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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.12.1879
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1879-12-17
- Erscheinungsdatum
- 17.12.1879
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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5258 Nichtamtlicher Theil. ^ 29 l, 17. December, eingehende Besprechung stützt. Die Urtheilsunsähigkeit und Denk faulheit sind charakteristische Eigenschaften des psnn^-L-llnor's. Leider bilden diese Gesellen das Gros unserer kritischen „Geister".*) Durch Berücksichtigung der herrschenden Umstände und gewisse Zuvorkommenheit vermögen einzelne Verleger, denen es daran liegt, ihre Artikel beklappert zu wissen, sich die Presse zum weit aus größten Theile dienstbar zu machen. Man braucht sich da mit allerdings nicht sonderlich viel Mühe zu geben. Wohl wissend, daß der Anzeigenteil, vulgo der Geldbeutel des Blattverlegers, einen gewichtigen Einfluß auf das ganze Verhalten und nament lich auf das Entgegenkommen im Recensionswesen ausübt, er klärt man sich bereit, die Besprechung durch eine gleichzeitige Anzeige zu unterstützen, wenn auf eine wohlwollende Beurtheilung des anbei überreichten Werkes gerechnet werden dürfe. In Er wägung daß nicht jeder Zeitung ein entsprechender Recensent zu Gebote steht, daß der an sich schon viel geplagte Redacteur nicht genügende Muße findet, um auch das vorgelegte Buch noch zu lesen, auszuziehen und zu kritisiren, druckt man der Kürze halber auf dem angehängten Respectblatte des dem Exemplar beigelegten Begleitschreibens ein günstiges Referat mit oder ohne Nennung der Quelle ab. Auf solche Weise erspart man dem betreffenden Blatte die Sorge sür geeignete Besprechung, man wahrt ein ge wisses Decorum und schützt sich namentlich vor ungünstiger Kritik. Man denke nicht, daß etwa nur unbedeutende Blätter so geäußerten Wünschen speculativer Verleger Nachkommen — ich könnte viel mehr verschiedene größere Zeitungen anführen, die der geschilderten Verlegerpraxis hilfreiche Hand bieten. Es ist wahr, der Leiter eines tüchtigen Provinzialblattes, welches mit seinen Mitteln kargen muß und an eigene Recensenten wenig zu wenden ver mag, ist ein sehr geplagter Mann. Der Verleger des zu kritisiren- den Buches gehört zu den guten Kunden des Anzeigetheils, ver langt demnach Berücksichtigung, so wird denn in der Voraussetzung, daß der Herr College, aus dessen Feder das vorgedruckte Referat stammt, die Schrift wohl gelesen haben wird, dasselbe nach Vor schrift abgedruckt. Bei einzelnen, um nicht zu sagen vielen Blättern kommt es vor, daß in hingebendem „Biereifer" das Recensions- schema nicht einmal ordentlich gelesen wird, sondern ohne Weiteres zum Abdruck gelangt. Hierbei ereignen sich öfter komische Vor fälle. Schreiber dieses erinnert sich, eine absolut unsinnige Phrase, welche sich höchst wahrscheinlich infolge einer Setzerbosheit in die Vorlage eingeschlichen hatte, in ein paar hundert Blättern wiedergesunden zu haben. Die seltene Uebereinstimmung in der Beurtheilung ein und desselben Buches entgeht auch dem viel lesenden Publicum nicht, man stößt bei demselben aus eine höchst geringschätzige Meinung von Recensionen. Nur in vereinzelten Fällen allerdings ist dieselbe zu solchem Grade gestiegen, wie bei einem mir bekannten Herrn, welcher einmal äußerte, er kaufe sich jedes Buch, welches von den Zeitungen heruntergeputzt werde, weil er von dessen Güte überzeugt sei. Aus dem Gebiete, welches der Betreffende pflegte, der Volkswirthschast, hatte er nicht so Unrecht. Schriften volkswirthschastlichen Inhalts, welche die Presse todtzuschweigen oder „herunterzuputzen" sich bemüht, sind gewiß nicht die schlechtesten. Gebildet hatte sich bei jenem originellen Kauz die feste Meinung, weil sie sich an der Schrift von Fr. Perrot, *) Aus welch spielend leichte und billige Art ein litterarischer Ersolg errungen wird, zeigt außer noch eclatantereu das solgcnde Beispiel. Vor etwa zwei Jahren brachte die „Gegenwart" aus der Feder eines Hin. Jos. Kürschner einen Aussatz über die Romane Werner Grosses. Man posaunte diesen Artikel als ein Wunder von Originalität aus, pries den Muth des Verfassers, der es gewagt habe, solche Erzeugnisse zu brandmarken, und doch war das Ganze nichts als eine triste Kritik und Zusammenstoppelung von Phrasen, welche lediglich den von Grosse ausgegebenen Prospecten über die genannten Romane entlehnt waren! „der Kampf gegen die Ausbeutung des Publikums durch den Banknotenschwindel und die Papierpest" (1872) bewährt hatte, und er hat seit jener Zeit mir gegenüber manchen Triumph gefeiert. Das Recht der unbeeinflußten Kritik literarischer Erscheinungen ist an und für sich ein so ehrwürdiges, daß man den Gebrauch desselben von unserer gegenwärtigen Presse nicht mehr erwarten kann. Ein bitteres aber wahres Wort. Die durch eine bezahlte Anzeige erkaufte Recension irgend eines Buches ist ohne Weiteres eine bezahlte und die nach solcher Norm handelnde Kritik eine feile. Leugnen kann diese Wahrheit nur Derjenige, welchem das Bewußtsein des sittlichen Werthes und des idealen Beruss der Zeitschriften: der Aufklärung des Volkes, abhanden gekommen ist. Wenn keine Redaction ansteht, Schriften, die ihrem Partei interesse dienen, ausführlich und günstig zu besprechen, so ver langt die Billigkeit, das einfache hausbackene Rechtsgesühl, daß man auch andere, sei's auch gegnerische Stimmen zu Worte kommen lasse. Die Behauptung, welche ich in dem Artikel des Hrn. B. in Nr. 57 d. Bl. (vom 10. März d. I.) gefunden habe, daß die Kosten, d. h. die Satz- und Druckkosten eines Referats nicht immer durch den Geldwerth der besprochenen Schrist gedeckt werden, berechtigt zu der Gegenfrage, ob unter Zugrundelegung einer derartigen Anschauung nicht der Verleger eines mißfällig kritisirten Buches das Recht hat, von der be treffenden Zeitung gewisse Entschädigung zu fordern, weil ihm durch sothane Behandlung seines Erzeugnisses vor der Oeffentlich- keit ein pecuniärer Schaden erwächst. Wohin kommen wir bei solcher Ausfassung des Begriffes „Kritik"? Zu dem ganz logi schen Schluffe, daß die öffentliche Meinung, als deren Ausdruck unsere Zeitschriften gelten, eine Dirne geworden ist, die ihre Gunst an den Meistbietenden verkauft. Und hierzu hat man sie thatsächlich herabgewürdigt. Ich will au dieser Stelle nicht Namen nennen von Männern, welche durch gedruckte Worte be weisen, daß ihnen derartige Anschauungen nicht fremd sind. Später werde ich die Gelegenheit nicht versäumen, bei der Be handlung desselben Gegenstandes andernorts ans sie zurückzu kommen.*) Die Verpflichtung, nicht recensirte Schriften, welche, ohne verlangt worden zu sein, den Redactionen übersandt worden sind, znrückzugeben, läßt sich, wie schon gesagt, juristisch nicht Nachweisen, existirt alsonicht. Eine andere Frage, ob denn die betreffende Redaction berechtigt ist, auch die nicht besprochenen Werke einfach als gute Prise zu betrachten, zu behalten und damit nach Willkür zu schalten, ist bisher noch nicht gründlich erörtert. Meines Er achtens entbehrt auch ein solches Versahren jeder rechtlichen Be gründung. Das Verhältniß des Sortimenters einem Kunden gegenüber, dem er, ohne dazu ausgesordert zu sein, Bücher zur Ansicht schickt, entspricht dem Obigen meiner Ansicht nach genau. Denn die landesübliche Auffassung, daß dem Verleger die zu Recensionszwecken verwandten Exemplare werthlos seien, besteht nicht vor dem Richter. Wie in jenem, so liegt aber auch in diesem Falle auf Seiten des Absenders die Pflicht, für die ohne Kosten des Adressaten zu ermöglichende Rücksendung des Buches Sorge zu tragen. Mehrfache Beispiele haben bewiesen, daß der *) Dem Herausgeber der verflossenen Spener'schen Zeitung, Hrn. Or. Heiberg, hat Wuttke in seinem bereits angezogenen Buche (3. Aus lage, Seite 62, Note) ein Denkmal gesetzt. In dem hier citirten er lassenen Rundschreiben heißt es u. a.: „Die zahlreich eingesandten neuen Erscheinungen werden unsern Standpunkt rechtfertigen, diejenigen Novi täten unbedingt in erster Linie und am ausführlichsten zu besprechen, denen zugleich der Auftrag zum Abdruck eines Inserates beigefügt ist." Deutlicher sprechen noch andere mir zur Verfügung stehende Circulare ehrenwerther Männer.
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