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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.07.1926
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1926-07-20
- Erscheinungsdatum
- 20.07.1926
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- Deutsch
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166, 20. Juli 1926. Sprechfaul. Börsenblatts, d. Dtschn.Buchhandel. seiner Entschuldigung muh allerdings angeführt werden, bah die Mitglieder des Börsenvereins zum allergrößten Teil gar nicht ver stehen und verstehen wollen, was sie leisten könnten und müßten, falls die Kasse segensreich wirken sollte. Man liebt nur bis zum Portemonnaie, aber sobald dieses angegriffen wird, zieht sich alles zurück. Man stöhnt über^die Beitragszahlung, und dabei kostet die Zugehörigkeit zum Börsenverein in Wahrheit keinen Pfennig. Mau erhält für die 30 Mark das Börsenblatt, Verbilligung des Adreßbuches und Verbilligung der Anzeigen; für ein Abonnement auf eine Zeitung, die man wie das tägliche Brot braucht, erhält man große Vorteile. Man gibt nichts, man nimmt nur! Das sollten sich einmal alle Mitglieder klarmachen! Dann würde das Stöhnen ver stummen und man würde gerne zahlen, um seinen Lebensabend sicher zu gestalten. Der Deutschnationale Handlungsgehilfen-Verband hat jetzt diese Kasse eingerichtet und zahlt für einen Beitrag von 4 Mark monatlich folgendes Altersgeld: Nach Vollendung -es 05. Lebensjahres: bei 25jähriger Mitgliedschaft 50 Mark monatlich, bei 30jähriger Mitgliedschaft 55 Mark monatlich, bei 35jähriger Mitgliedschaft 60 Mark monatlich, bei 40jähriger Mitgliedschaft 65 Mark monatlich, bet 45jähriger Mitgliedschaft 70 Mark monatlich, bet 60jähriger Mitgliedschaft 76 Mark monatlich. Greifen wir einmal aus dieser Tabelle nur die 35jährige Mit gliedschaft heraus, also eine Zeit, die viele von uns erleben, so be kommt man nach Vollendung des 65. Lebensjahres monatlich 60 Mark, also jährlich 720 Mark, und hat in den 35 Jahren 1680 Mark ein gezahlt, erhält außerdem ein Sterbegeld nach lOjähriger Mitgliedschaft von 200 Mark, nach 20jähriger Mitgliedschaft von 500 Mark. Tritt nicht vielen von uns die Schamröte ins Gesicht, wenn sie sehen, was hier ein Verband leistet und was hier unsere Ange stellten aufbringen, um für ihre Angehörigen zu sorgen? Leider ist es ja einmal bei uns Deutschen so, daß nur der Zwang, das Gesetz liche von uns gewollt wird, denn der Begriff der Freiheit, wie Fichte ihn uns so wunderbar gelehrt: »Wirklich frei sein heißt fröhlich und freiwillig das tun, was das V iß von uns fordert!«, kennt der Deutsche nicht. Immer wieder muß ich an dieser Stelle sagen: »Was könnte geleistet werden, wenn —, ja wenn Opferfreudigkeit auf der einen und Zusammengehörigkeit auf der anderen Seite sich zusammen schmelzen würden zu der Einheit der sozialen Fürsorge aller Mit glieder.« 100 Mark Jahresbeitrag für diese Kasse heißt: 5000 Mit glieder mal 100 sind 500 000 Mark Jahrcsprämie; 80 Todesfälle im Jahre (16 auf 1000 hoch gerechnet) mal 5000 Mark Sterbegeld sind 400 000 Mark, bleiben für den Reservefonds 100 000 Mark, und dieser muß geschaffen werden, um noch einige Jahre Prämienfreiheit ge währen zu können. 5000 Mark Sterbegeld bei einer solchen Jahres prämie zahlt keine Versicherung, wäre aber für jeden in der heutigen Zeit und auch später eine Summe, die den Angehörigen über das Schwerste für längere Zeit hinweghelfen könnte. Daß die Kasse weiter ausgebaut werden würde und könnte, ist natürlich und wäre nur eine Frage von wenigen Jahren. Auf das Wollen allein kommt es an, denn können tun wir es alle, wenn es auch dem einen oder anderen mehr oder weniger schwer fällt. Dann heißt es eben die Zähne zusammenbeißen und verzichten auf einige Ver gnügungen, dafür aber das stolze Bewußtsein: »Ich trage dazu bei, daß die Not aus dem deutschen Buchhandel verschwindet, und ich helfe den Meinen, damit sie nach meinem Tode die notwendigste Hilfe haben.« Deutscher Buchhandel! Wann endlich begreifst Du die heutige Zeit! W. Hermann. Die nächste Generation. (Vgl. Bbl. Nr. IW.) Wenn sich Herr Otto Reicht ritterlich vor seinen Duoe stellt, so mag es sich Herr Spemann gefallen lassen, daß ich mich ihm zur Seite geselle. Ich glaube den tieferen Grund zu erkennen, weshalb sich Herr Spemann gegen den Ochsen-Aufsatz wendet. Es ist wohl weniger der schlechten Zensur halber, die Herr Neichl der Zwischengeneration erteilt, als die berechtigte Sorge, die nicht nur viele von uns im Buchhandel ergriffen hat, sondern die zu einem Gegenwartsproblem geworden ist: die Sorge um die Weiterentwicklung unserer Jugend! Als der Zusammenbruch des deutschen Volkes da war, sah sich die Jugend um ihre Zukunft betrogen, und mit der starken Unbändig- keit eines jugendlichen Idealismus wollte sie ihre Geschicke nun selbst in die Hand nehmen und suchte Wege, die aus der tiefen Verlassen heit und seelischen Not hin ans führen sollten. Das war so allerorten, nicht allein im Buchhandel! Aber unsere Jugend erkannte, daß auch sie der Führer bedurfte, die sie zur Verwirklichung ihrer Ideen und Ideale letten sollten, und sie folgte willig — allzu willig allen denen, die es verstanden, ihrer Sehnsucht beflügelte Worte zu verleihen. Im Buchhandel fanden sie Eugen Diederichs, der ihnen durch seine verlegerische Bedeutung und eine ihren geheimen Wünschen ge- füge Beredsamkeit ein Vorbild zu sein schien. Was kam, war überall dasselbe! In Zeitungen und Zeitschriften, in Reden und Vorträgen wurde der Jugend die Anschauung einge- hämmert, daß sie allein befähigt und befugt sei, Trägerin der deutschen Zukunft zu sein, sie sei zur Hüterin unserer Kultur, zur Überwindung der im Materialismus hilflos versinkenden Welt bestimmt. Welche Jugend welcher Zetten könnte es jemals ertragen, ohne Schaden an der Seele zu nehmen, dauernd solche Worte von denen zu vernehmen, die ihr eigenes Zeitalter als ohnmächtig und minderwertig hiustellen? In Tagen, wo im öffentlichen Leben und in der Gesetz gebung soviel von Rechten, so ungern von der Pflicht geredet wird, wird der Jugend in einer Weise von ihrem Recht und ihren Auf gaben gepredigt, daß ihr jedes Augenmaß genommen sein muß und ihr eine Wichtigkeit zugerechnet wird, die es ihr unmöglich macht, bas Maß der Dinge klar zu erkennen. So wie ich selbst nicht nur im Buchhandel, sondern auch anderwärts dieses Liebeswerben um unsere Jugend mit tiefer Besorgnis ansehe, so wird es auch Herrn Spemann gegangen sein. Nicht nnr Herr Reich! sieht Früchte; auch wir sehen sie, nur sind es andere. Wir sehen in unserer lieben deutschen Jugend die Zwiespältigkeit und Zerrissenheit, die sie zwischen ernster Pflicht -und Neigung nicht zu voller Entfaltung ihres Könnens und ihrer Kräfte kommen lassen, und hören, wie Dinge zu Wichtigkeiten aufgebauscht werden, die im Grunde nur leichte Nebensachen bedeuten. Es wird ihr schwerer gemacht als je, sich durch die Lockungen bequemer Ausgaben zu einer Lebensauffassung hindurchzufinden, die eben doch wieder — und gerade heute — in strenge? Selbstzucht und Pflichterfüllung gegründet sein muß. Ich wenigstens will in diesem Sinne ewig unmodern bleiben und meiner lieben jungen Welt immer wieder sagen — obgleich der Dank vielleicht erst nach Jahren kommt —, daß nur der im Leben ein Ganzes leisten kann, der sich selbst und seinen Wünschen ein Herr zu sein vermag. Wer solche Grundsätze nicht wagt scharf auszusprechen, ist mir kein Führer für die Jugend. Schöner und freier mag es sein, ihr lockende Welten vorzuspiegeln, als sie auf den kahlen Grund straffer Charaktererziehung zu verweisen. Bedenklich indessen scheint mir auch das zweite Problem, um das sich die Herren streiten. Zwar ist es mit dem ersten eng verwachsen. Mit bemerkenswerter Sicherheit glaubt Herr Neichl von der Schlechtigkeit der Zwischengeneration sprechen zu dürfen, zu der er — glücklich für ihn und Herrn Diederichs — gerade nicht mehr zählt. Diese Zwischengeneration war es, die mit gläubigem Herzen und mit Liedersang zukunftshoffend in bas grausigste Ringen zog, das je um die deutsche Heimat entstand, die unter unerhörten Nöten und in trostloser Verlassenheit vier Jahre lang die Muttererde vor Schande und Untergang bewahrte und die ihre Brüder auf den Schlachtfeldern der Erde in Millionen begrub. Es ist keine Zeit so schlecht, sie empfinge nicht ein gut Teil ihrer Schlechtigkeit als Erbe der Vergangenheit! Sind es nicht die heute 50-, 60- und 70jährigen, deren behäbiger Lebensführung wir die furcht baren Folgen zu danken haben? Die, während sich die Leiber der Jungen in Riesenschlachten verzehrten, es nicht verstanden haben, den Geist der Eintracht, der Zuversicht und Hoffnung auf Deutschlands Zukunft auch zu Hause wach und lebendig zu erhalten? Wo waren sie damals, die heute so Lauten? Und wenn heute Politiker und Großindustrielle besorgt in deS deutschen Volkes Zukunft schauen, so ist es zum wenigsten wegen des »schlechten Jahrgangs«, als wegen der Lücke, die unverschließbar im deutschen Volkstum klafft. Unsere Generation geht an ihrem Opfer für die deutsche Jugend zugrunde. Wer wagt heute noch hiervon zu sprechen? Wer ist es, der unserer Jugend die Ehrfurcht lehrt vor der Größe des Unglücks, bas ihre Väter betroffen hat? Der Gang im Buchhandel ist gebunden an den deutschen Schicksals weg. Wir allein können ihn nicht ändern. Führt der ins Verderben, so wird der Buchhandel mit verderben; regen sich aber die lebendigen Kräfte, sind sie stark genug als Werdckraft neuer Kultur, so werben auch im Buchhandel die Männer da sein, die die Zeit begreifen und als Träger neuer Aufgaben und Ziele auf dem Platze sind. Vermessen aber ist es, Zeitgenosse zu sein und dennoch, ohne die Weite des Abstandes nehmen zu können, über eine Gegenwart Urteile zu fällen, die einem Hexenkessel gleicht. Man müßte sie bewundern ob ihres Weitblicks. Ich weiß von großen Formaten, die sich hierzu unzuständig erklären. Trauen es 915
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