210, 9. September 1908. Fertige Bücher. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 9545 2 Aber mein neues Verlagswerk: Aber uns Menschen °°n S. Philipp bringt die Neue Freie Presse soeben folgende Besprechung: s„Aber uns Menschen." Von S. Philipp. Leipzig, Verlag E. A. Seemann, 1908.) Offen gestanden, S. Philipp war mir vollständig fremd. Ich hatte von ihm niemals etwas gehört, niemals etwas gelesen. Jetzt, da ich das Werk „Über uns Menschen" kenne, ist es mir, als müßte ich Philipp längst schon kennen, als hätten wir oft und oft zusammen geplaudert. „Aber uns Menschen" ist ein Buch der Bücher. Philosophie? Keine Zunftphilosophie; ein freier Geist schreibt über das Leben und das, was es bietet und bieten kann. Philipp stammt aus einer kleinen deutschen Stadt. Er ist deutscher Jude. Er sagt das frank und frei, das gefällt an ihm. Er befaßte sich mit dem Studium der verschiedensten Fächer und mit Politik. Konservativ, Sozialdemokrat, Freigeist. Daneben technische Studien und philosophische Wissenschaft. Man entnimmt dem Werke, daß Philipp ein tief fühlender und scharf denkender Kopf sein muß. Wenn auch seine Philosophie über das Leben oft an Nietzsche, oft an Kant anklingt, so behandelt er die verschiedensten Fragen mit solcher Originalität, daß man mit Spannung seinem Gedankengang folgen muß. Ernst Lorneffer, der Schüler und Interpret Nietzsches, hat vor einiger Zeit ein Buch „Wege zum Leben" veröffentlicht. Sonderbar, manch ähnliche An schauungen werden gebracht. In 27 Kapiteln gibt Philipp seine Ansichten, seine Philosophie über das mensch liche Dasein. Der Titel bezeichnet den Inhalt. Er spricht von Gefühlen, von Stimmungen, von Dogmen, von Idealen, er plaudert über Freiheit und Staat. Er philosophiert über Kunst, Natur, Religion. Sein scharfes Geisteslicht leuchtet in die Tiefen der verborgensten Empfindungen, beleuchtet das staatliche, politische und mensch liche Dasein der Masse und des einzelnen. Am den Verfasser zu kennzeichnen, seien einige Gedanken wieder gegeben. Im Kapitel „Die Berauschungen" kommt er zur Verurteilung der Skepsis und will das Gefühl als Lebenswert bezeichnen. Der empfindende Mensch ist glücklich. Glück ist Rausch, Rausch Glück. In „Die Dogmen" reduziert er das Tatsächliche, Unverrückbare auf ein Minimum. Analogie ist im Leben eine große Rolle. Da führt er auch sein früheres Werk „Vier skeptische Thesen" an. Ein spannender Teil ist der Abschnitt über Wahrheit und Täuschung. Ein Sah daraus sei wiederholt: „Ich suche die Wahrheit, aber ich liebe nicht, was man gewöhnlich als Wahrheit bezeichnet. Ich liebe nicht den Rohbau mit seiner rohen Nützlichkeit, sondern ich liebe die architektonischen Gliederungen und Ornamente, mit denen der Bau verblendet wird und die ihm den Schein eines Organismus geben, der meinesgleichen ist und der allein mir etwas sagen kann. Ich liebe nicht das Tote mit all seiner Dauer, sondern das Lebendige mit all seiner Vergänglichkeit." Seine Ansichten über Religion und Moral, seine schlagenden Sätze sind bemerkenswert und voll Äberzeugungskraft. Das eine kann man sagen: der dies Buch liest, hat viel davon. l)r. Richard Schloffar. Das Buch wird also seinen Weg machen. Ich spüre aus direkten Anfragen und Bestellungen, daß die Diskussion darüber eingesetzt hat. Die fortwährend erscheinenden Besprechungen der angesehensten Blätter erhalten die Nachfrage rege. 354 Seiten. Geheftet 4 M., gebunden 5 M. 30°/« in Rechnung, 35 /« gegen bar u. 11/10 Roter Bestellzettel anbei Leipzig E. A. Seemann Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 7S. Jahrgang. 1248