Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.10.1879
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1879-10-22
- Erscheinungsdatum
- 22.10.1879
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18791022
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-187910225
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18791022
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1879
- Monat1879-10
- Tag1879-10-22
- Monat1879-10
- Jahr1879
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
umsaßt und somit schon von vorn herein die Executivgewalt des Börsenvereins sehr problematisch macht, könnte nach Annahme der projectirten Statuten so herabsinken, daß man den jetzt hoch geachteten Verein dann nicht mehr als würdige Vertretung des deutschen Buchhandels betrachten dürfte. Als im Sommer des vorigen Jahres der Eisenacher Sorti mentertag zuerst von einer Reorganisation des Börsenvereins sprach und sie beschloß, ging durch die Versammlung eine Be geisterung, die den Himmel schon erstürmt sah. Ja, das besticht, das blendet, eine Institution zu besitzen, die allen Leiden und schlechten Einnahmen ein Ende macht, die einfach decretirt und — Verleger, die kein Geld haben, um gleich groß dazustehen, werden Schreiber; — Sortimenter, die ungewohnte Vertriebs wege beschreiten, wandern aus, und die Luft wird ordentlich rein gefegt, man weiß selbst nicht wie. Daß dieser Gedanke, einmal hingeworsen, Feuer sangen würde, daß hier Jedermann glaubte, ein bischen Reformator sein zu können, ist erklärlich. Daß schließlich der Börsenvorstand mit in den Taumel hineingerieth, daß er schließlich einen Entwurf lieferte, der in noch höherem Grade Befremdliches ent hielt, als der von uns angegriffene Morgenstern'sche (wie eine unserer größten Firmen uns schrieb), so daß der Vorsitzende schließ lich selbst erklären mußte, „gedruckt sehe es doch zu grell aus", — es ist alles erklärlich! — Freuen wir uns aber, daß dieser Entwurf nur mit 20 gegen 14 Stimmen angenommen worden ist, ein sicheres Zeichen seines Falles in der nächsten Cantate-Versammlung. „Damit ist alles verloren! Es war der letzte Versuch, nun sehe Jeder zu, wie er fertig werde!" Das wird dann nach der Cantate-Versammlung das Angesicht des deutschen Buchhandels sein — und ist es jetzt schon vielfach. Schon jetzt sinkt Vielen der Muth und „es ist nichts zu machen", will die Loojung werden. Nach der Begeisterung — Muthlosigkeit! Ist diese Stimmung nothwendig? Die leichte Arbeit ist nicht gelungen; es ist ganz unmöglich, damit eingewurzelte Nebel und Nothstrnde zu beseitigen und die Stellung des Sortiments- Handels zu verbessern. Es muß eine schwerere, ein sehr ernste, andauernde Arbeit begonnen werden. Sagen wir mit Faust: Stürzen wir uns in das Rauschen der Zeit, Ins Rollen der Begebenheit! Da mag dann Schmerz oder Genuß, Gelingen oder Verdruß Nur rastlos bethätigt sich der Mann. Die neue Zeit mit all' ihren Geschäfts- und Berkehrs erleichterungen durch ein Vereinsstatut aushalten zu wollen, dürfte sich sehr bestrafen durch das immer größer werdende Chaos, das während dieser Arbeit entsteht. Das „Rauschen der Zeit" muß zu einer anderen Arbeit führen, zu einer Arbeit, die sich mitten im „Rollen der Begebenheit" befindet und darin — herrscht. Dazu ist vor allen Dingen Klarheit nöthig über die Ursachen der jetzigen Zustände. Damit ist nicht Gewerbefreiheit, einheit liches Postporto und dergleichen allgemeine Errungenschaften eines civilisirten und einigen Volkes gemeint, sondern die Frage: Wie geht es zu, daß der Buchhandel sich diese Errungenschaften nicht gleich dienstbar gemacht hat und sich statt dessen das Heft aus den Händen nehmen läßt durch einige unternehmende Männer und sich bewältigen läßt durch eine Stadt? Gegen die Schleuderer und gegen Leipzig sind die Klagen gerichtet, sie werden als die Wurzel aller Nebel bezeichnet. Wir unsererseits sehen die eigentliche Wurzel im „Ladenpreise". Er gestattet keine Ausnutzung günstiger Chancen, er erlaubt nicht, hie und da mal einen größeren Vortheil zu erlangen, um an anderer Stelle mit geringerem Vortheile auszukommen. Er macht alles gleich, wissenschaftliche Werke und populäre Artikel, gelernte Buchhändler und Baschi-Bozuks (wie ein College die wilden Eindringlinge treffend bezeichnet hat), er ist der Todt- macher des belebende», frischen Elementes, der raschen, kauf männischen Speculation im Sortimentsbuchhandel. Ihm ist es ganz gleich, wer mit ihm operirt, sobald sein Erzeuger ihm den Namen gegeben hat. Dadurch, daß nur unter seiner Höhe verkauft werden kann, aber nie über derselben, ist es so leicht, sich jeder Speculation zu entziehen und Jeden mit Büchern handeln zu lassen. — Es dürste aber gänzlich vergeblich sein, heute schon die Axt schärfen zu wollen, mit der diese Wurzel abgehauen werden kann. Noch stehen der Wächter zu viele um dieses vermeintliche Heiligthum. Es kann aber nichts schaden, wenn man anfängt, ein wenig darüber nachzudenkeu. Wenden wir uns zu den vorhin genannten Grundübel». K. 1. des neuen Statuten-Entwurss hat als einen Eckstein des Buchhandels die Bekämpfung der „Schleuderei" ausgenommen. Was ist Schleuderei? Noch ist diese Frage nicht be antwortet und die Meinungen darüber sind sehr aus einander gehend. Das Publicum spßt das Buch als Waare auf; wo es diese billig erhält, kaust es auch. Nach unserer Meinung wird es ein Kampf gegen Windmühlenflügel sein, den der neu orga- nisirte Börsenverein mit seinem Z. 1. unternimmt, denn das große Publicum steht auf Seiten der billigen Verkäuser — und die Verleger sind auch Menschen. Wenn der Verleger schließ lich seine Bücher absetzt und den Preis erzielt, den er haben muß, reibt er sich im Stillen die Hände und läßt die Sorti menter über Schleuderer klagen, soviel sie wollen. Es ist dem Sortimentshandel ganz unmöglich, alle erscheinenden Bücher unterzubringen, und ist es Unsinn, dieses von ihm zu verlangen. Diese absolute Wahrheit muß von vorn herein zugegeben werden, wenn auch nicht zu leugnen ist, daß mancher Sortimenter manches mehr thun könnte. Ist es doch soweit gekommen, daß sehr viele Sortimenter Nova nicht mehr annehmen, ja selbst die gesammten Circulare ungelesen in den Papierkorb werfen. Geben wir aber dem Sortimenter seine Geschäftsfreiheit, so muß sie dem Verleger auch gegeben werden. Soll er, wenn er sieht, daß er auf dem bisherigen Wege, durch die Sortimenter, seine Bücher nicht absetzt, seinen Concurs erklären, da er wohl Waare, aber kein Geld hat? Das geht nicht. Er sucht also den directen Absatz oder bietet einzelnen Sortimentern absichtlich so hohen Rabatt, daß sie unterm Ladenpreise verkaufen können — und sollen. Ja, es entsteht für viele Verleger sogar der Wunsch, möglichst wenig mit Sortimentshandlungen zu thun zu haben, um ihnen keinen Einblick in seinen Absatz zu gewähren. Hat er mit vieler Mühe und Arbeit, großen Kosten und ge duldiger Hoffnung endlich ein Werk allgemeineren Charakters durchgesllhrt und in Gang gebracht, so wollen die Sortimenter sich nicht mit dem Gewinne eines guten Absatzes begnüge» — nein, sie suchen sich irgend einen Verfasser, der ihnen möglichst schnell ein ähnliches Werk und damit den Verlegergewinn ver schafft. Der llrverleger sieht sich geschädigt, er muß neue Artikel bringen, um zu existireu, sucht Absatz dafür, wo er ihn findet — und so ziehen sich die Schlangenkreise immer weiter und weiter, bis Der bestehen bleibt, der das meiste Glück und den größten Geldbeutel hat. Das ist der bewegliche, schillernde Grund, aus den man in Leipzig 8- 1 aufgebaut hat — und der Bau soll halten? So lange keine ernste Enquete veranstaltet wird über den Einfluß der Schleuderei, über ihr Wesen, ihre Entstehung, Ver-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder