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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.11.1915
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1915-11-22
- Erscheinungsdatum
- 22.11.1915
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- Deutsch
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271, 22. November 1915. Redaktioneller Tell. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. lich ist — kaufmännisch und juristisch — auch der Kommissions- Verleger Verleger, wie er es auch ist, wenn er Bücher ohne Ver- lagsvertrag oder unter Gesellschaftsvertrag mit dem Verfasser verlegt. Schließlich spricht die Tatsache, daß die meisten Bestim mungen des Verlagsgesctzes auf den Kommisstonsverlegcr und den Selbstverleger nicht anwendbar sind, durchaus nicht gegen eine nach außen wirkende einheitliche Begriffsbestimmung, viel mehr werden jene Gesetzesbestimmungen nur soweit unanwend bar, wie die vertraglichen Abmachungen beim Kommissionsverlag dem entgegenstehen oder das Zusammenfallen von Autor und Verleger beim Selbstverlag dies überhaupt ausschließt. Das sind aber innergeschäftliche und keine begrifflichen Merkmale. III. Daß ein Rechtsbegriff aus wirtschaftlichen Tatsachen her vorgeht, glaube ich oben im ersten Abschnitt dargetan zu haben. Man kann das Wesen des Verlages nicht verstehen, wenn man nicht von seiner kapitalistischen Grundlage ausgeht. Es genügt nicht, dies als eine »geschäftliche« Betätigung anzusprechen. Auch der Autor kann sehr geschäftlich handeln, kann ein Buch aus geschäftlichen Beweggründen, fast ausschließlich mit der Ab sicht des Vcrdienens, schreiben. Der Einkauf, in der Absicht, mit Verdienst wieder zu verkaufen, ist wie alles Gewerbliche, ein Geschäft. Im Verlag liegt etwas ökonomisch Höheres vor: Die Finanzierung einer Sache, eine aus kapitalistischem Unter nehmungsgeist, der sogar diese im Bewußtsein einer Verdienst unmöglichkeit mit Kapital ins Leben ruft, geborene höher- gewerbliche Tat. Verlag bedeutet ganz im allgemeinen die Tätigkeit des Verlegens, Vorlegens, AuslegenS, Vor- schießens, nämlich von Kapital, und zwar von Roh stoffen oder Lohn oder Miete. Das Vorhandensein eines Vertrages mit einem anderen, was allerdings meist für die Aus wirkung jener Betätigung nötig ist, ist indessen nicht wesentlich, da man auch Verleger von Werken sein kann, für die kein Ver lagsvertrag mit einem Verfasser nötig ist. Die kapitalistische Be tätigung fällt auch beim Selbstverlag nicht fort, im Gegenteil; nur ist hier der Autor die gleiche Person, die auch die kapitalisti sche Seite des Unternehmens übernimmt. Und daß der Kommis, sionsverleger, selbst wenn er sich alles liefern oder ersetzen läßt, auch bei diesem Geschäft nicht aufhört kapitalistisch zu handeln, glaube ich im bvftgen Abschnitt dargetan zu haben. Gustav Fischer sagt in seinem Buch »Grundzüge der Organisation des deutschen Buchhandels« Seite 41: »Unter Verlag verstehen wir die Übernahme der Herstellung von Büchern und deren Vertrieb an den Buchhandel«. Diese Begriffsbestimmung trifft durchaus das Richtige; Veröffentlichung und Verbreitung sind als Grund zug der Verlagstätigkeit sestgelegt im Einklang mit dem Ver- lagsgefetz, und in dem Wort »Übernahme« ist in sehr geschickter Weise auf die Beziehungen zum Verfasser hingedeutet, ohne diesen eine ausschließliche Einwirkung auf den Begriff einzuräumen, denn bei seinem Unternehmen kann der Verleger auch etwas von einem anderen als von dem Verfasser zur Veröffentlichung über nehmen, und er kann es auch übernehmen, ein gemeinsreies Werk neu herauszubringen. Es genügt, wenn er das Geisteswerk über nimmt, damit es in Buchform erscheinen könne und damit es sich verbreiten lasse. Es ist auch durchaus keine Wortspielerei, wenn wir in diesem Zusammenhang an das sogenannte »Verlags- system« erinnern, «ine Bezeichnung der volkswirtschaftlichen Form des hausindustriellen Betriebs. Auch da handelt es sich um eine Betriebsform, bei der der Zwischenmeister als Verleger (Vorleger), als Kapitalist, mit einem Nichtkapitalisten abschlietzt. Wohlgemerkt hat diese Betonung des kapitalistischen Cha rakters des Verlagsgeschästs natürlich nichts damit zu tun, daß mitunter ein Verleger nicht im finanziellen Sinne ein »Kapitalist« ist, ja daß er vielleicht dem angesehenen Autor gegenüber viel weniger Kapitalist ist als dieser. Darauf kommt es bei der Be griffsbestimmung selbstverständlich nicht an. Die Tätigkeit, die der Verleger ausübt, ist auch dem reichsten Autor gegenüber «ine kapitalistische, und es fördert unsere Erkenntnis durchaus nicht, wenn wir dieses Wesen der Sache verwässern wollten. Mit Ver dienen und größerem oder geringerem Gewinn hat dies natürlich auch nichts zu tun. Um die nationalökonomische Einordnung der Tätigkeit als einer höheren ökonomischen Betätigungsweisc handelt es sich hier bei dem Worte »kapitalistisch«. Schtcksalsbücher und Bücherschicksale. (Zum Sv. Geburtstage Paul Oskar Höckers (7. Dezember ISIS).) Der Einladung der Redaktion des Börsenblattes, an meinem SV. Geburtstage zu den deutschen Buchhändlern zu sprechen, folge ich gern. Sie gibt mir zunächst Len erwünschten Anlatz, all den Herren, die sich bisher um meine Bücher bemüht haben, herzlichen Dank zu sagen. Und außerdem bietet sie mir Gelegenheit, ein paar Worte über Schicksalsbllchcr und Bllcherschicksale zu sagen. Schicksalsbücher nenne ich die, deren vielleicht ungeahnter Erfolg auf das Schassen eines Schriftstellers bestimmenden Einslutz austibt. Meine ersten Schicksalsbllchcr waren allerdings schon geschrieben, bevor ich mich an die erste Zeile wagte. Es waren die Werke meines Vaters, des Volks- und Jugendschriftstellers Oskar Höcker. Die »Höckcrle« hatten die »Hofsmännle« und »Nieritzle« verdrängt. Es gab kaum ein Biiblcin, bas anfing, lange Hosen zu tragen, dem »Das Ahnenschloß«, »Preußens Heer«, »Der Sieg des Kreuzes«, »Marschall Vorwärts« usw. nicht bekannt gewesen wären. In einem kurzen Leben der Mühe und Arbeit, der Krankheit und Sorge» hat der fleißige Mann »eben seinem Hauptberuf als darstellender Künstler, Regisseur und dramatischer Lehrer eine heute »och nicht von mir übersehbare Reihe von Erzählungen für die reifere Jugend geschrieben. Darunter viele Werke, die eingehender geschichtlicher Vorarbeiten bedurften. Als er, noch nicht Slsährig, im Jahre 1894 starb, mochten es andcrthalbhundert gewesen sein. Die Lust am Fabulieren, die Lust an der Arbeit, die Lust an der Freude, die er der Jugend mit seinem Schassen bereitete, trieb ihn zu unermüdlicher Tätigkeit. Habsucht war es wahrhastig nicht, denn die Honorare waren damals noch sehr, sehr bescheiden. In seinem 2Sjährigen Erdenwallen als Schriftsteller — von 18S9 bis 1894 — haben seine gesamten Ein nahmen noch nicht 40VVV betragen. Als er starb, hinterließ er seiner Witwe nur die Anwartschaft auf den Ruhegehalt aus dem Pensionsfonds des Karlsruher Hostheaters. Mir hinterlietz er neben der Lust am Fabulieren und der Lust an der Arbeit die mich zuerst erdrückende Volkstümlichkeit seines Namens. Roch heute, wo ich aus mehr als 2V Jahre, ich darf wohl sagen, erfolgreiche Arbeit auf dem Gebiete des zeitgenössischen Ro mans zurllckbltcke, begegnet mir's, daß ein Scchzigjähriger mir ver sichert, wie aufrichtig er als Quartaner für »meine Geschichten« ge schwärmt habe. Worauf ich erwidern könnte, daß jene Geschichten kaum literarischer Art gewesen sein können, da ich damals ja erst vier Jahre zählte. Diese erfolgreichen väterlichen Bücher haben meinem Schriststeller- schicksal einen längeren, umständlicheren Weg gewiesen. Als ich, ein mittelloser junger Kapellmeister mit SV .// Monatsgehalt, in meiner freien Zeit zu schriftstellern begann, waren meine Absichten und Wünsche grundverschieden von denen des Verfassers all der Jugend schriften. Mit einem realistischen Roman, »Dem Glücke nach«, den ich heute, gottlob, den Mut habe scheußlich zu finden, und einem sozialen Drama »Die Sünde«, das vom Berliner Neuen Theater angenommen war, aber gottlob nie zur Aufführung gelangt ist, suchte ich mir die literarischen Sporen zu verdienen. Mit Arbeiten ähnlicher Art konnte ich jahrelang nirgends ankommen. Ein bekannter süddeutscher Ver leger sagte einmal zu mir: »Sind Sie denn ganz aus der Art ge schlagen? Was wollen Sie? Sie haben viel vom Fabuliertalent Ihres Vaters — also klügeln Sie nicht, liefern Sie Ihr Gemüt nicht dem modernen Berliner Pessimismus aus, sondern erzählen Sie schlicht und wahrhaft und volkstümlich, so wie Ihr alter Herr es getan hat!« Wahrscheinlich hätte mir's auf die Dauer ja doch nichts genützt, wenn ich mich dagegen gesträubt hätte. Es war mir eben Vaters Erzählcrgabe als Patengeschenk verblieben. Mein alter Herr freilich sah cs in seinen letzten Lebensjahren mit Kummer, daß ich den Kapellmeisterstab aus der Sand legen und mich aus die schwankende Bahn eines freien Schriftstellers wagen wollte, die für ihn äußerlich doch immer ein rechter Dornenpfad gewesen war. Vor allem warnte er mich, Bücher für die Jugend zu schreiben. War es doch die Zeit, in der den meisten damals bekannten Jugendschriftstellern von der Hamburger Kritik der Hals umgcdreht wurde. »Phantasie und Humor dürfen der Jugend ja nicht mehr geboten werden; schließlich ver bannen sie noch das Märchen aus der Kinderstube.« Da in all den Jahren auch die Namensvettern und Verwandten Gustav und Georg Otto Höcker als Jugend- und Volkserzähler fleißig 1523
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