Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.05.1915
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Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. ^ 102, 5. Mai 1918. Deutscher Verlegerveretn. Nach der in der 29. ordentlichen Hauptversammlung am 1. Mai d. I. vorgenommenen Wiederwahl der Herrn Hofrat Arthur Meiner-Leipzig und Neuwahl des Herrn Hosrat vr. Erich Ehlermann-Dresden setzt sich der Vorstand des Deutschen Verlegervereins wie folgt zusammen: Hosrat Arthur Meiner-Leipzig, I. Vorsteher. 0r. Wilhelm Ruprecht-Göttingen, II. Vorsteher. Paul Schumann-Stuttgart, I. Schriftführer. Hofrat vr. Erich Ehlermann-Dresden, II. Schriftführer, vr. Georg Paetel-Berltn, I. Schatzmeister. Eduard Urban-Berlin, II. Schatzmeister. Der wissenschaftliche Berlagsbuchhandel und der Krieg. Eine Nachlese. Von R. L. Prager. In Nr. 56 des Börsenblattes vom 19. März 1915 findet sich eine Betrachtung über den wissenschaftlichen Verlagsbuchhandcl und den Krieg, der ich einige Worte hinzufügen möchte. Ich will nur ein paar Punkte herausgreifen und meine Bemerkungen daran knüpfen. Überproduktion. Herr H. R. E. betrachtet die Überproduktion als die Ursache so ziemlich allen Übels im Buchhandel. Mag dies auch etwas übertrieben sein und gibt es auch noch zahlreiche andere Übel quellen, so bin auch ich der Überzeugung, daß eine Überproduk tion vorhanden ist, und daß diese vor allem andern die Schäden verschuldet, die wir im Buchhandel beklagen. Dieser Überpro duktion ist aber deswegen sehr schwer beizukommen, weil sie zwar nach der Meinung vieler vorhanden ist, wir aber gar keine Mittel haben, sie greifbar zu machen bzw. festzustellen, wo eigentlich die Überproduktion liegt und ob sie in allen Wissenschaften sich gleichmäßig bemerkbar macht. Man nennt ja im wirtschaftlichen Leben sehr häusig Überproduktion, was man besser Unterkonsum tion nennen sollte; d. h. dasjenige, was produziert wird, ist an sich, auf die Masse der Konsumenten berechnet, nicht zu viel; aber die Konsumenten sind nicht in der Lage oder nicht Willens, sich die Produktion anzueignen, sei es, weil ihnen die Mittel fehlen, sei es, weil ihnen das Bedürfnis noch nicht zum Bewußtsein ge kommen ist. Daß eine solche Unterkonsumtion in Deutschland vielfach vorhanden ist, ist ganz zweifellos. Viele derjenigen, die die Mittel haben, Bücher zu kaufen, und sie auch kaufen soll ten, tun dies nicht und behelfen sich ohne Bücher oder entnehmen sie einer Mietbibliothek. Auch im wissenschaftlichen Buchhandel gibt es diese Unterkonsumtion, da vielen, die Bücher brauchen und sie auch gern käuflich erwerben würden, die Mittel dazu feh len. Zu diesen gehören neben Studenten und Gelehrten zahl reiche Bibliotheken, deren Einkünfte ihnen nur gestatten, aus dem reichen Bücherfüllhorn, das jedes Jahr über das deutsche Volk ausgeschüttet wird, einen geringen Teil sich anzueignen. Um aber feststellen zu können, ob Überproduktion oder Unterkonsumtion vorhanden ist, ist eine vollkommene Umgestaltung der Statistik unserer Produktion notwendig. Bei uns herrscht die raZe So noinbrss, die Zahlenwut, und so sehr die Verständigen unter uns einen Rückgang der Produktion für notwendig halten, so sehr freut es doch viele von ihnen, die große Produktion Deutschlands jedes Jahr verkünden zu können und den Vorsprung, den es in dieser Beziehung vor anderen Völkern hat. Um einen richtigen überblick zu gewinnen, ist es vor allen Dingen notwendig, Bro schüren von den Büchern zu trennen, wie dies außerhalb Deutsch lands vielfach schon heute geschieht. Also Bücher unter 5 Bogen sind zu trennen von denen über 5 Bogen. Aber auch innerhalb der letzteren müßten Gruppen gebildet werden nach dem Umfang und nach dem Preis, um ein klares Bild der Produktion zu ge winnen. Inwieweit in der Statistik der einzelnen Wissenschaften Lehrbücher, Handbücher u. a. einzeln zu zählen wären, ist wenig stens einer Erwägung wert. Es würde dann auch leichter sein, die Druckschriften, die Herr E. als qualitative Überproduktion bezeichnet, die weder für die Wissenschaft noch für den Buch- 706 Handel Wert habe», die Dissertationen, die in den verschiedensten Formen im Buchhandel erscheinen, die Leichenpredigten und vie les andere aus der Produktion auszuschalten, um ein tatsächliches Bild zu gewinnen, wieviel die wissenschaftliche und literarische- Produktion in Deutschland eigentlich ausmacht. Herr E. rechnet zu der Überproduktion die Unzahl der Zeit schriften, die weder ein wissenschaftliches Bedürfnis befriedigen, das nicht durch die Hälfte der Zeitschriften befriedigt werden könnte, »och dem Bedürfnis des Buchhandels dienen, es sei denn, daß sie dem Verleger eine billige Gelegenheit geben, seinen Ver lag anzuzeigen, ferner die verschiedenen Lehrbücher über einen. Gegenstand, denen man noch die Handbücher, Kompendien und Ähnliches hinzufügen könnte. Ich habe schon öfter ausgeführt, daß dieses Übermaß feinen Grund darin hat, daß jeder führende Verleger einer Literaturgruppc alle diese verschiedenen Werke in seinem Verlag vereinigen will, und daß diese Vervollstündigungs- sucht sowohl den Verlag wie das Sortiment, wie den Käufer schä digt und den Monopolcharakter des Buches vollkommen aus- schaltet. Wie soll diesen übelständen aber abgeholfen werden? Das ist freilich schwer zu sagen in einer Wirtschaft, in der jeder frei seine Kräfte entfalten »nd alles das tun kann, was er als seinem Interesse gemäß erachtet, ohne verpflichtet zu sein, auch das Interesse des Ganzen zu berücksichtigen. Hier können nur Verein barungen helfen zwischen den einzelnen Verlegern, und ich habe in meinem Aufsatz, den Herr E. mehrfach anzieht, schon betont, daß ich meine Hoffnung in dieser Beziehung auf die weitere Aus gestaltung der Verlegergruppen setze, die sich schon heute, wie die rechts- und staatswissenfchaftlichen, die belletristischen, die medi zinischen Verleger, zu losen Verbänden zusammengefunden haben. Wenn man bedenkt, daß die Großindustriellen in Kartellen die Produktion verteilen, so ist es nicht unmöglich, wenn auch im lie ben Buchhandel nicht allzu wahrscheinlich, daß eine ähnliche Ver teilung auch im Verlagsbuchhandel durchzusetzen ist. Es würde vielleicht manches ungedruckt bleiben, was an sich des Drückens wert ist; es würden aber auch nach und nach die literarischen Produzenten sich den Aufgaben zuwenden, die die Aussicht haben, buchhändlerisch verwertet zu werden. Die hohen Honorare, von denen Herr E. spricht, finden ihre Ursache ja wesentlich in dem Wettlauf der Verleger unterein ander und sind, wenn auch der einzelne, der sie erhält, dies an genehm enrpfindet, dem Ganzen nicht nützlich. Durch Honorare, die im Verhältnis zum Objett zu hoch sind, wird auch selbst der jenige geschädigt, der sie erhält. Der Verleger wird häufig ver anlaßt werden, eine größere Auflage zu drucken, als er es sonst getan hätte, und der Verkauf dieser größeren Anzahl von Exem plaren verhindert sehr oft das Erscheinen einer zweiten Auslage, da inzwischen andere Bücher auf den Markt gelangt sind, die dem schon älteren Werke den Rang ablaufen. Wissenschaftlich Wertvolles. Herr E. wünscht, daß weniger und nur wissenschaftlich Wert volles verlegt werde. Gewiß ein außerordentlich sympathischer Gedanke! Schlimm ist nur, daß über das, was wissenschaftlich wertvoll ist, auch die Fachgelehrten häufig sehr verschiedener Meinung sind. Herr E. führt selbst an, daß der Verleger schwer wird beurteilen können, was wissenschaftlich wertvoll ist. Schlim mer ist, daß auch die wissenschaftlichen Berater, die er etwa zu zieht, darüber sehr häufig nicht derselben Meinung sein werden. Aber Herr E. sagt ja selbst, daß der Verleger die Existenzbe rechtigung eines neuangebotenen Buches prüfen soll, und dazu ist der Verleger sicher am besten in der Lage. Freilich gehört auch hierzu eine umfassende Kenntnis des betreffenden Gebietes, und deshalb werden Spezialvcrleger stets im Vorteil sein gegenüber solchen Verlegern, die sich nicht auf ein Gebiet der Wissenschaft und Literatur beschränken. Es kommt also meines Erachtens — und Herr E. stimmt dem ja eigentlich zu — heute hauptsächlich darauf an, daß der Verleger sich auf ein Gebiet beschränkt, in dem er zu Haufe ist, und in diesem die Lücken selbst herausfindet und sie auszufüllen sucht. Der Sortimenter. Herr E. ist der Meinung, daß ein Sortimenterberein ein schroffes Gegcnüberstehen von Verlegern und Sortimentern zur
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