9698 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Künftig erscheinende Bücher. 213, 13. September 1908. Ende September erscheint in meinem Verlage: Vas sechste 6ebot Roman von Max Geißler Ca. 300 Seiten, br. M. 4.—, geb. M. 5.—. Max Geißler, der bisher immer als einer der Führer der „Heimatskünstler" gegolten hat, führt mit diesem neuesten Merke den Beweis, daß seine Kunst viel weitere Grenzen umfaßt. Der Roman wird seine zahlreichen Freunde überraschen: An Stelle der einsamen Moore, an Stelle der waldumrauschten Gebirgs landschaften seiner früheren Werke ist diesmal die ganze Pracht italienischer Erde, die Landschaft des roman tischen Sabiner Gebirges getreten. Und der Dichter zaubert dieses Land mit der ganzen Kraft seines eminenten Darstellertalentes vor die Seele des Lesers. Sonnenglut und Farbenpracht des gesegneten Südens lassen ein Bild erstehen, das die Sehnsucht nach der glücklichen Wirklichkeit in allen denen erwecken muß, die noch niemals jene Gegenden durchwandern durften. Der Roman wird aber auch das größte Aufsehen erregen wegen seines im Titel erklärenden Problems. Dieses heikle: „Du sollst nicht ehebrechen!" hat der Dichter an zwiefachem Beispiel erläutert; beide Male führt die Verletzung des sechsten Gebotes zum Untergange — das eine Mal in den Tod, das andere Mal in jenes Verderben, aus dem es für das Weib keine Rettung mehr gibt. Und doch ist dem Verfasser die seltene Kunst gelungen, nicht mit einem Worte, geschweige denn einer Szene das Gefühl des Lesers zu verletzen. Wegen dieser hohen künstlerischen Qualitäten und weil es die dichterische Persönlichkeit Max Geißlers um einen wertvollen charakteristischen Zug bereichert, ist dem Buche sein Erfolg sicher. Nur hoher, künstlerisch sittlicher Ernst konnte ein Werk schaffen, das unbedenklich jedem Leser in die Hand gegeben werden kann — trotz seines heiklen Problems.