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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.06.1915
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1915-06-19
- Erscheinungsdatum
- 19.06.1915
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. ^ 139, 19. Juni 1915. Wirkungsgebiete, auf denen der deutsche Buchhändler aber seinen Beruf so recht als eine Kulturarbeit für das Vaterland und den großen deutschen Gedanken ansehen und betreiben darf, so eröffnen sich weiter andere mit jenen Einflußgebieten der deutschen Kolo nisation, die nicht nach Osten hinausliegen, sondern in den Pro vinzen bestehen, die das Reich als notwendigen Gewinn des Krieges sich angliedern wird. Hier ist Belgien, namentlich in den flämisch sprechenden Teilen. Die Einwanderung der Deutschen dahin wird ebenfalls sehr stark werden. Unsere Studenten werden die Universitäten Löwen und Gent beziehen, wie sie früher nach Lausanne oder Cambridge gingen. Die deutsche Beamtenschaft mit ihren Familien, der Kaufmann, das große Reisepublikum rücken nach. In Lille hat sich schon jetzt ein deutscher Buchladen aufgetan, und das Reich läßt ihm lebhafte Förderung ange deihen. Derselbe Vorgang wird sich auf der anderen Seite, in den deutschen Ostseeprovinzen abspielen. Die Leute da oben haben einen harten Sprach- und Kulturkampf hinter sich. Die Univer sität Dorpat drohte einzugehen. Die Intellektuellen wandelten je nachdem zu uns oder nach Rußland aus. Jetzt dürfte das Reich sich dieser Grenzmarken mit besonderer Sorgsamkeit an nehmen. Das deutsche Buch, die Gründung von deutschen Volks bibliotheken, von Lesesälen, von Buchhandlungen selber: derlei Maßnahmen haben sich noch immer als die sichersten und leise sten Zurückeroberer entfremdeten deutschen Geistes erwiesen. Daran schließt sich Polen, wo das Element der deutschspre chenden, oft sehr begüterten Juden zum voraus für eine Ab nehmergruppe sorgen dürste, auf der sich weiterbauen und sich so jener Einfluß mitverbretten läßt, an dem es Deutschland hier kulturell und politisch gelegen sein mutz. Auch wenn weniger große Ländergebiete Polens dem Reiche zugefügt werden, Polen vielmehr versuchsweise irgendein« selbständige Staatsform er halten sollte, wird doch die deutsche Regierung alles daransetzen, diese Bezirke wirtschaftlich und kapitalistisch von sich abhängig zu machen, womit der Ansporn und die Notwendigkeit, deutsche Bücher einzuführen, gegeben ist. Noch wäre auf die kleinen Gruppen deutscher Ansiedler zu weisen, die in Rumänien, Siebenbürgen, Galizien geistig regsame und nicht unbemittelte Lebenszentren gebildet haben. Buch handlungen an diesen Orten sind zwar schon vorhanden, aber der deutsche Verlag dürste damit, daß alle Deutschen der Rassen idee nach dem Kriege mehr Beachtung schenken werden, und daß dieser Prozeß sich auswirken wird bis auf die fernsten Punkte, wo Deutsche sitzen, der Buchverlag, sage ich, dürste gerade aus den Städten Mährens, Siebenbürgens und Ungarns auf neue Be steller in nicht unbeträchtlicher Anzahl rechnen können. II. Unter den Aufgaben, die Deutschlands nach dem Kriege war ten, steht obenan die Errichtung eines über die ganze Welt ge spannten Nachrichten-Kabeldtenstes und in den Ländern, wo Zu tritt ist, die Gründung von einslußgebenden Presseorganen. Diese werden teils in der betreffendenLandessprache gehalten sein, wobei das deutsche Kapital entweder offen als Unternehmer oder ins geheim als stiller Teilhaber austreten wird, teils werden, damit sich die deutsche Sprache zur Kaufmanns- und Umgangssprache heranbilden kann, Tages- bzw. Wochenzeitungen gegründet wer den, die dann beides ausfüllen: für den Anschluß der Ausländs deutschen an das Mutterland und für die Zunahme des deutschen Einflusses in Handel und Wandel, für Achtung und Sichtbar machung der deutschen Kultur innerhalb des Fremdsprachgebietes zu sorgen. Auch hier kommen am ersten die Städte des Balkans in Betracht. Der einsetzende Touristenverkehr wird das Bestehen ähnlicher kleinerer Organe ermöglichen, wie sie heute, oft meh rere am gleichen Orte, in den Kunststädten Italiens von Frank reich und England unterhalten werden.*) Diese Zeitungen unter die Leute zu bringen, wird es nicht genügen, in Bukarest, Saloniki, Tiflis oder sonstwo deutsche Ex peditionen zu gründen und Ausrufejungen auf die Straße zu senden. Hier setzt eben für den Buchhandel ein neues Erwerbs gebiet und eine neue Kulturpflicht ein, deren er bei uns im Reich *> Vgl. den Aussatz »Ausländische Zeitungen in Italien« in Nr. 184. 898 sich kaum anzunehmen braucht. Die Zeitungen in den südlichen Ländern leben vom Straßenverkaus. Regelmäßige Abonnenten, wie bei uns, denen das Blatt obendrein noch ins Haus geliefert wird, gibt es nicht. Da die Kioske und Buchhandlungen von französischen und englischen Besitzern, wenigstens für die nächsten Jahre, kaum gesonnen sein dürften, für deutsche Organe entspre chende Propaganda zu machen, so ergibt sich von selbst für die neuen deutschen und deutschfreundlichen Zeitungen die Notwen digkeit, in den Städten ihres Erscheinens sich Stützpunkte zu grün den, also Buchhandlungen, die mit der Expedition zugleich die Annahme der Inserate, den Wohnungsnachweis für die Tou risten, die Grundstücksagentur für die deutschen Einwohner und derartiges zu übernehmen hätten. Die deutschen Buchhandlun gen — analog den englischen in Florenz und Rom — werden so zugleich Treffpunkt für Pensionsinhaber, Stellungsuchende, Bü cherfreunde, Leihbibliotheksabonnenten, Touristen und Käufer von graphischen Reiseandenken werden; die Zeitung wird auf sie Hinweisen; sie umgekehrt werden dem Bestand der Zeitung Rückgrat und Sichtbarkeit verleihen. Da die gedachten Zeitungen für das Ansehen des Reichs wirken, dürsten sie im voraus auf eine bedeutende Subventio nierung durch die offiziellen deutschen Kreise rechnen können (Großindustrie, Großhandel, Auswärtiges Amt). Es ist gar nichts geleistet, wenn eine kleine deutsche Kolonie auf gefährdeter Scholle Geld zusammenschietzt für ein Blatt, das sich zwei Jahre hält und dann klanglos eingeht. Die Blätter, an die ich denke, werden die ersten Jahre keine Angst vor Geldmangel leiden; da sie Reklameunternehmungen für den deutschen Handel, das deut sche Hotelwesen, deutsche Ausfuhrerzeugnisse, deutsche Börsen unternehmungen sein sollen, wird man höheren Orts das Budget so einzurichten haben, daß man den nächsten Zweck nicht in großen Kasseneinnahmen, sondern zum Hauptteil in dieser Reklame für den deutschen Gedanken (amerikanisch gesagt) erblickt. So scheint es mir folgerichtig, daß deutsche Buchhändler, die sich den neuen Gebieten zuwenden wollen, bei den betreffenden deutschen Re präsentationsblättern oder deren Hinterleuten, für den Anfang wenigstens, Anspruch auf einen entsprechenden Zuschuß zu ihrem Betrieb erheben können. Schon deswegen, weil sie ja die Zei tungen der Errichtung eigener Vertriebsstellen entheben und bei den eigenartigen Verkaufsgepflogenheiten der südlichen Län der sich der Absatz wesentlich nach der mehr oder minder geschick ten Propaganda richten wird. Die deutschen Buchhändler sind Trustplänen im allgemeinen nicht zugeneigt. Was die zu organisierende deutsche Auslands presse anlangt, so wird aber diese Form sich Wohl kulturell als die ersprießlichste Herausstellen und redaktionell am leichtesten durchzuführen sein. Ein Unternehmer, der in Aleppo oder Jeru salem beginnt, ein Blatt, sei es auch mit offizieller Unterstützung, herauszugeben, kann es dort naturgemäß bloß zu einer gewissen Auflagenhöhe bringen, über die hinaus es einen Zuwachs nicht gibt. Sein mehr oder minder großes Anlagekapital steht immer in Gefahr, sich für den nur verhältnismäßig kurzen Betrieb eines re lativ kleinen Unternehmens aufzubrauchen. Wie es in Deutschland zwei, drei Konzerne gibt, die, im Besitze verschiedener Tages zeitungen, die redaktionelle Herstellung, die Sammlung der In serate, den Papiereinkauf, die Verteilung des Depeschenmaterials von einem bestimmten Zentralpunkt aus erledigen lassen, so wird es sich empfehlen, für die einzelnen, neu dem Reiche sich nähernden Auslandsgebiete kapitalkräftige Monopolunternehmungen ins Leben zu rufen, die ihrerseits sich nicht damit zu begnügen hätten, bloß eine Tageszeitung zu finanzieren und zu vertreiben, son dern auch für jenen anderen täglichen Zeitungsstoff zu sorgen, auf den die Bedürfnisse des Publikums eingestellt sind. Eines dieser Gebiete wäre der Balkan mit den kleinastatischen Hinter ländern, ein anderes die deutschen Sprachgemeinden im slavischen Österreich, ein anderes die baltischen Ostseeprovinzen, ein anderes das niederdeutsche Vlamland. Und hat noch niemand an die Millionen der deutschsprechenden Amerikaner gedacht? Zu warten, bis in allen diesen Ländern jemand eine Sammlungsparole aus gibt, heißt lange warten. Auch hier mutz das Mutterland cingrei- fen, damit schließlich ein einziger großer Kulturaustausch entstehe und die Deutschen Kaliforniens sich brüderlich für die erwärmen.
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