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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.09.1908
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1908-09-25
- Erscheinungsdatum
- 25.09.1908
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
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224, 25. September 1908. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 1031? der Presse verbrannt habe sGroße Heiterkeit), und 1b oder 18 Jahre später — ich war jugendlicher Geschäftsträger in Athen — las ich in einem großen Wiener Blatt, einem Weltblatt, das ich zu meiner Freude hier vertreten sehe, etwa folgendes: Fürst Bismarck — las ich da — mutz ein wahrer Meister der diplomatischen Kunst sein, wenn er alle Torheiten wieder gutmachen will, die der deutsche Geschäftsträger in Athen jetzt anrichtet. Schon das Außere dieses Geschäftsträgers; wie Numero 5 am Geschütz — die Numero 5 am Geschütz ist, soviel ich weiß, der Kanonier, der gar nichts zu tun hat — schaut der drein, so einfältig schaut dieser junge Herr v. Bülow in die Welt. Das war das erste Mal, daß sich die Presse eingehender mit mir beschäftigt hat. dlasus ckisplicuit wsus. Mein Außeres hat dem betreffenden Korrespondenten nicht gefallen. Ich weiß nicht, ob der Herr, wenn er noch lebt, jetzt günstiger über mich denkt; von der »Neuen Freien Presse» hoffe ich es, vitlwut ü^bing; kor cowpliwsnk. Ich habe später auch angenehmere Erfahrungen mit der Presse gemacht. Als ich, wieder um einige Jahre später, es war Anfang der achtziger Jahre, an unserer Pariser Botschaft tätig war, da frug ich einmal — ich war in melancholischer Stimmung, ich fand, mein Avancement ging nicht rasch genug, in der Armee nennt man das die Leutnantsmelancholie — den Vertreter der »Virass», Blowitz —, es war ein kluger Mann — ob ich Aussichten im Journalismus hätte. »Sofort bringe ich Sie an», erwiderte mir Herr von Blowitz, »mit 30 000 Frcs. jährlich». Das hat damals mein Selbstvertrauen gestärkt, und noch heute macht die Er innerung mir Vergnügen. Ich habe im allgemeinen beobachtet, daß es wenige Politiker gibt, die nicht, namentlich wenn kein Journalist zugegen ist, gern einmal über die Presse räsonnieren. Aber es gibt noch weniger Politiker, die nicht wünschten, daß die Presse von ihnen selbst nett sprechen möchte, und am aller geringsten ist die Zahl derjenigen Politiker, die es ertragen können, daß die Presse sich gar nicht mit ihnen beschäftigt. Das Veilchen, das im Verborgenen blüht, das gute Blümchen will keiner sein. Seien Sie auch gerecht, meine Herren; was wären Achilles und Hektar und Diomedes ohne Homer! Wie das Schallrohr der Presse die Töne weiterträgt, so haften sie im Gedächtnis der Menschen, so wirken sie aus die Menschen. Groß, sehr groß ist in unfern Tagen die Macht der Presse. Sie kann Gerüchte verbreiten, Vorstellungen erwecken, Ansichten Hervorrufen, Überzeugungen begründen, die für lange Zeit hinaus durch nichts mehr zu erschüttern sind. Die wenigsten machen sich klar, daß das ein Novum ist in der Welt- geschichte, in der Kulturgeschichte der Menschheit. Wenn in früheren Jahrhunderten ein Libell diese oder jene Malice brachte, so fand es fünfhundert oder fünftausend Leser. Der Angegriffene verfaßte seine Gegenschrift, die ebensooiele Leser fand, womöglich dieselben, und die Sache war ausgestanden. So war es noch in der Zeit der holländischen Pamphlete, über die Ludwig XIV. sich ärgerte, und der Gazetten, die Friedrich der Große nicht genieren wollte. Wenn aber heute ein Blatt einem Mann der Öffent lichkeit etwas anhängt, so läuft das weiter wie der elektrische Funke längs dem Telegraphendraht, und ehe der Betroffene die Zeit findet, die Sache gründlich richtig zu stellen, hat sich die Vor stellung in den Köpfen von Hunderttausend, ja Millionen festgesetzt, ist sie oft unausrottbar geworden. — Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, ein ganz unschuldiges Beispiel. Ich bin überzeugt, daß es wirklich Leute gibt, die glauben, daß ich mich auf meine Reben vorbereite, mit dem Büchmann in der Hand. Der harmlose Scherz eines Journalisten, noch dazu eines mir befreundeten Journa listen — an n'sst traüi gas par los sisos — brachte die Vor stellung in Umlauf und nun sitzt sie fest. In Wirklichkeit habe ich den Büchmann, der übrigens ein gutes Buch ist, ein mit Liebe zusammengestelltes Buch, erst vor wenigen Jahren in die Hand bekommen, als es mir ein leider seither verstorbener Parlamentarier zum Geschenk machte, als Aprilscherz. Zitiert habe ich immer Ich erinnere mich, schon als Sekundaner, auf dem Gymnasium Caro linum in Neustrelitz, wurde ich von dem würdigen Rektor Schmidt ermahnt, nicht so viel zu zitieren. Aber ich habe immer aus dem Gedächtnis zitiert. DaS ist ein ganz unschuldiges Beispiel. Ich freue mich immer, wenn ich mich in den Witzblättern abgebildet finde mit dem Büchmann in der Hand und mit meinem braven Pudel neben mir. Aber ich kenne auch Beispiele, wo gehässige Vorurteile genährt, wo wirkliche Verdienste geschmälert, wo Gerade in Ungerade und > Börsenblatt s!lr den Deuychen Buchhandel. ?b. Jahrgang. Ungerade in Gerade verwandelt wurde, wo Unrecht, Ungerechtig keit und Unwahrheit gefördert wurden durch die Macht der Presse. Je größer diese Macht geworden ist, um so gewissenhafter muß sie gehandhabt werden. Nun will ich mal wieder zitieren: »Der Menschheit Würde ist in Eure Hand gegeben, bewahret siel- Und, meine Herren, nicht allein der Menschheit Würde! Nehmen Sie als politisch denkende und an Ihrem Teil auch vor der Geschichte verantwortliche Männer ein ernstes Wort von mir mit. Ich spreche zu Journalisten aller Länder, und ich möchte, daß meine Worte auch über Ihren Kreis hinaus gehört würden: Ich glaube, daß der Journalist Patriot sein soll Aber Patriotismus heißt nicht Ungerechtigkeit gegen andere. Wir sind nun einmal darauf angewiesen, auf dieser Welt mit-und nebeneinander auszukommen. Das haben Sie selbst anerkannt, indem Sie sich zu einer inter nationalen Vereinigung zusammengetan haben. Da sind Sie an gewiesen auf den gegenseitigen guten Willen. Nehmen Sie das als Abbild und Vorbild des Verkehrs und des Zusammenlebens der Völker. Auch die Völker sind in ihren internationalen Be ziehungen angewiesen auf guten Willen und ehrliches Entgegen kommen, auf gegenseitiges Verständnis und auf freundlichen Ausgleich. Und nun, meine Herren, bedenken Sie, wieviel die Presse, wieviel Sie dazu beitragen können, diese Beziehungen freundlicher zu gestalten und zu glätten, wieviel Sie aber auch tun können, um diese Beziehungen zu vergiften und in Feindschaft zu ver wandeln. Ein gewaltiges Instrument ruht in Ihrer Hand, gleich geeignet, zu nützen und zu schaden. Mögen es stets erfahrene Hände sein, denen dies Instrument anvertraut ist, erleuchtete Köpfe, die zu dirigieren wissen, zum Heile der Menschheit und zum Besten der Völker. Und nun, meine Herren, wünsche ich Ihnen noch einmal besten Erfolg für Ihre Arbeiten und nochmals herz lichen Dank für Ihr Kommen, Ihnen und Ihren Damen! (Nach: Deutscher Reichsanzeiger.) * Mitteldeutscher Buchhändler-Berbaud, E. B. — Die 30. Herbst-Hauptversammlung des Mitteldeutschen Buchhändler- Verbandes findet am 11. Oktober 1908, vormittags 11 Uhr, in Darmsladt (in der »Bereinigten Gesellschaft») statt. Anmeldungen nimmt bis 9. Oktober Herr Ernst Waitz in Darmstadt entgegen. Die Fibel in Italien. — Unter obigem Titel berichtet E. Gagliardi in Rom über den kürzlich in Aquila, einem abruz- zischen Städtchen, von berufenen Männern abgehaltenen Kon greß. Auf ihm wurde ein förmlicher Kreuzzug gegen den Analphabetismus gepredigt. Seit dem Jahre 1877 besteht in Italien ein Gesetz, das den Schulzwang im Lande be zweckt; allein die Durchführung halte ihre großen Schwierig keiten. Nach den amtlichen statistischen Erhebungen des Jahres 1901 erreichte die Zahl der Bürger Italiens, die weder lesen noch schreiben konnten, die stattliche Höhe von 13 351 058, das ist beinahe die Hälfte der gesamten Bevölkerung. Die Abruzzen, Sizilien, Calabrien und die Basilicata stellten das größte Kontingent dieser Ungelehrten. Noch im Jahre 1905 waren in den Abruzzen und in Molise 54 vom Hundert jener, die vor dem Standesamt erschienen, um sich fürs Leben zu ver binden, nicht in der Lage, die wichtige Handlung mit ihrer Unter schrift zu vollziehen. Im Verlaus des letzten Jahres hat der Staat in Zentral- und Süditalien 1800 neue Schulen gegründet und in jeder Provinz Kindergärten und Ricreatori ins Leben ge rufen. ferner sind 2000 Abendschulen entstanden. Bücher wurden verteilt, Bibliotheken angelegt. 22 Millionen Lire betrug das Budget des Staates dafür. Der Vorsitzende des Kongresses von Aquila, Professor Agostinoni, konnte dem Untcrrichtsminister für die neu errichteten 15 ambulanten Schulen für Hirten im rauhen Gcbirg und für die Abendkurse danken, in denen Fischer mit den Geheimnissen der Fibel bekannt gemacht werden. Auch private Fürsorge hat ganz in der Stille Treffliches geleistet. Das Programm der Regierung geht dahin, innerhalb des nächsten Lustrums in Unteritalien 18 000 neue Volks- und Ge werbeschulen zu gründen, ein Beweis, wieviel hier noch zu ge schehen hat. 50 000 abruzzische Kinder, die noch nie eine Schule besucht haben, sollen nun mit aller Strenge dazu ungehalten werden. Die Fibel soll allgemeineil Eingang in Italien halten. P. Hennig. ! 47
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