Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.09.1926

18. Sepbeirrber 1926. Redaktiorreller Tvil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. gegeben seien. Nachdem sich der Hauptvorstand nochmals mit dieser wich tigen Angelegenheit besaßt hatte, erstattete der Vorsitzende Herr vr. Peters mann in der Hauptversammlung über den Stand der Sache ausführlich Bericht. Diese erklärte sich mit den Vorschlägen einverstanden und stimmte einmütig folgendem Beschluß zu: »Die Hauptversammlung beschließt einstimmig die Errichtung einer Meister schule in M ü n chen, die in Verbindung mit der Stadt zu den mit geteilten, vertraglich festzulcgenden Bedingungen geschaffen werden soll. Der Deutsche Buchdrucker-Verein stellt hierfür einen Betrag bis zu 100 000 Mark zur Verfügung, der in vier Jahresraten gezahlt werden soll. Falls es dem Kreis VH (Sachsen) gelingt, in Leip zig eine Meistevschule auf ähnlicher Grundlage zu errichten, wird slir diese Schule der gleiche Betrag zur Verfügung gestellt.« Die Abstimmung, die sich an das Ergebnis eines vom Deutschen Buchdrucker-Verein ausgeschriebenen Wettbewerbs zur Er langung eines Glückwunsch-Diploms knüpfte und der ein Vortrag des Herrn Professor vr. Zeitler - Leipzig vorausging, hatte das Ergebnis, daß drei aus der Schriftgießerei G e b r. Kling- s p o r - Offenbach a. M. hcrvorgegangene Entwürfe die meisten Stim men erhielten. Nachdem Herr vr. ü. o. L e n s i n g - Dortmund dem Hauptvor stand für seine Mühewaltung und die straffe Leitung der Versamm lung gedankt hatte, schloß Herr Vorsitzender Z i ck f e l d t - Ostcrwieck die 56. Hauptversammlung des Deutschen Buchdrucker-Vereins. — Er wähnt sei noch, daß ^>errn Otto Edler- Hannover, der 15 Jahre lang Vorsitzender des Kreises I (Nordwest) war und sich große Ver dienste um das Buchdruckgewerbc und um den Verein erworben hat, die silberne E h r e n p l a k e t t e des Deutschen Buchdrucker-Ver eins überreicht wurde. Mine Mitteilungen. Jubiläum. — Die Firma William Willens in Ham burg, Annoncen-Expedition und Verlag, blickt am 18. September auf ihr 50jährigcs Bestehen zurück. Gründer des Geschäfts, das seinen Sitz zunächst am Graskellcr hatte, war William Alexander Wilkens am 18. September 1876. Am gleichen Tage vor 25 Jahren trat der jetzige Inhaber der Firma, Herr William Henry Wilkens, als Lehr ling in das väterliche Geschäft ein. Nachdem er durch einen lang jährigen Aufenthalt im Ausland seine Kenntnisse und Erfahrungen bereichert hatte, übernahm er nach dem Ableben seines Vaters im Jahre 1911 die Firma als alleiniger Inhaber. Er hat cs verstanden, durch Umsicht und nie ermüdenden Fleiß die Grundlagen des Geschäfts auszubauen und das durch eine jahrzehntelange Tradition gefestigte Ansehen weiter zu erhöhen. Über die Grenzen Hamburgs hinaus ist die Firma weiten Kreisen besonders auch durch die Nundspruchzeitung »Die Norag« bekannt. Das Buch auf der Gesolei. — Zu diesem im Bbl. Nr. 210 ver öffentlichten Artikel werden wir gebeten nachzutragen, daß im »Haus der Frau« in der Koje des Deutschen Fröbelverbandes eine von diesem zusammcngestellte Musterbllchcrei von etwa 150 Bänden durch die Deutsche Frauenbuchhandlung Marie Lesser in Charlottenburg aufgestellt war. Sie umfaßt die Gebiete: Jugendliteratur — Frauenliteratur — Technik — Geschichte der Päda gogik — Psychologie — Naturkunde — Kinderlieber — Gcsundhcits- lehre — Gesundheitsfürsorge — Ernährung — Kinderpflege — Ent wicklung des Kindes — Hygiene. Die Görres-Gedächtnisschau in Koblenz. — Aus Anlaß des 150. Geburtstages von Joseph Görres hielt die Görres-Gesellschaft ihre diesjährige 50. Generalversammlung in der Zeit vom 11. bis 16. September in Koblenz ab. Bei dieser Gelegenheit wurde im Beisein hoher weltlicher und geistlicher Würdenträger eine Görres-Ge- dächtnisausstellung in dem feierlich geschmückten Saal der Nhcinhalle eröffnet, die bis zum 26. September geöffnet bleibt. Was den Buch händler am meisten interessiert, befindet sich auf den in der Mitte der weiten Halle stehenden Auslagetischen. Wir sehen dort Görres selbst in seinen Schriften und Werken. Wir sehen die Entwicklung der Koblen zer Presse von der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts an bis zum Tode Görres' und erkennen vor allen Dingen den außerordentlichen Einfluß, den Görres durch seinen Rheinischen Merkur auf die Ent wicklung der Tagesprcsse ausgeübt hat. Wir lernen Görres als Journalisten kennen, wirschen ihn als Politiker, Historiker, Geographen und Naturwissenschaftler und nicht zuletzt als feurigen Verfechter seines Glaubens. Die Görres-Literatur, soweit sie im Buchhandel zu haben ist, mit Einschluß der vielen Bücher über ihn, ist in ihrer 1140 ganzen Reichhaltigkeit ausgebreitct; sie wurde von der Jos. Kvscl'schen Buchhandlung in Koblenz mustergültig zu sammengestellt und zur Schau gebracht. Ausstellung »Rcformationszeitaltcr«. — Ludwig Nosen- thal's Antiquariat in München hat nach Auflösung der letzten Totentanz-Ansstcllung in seinen Ausstellungsräumen nunmehr eine Bücherschau eröffnet, deren Thema das Gebiet der Ne for mationsdrucke bildet. Wir erleben hier das seltene Bild, daß die umwälzenden Schriften des mutigen Streiters Martin Luther, dem die neue humanistische Bildung, vertreten durch Melanchthon, Hutten, Erasmus von Rotterdam, zur Seite stand, in ihren ersten Urdrucken neben dem rein theologisch-wissenschaftlichen Werte als seltene und frühe Dokumente namhafter Offizinen auch von größter bibliophiler Seltenheit sind. Werterhöhend ist dabei der Umstand, daß die bedeutendsten Künstler dieser fruchtbaren Epoche sich der neuen Vcrvielfältigungskunst zuwandten und ihre köstlichsten Werke vielfach als Buchillustrationcn (Holzschnittbilder oder Titelbordürcn und Ini tialen) in diese Reformationsdrucke verstreuten. Von dieser drei fachen Bedeutung der Neformationsschriften gibt die nach historischen Gesichtspunkten geordnete Ausstellung ein sehr anschauliches Bild. Es würde zu weit führen, die hier gezeigten Schätze einzeln aufzuführen. Die ansstellende Firma liefert jedenfalls einen neuen Beweis ihrer Leistungsfähigkeit und der kulturellen Bedeutung des Antiquariats überhaupt. Amerika-Ausstellung in Frankfurt a. M. — Im Römer zu Frank furt a. M. ist aus den Beständen der Amerika-Abteilung der Stadt bibliothek Frankfurt, des Historischen Museums uirö durch Leihgaben Frankfurter Sammler eine sehr sehenswerte und interessante Aus stellung über die Beziehungen Frankfurts zur Neuen Welt eingerichtet. Neben wichtigen Druckwerken der Frankfurter Drucker des 16. Jahr hunderts, die durch die Offizinen Feyerabend, Weygandt Han, Th. de Bry repräsentiert werden, find einige andere wertvolle Drucke und Reiseberichte über die neuentdeckte Welt aus dieser Zeit zu sehen. Den Reisen und naturwissenschaftlichen Forschungen Sibylle Merians, einer Tochter des berühmten Frankfurter Kupferstechers, Druckers und Verlegers, ist eine besondere Abteilung gewidmet. Die lebhafte Tätigkeit ausgewanderter deutscher Drucker in ihrer neuerwählten Heimat wird an dem Wirken des Elsässers Christoph Sauer und seiner Söhne und Gehilsen in Germantown (Pennsylvanien) ge würdigt. Die erste deutsche Luther-Bibel, die erste deutsche Zeitung und der erste deutsche Katechismus Amerikas waren ihr Werk. Dutzende religiöser Schriften der Sektierer-Gemeinden in Ephrata bei Germantown, Neue Testamente, Gebetbücher usw. aus ihren Pressen werden in der Ausstellung gezeigt. Eine andere Abteilung zeigt die Beziehungen der damals Weltruf genießenden Lutherschen Schrift gießerei in Frankfurt zu diesen Pionieren der deutschen Buchdruck kunst. Besonderes Interesse erregten darin das letzte vorhandene Exemplar der zwölf Luther-Bibeln, die Sauer an seinen Gönner und Schriftlieferanten vr. Luther über das Meer nach Frankfurt sandte, sowie die vornehm gesetzte und gedruckte Doktordissertation des Schrift gießereibesitzers. Über den Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg von 1776 bringt eine andere Vitrine wertvolle und interessante Flugschriften zur Schau. Die Beziehungen Frankfurter Burschenschafter und Bürger aus der Zeit Metternichs zu Amerika werden durch Briefe, Doku mente und Memoiren der markantesten Persönlichkeiten veranschaulicht. Das Original und eine schöne Lithographie der »Adresse an die Deutsche Nationalversammlung zu Frankfurt am Main«, die von den begei sterten Deutsch-Amerikanern als Bekundung ihrer Teilnahme an der Einheitsbewegung der 48er Jahre herübergesandt wurde, verdient und findet viel Beachtung. Die regen Handelsbeziehungen und wirt schaftlichen Verknüpfungen Frankfurter Bank- und Geschäftshäuser mit Amerika, durch Stadt- und Jnöustrieanleihen u. a. Schuldver schreibungen dokumentiert, beschließen die reichhaltig ausgestattetc Aus stellung, deren Besuch zu empfehlen ist. Kunst in Köln. — Im K u n st s a l o n Abels in der Komödien- straßc 26 sind in diesem Monat auserlesene Gemälde von Künstlern des 17. bis 19. Jahrhunderts ausgestellt. Darunter Werke von: Jan Steen, Frans van Mieris, Jan Fyt, Huchtenburg, Wouwerman, Koekkoek, Sperl, E. v. Gebhardt, Te Pcerdt, Tvübner, Orlik, Moder sohn, Vincent van Gogh u. a. m. Nabindranath Tagore wird am 28. September in Leipzig im großen Festsaalc des Zentraltheaters über das Thema »Zivili sation und Fortschritt« sprechen und im Anschluß an den Vortrag aus eigenen Dichtungen lesen.