Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.02.1915
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- 1915-02-23
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- 23.02.1915
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^ 44. 23. Februar 1915. Redaktioneller Teil. »Wir wollen mit dem Bilde unseres Wesens uns nicht selber loben und verherrlichen und mit der Anerkennung unserer Fehler nicht Buhe tun. Wir bedürfen, ivo wir heute aus innerstem LebcnStriebe in der stündlichen Gefahr eng Zusammenhalten, nicht des ersteren zur An feuerung unseres Mutes, und, wo wir in heiligem Ernst die schwere Prüfung der Vorsehung über uns ergehen lassen, nicht der zweiten zu unserer sittlichen Würdigkeit. Lebendige Tat ist alles, ivas wir jetzt wollen und brauchen. Lebendige Tat, die das Ideal bejaht, und lebendige Tat, die die Schlacken wegräumt und überwindet. So sind es auch nicht Betrachtungen und Widerlegungen, die wir dem Kulturkrieg der Federn und des Geistes entgegensetzen, sondern die lebendige Tat der vollen und klaren Bejahung unseres Wesens, wie es ans den Bedingungen der Geschichte und aus den geheimnis vollen Gründen individuellen Sonderlebens heraus geworden ist als eine der grossen nationalen Individualitäten der weißen Nasse und der christlichen, aus der Antike genährten und im europäischen wunder- reichen Leben geformten Völkerwelt. Diese Tat muß den innersten Kern des großen kriegerischen Ringens bilden, muß die Neugestal tung Europas im kommenden Friedensschluss beseelen und muß bei uns fortdauern, wenn längst die Kanonen wieder in ihren Schuppen stehen. Sie wird die nie aufhörende Aufgabe des neuen Deutsch land bilden und vieles bei uns erneuern, klären, vertiefen und rei nigen müssen. Der Krieg muß zuallerletzt die Verjüngung des deut schen Wesens ans seinen eigenen Tiefen bringen. Wie der Kampf der Waffen ungeahnte sittliche Kräfte der Nation offenbart, so muß auch der Kampf der Geister uns zeigen, in wie engen Grenzen es ein allgemeines Enropäertnm gibt und wie schwer verständlich im Grunde die Völker einander bleiben. Ein jedes kann nur aus seinen eigenen Grundlagen schöpfen, und die un seren zeigen uns gerade jetzt eine wunderbare Tiefe und Fülle, wie cs einer Nation entspricht, die zum zweiten Male an die große Auf gabe einer Staatsgründnng gehen durfte. Das bedeutet keine selbst gefällige Abschlicßung. Nie werden wir anfhören, aus der gemein samen Grundlage des ganzen Europäertums, der Antike und dem Christentum zu schöpfen, nie werden wir verlernen, aus dem Aus tausch der Geister den eigenen zu bereichern, sobald dazu wieder irgend die Möglichkeit geboten wird. Aber wohl wollen wir aus diesem Kriege und dem Erlebnis dieses Kulturkampfes lernen, daß jedem Volk durch seine Art und geschichtliche Lage die Sonderart seines Geistes gesetzt ist, und daß nur in der bewußten Selbst- begrenzung die Tiefe und Fruchtbarkeit seines Wesens entfaltet werden kann. Wie groß beides, Tiefe und Fruchtbarkeit, sind, das kann erst das Werk zeigen, aber s i e lassen sich nicht steigern und ausweiten durch müh seliges Achten ans fremde Stimmen oder durch gewalt same wesensfremde Reformen. Es gibt keinen Fortschritt durch Zertrümmerung des Kompasses, der uns auf die Verwirklichung des eigenen Wesens hi »weist.' Wir erwidern darum auf jenen Kulturkampf lediglich durch die Tat der Selbstvertiefnng und Selb st Verwirklichung und warten alles übrige, die Wiederverständigung und Wiederbefruchtung gegenüber den Fremden, in Ruhe ab. Die Zeit wird es wiederbrin gen. Für uns aber gilt zunächst und auf lange Zeit vor allem, die Losung: S e i d e u t s ch, b l e i b e d e n t s ch, m e r d e d e n t s ch!«*) Troeltsch steht wohl über jedem Verdachte der Verengerung un seres geistigen Horizonts. Göttin gen. Gustav Ruprecht. Die belgischen Kunstsammlungen unberührt. — Die »Norddeutsche Allgemeine Zeitung« schreibt: Gegenüber vielfachen Behauptungen deutschfeindlicher Zeitungen, daß die Deutschen aus öffentlichen bel gischen Sammlungen wertvolle Kunstwerke fortnähmen und nach Ber lin schickten, wird darauf hingewiescn, daß es von Wert sei, daß der Generalsekretär des belgischen Ministeriums für Kunst und Wissen schaft dem deutschen Zivilgonverneur v. Sandt die schriftliche Erklärung abgegeben habe, baß seit der Schließung der Brüsseler Museen zu Be ginn des Krieges bis zu ihrer gegenwärtigen Wiedereröffnung kein ein ziges Kunstwerk aus den dem Belgischen Staate gehörenden Samm lungen verschwunden ist. Forderungen und Schadenersatzansprüche an das feindliche Aus land. — Fortlaufend gelangen ans allen Kreisen der Industrie und des Handels an den Kricgsausschnß der deutschen Industrie zahlreiche Anfragen, in denen über die Behandlung von schwebenden Forderun gen und Schadenersatzansprüchen an das feindliche Ausland und damit zusammenhängende Fragen Auskunft erbeten wird. Infolgedessen macht der genannte Kriegsausschnß in seinen »Mitteilungen« bekannt, daß die Erwägungen der Negierung, deren Gegenstand eine Zentralisierung der *) Vom Verfasser gesperrt. vorzunehmenden Ermittlungen ist, bis heute noch zu keiner Entschlie ßung geführt haben. Mit Rücksicht auf den Umfang der Arbeiten, den die beabsichtigte Rundfrage bedeutet, sowie auf die Notwendigkeit bal diger Vornahme der Umfrage ist der Kriegsausschuß abermals bei dem Herrn Minister für Handel und Gewerbe mit der Bitte vorstellig geworden, tunlichst bald eine Entscheidung in dieser Angelegenheit her beizuführen. Solange diese noch nicht vorliegt, kann den zahlreichen Anfragen den nur der Rat gegeben werden, mit der Bearbeitung ihrer Anmel dungen zu warten und sich auf die Sammlung aller beweisfähigen Unterlagen zu beschränken. Großes Konzert im Schützengraben. — Folgendes Programm, das einige Landwehrmänncr eines rheinischen Infanterie-Regiments zu Verfassern hat, macht nach den »L. N. N.« augenblicklich die Runde durch einen Teil der Schützengräben auf dein westlichen Kriegsschau platz: Großes Wohltätigkeitskonzert im großen Saale.zwischen Conflans und Verdun, zum Besten unserer Lieben in der Heimat. Mitwirkende: Die kaiserliche Altistin Fräulein »dicke Berta« aus Essen. Sie besitzt ein umfangreiches Organ (42 Zentimeter) und wurde von Kaiser Wilhelm persönlich engagiert. Der k. und k. Aaritonist Herr- Mörser aus Wien (beste Referenzen in Namur, Lüttich, Maubeuge). Die Musik wird ausgeführt von den Maschinengewehr-Abteilungen, sf. Tenöre (Gewehre) und Bässe (21-Zentimeter-Kanonen). 1. Ouvertüre »Als wir 1014 sind in Frankreich einmarschiert«, von Deutschland. 2. Männerchor »Die Höhlenbären«, von Rheinland. 3. Zwei Lieder für Alt: rr) Wer hätte das gedacht, von Krupp, d) Hei, wie das kracht, von Beseler. (Vorgetragen von »Dicke Berta«, Essen). 4. Phantasie ans der Oper: »Spionenfurcht«, von England. 5. Männerchor: »Der Nussenfänger«, von Htndenburg. Pause. Verabreichung von französischen Weinen L In 1870. 6. Zwei Lieder im Volkston: a) Kam a Vogerl geflogen, von Deutsch land, 1>) Was fällt da aus der Luft? (Bombeneinlagc von Zeppelin). 7. Komm in meine Liebeslaube (den Russen gewidmet von Hinden burg). 8. Zwei Lieder für Bariton: a) Bums, da haben wir den Salat, von Serbien, b) Einzug in Camp des Romains, von Bayern. (Vor tragen von Herrn »Mörser« aus Wien.) 0. Et fall nit lang mich duhre (gewünscht von allen). Hiernach großer Sturmangriff mit nachfolgendem Bajonettkampf. Bei Eintritt der Dunkelheit: Große bengalische Beleuchtung. Preise der Plätze nach Übereinkunft. Für die Franzosen eigens reservierter »Sperrsitz« im Drahtverhau. Damen und Kinder haben keinen Zutritt. Zu dieser Veranstaltung, die demnächst stattfindet und deren genauer Zeitpunkt noch angegeben wird, ladet alle Herren Kameraden ein Die Landwehr. Die Schule im Dienst der Volkscrnährung. — Wie verlautet, ist nach den Reden, die vor kurzem im preuß. Abgcordnetenhanse vor einem wei ten Kreise über die Volksernährung unter den augenblicklichen Um ständen gehalten worden sind, nunmehr die Frage angeregt worden, wie man die mächtige Organisation, die unsere Schulen bilden, diesem wichtigen Gegenstände dienstbar machen kann. Es fand infolgedessen am Dienstag eine Versammlung aller Leiter und Leiterinnen der höhe ren Schulen Groß-Berlins unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Provinzialschnlkollegiums Lüdecke statt. Oberlehrer Or. Buchenau hielt hier den einleitenden Vortrag über diesen Gegenstand, und nach eingehender Erörterung, an der sich ein größerer Teil der Erschienenen beteiligte, wurde beschlossen, ein Merk blatt herauszngebeu, das durch die Schulen verteilt werden soll. Wei ter sollen Lehrerkonsercnzen veranstaltet werden, die sich mit dieser Sache zu beschäftigen haben, und endlich — was wohl das wichtigste ist — sollen auf Elternabenden, die die Schulen veranstalten, die einschlä gigen Fragen behandelt werden. Gemeinsame Leitung der graphischen Gewerbe in Dänemark. — In der »Papier-Zeitung« lesen wir: Die Vorstandsmitglieder aller- graphischen Arbeitgeber-Vereine Dänemarks, nämlich des Kopenhage- ner und des Provinz-Bnchdrnckervereins, der Organisation der Zei- tungsheransgebcr der Provinzen, der Buchbinderinnnng Kopenhagens und des Centralvereins der Bnchbindermeister der Provinzen, des Li- 227
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