Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.10.1926
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- 1926-10-23
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- 23.10.1926
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>ir 248, 23. Oktober 1828. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Für'idie Angebote selbst bedient man sich natürlich in erster Linie des Werbematcrials, das der Verleger im einzelnen Falle zur Verfügung stellt. Oft wird man dieses Wcrbematerial noch durch einen eigenen Brief ergänzen, überhaupt soll, soweit sich irgend die Möglichkeit dazu bietet, eine Note der persönlichen Behandlung angestrebt werden. Für alle diejenigen Fälle, in denen der Verleger nicht das passende Wcrbematerial liefert, hält man sich Angebots-Vordrucke bereit, in die man nur den Buch titel und den Preis, Menfalls unter Hinzusügung weniger er läuternder Worte, einträgt. Diese Vordrucke benutzt man auch beim Anbieten von Antiquar!« und sonstigen Gelegenheitsläufen. Was den Kreis 'der anzubietenden Bücher betrifft, so sollt« bei deren Auswahl nicht ausschließlich die jeweils vom Verleger entfaltete Propaganda, sondern vor allem auch das Interesse des Kunden bz-w. des als Kunden zu 'Gewinnenden maßgebend sein. Jeder Kunde muß über alle Neuerscheinungen seines Interessen gebietes unterrichtet werden. Zu diesem Zweck muß täglich das Verzeichnis der Neuerscheinungen im Börsenblatt durchgearbeitet werden. Die Arbeit ist, -wenn sie richtig organisiert -ist, nicht allzu groß. Man braucht nur bei den einzelnen Buchtiteln die Kenn nummern hinzuzuschreibcn, an die das Angebot zu versenden ist, und eventuell ein paar erläuternde Worte, die auf den aus- zusüllenden eigenen Angebotsformularen mit anzuführen sind. Alles andere geht dann schematisch vor sich. Einen -weiteren Grad der Ordnung erreicht man jedoch, wenn man die anzubietenden Buchtitel in ein besonderes Buch einträgt, -dazu auch die weiteren Vermerke, wie Verleger, Ort der Ankündigung des Buches und die sttennnummern für das Versenden der Angebote. Die Ein tragungen in diesem Buch werden fortlaufend numeriert, und -die laufend« Nummer wird dann auf dem Angebotsvordruck jeweils vermerkt, wobei ein Hinweis vorgedruckt ist, daß -der Kunde bei Aufgabe der Bestellung nur diese Nummern anzugeben brauche. -Eine solchergestalt Planmäßig durchgeführte Einzelwerbung wird -ihren Zweck nicht -verfehlen. Der Erfolg wird sich freilich auch hier nicht am -ersten Tage einstellen, aber eine systematische und dauernde Arbeit wird im Kunden die Überzeugung festigen, daß der betreffende Buchhändler für seine besonderen Interessen das rechte Verständnis hat. Die Angebote des Buchhändlers wer den dann nicht mehr so sehr als Reklame empfunden; sie haben sachlichen Wert. Auch ist sicher damit zu rechnen, daß viele Inter essenten über sie interessierende Neuerscheinungen unterrichtet wer den, von deren Existenz sie sonst keinerlei Kenntnis hätten. Daß im übrigen auch bei Durchführung einer solchen rationellen Einzsl- werbung auf andere Werbemittel, wie sie dem Buchhandel heute schon in reicher Auswahl zur Verfügung stehen und mühelos in das hier geschilderte System mit eingegliedert werden können, nicht verzichtet -werden soll, wurde. bereits bemerkt. IS Jahre später. Der neueste Almanach des S. Fischer Verlag. Als S. Fischer 1911 anläßlich -es 25jährigen Bestehens seines Verlags zum erstenmal einen Almanach herausgab, ergriff er darin selber das Wort zu überaus interessanten, noch heute sehr lesens werten und beachtlichen Ausführungen über das Thema »Der Ver leger und der Büchermarkt«. In dem eben herauskommenden neuesten Almanach, -er das 49jährige Bestehen des Verlags dokumentiert, findet sich ebenfalls wieder ein Beitrag aus Fischers Feder, »Bemerkungen zur Bttcherkrise« überschrieben. Was er heute, 15 Jahre später, zu sagen hat, ist nicht minder interessant und bedeutsam. Vor allem aber hat es einen besonderen Reiz, die Auffassung und das Urteil von damals mit der heutigen Stellungnahme zu vergleichen. Im Jahre 1911 stellten sich, aufs Ganze gesehen, Fischers Aus führungen dar als Begründung und Rechtfertigung der besonderen Unternehmungsart, mit der er damals gerade neu aufgetreten war: der billigen Bibliothek zeitgenössischer Romane. Sprach er aber so auch zu einem bestimmten Zweck, so reichten seine Darlegungen doch weit darüber hinaus und beleuchteten die Gesamtlage des Buchhandels und das Wesen buchhändlerischer Arbeit in charakteristischster Form. Fischer sprach als »Verleger mit Gesicht«, wie Eugen Diederichs sagen würde, als bewußt eine literarische Kulturaufgabe pflegender und be stimmte literarische Bildungsarbeit fördernder Verleger. Die Zukunft dieses persönlich differenzierten Verlags und seiner für die Erhaltung literarischer Kultur unentbehrlichen Leistungen sah er von zivei Seiten gefährdet: zunächst einmal durch die aufkommende, notwendig unpersön lich werdende Buchgroßindustrie, zum anderen durch das Mißverhält nis, das sich notgedrungen zwischen den durch die Herstellungskosten des Qualitätsbuches vorgeschriebenen Preisen und der Aufnahme fähigkeit und Ausnahmebereitschast der breiteren Käuferschichten herausstellt. Die Lage verschärft sich dadurch, daß sich diese beiden Ursachen gegenseitig in die Hände arbeiten. Das billige Massenbuch sei nur unpersönlich im Großen herzustellen. Die billige Massenware unpersönlicher Buchfabriken drohe aber auch den Geschmack zu ver derben und damit die Absatzmöglichkeiten des Qualitätsbuches noch weiter einzuschränken. Abhilfe sah Fischer nur in der deswegen von ihm eben aufgenommenen Veranstaltung billiger Großausgaben an erkannter guter Literatur. Zur Durchführung des Gedankens appel lierte er zugleich au das Sortiment, das von den Gefahren der Lage ebenso bedroht sei. Es seufze unter der Überproduktion und sehe zugleich immer mehr des Umsatzes aus dem alten Buchhandel ab wandern. Aber Fischer war optimistisch. Er war überzeugt, das; das Sortiment, wie es den alten Buchmarkt vorbildlich organisiert hatte, so auch den Anforderungen der Neuzeit entsprechend für den Vertrieb mustergültige Formen höchster Leistungsfähigkeit zu ent wickeln wissen werde. Kurz zusammengefaht war die Quintessenz seiner Darlegungen die Forderung: das der Marktentwicklung ent sprechende und von der Masse gewünschte billige Buch darf nicht einem unpersönlichen kapitalistischen Großunternehmen und einem neben dem alten Sortiment aufschießenden Vertreibertum als »Geschäft« über lassen werden. Heute zeigt sich Fischer von einem ganz anderen Problem beschäftigt. Daß er den Buchhandel in einer schweren Krise sieht, zeigt er schon in der Überschrift an. Es handelt sich dabei nicht nur um eine wirt schaftliche Krise, sondern um mehr. Die alte bürgerliche Gesellschaft, die in jeder Beziehung, wirtschaftlich und geistig, den wesentlichen Nährboden des Buchhandels abgab, ist in Auflösung begriffen. An ihrer Stelle findet sich vorläufig nur eine anonyme, unorganische Ge meinschaft, der das Buch heute völlig führungslos preisgegeben ist. Die Ausrede, daß es für diese neue Zeit noch kein adäquates, im tieferen Sinne aktuelles Buch gebe, bezeichnet Fischer mit Recht als grundfalsch. Allenfalls könne man sagen, daß der neue Deutsche noch nicht richtig zu lesen verstünde und in dem guten Buch, das unzweifel haft vorhanden sei, noch nicht wieder die ewigen Werte zu finden wisse. Die großen Erfolge mancher Neuerscheinungen bewiesen zur Genüge, daß die Möglichkeiten dafür unbedingt vorhanden seien. Wenn die Lage des Buchmarktes im ganzen nicht befriedige, so liege das vor allem daran, daß ihm noch jede klare Stetigkeit fehle. Aber Fischer ist auch heute noch optimistisch gestimmt. Schon sieht er das neue Buch und die neue Gesellschaft sich konsolidieren. Es könnte schon weiter damit voran sein, meint er, wenn die Presse heute auch nur soviel dafür tun würde wie einst etwa, als es hieß, Fontane usw. durchzusetzen. Fischer ist trotzdem überzeugt, daß der jetzt herrschende Zustand verminderten Interesses für das Buch sofort schwinden werde, sobald sich nur die wirtschaftlichen Verhältnisse einigermaßen bessern: denn der Deutsche brauche nun einmal das gute Buch wie das tägliche Brot, und heute mehr denn je. Man sieht zunächst keinen direkten Zusammenhang zwischen dem vor 15 Jahren und dem heute Gesagten. In mancher Beziehung kann man es sogar fast bedauern, daß Fischer gewisse Gedanken von 1911 nicht wieder ausgenommen und weitergesponnen hat. Er schrieb z. B. damals den heute unter dem Eindruck der allerletzten Vorgänge und Erfahrungen beinahe prophetisch klingenden Satz: »Sorgen wir recht zeitig dafür, daß das Buch fürs Volk nicht das Monopol einiger Unternehmer wird und daß sich nicht neben dem legitimen Buchhandel ein illegitimer Buchhandel ausbreitet, der das Sortiment in eine unpopuläre und isolierte Stellung drängt.« Wenn er aber heute bei der Kritik der Schwierigkeiten des Buchhandels darauf nicht weiter eingeht, so darf man wohl zunächst einmal annehmen, daß er die 1911 gestellte Aufgabe im großen ganzen als erfüllt betrachtet. Der deutsche Verlag hat das billige Qualitätsbuch zu schassen ver standen, und das Sortiment hat sich in den Dienst des Vertriebs dieses billigen Qualitätsbuches gestellt. Und vielleicht dürfen wir Fischer- weiter dahin interpretieren: wenn das vorläufig nicht deutlicher in Erscheinung tritt und nicht allerseits als befriedigender Erfolg ver spürt wird, so liegt das lediglich an der Zerrüttung der allgemeinen Verhältnisse infolge von Krieg und Revolution. Mag Fischers Optimismus rechtbehalten. In seiner eigenen Verlagsarbeit zeigt er ja kein Erlahmen. Auch der Erfolg bleibt ihm wie all die 40 Jahre treu. Insbesondere auch sein Gedanke der billigen guten modernen Nomanreihe hat cingeschlagen. Von den 38 im Almanach von 1911 seinerzeit angezeigten Bänden waren im November 1925 noch 19, also 50°/» lieferbar, und davon hatte keiner 1267
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