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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.12.1908
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1908-12-09
- Erscheinungsdatum
- 09.12.1908
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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286, 9. Dezember 1908. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 143V1 Nichtamtlicher Teil. Die Forderungen des Sortiments und der Verlag. Die Phrase herrscht. Gestern waren es die Agrarier, heute sind es die Sortimenter, die ihren Totengesang an- stimmen. Der Verlag soll helfen, und zwar vorläufig durch die Gewährung eines höheren Rabatts, Eben ist der Kundenrabatt, von dem es hieß, er ruiniere das Sorti ment, abgeschafft und dadurch ein Mehrverdienst von 5 bis 10 Prozent dem notleidenden Sortimenter in den Schoß geworfen, da erhebt sich von neuem der lärmende Ruf nach mehr. I-'apx^tit viont en MLUgeant. Es wird zugegeben, daß im Durchschnitt der Rabatt ein genügender ist. Nur Zeitschriften und wissenschaftliche Bücher lassen zu wünschen übrig. Nun soll nicht geleugnet werden, daß bei dem Vertrieb von Zeitschriften in so manchem Falle so gut wie nichts herauskommt, ferner daß der Ver trieb von wissenschaftlichen Neuigkeiten ein sehr mühseliger ist; daß er aber nicht lohne, ist eine Behauptung, die in der Verkennung aller Verhältnisse ihren Grund hat. In jedem Geschäft gibt es Artikel, mit denen spielend viel verdient wird, und solche, mit denen selbst bei Aufwendung von viel Zeit und Arbeit wenig zu verdienen ist. Eins treibt eben das andere; das sollte kein Geschäftsmann übersehen. In der Natur der Sache liegt es, daß der Verleger von Massen artikeln anders rabattieren kann und durch die Konkurrenz dazu gezwungen ist, es zu tun, als der, der wissenschaftliche Arbeiten in kleinen Auflage» bringt. Es ist gesagt worden, daß der Verleger solcher Artikel nur nötig habe, den Ladenpreis so hoch anzusetzen, daß er in die Lage komme, 5 Prozent mehr zu gewähren. Diese Forderung beruht auf einer Verkennung der dabei in Frage kommenden Verhältnisse. Mancher wissenschaftliche Verleger seufzt bereits heute über die Höhe der Herstellungskosten und zerbricht sich den Kopf, wie bei diesen ein noch nicht zu hoher Ladenpreis anzusetzen ist Auch er ist nicht aus Rosen gebettet. Die Zeiten unserer Väter sind vorbei. Der Verdienst wird heutzutage nicht mehr groß, sondern klein geschrieben. Das Geschäft erfordeit einen hohen Einsatz von Kraft und Kapital, und das gilt für das Sortiment wie für den Verlag. Von einem angesehenen Verleger wurde seinerzeit er zählt, er habe gesagt; von hundert wissenschaftlichen Büchern brächten zehn guten, reichlichen Verdienst, zwanzig nur einen geringen, zehn deckten die Kosten, und der Rest bringe mehr oder weniger Verlust. Nun wird man sagen; Warum verlegt er dergleichen Sachen? Der Grund ist einfach; er mutz, wenn er überhaupt weiter kommen will. Wenn der weitsichtige Sortimenter sich nicht nm auf den Verkauf von Goldschnittliteratur und anderer hochrabattierten Bücher be schränkt, sondern jede Bestellung auf eine nicht oder wenig gewinnbringende Zeitschrift annimmt und Novitäten, die nur kleinen Gewinn bringen, vertreibt, so kann der wissen schaftliche Verleger nicht nur gewinnbringende Bücher ver legen wollen, sondern er muß wie jener öfters die Wurst nach der Speckseite werfen. Kann der Landwirt den Nutzen, den ihm der in den Acker geworfene Düuger bringt, aus Heller und Pfennig berechnen? Nein, er weiß nur, daß, wenn er richtig und reichlich düngt, er gut und reichlich ernten wird, lind so ist es im Buchhandel auch. Der Ver trieb von Zeitschriften und wissenschaftlicher Literatur zieht Kunden an. Wo viel zu sehen und zu haben ist, wird viel gekauft, wo nichts zu sehen und nichts zu haben ist, bleiben schließlich die Kunden weg. Selbstredend ist bei Bestellung von wissenschaftlichen Novitäten der Kundenkreis richtig ein zuschätzen. Nicht jedes Buch, auch das beste, läßt sich an jeden verkaufen. Wer aber seine Kundschaft kennt und es versteht, ihr das sie interessierende vorzulegen, wird Erfolg haben; er wird bald unter den Bücherkäufern den Ruf eines unterrichteten und tüchtigen Geschäftsmanns sich erwerben, und man wird ihn gern und oft aufsuchen. Will man die Lage des Sortiments richtig beurteilen, so darf man nicht wie die Katze um den heißen Brei gehen, sondern man muß den Finger in die Wunde legen, ohne Rücksicht, ob man dadurch dem Kranken weh tut. Ein Ge schäftsmann muß vor allem gegen sich streng, sehr streng sein. Vor allem muß er prüfen, inwieweit er selbst an seiner Lage schuld ist. Das aber geschieht in den wenigsten Fällen; man ist geneigt, alles auf widrige Verhältnisse zu schieben. Gleich beim Eintritt in die Selbständigkeit wird oft in der leichtsinnigsten Weise verfahren. Hat jeder bei seiner Etablierung richtig gerechnet, hat er genügendes Kapital in der Hand, hat er geprüft, ob er bei Übernahme eines alten oder bei Gründung eines neuen Geschäfts auch den an ihn herantretenden Ansprüchen gewachsen ist? Hat er den festen Willen, der erste und der letzte im Geschäft zu sein, was doch bei einem offenen Geschäft von größter Wichtigkeit ist, ist er fest entschlossen, nicht mehr Ansprüche an das Leben zu machen, als ihm der Ertrag seiner Arbeit erlaubt? Das alles sind Fragen, die der Anfänger sich stellen mutz und die er mit Ja zu beantworten hat, wenn er vorwärtskommen will. Die Menschen sind verschieden veranlagt, der eine paßt für den Verkehr mit Gelehrten, der andre gehört in den Trubel der Großstadt, der dritte in die ruhige Provinzialstadt. Und die Frage; Sind denn 2L Prozent in der Tat ein so kleiner Nachlaß, wie es aus den ersten Blick scheinen kann? Ist dabei nicht in Betracht zu ziehen, daß er mit einem jährlichen Kredit verbunden ist? Arbeitet so der Sortimenter nicht ein Jahr lang mit fremdem, zinslosem Gelde? Wo in aller Welt ist das noch so? Und dabei bezieht er alle Neuig keiten bedingt. Was er nicht absetzt, remittiert er, das Risiko ist also für ihn sehr klein. Diese Fragen sind bis jetzt gar nicht oder doch nur in geringem Maße bei dem Ruf nach höherem Rabatt berührt worden. Viel Sturm ist gegen den Verlag gelaufen, nur wenige Stimmen haben sich zu seiner Verteidigung erhoben. Dieses Schweigen hat seinen guten Grund. Der Verleger weiß, daß hier reden nichts Hilst. Ec weiß aber auch, daß auf die geforderte Weise dem Sortiment nicht zu helfen ist. Gewährt er heute SO Prozent auf seine wissenschaftlichen Neuigkeiten, so werden morgen SS Prozent von ihm verlangt werden. Was würde dann das Ende vom Liede sein? Bei den immer wachsenden Produktions kosten müßte der Ladenpreis in absehbarer Zeit eine Höhe erreichen, die den Absatz so gut wie unmöglich machte, und darunter hätten Verlag und Sortiment zu leiden. Aber noch eine andre Überlegung ist es, die dem Verlag Zurückhaltung auferlegt. Ist es denn richtig, daß die fünf Prozent mehr dem Sortiment in seinem ganzen Umsang zu gute kommen würden? Diese Frage wird jeder wissenschaft liche Verleger verneinen. Für ihn kommt nur ein kleiner Teil der Sortimente in Betracht, und diesen geht es im allgemeinen nicht schlecht. Nicht dem kleinen Mann, der es nötig hat, würde also der Vorteil eines höheren Rabatts zu gute kommen, sondern dem gutsituierten, und was dabei das Schlimmste wäre: daß diesem über jenen eine immer größere Macht zu teil würde. Hier gilt wie überall im Leben das Wort; »Hilf dir selbst!« Halle a/S. Max Niemeyer. l88g«
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