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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.10.1926
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- 1926-10-02
- Erscheinungsdatum
- 02.10.1926
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^ 230, 2. Oktober 1926. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Kolonialer Buchhandel.*) Bericht aus Malta. Von Di. Friedrich Wallisch. Um es sogleich vorwegzunehmen: Malta ist keine Kolonie im staatsrechtlichen Sinne, sondern zählt zu den englischen Dominions, hat wie diese seine eigene Volksvertretung und einen ernannten Gouverneur als Statthalter des Königs. Auf Beschluß des briti schen Parlaments zählt Malta sogar zu Europa und nicht, wie in früheren Zeiten, zu Afrika, zu jenem Erdteil, dem es seiner natürlichen Beschaffenheit gemäß unbedingt angehört. Derartige feine und mehr oder weniger erkünstelte Unterscheidungen können aber nichts an der Tatsache ändern, daß dieses seltsame kleine Jnselland in wirtschaftlicher und wohl auch in ethnographischer Beziehung nichts andres als eine Kolonie ist, eine jener Kolonien, die militärisch und handelsgeographisch Eckpfeiler des britischen Kolonialreichs und des Gefüges der britischen Dominions sind. Es gibt sehr wenige Gebiete, von denen sich der Europäer und selbst der so geographiekundige Deutsche in der Regel eine derart falsche Vorstellung macht wie von Malta. Touristen lieben es, die Insel, oder richtiger, die Hauptstadt Balletta zwischen Ankunft und Abfahrt ihres Dampfers im Fluge zu besuchen, und ahnen nicht, daß man wochenlang die Insel durchwandern kann, ohne ihren Reichtum an- landschaftlichen, archäologischen und ethno graphischen Eigenheiten auch nur im entferntesten zu erschöpfen. Die Bevölkerung bildet eine Mischrassc, in der das arabische Ele ment überwiegt, von phönizischen, griechischen und italienischen Einschlägen durchsetzt. Sie besitzt in der lüngua Maltese ihre eigene Sprache, einen arabischen Dialekt, der viele italienisch-sizilianische, in neuerer Zeit auch englische Ausdrücke ausgenommen hat und sich in der Schrift des lateinischen Alphabets bedient. In den Städten, deren es auf den beiden maltesischen Inseln mehrere gibt, herrscht das Italienische als Sprache der Gebildeten vor, es dient auch als Gerichtssprache; die Geschäfts- und Amtssprache ist das Englische. Malta besitzt einen Staatsverlag, Oovernmont krinting Olkiee, der nicht weniger als sieben großangelegte regelmäßige Publikationen druckt und herausgibt, darunter drei sehr umfang reiche Jahrbücher. Für alle zeichnet gleichzeitig in London das Amt der llrvvn Hgeats kor tbs lloloniss als Verleger. Diese Bücher und Broschüren sind für jedermann käuflich, zum Teil auch in lausendem Abonnement, werden aber den maltesischen Buch handlungen nicht zum Vertrieb übergeben. Das Voveimusnt ?rimiag Olkioo behält sich auch den Einzclverkauf an Privatkunden vor. Die sehr wertvollen Schriften des Staatsverlags erscheinen in englischer Sprache und vermitteln eine erschöpfende Übersicht über die politische und wirtschaftliche Lage von Malta. Es gibt hier einige in englischer und italienischer Sprache sehr hübsch und gefällig arbeitende Buchdruckereien. Sie sind zumeist mit den Zeitungsdruckereien in einer Firma vereinigt. Unter diesen dürften die Druckerei des »Nervui-ius« und die des »dlalts llerslck- die leistungsfähigsten sein, unter den nicht mit Zeitungen liierten stehen scheinbar Hermen L Co. an erster Stelle. Ihre Buchprodultion ist naturgemäß quantitativ äußerst beschei den; denn es fehlen hier alle Voraussetzungen zur Entwicklung eines eigenen Verlagswesens. Die Mitglieder der englischen und der italienischen Kolonie und die Durchreisenden sind ziffernmäßig nicht stark genug, das Entstehen größerer privater Verlags anstalten zu rechtfertigen. Der Buchhandel in europäischen Sprachen ist fast gänzlich auf die Einfuhr angewiesen. Es be deutet also eine jener Überraschungen, an denen das seltsame mal tesische Jnselland so reich ist, wenn man hier in der Firma Giovanni Muscat eine Verlagsanftalt findet, die auch vom stren gen, sagen wir, vom deutschen Standpunkt aus betrachtet durchaus untadelige Publikationen herausbringt. Es handelt sich um ge meinverständliche Darstellungen aus der Archäologie von Malta, Arbeiten von hohem wissenschaftlichen Rang, auf ausgezeichnetem »> Vgl. Bbl. Nr. 182 und 204. 1188 Papier in sehr schönem Druck, vorzüglich illustriert. Diese kleinen, ^ beim bereits erwähnten »dialta Herslck« gedruckten Monographien erscheinen in englischer Sprache. Außerdem ist hier eine kleine Verlagstätigkeit in maltesischer Sprache festzustellen. Maltesische Zeitungen und Einzelunteruehmer stellen Broschüren für die Eingeborenen her. Die Produktion ist sehr dürftig und umfaßt hauptsächlich Heftchen, die man am ein fachsten durch den Ausdruck »Pfennigromane für den kleinen Mann« charakterisieren kann. Es sind zum geringeren Teil Übersetzungen aus dem Italienischen, meist aber kleine Volkserzählungcn, deren Verfasser anonym bleiben. Außerdem werden ein Teil der Lehr bücher für Elementarschulen sowie kurze landwirtschaftliche Be lehrungen und kleine Gebetbücher in der Eingeborenensprache her gestellt. Ein hervorstechender Charakterzug der Malteser, welche sich ausnahmslos zum katholischen Glauben bekennen, ist ihre große Frömmigkeit. Sie zählen sich zu den ältesten Christen, da nach der Überlieferung der heilige Paulus, noch che er nach Rom gekommen ist, als Schiffbrüchiger hier das Evangelium gelehrt hat. Auch der flüchtigste Bericht über Leben und Wesensart der Malteser wäre lückenhaft, wollte er der Frömmigkeit dieses kleinen Volkes nicht Erwähnung tun. Die gar nicht zu unterschätzende Monopol stellung im Einfuhrhandel mit katholischen Gebetbüchern und volks tümlich gehaltenen religiösen Schristen hat Italien innc. Der Bedarf an Schulbüchern und wissenschaft licher Literatur ist nicht unerheblich. Seitdem der Johan niterorden im Jahre 1530 S. Angela und später Valletta zu seinem Residenzsitz erhoben hatte, war Malta nicht nur ein kriegerischer, sondern auch ein kultureller Vorposten Europas. Das kleine Jnsel land besitzt, getreu seiner Überlieferung, eine im ehemaligen Jcsuitenkonvikt untergebrachte Universität, auf der die katholisch theologischen, juridischen, medizinischen, philosophischen und tech nischen Disziplinen von nicht weniger als einunddreißig Profes soren und mehreren Dozenten gelehrt werden. Unterrichtssprache und Lehrbücher sind italienisch und englisch und werden zumeist^ aus den beiden betreffenden Ländern bezogen. Außerdem bestehen zwei Mittelschulen in Balletta, eine in Gozo auf der gleichnamigen (. Insel, eine entsprechende Anzahl von Elementarschulen und eine 4 landwirtschaftliche Lehr- und Versuchsanstalt. An wissenschaftlichen . und literarischen Anstalten zählt Malta außerdem ein großes archäo- i logisches, historisches und naturwissenschaftliches Museum in der H Hauptstadt, das Valletta Museum, drei archäologische Lokalmuseen im Landesinnern, ferner in Valletta die prachtvolle Stadt- bibliothek, Uublio Ickdrsrx, mit 56000 Bänden, darunter einige Unika ersten Ranges, und eine öffentliche Volksbibliothek in Gozo. Wie Malta in vielen Fragen falsch beurteilt wird, so auch in dieser: Das geistige Leben steht in diesem traditionsreichen Lande auf hoher Stufe. > Um so erstaunlicher ist die Tatsache — auch diese wieder eine der Überraschungen, die den Fremden, der tiefer ins Verständnis dieses Landes eindringen will, hier erwarten! —, daß die Ein - fuhr von Büchern nach Malta in erschreckender Weise fast ständig abnimmt. Im letzten Jahrfünft betrug der Wert der I aus Europa eingeführten Bücher 16.776, 17.825, 14.462, 15.032 I und 5.194 !. Die Jahreseinfuhr ist also in dieser Zeit auf weniger I als ein Drittel gesunken. Auch die Einfuhr von Rotations- und > I Druckpapier nimmt ständig ab. Malta ist nicht in der Lage, Papiev. I herzustellen; es ist ein Land, das überhaupt nahezu keine Industrie I besitzt. I Was die Ursache des geradezu katastrophalen Niedergangs der I Bucheinfuhr ist, die hier mit dem Büchexkonsum nahezu in einer- I Linie steht, vermag ich nicht anzugeben. Ich kann nur diese und I die damit zusammenhängende Tatsache registrieren, daß sich auch I die Lage des Sortimentsbuchhandels verschlechtert hat. I Örtliche Ursachen habe ich nicht seststellen können. Sollte die I Zurückhaltung des Bücherkäufers, wie wir sie in Deutschland fest- I stellen und die vielleicht eine Welterscheinung ist, auch hier Fuß-,I gefaßt haben? Das eine sei nur nebenbei festgcstcllt: das Radio, I das man bei uns zuweilen für den Rückgang des Bücherkonsums I mit verantwortlich gemacht hat, trägt hier sicher keine Schuld I daran. Denn es ist in Malta noch beinahe unbekannt. I
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