classiker und endlich eine überaus reichhaltige Collection von Büchern, Flugschriften und Placaten, die sich, manche davon Unica, aus die neuere belgische Geschichte beziehen. Von Manuskripten enthält das Museum über zweihundert; die Mehrzahl derselben sind Handschriften römischer und griechischer Autoren, welche für die Vergleichung der verschiedenen Texte und zur Bestimmung der richtigen Lesart bestrittener und verunstalteter Stellen von höchster Wichtigkeit waren. Vor allem sei jedoch hier eine mit großen, kunstvollendeten Miniaturen geschmückte Bibel handschrist aus dem Jahre 1402 genannt, die in ihrer Art kaum ihres Gleichen haben dürste. Vielleicht keine Abtheilung der „Liaison klantiu" aber erregt so das allgemeine Interesse wie die Archive des Hauses. Hier werden die Geschäftsbücher und sonstigen Urkunden des Etablisse ments verwahrt, von dessen Beginn bis auf die Gegenwart. Hier sehen wir die vollständige Reihe der ersteren, vom Jahre 1566 an, und darin die Notizen über sämmtliche im Lause der Jahrhunderte von der Firma bewerkstelligten Käufe und Verkäufe. Hier auch find nebeneinander die mächtigen Strazzen und Vormerkungs journale ausgestellt, mit mancherlei Einzeichnungen von Rubens' eigener Hand und Einzelheiten über jegliche Druckarbeit, von deren Kosten ein Voranschlag verlangt wurde, wie auch jede von Philipp dem Zweiten für die Polyglottenbibel geleistete Zahlung pünktlich eingetragen steht. Einen sicheren Anhalt zur Beurtheilung der materiellen Lage der Arbeiter im sechzehnten, siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert geben die in diesem Archiv gesammelten Lohnbücher, welche durch eine mehr als dreihundertjährige Periode den wöchentlichen Verdienst von Setzern, Druckern, Kupferstechern und Buchbindern darlegen. Und was läßt sich in dieser Beziehung Wohl Interessanteres und Bedeutungsvolleres denken, als die Mappen, in denen uns die gesammte Korrespondenz der Firma vor Augen liegt? Die Anzahl der autographische» Briefe ist wahrhaft erstaunlich, und alle sind sie aus das sorgfältigste chronologisch geordnet; darunter erblicken wir die Autographcn von Königen, Staatsmännern, Gelehrten, Historikern und Künstlern neben denen der berühmtesten Buchdrucker Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Spaniens und Englands. Nur sehr wenige dieser Briese sind jemals veröffentlicht worden, wiewohl viele derselben ein ganz neues Licht auf die literarischen Fragen des sechzehnten und sieb zehnten Jahrhunderts Wersen. In der nämlichen Sammlung be gegnen wir mit mannigfachen Berichten über Geschäftsreisen und Familienangelegenheiten einer ausführlichen Schrift von der Hand Plantin's selbst, in der er sein eigenes Leben, die Hoffnungen und Befürchtungen, die Ersolge und Täuschungen während fünfzehn ereignißvoller Jahre erzählt. Einer jener erwähnten Briefe be richtet von einem merkwürdigen Zwischenfalle in der geschäftlichen Lausbahn des großen Buchdruckers. Der König von Frankreich übersandte ihm ein Patent, das ihn zum „königlichen Hosbuch- drucker" und damit zu einem ebenso einträglichen wie ehrenvollen Posten ernannte. Aus den Rath des spanischen Gesandten lehnte ! Plantin indeß die ihm zugedachte Ehre ab und begnügte sich mit
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