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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.06.1915
- Strukturtyp
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- 1915-06-22
- Erscheinungsdatum
- 22.06.1915
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141, 22. Juni 1915. Redaktioneller Teil. schriftliche Anfrage hin zur Annahme des Amtes als Rechnungs prüfer bereit erklärt. Punkt 6: Wahl des Orts für die nächste ordent liche Hauptversammlung. Als Ort für die nächste ordentliche Hauptversammlung wird auch diesmal Leipzig gewählt. Herr Heinrich Tachauer - Wien spricht dem Vorstande und der Versammlung herzlichen Zank aus für das besondere Ent gegenkommen, das sie den österreichisch-ungarischen Firmen heute bewiesen haben. Herr R. L. Prager spricht namens der Versammlung dem Vorstand den besten Dank für seine Tätigkeit im vergangenen Jahre aus. Der Herr Vorsteher erwidert darauf und schließt die Hauptversammlung 11V- Uhr. gez.: Arthur Meiner gez.: vr. Anschütz als Versammlungsleiter. als Protokollführer. Münchener Briefe. in. Italien, der Bundesgenosse. — Denunzto, ah Verzeihung, D'Annunzio. — Die Krtegsbuchwoche. — Remiüendenfalturen. — Rezept gegen Fremdwörterwut. — Ordensbuch. Ernst und ruhig haben die Münchener die Nachricht von der Kriegserklärung Italiens ausgenommen. Vor so viel Heimtücke ist die Leidenschaft still. England, das Land ohne Herz, hat seinen Bundesgenossen gefunden: Italien, das Land ohne Ehre. Zu Anfang des europäischen Krieges, als Italien sich neutral erklärte, flackerte allerdings die Empörung gegen diese »Schlawiner« auf, doch beschwichtigte die Erklärung der Presse die Stimmung nach und nach. Immer aber rieselte die Meinung wieder durch: Traut nicht! Diese Banditen wollen nur Zeit sür ihre Rüstung gewinnen; im Frühjahr schlagen sie doch los. Und nun ist das Unglaubliche Tatsache geworden; Italien hat sich von uns und damit von der Ehre losgefagt. Es hat's fertiggebracht, den größten Schurkenstreich der Weltgeschichte zu verüben. Ernst, recht ernst wurden zwar die Mienen, von Verzagtheit aber war nichts zu merken. Das Vertrauen zu unserem Generalstab, zu der Regierung ist so groß, daß alles an unfern Sieg glaubt. Nur der Gedanke lastet schwer aus uns, daß dies unsägliche Leid nun noch einige Monate länger währt. Sieht man die vielen Trauernden, die jetzt schon ihre Lieben auf dem Felde der Ehre gelassen haben, dann muß man sein Herz in die Hände nehmen. Und für die Zukunft? Da gilt Goethes Wort: »Wer's nicht bedenkt, dem wird es geschenkt.« Es ist ein eigner Zufall, daß ich gerade am Tage der Kriegs, erklärung wieder einmal »Fiesco« las. Der Mohr, dieser »drollige Jauner«, verkörpert hier wirklich den ganzen mo dernen Staat Italien mit all seinen sauberen Praktiken. Aufzug 1, Auftritt 9 gab mir ein Stück heiterer Ruhe wieder. Damit nun aber auch in der Komödie, die unser sauberer Bundesbruder uns vorspielte, der Hanswurst nicht fehle, trat der Meister italienischer Sinnenglut auf: d'Annunzio, der Schulden halber sein Vaterland meiden mußte. Dieser Held, der von seinen Pflichten gegen seine Gläubiger nichts wissen wollte, hat sich als Bravo der Ehre seines Vaterlandes dingen lassen. Es ist zum Lachen, daß solch ein Kerl über haupt von der Ehre des Vaterlandes reden konnte. Die großen Kinder ließen sich von den schwülstigen Redensarten dieses gewissenlosen Gefühlsathleten betören, der Janhagel wurde zum Verkünder der wahren Meinung des italienischen Volkes bestellt, und Italien erwachte eines Morgens und fand sich als Bringer der Kultur. Ein grausamer Witz der Weltgeschichte! Sonderbar, wie Deutschland sich schon ganz auf den Krieg eingestellt hat. Wir bescheiden uns mit den täglichen Brot rationen, wir opfern hie und da unser Scherflein fürs Rote Kreuz oder sür die Invaliden, wir lassen eine Tabak- oder Wollwoche nach der andern über uns ergehen, alles schon ganz gewohnheitsmäßig. Nur an etwas hat sich der Deutsche noch nicht gewöhnt: auch Bücher und Zeitschriften für die Front zu kaufen. Es ist die alte Klage, daß das Publikum keinen Weltmaßstab für Bücher hat. Sie sollen alle geschenkt werden. Seit Jahrzehnten wird schon immer betont, daß der Buch händler selbst daran schuld ist, weil er bei jeder Gelegenheit den fröhlichen Geber spielt. Jeder sieht es ein, daß er dadurch nur den Wert seiner Erzeugnisse herunterdrückt, und immer wieder tut er oft recht unnötig seine milde Hand aus. Daher kommt es wohl auch, daß der Kausmann zwar schon soundsoviele Woll- und Tabakwochen, der Buchhändler aber noch keine Bücherwoche erlebt hat. Zehn Monate dauert jetzt der Krieg schon. Seit einigen Wochen hörte man nur hier und da, ganz selten etwas von einer geplanten Reichsbücher. Woche. Bis dem Buchhändler jetzt ganz überraschenderweise mitgeteill wird, daß eine solche vom 13.—19. Juni stattfindet. Man fragt sich da doch, warum denn gerade für die Bücher« woche eigentlich nur einige Tage zur Vorbereitung gelassen worden sind! Gerade deshalb, weil schließlich keine allgemeine Kaufwoche herausgewachsen ist. vielmehr von Reichs wegen nur die Schule angeregt wurde, hätte der Buchhandel um so mehr Zeit erhalten sollen, seinerseits die Propaganda zu er weitern. Ist es nun schon unbegreiflich, daß die Erwachsenen, die doch besser einschätzen können, was unseren Feldgrauen erwünscht ist, vom Staat zu dieser Hilfsarbeit nicht aufgefordert wurden, so fällt es noch mehr auf, daß der Termin dieser Woche erst so spät bekanntgegebcn wurde. Acht Tage sind selbst zur Vorbereitung für die Schule zu wenig. Die buchhändlerischen Lokalverbände, wenn sie geschlossen werben wollen, brauchen Zeit, und der einzelne Sortimenter braucht auch Zeit sür seine Propaganda, wie für Lagerergänzungen und Auslagen. Es ist bedauerlich, aber wir müssen uns auch hier mit einer halben Sache abfinden. Wir müssen auf alle Fälle so rechnen: Die Schlllerwoche, die den Lehrern viel Ausmerzungsarbetten bringt, wird wenig neue und vielleicht eine Masse gebrauchter Bücher ergeben. Trotz aller Aufklärung wird sehr viel Schund zusammenkommen. Das Bewußtsein, daß unseren Tapferen gute Literatur so notwendig wie gute Nahrung ist, wird aber durch diese Woche schwerlich ins Volk getragen werden. Der Gedanke verglimmt mit dem Tag, während eine allgemeine Bücherwoche ihre Wellen durch lange Zeit getragen hätte. Wenn man nun schon nicht die Rücksicht auf das Sortiment, das während der Kriegszeit durch den festgesetzten Ladenpreis schwerer leidet als die meisten anderen Handelszweige, üben wollte, die Erwägung des besseren, anhaltenderen Ergebnisses hätte schon eine andere Lösung finden müssen. Statt großzügig arbeiten zu können, find wir nun, durch die Zeit und durch die erwähnte Beschränkung gebunden, auf kleine Mittel angewiesen. Der Münchener Buchhändlerverein hat, um noch zu gewinnen, was zu gewinnen ist, die Tages presse veranlaßt, folgende Mitteilung aufzunehmen: Krtegsbuchwoche. Vom 18.—tg. Juni findet aus Veranlassung des »Gesamtausschuffes zur Verteilung von Lesestoff im Felde und in den Lazaretten« eine Krtegsbuchwoche im Deutschen Reiche statt. Ftir diesen Zweck sollen in erster Linie Bücher in Frage kommen, die volkstümlich, btidungssdrbcrnd und unterhaltend sind. Bei der großen Kitlle guter und billiger Riicher, Uber die das deutsche Schrifttum versügt, wird es auch dem Wcnigbemtttelten möglich sein, ein Schersicin beizutragen, um den deutschen Krieger die so nötige geistige Nahrung im Felde oder im Lazarett nicht vermissen zu taffen. Die einheimischen Buchhandlungen erteilen gern Auskunft und sind ebenso bereit, bas Angekaufte weiterzulciten, wenn der Käuser es nicht vorzicht, die Biicher selbst der Vertetlungsstelle, Verwnndeten- biicherei, Prinzregentcnstratze 2, zu übergeben. Diese Kriegsbuchwoche zeigt uns nun, wie gering in der Tat das Buch als Freund in Freud und Leid eingeschätzt wird. Seien wir ehrlich: der Buchhandel leistet viel Klein- arbeit, weit mehr als der Kaufmann mit demselben Um- satz. Wenn sie sich ihm in recht vielen Fällen nur kärglich lohnt, so tröstet ihn gar manchmal der Gedanke, daß er dafür zur Fortbildung, zur geistigen Vertiefung mithelfen kann. Wenn er aber wie in diesem Falle steht, wie 907
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