Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.03.1913
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1913-03-31
- Erscheinungsdatum
- 31.03.1913
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19130331
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191303312
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19130331
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1913
- Monat1913-03
- Tag1913-03-31
- Monat1913-03
- Jahr1913
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
3278 Börsenblatt f. d. Dtfchn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. »V 72, 31. März 1913. Darstellungen, die nach allgemeinem Urteil als häß lich gelten, geliefert hätten, sei Legion. Bekannt sei die Neigung, man könne fast sagen Leidenschaft Lionardo da Vincis fiir die bildliche Wiedergabe von Fratzen und Mißgestaltungcn, die er mit Sorgfalt abgemalt und auch frei erfunden habe, und eines der treffendsten Beispiele biete der Niederländer Frans Hals, dessen im Kaiser Friedrich-Museum in Berlin befindliches Bild der »Hille-Bobbe, sicherlich nicht die Darstellung des »Schönen, zum Gegenstände habe und trotzdem für alle Zeilen als ein hervorragendes Werk der bildenden Künste anerkannt werden würde. Das Reichsgericht hat sich diesen Ausführungen der Sach- Verständigen-Kammer durchweg angeschlossen; es stellte fest, daß die Häßlichkeit einer bildlichen Darstellung ihr die Eigenschaft eines Werkes der bildenden Künste nicht nehmen könne. Die gegenteilige Annahme würde dazu führen, der Karikaturen- zcichnung den urheberrechtlichen Schutz regelmäßig ohne Rücksicht auf die Eigenart der Abbildung und das durch sie betätigte künstlerische Können zu versagen. Auch die Dar stellung des Häßlichen könne daher, wenn sie eine mit den Darstellungsmitteln der Kunst hcrvorgebrachte eigenartige Schöpfung sei, für die Anregung des ästhetischen Gefühls durch Anschauen bestimmt sein. Aus diesem Grunde hat das Reichsgericht die erstinstanz liche Entscheidung aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurück- gewiefen, die ihrerseits nunmehr auf Vernichtung der Nach bildungsexemplare und der zur Vervielfältigung der Nach bildung ausschließlich bestimmten Vorrichtungen nach Maßgabe der bestehenden gesetzlichen Vorschriften erkannt hat. vr. Paul Daude. Kunst und Kunsthandel. in. <11 vgl. Nr. 48.) Der wirtschaftliche Zusammenschluß der Künstler und der Kunsthaudel. — Gemälde in Tausch gegen Zigarren. — Betrogene Kunstsammler. — Kunstüberschätzung. — Vom Lehrbuch des Kunsthandels und seiner Literatur. — Bilder und Bücher. — Epilog. Es hat ohne Zweifel sehr lange gedauert, ehe die bildenden Künstler Deutschlands sich einmal dazu aufschwangen, eine Orga nisation ihrer wirtschaftlichen Interessen anzustreben, aber selbst verständlich konnte cs nicht ausbleiben. In einer recht eindrucks voll verlaufenen Versammlung der Münchner Kllnstlerschaft ist nun der erste Schritt getan worden, und wenn das, was da in begeisterten Worten und hohen Tönen geredet wurde, sich einmal zu Taten verdichtet, dann kann die Künstlerschaft Wohl mit Recht von einem neuen Frühling sprechen, der ihr im Jahre 1913 er blüht ist. Mit nicht geringem Interesse wird natürlich der Kunst handel den Verlaus der Dinge verfolgen, denn so innig Kunst und Kunsthandel verquickt sind, so lief ist doch letzten Endes immer die Kluft, die sich als etwas Unüberbrückbares zwischen ihnen austut. Beide können ohne einander nicht leben, und beide, wer wollte es leugnen, fühlen doch, wie sich die beiderseitigen Inter essen bedrängen, wie auch im friedvollen Zusammenwirken sich mehr als einmal der Zwiespalt ihrer Seelen öffnet. Daß die Künstler in dieser Versanimlung auch dem Kunsthandel wieder einmal energisch zu Leibe gerückt find, mag nicht weiter verwun dern. Und wer nur einigermaßen die Verhältnisse kennt, wer die Auswüchse und Übergriffe verfolgt hat, die die Kunst als ein Objekt wildester Spekulation über sich hat ergehen lassen müssen, wird dies begreifen. Aber wie bekanntlich eines Mannes Rede keine Rede ist und man sie alle beide hören mutz, so ist es auch hier. Die Einsichtigen, die mit gelassener Ruhe die Dinge nach allen Seiten abwägen, wissen ganz genau, wie töricht es wäre, über einen Stand den Stab zu brechen, dem die Kunst zu größtem Danke verpflichtet ist. Das ganze Für und Wider hier zu er örtern ist unmöglich; nur scheint es mir notwendig, daß über alle in der Hitze des Gefechts gefaßten Beschlüsse hinweg, die sich wie immer mit Vorliebe auf grobe Einzelfälle stützen, die Materie von ruhigen und objektiven Menschen geprüft und verarbeitet wird. Denn sonst könnte es Wohl zu Resultaten kommen, die dem Wunsche der Versammlung, die Künstler wirtschaftlich vor- wärtszubriugen und zu sichern, direkt zuwiderlaufen. Wenn man in der Beaufsichtigung des Kunsthandels durch eine Zentralstelle das Mittel sieht, dem Spekulationstrieb einen Damm entgegen- zusetzen, so mag das den Künstlern gewiß sehr einleuchtend sein. Auf der anderen Seite aber, und auch hier sind Belege genug zu schaffen, wird die Künstlerschaft recht oft sehr gern darauf verzichten, zu wissen, unter welchen Schwierigkeiten und Mühen und Opfern an Zeit und Energie der Verkauf ihrer Werke zu stande kommt. Dem einzelnen Fall des glänzenden Geschäftes, bei dem der Künstler Wohl mit einigem Rechte sich benachteiligt fühlen mag, stehen tausend Fälle gegenüber, wo er, wenn er kaufmännisch nicht ganz auf den Kopf gefallen ist, einen gerechten Ausgleich erblicken muß, der vielleicht nur gerade nicht seine Per son betrifft. Und hier mutz sich die Basis der Verständigung fin den lassen, die in diesem schwerwiegenden, schon seit langem ak tuellen Konflikte zwischen der Kunst und ihren gewerbsmäßigen Vermittlern unbedingt zu suchen ist. Daß der reguläre, solide Kunsthandel an sich schon genug mit Widersachern zu kämpfen hat, ist bekannt und auch an dieser Stelle oft dokumentiert worden. Bilderfälscher und Bilderfabri kanten, die sich stolz Künstler und Kunstförderer nennen, treiben ihr Wesen und finden immer ihre Helfer, die dem anständigen, soliden Geschäft das Leben nicht gerade leichter machen. Vor mir liegt der Brief einer Firma, die sich erbietet aus dem Wege des Tauschgeschäfts hervorragende erstklassige Kunstwerke zu liefern, und gern bereit ist, einen größerenPosten Zigarren dafür in Zahlung zu nehmen*). Run, diese Kunstwerke und ihren Wert sich auszuma- lcn, dazu gehört wirklich nicht viel Phantasie und Kenntnis. Sie werden Wohl nicht besser und nicht schlechter sein als die Erzeugnisse des Gemäldefabrikanten Lüders in Hannover, der gegen einen Monatslohn von 120 -1k sich einige junge Leute hinsetzte und sich seine »erstklassigen Kunstwerke« zusammenpinseln ließ. Diesem hat das Landgericht in Hannover vielleicht für einige Zeit die Lust am Handwerk verdorben, indem cs ihn wegen unlauteren Wettbewerbs zu einer Geldstrafe verurteilte. Aber wo der eine Schädling verschwindet, tauchen neue auf, und einer dieser liegt eben in Gestalt einer schönen, durch die Medaille einer kleinen sächsischen Gastwirtsgewcrbeausstellung fein aufgeputzten Offerte vor mir. Daß diese nicht wirkungslos Verhallen wird, ist sicher, und Menschen, die bei ihren bescheidenen Ansprüchen an künst lerische Erzeugnisse gern diese verlockenden Angebote akzeptieren, gibt cs genug. Die Wände gut und sehr gut situierter Bürger reden eine beredte Sprache hiervon, und die Kunsthändler, die es sich zur schönen und freudig geübten Aufgabe gemacht haben, junge Künstler zu fördern, die wirklich etwas können, brauchen sich nicht den Kopf zu zerbrechen, weshalb das so ungemein schwer ist. Bei keinem Handelsartikel — und als solchen müssen wir Wohl oder übel auch die Kunst ansehen — wird der ärgste Schund so willenlos hingenommen wie hier, und während bei einer sei denen Bluse noch das dümmste Bauernmädel wenigstens vor täuscht, daß es etwas versteht und Geschmack hat, versagt der Kunst gegenüber nur allzuoft auch die brillantenstrotzende Kom- merzienrätin, wenn sie nicht gerade das Glück hat, die Frau eines verständnisvollen Kunstmäcens zu sein. *) Wie sich auch sonst Literatur und Kunst mit dem Zigarren- geschäst verknüpfen, zeigt ein Prospekt der Zigarren - Engros- Handlung Hermann Jahn, Berlin 84, Memelcr Straße 4L, der uns dieser Tage aus dem Leserkreise zuging. Die Sache ist einfach genug. Wer Herrn Jahn tmLauseeinesJahres für WO. /k Zi garren abkaust, erhält gratis und franko ein »prachtvolles« Zigarren-Etui im Werte von 10—12 .tk, bei Beträgen von zusammen 300. kk gratis und franko einen »wissenschaftlichen Prachtglobus« im Werte von 2L -1k, während bei Entnahme von zusammen SOO .1t »eine aus IS Bänden bestehende Klassikerbibliothek in vornehmer Ausstattung (reinleinener Einband mit Goldprägung)« i»l Werte von 35 -1k geliefert wird. Wenn also 500 -L in Rauch aufgcgangen sind, werden sich aus der Asche die Geister von Goethe, Schiller, Chamisso, Hebbel, Heine usw. in vornehmer Ausstattung erheben, wahrscheinlich um diesem Verschwender die alte Weisheit zu predigen, daß alles irdische Wesen Ranch ist und man ihm auch hier wieder einmal blauen Dunst vorgemacht hat. Red. lFortsehung aus S. 33LS.>
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder