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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.08.1908
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1908-08-31
- Erscheinungsdatum
- 31.08.1908
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
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^ 202. 31. August 1908. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d, Dtschn. Buchhandel. 9173 Nichtamtlicher Teil. Zur Berichtigung irriger Anschauungen über das amerikanische Llrheberrechtsgesetz. Eine Plauderei von Ernst Steiger. (Vgl. Börsenblatt Nr. 135, 138, 147, 165, 171.) Es ist gewöhnlich eine undankbare Aufgabe, anderen eine unerwünschte Wahrheit zu sagen. Das habe auch ich vielfach er fahren. Wie wenig es mir auch Vergnügen macht, dergleichen zu tun, so halte ich andrerseits aber doch dafür, daß es geboten ist, — sofern Umstände und Zeit es erlauben—Unliebsames auszusprechen, um andere vor Schaden und Unannehmlichkeiten zu bewahren. Man ist meines Erachtens auch moralisch verpflichtet, Jrrtümer zu berichtigen, durch welche Schaden verursacht werden könnte, gerade so, wie es moralisch geboten ist, Verbrechen, Unfall usw. zu verhindern, sofern Einschreiten tunlich ist. Die Richtigkeit dieser Sätze wird wohl allgemein zugegeben werden, während man es mit der Ausführung der Verpflichtung nicht ernst nimmt. Ein unliebsamer, unangenehmer Gegenstand ist der Nach druck deutscher Bücher in Amerika, worüber von jeher irrige An schauungen existiert haben und mehr oder weniger scharf ausge sprochen worden sind. Da ich darüber Bescheid wußte, so habe ich nicht still ge schwiegen, sondern schon im Dezember 1866 in meiner Broschüre: »Der Nachdruck in Nordamerika, als ein Bedürfnis hervor gerufen durch die Verhältnisse, erlaubt, begünstigt und beschützt durch die Gesetze des Landes, von mächtigem, tiefgreifendem Einflüsse auf den Fortschritt des Volks, und sein Verhältnis zum deutschen Verlagsbuchhandel.—Mein Wirken als deutscher Buchhändler. Thatsachen und Andeutungen, der Presse und dem Buchhandel in Deutschland mitgetheilt«, sowie in zwei anderen: »Mittheilungen über den Vertrieb deutscher Bücher und Zeitschriften in den Vereinigten Staaten«. (Ende April 1868) und »Deutscher Buchhandel und Presse, und der Nachdruck deutscher Bücher in Nord-Amerika« (April 1869) (welche sämtlich vergriffen sind) solche irrigen Anschauungen berichtigt, und zwar mit Erfolg. Auffallenderweise hat sich meines Wissens kein anderer gleich mir mit dem Zurückweisen von solchen Klagen öffentlich beschäftigt. Das war aber auch nicht nötig; ich bin mit der nicht schweren Auf gabe allein fertig geworden, und die Gegner des Nachdrucks ver hielten sich ziemlich ruhig. Das war in den siebziger Jahren. Inzwischen war in Deutsch land durch das Gesetz der Nachdruck erlaubt worden, nachdem am 9. November 1867 der Schutz der Schriften von Goethe, Schiller, Wieland, Herder sowie aller Autoren, die dreißig Jahre oder länger (d. h. vor dem 2. November 1837) verstorben, abgelaufen war. Was tags vorher noch strafbarer Nach druck dieser Schriften gewesen war, wurde auch in Deutschland am 9. November 1867 abdruckfrei. Jedermann durfte fortan die freigewordenen Bücher Nachdrucken und verkaufen, ohne »Nachdrucker« genannt zu werden. Es ist bekannt, in welchem Umfange von da ab die klassischen und anderen Schriften in Heftchen von zehn Pfennig aufwärts, sowie in gebundenen Ausgaben verschiedenartiger, aber jedenfalls billiger Ausstattung auf den Markt gekommen sind, fortan auch die weniger bemittelten Klassen erreichend, für welche der vorher bestehende Preis der Originalverkeger verbietend entgegenstand. Der Schutz gegen Nachdruck in Deutschland fiel mit Ablauf der Schutzfrist — solcher Schutz war und ist also zeitlich be schränkt. Derselbe Schutz war — und ist — aber auch räumlichbe schränkt, d. h. er galt und gilt nicht in den außerdeutschen Ländern, wie überhaupt in diesen die deutschen Gesetze nicht gelten, sofern nicht besondere Verträge abgeschlossen worden sind. Zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland bestand ein solcher Vertrag nicht, das Nachdrucken ausländi scher und deutscher Bücher stand daher jeder mann in Amerika frei, gerade so wie auch in Deutschland Amerikanisches ungestraft nachgedruckt wurde. Was den Nachdruck in Buchform anlangt, so wurde in Amerika nur mäßiger Gebrauch von diesem Rechte gemacht, weil es sich gewöhnlich wenig oder gar nicht lohnte. Dagegen druckten deütsche Zeitungen und Zeitschriften in ausgiebiger Weise ab. Es war damals die Zeit der Hochflut des Deutschtums in den Vereinigten Staaten. Bis dahin waren gebildete Deutsche in großer Anzahl nach Amerika ausgewandert. Nach 1870 kam aber fast gar kein solcher Zuzug mehr, vielmehr meistens Arbeitsuchende. In zwischen assimilierten die vorher Gekommenen sich großenteils mit den Amerikanern, fanden es mehr und mehr in ihrem Interesse, englisch zu sprechen und zu lesen, während ihre Kinder dies in noch größerem Umfange taten. Daher ist seit 1870 das Deutschtum in den Vereinigten Staaten zurückgegangen, und in gleicher Weise der Absatz deutsch-amerikanischer und deutschländischer Literatur. Unter den deutsch-amerikanischen Zeitschriften und Zeitungen waren welche, die, gut geleitet, sehr großen Absatz fanden, ihren Verlegern viel Geld einbrachten und diese auch instand setzten, große Summen auf den Inhalt zu verwenden. Da nun jedermann das Recht hatte, ein ausländisches neues Buch, sobald es er schienen war, abzudrucken, so daß unter Umständen sechs, zehn oder noch mehr Zeitungen gleichzeitig ein und dasselbe neue Buch ihren Lesern boten, so suchten die unternehmenden Verleger einander mit belletristischen Neuheiten den Rang abzulaufen, indem sie Aushängebogen vom Autor erwarben. In solcher Weise ist für Zickels »Novellenschatz«, Lexows »Belletristisches Journal«, die »New Porker Staatszeitung« und acht oder zehn andere Zeitungen viel Geld ausgegeben worden, ohne daß dadurch mehr als ein Vorsprung von einigen Wochen erreicht worden wäre. Denn nach Erscheinen des Buches durfte trotzdem jeder andere es gleichfalls abdrucken. Am liberalsten in dieser Beziehung war Oswald Ottendorfer, der Herausgeber der »New Parker Staats-Zeitung«, der namhaften Autoren und besonders seinen österreichischen Landsleuten sehr beträcht liche Summen zahlte. Diese Autoren schienen teilweise sich das Späßchen gemacht zu haben — vielleicht auch eigennützigerweise, um bei ihren deutschländischen Verlegern Pression ausüben zu können —, »auf zuschneiden«, bzw. ihren leichtgläubigen Mitschriftstellern viel höhere Summen zu nennen, als sie erhalten hatten. Daher kamen einerseits die exorbitanten Forderungen einiger Autoren, so daß z. B. Berthold Auerbach durch seinen Sohn, vr. August Auerbach, von mir 12 000 Dollars verlangte für das »Recht«, seinen »Waldfried« in Buchform abzudrucken, während doch dieses Buch schon erschienen war und von jedermann abgedruckt werden durfte. Professor Schenk in Wien verlangte von mir 45 000 Kronen für das »Recht«, eine englische Übersetzung seines Buches heraus zubringen — was doch jedermann unbehindert tun durfte —, und seine Verleger verlangten überdies 30 000 Dollars für dasselbe eingebildete, wertlose »Recht«. So war es damals auch mit Schauspielern und Vorlesern. Um nur ein Beispiel anzuführen: ein Leipziger Professor kam eines Morgens bei mir vor, sich mit der Meldung einführend, er wolle in Amerika Vorlesungen halten, und begründete dies mit dem Bemerken: »Der M— hat mir gesagt, er habe 100 000 Dollars Börsenblatt skr den Deutschen Buchhandel. 7b. Jahrgang. 1197
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