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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.02.1915
- Strukturtyp
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- 1915-02-02
- Erscheinungsdatum
- 02.02.1915
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^ 26, 2. Februar l9tö. Redaktioneller Teil. dlikums und der englischen Journalisten über den Krieg aus un mittelbarer Quelle kennen zu lernen. Das Publikum ließ sich im allgemeinen beraten: »Mein Publikum läßt sich von mir gern beraten, ich empfehle nur, was ich selbst gelesen habe und für gut halte, und rate ab von Sachen, die ich nicht eurpfeh- Icn will oder kann«, »Es hat sich meist von uns beraten lassen, soweit in dem Sturm der letzten Tage dazu Zeit vorhanden war. Leider setzte das Geschäft zu spät ein,« Die Konkurrenz des Warenhauses wird weniger empfunden als die der Straßeiwerkäufer und Kolporteure: »Der größte Schaden ist der Straßenbuchhandel, der bekämpft werden müßte! Er erhält z, B. die Berliner Illustrierte Zeitung stets früher als der Buchhandel beim direkten Bezug vom Verleger, Das Jahr hat viele ,Auchkollegen' gezeitigt, die den Absatz an Karten, Zei tungen usw, sehr beeinträchtigten. Behörden, Bureaus usw, wer den jetzt von Kolporteuren (Wohl, weil sie anderweit ihre Stel lung verloren habe»,) mit Kriegslileratur überlaufen, wodurch das ortsansässige Sortiment mehr geschädigt wird, als mau ahnt, besonders wenn der Sache ein patriotisches Mäntelchen umgehängt und ein Teil des Gewinnes dem Roten Kreuz zugesichert wird. Das verblüfft stets; eine namhafte Person läßt sich als erste ge winnen, und flugs fühlen sich alle Untergeordneten gezwun gen, auch zu zeichnen,« Störungen infolge postalischer Unzu länglichkeiten und Erschwerungen kamen in den ersten drei Kriegsmonaten und im Dezember häufig vor, scheinen aber vom Buchhandel sowohl wie vom Publikum als unvermeidlich und erträglich angesehen worden zu sein. In einer Antwort heißt es: »Da ich bei Bestellungen stets auf wahrscheinliche Verspä tungen aufmerksam machte, gab cs wenig Reklamationen; was ich nicht versprechen konnte, nahm ich nicht an; so wickelte sich alles ziemlich glatt ab«. — In Worms »war der Buchhandel lebhaft und in Anbetracht der Zeitberhältnisse befriedigend. Teure Werke wurden nicht gekauft«. Die Propaganda wurde eingeschränkt, in der Auswahl von Geschenkwerken die Kriegs literatur von Jung und Alt bevorzugt. Ins Feld wurden nicht viele und meist nur billige Schriften gesandt, nach ausländischen Werken war kaum Nachfrage, Einfluß von Warenhäusern, Ver eins- und Zeitungsbuchhandlungen usw, wurde weniger gespürt als sonst. Das Publikum ließ sich stets beraten. Es war schwie rig, alles pünktlich zn besorgen. Der Bericht schließt mit den Worten: »Trotz unserer großen Begeisterung für die gewaltige deutsche Sache wäre Frieden aus Erden der größte Wunsch«. Kleine Mitteilungen. Verlagswerke in Umtausch gegen Briefpapier. — Welche Zumutun gen manchmal selbst von dem Teile des Publikums gestellt werden, bei dem man infolge seiner Zugehörigkeit zu den gebildeten Ständen ein besseres Verständnis für buchhändlerische Verhältnisse erwarten sollte, geht aus nachstehender, an eine bayerische Verlagsbuchhandlung ge richteten Karte hervor: Mit gleicher Post übersende ich: (folgen die Titel zweier Verlags- wcrke) mit der Bitte, die Bücher gegen gutes Briefpapier in Kartons Umtauschen zu wollen, da dieselben den Wünschen nicht entsprechen. Hochachtend M. S., Schulvorsteherin. Wird ein Buch von literarischem Wert durch einzelne im Text enthaltene unzüchtige Stellen zur unzüchtigen Schrift? — Mit dieser Frage hatte sich am 5. Januar das Reichsgericht in einer Strafsache, dem folgender Sachverhalt zugrunde lag, zu beschäftigen. Das Landgericht Breslau hat am 15. September den Schriftsteller Richard Rieß und den Redakteur Fritz Bettauer wegen Vergehens gegen 8 184/1 StGB, zu 60 bzw. 50 Geldstrafe verurteilt. In der Zeitschrift »Der Osten«, Monatsschrift für ostdeutsche Literatur und Kultur, war im Novemberheft v. I. eine von dem Schriftsteller N. verfaßte Novelle erschienen, in der Szenen in einem öffentlichen Hause geschildert werden. Im allgemeinen war die Novelle sehr sach lich und dezent gehalten; nur an zwei Stellen berührte sic stark das Erotische, so daß eine unbekannt gebliebene Person, die daran An stoß nehmen zu müssen glaubte, anonym eine Anzeige erstattete, die die strafrechtliche Verfolgung der beiden Angeklagten als des Ver fassers einerseits und des Herausgebers andererseits sowie ihre be reits erwähnte Verurteilung zur Folge hatte. Das Gericht ist nämlich der Ansicht gewesen, daß die beiden beanstandeten Sätze unzüchtig im Sinne des Gesetzes seien, und hat ausgeführt, daß der ganzen No velle kein literarischer Wert inncwohne, sondern daß sie als unzüch tige Schrift anzusprechen sei. Der Einwand der beiden Angeklagten, daß die Novelle weder von der Polizeibehörde, der ein Exemplar zur Prüfung zugesandt worden war, noch von irgendjemand sonst bean standet wyrdcn sei, sowie der Einwand, daß sie sich des unzüchtigen Charakters der Schrift nicht bewußt gewesen seien, sind vom Gericht nicht berücksichtigt worden. Gegen das Urteil hatten beide Ange klagte Revision eingelegt, in der sie die Verkennung des Begriffes der Unzüchtigkeit rügten. Während der Neichsanwalt be antragt hatte, die Revision zu verwerfen, da das Urteil zu Bedenken keinen Anlaß biete, hob das Reichsgericht das Urteil auf und verwies die Sache an das Landgericht zurück, da das Urteil an verschiedenen Mängeln leide. In seiner Begründung dazu führte es folgendes aus: Die Feststellungen im Urteil sind widerspruchsvoll und unzulässig, um die Verurteilung zu rechtfertigen. Das Gericht erklärt die No velle als Ganzes fiir eine unzüchtige Schrift, obwohl es selbst nur zwei Sätze darin als unzüchtig bezeichnet hat. Wenn der Vorder- richtcr sagt, der künstlerische Wert eines Werkes schließe dessen Un züchtigkeit nicht aus, so ist das ein Gemeinplatz, der hier näher hätte begründet werden müssen. Es liegt darin eine Verkennung des Begriffes eines literarischen Kunstwerkes. Es hätte vielmehr im vorliegenden Falle noch besonders geprüft werden müssen, um wieviel der unzüchtige Charakter der beiden beanstandeten Stellen hinter dem gesamten Eindruck, den die Novelle als literarisches Kunstwerk macht, zurücktrete. Ein weiterer Mangel haftet dem Urteil insoweit an, als nicht erschöpfend alle diejenigen Momente und Umstände geprüft wor den sind, die den Charakter der Zeitschrift im allgemeinen und des betreffenden Novemberhcftes im besonderen hätten klar erkennen las sen. Nur der Gesamteindrnck, eine genaue Prüfung einer solchen Schrift im Ganzen könne entscheidend auf die Frage der Unzüchtigkeit antworten. (4 I) 1439/14.') Zcnsurierung von Vortragsmanuskripten. — Das stellvertre tende Generalkommando des XII. Armeekorps erläßt nachstehende Be kanntmachung: »Im Anschluß an die Bekanntmachung vom 5. Oktober 1914 wird hierdurch verfügt, daß nicht nur Vorträge rein militärischen Inhalts der polizeilichen Genehmigung bedürfen, sondern überhaupt alle Vorträge, die sich in irgendeiner Beziehung mit dem Krieg befas- i sen, sei es in politischer, wirtschaftlicher, technischer oder sonst einer anderen Hinsicht. Von allen genehmigungspflichtigen Vorträgen sind l vollständige Manuskripte mindestens 8 Tage vor der geplanten Abhal tung bei der zuständigen Behörde einznreichen.« Der schlaue Buchhändler. — In der »Neuen Hamburger Zeitung« lesen wir: Die Engländer möchten gern den Anschein erwecken, daß in Kairo alles in schönster Ruhe und Ordnung ist, aber unabsichtlich schleichen sich in die Gerüchte doch einzelne Züge ein, die erkennen lassen, daß man dort viel mehr mit den Tiirken sympathisiert, als den jetzigen Machthabern lieb ist. Dafür zeugt auch ein lustiges kleines Geschichtcl-en, das ein Berichterstatter der Times so nebenbei erzählt. ^ Ein Buchhändler in Kairo hatte sich, ermutigt durch die Begeisterung, mit der Ägypten 1908 die jungtürkische Reform begrüßte, 5000 türki sche und arabische Grammatiken zugelegt, für die er bei der neuen > Vorliebe für alles Türkische einen guten Absatz erhoffte. Aber seine ^ Spekulation schlug damals fehl, und in den nächsten sechs Jahren j verkaufte er nur 40 Grammatiken. Jetzt aber war der rechte Augen blick für ihn gekommen, und sein Weizen blühte. Schon als die Pforte mehr und mehr eine feindliche Haltung gegen die Verbündeten cin- nahm, wuchs der Verkauf der Grammatiken außerordentlich, und als l die Türkei dann den Krieg erklärte, da wurde sein Laden geradezu von Ägyptern gestürmt. Die meisten waren Türkenfreunde, die nun auch ihre sprachlichen Kenntnisse vervollständigen wollten, um die alten Herren bei ihrem siegreichen Einmarsch in vertrauten Lauten begrüßen zu können; viele aber waren auch furchtsame Effendis, die noch rasch Türkisch lernen wollten, um ihre Stellungen behalten zu können, wenn die türkische Herrschaft beginne. So verkaufte der schlaue Buchhändler im Handumdrehen seinen ganzen Vorrat, und er bedauert jetzt nur, daß er sich nicht noch ein paar Tausende mehr von diesen Gram matiken 1908 angeschafft hatte; er wäre sie auch spielend los geworden, denn die Nachfrage nach türkischen Grammatiken ist weiter außer ordentlich groß. Der Rückgang des englischen Handels. — Aus Amsterdam werden über den beträchtlichen Rückgang, den der englische Handelsverkehr unter dem Einflüsse des Kriegszustandes erfahren hat, folgende Anga ben gemacht: Die Einfuhr hat im Dezember 1914: 66 600 000 Lstrl. be tragen gegen 71 100 000 Lstrl. im Dezember 1913. Die Ausfuhr, !öie sich im Dezember 1914 auf 26 300 000 Lstrl. belaufen hat, ist im L31
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