Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.01.1916
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- 1916-01-18
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- 18.01.1916
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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^ 13, 18, Januar 1916. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Buch enthält auch eine geschichtliche Einleitung: Welche Romane mutz man als Deutscher lesen? — Als sehr zweckmäßig möchten wir folgende Einlage bezeichnen, die eine Königsberg«! Firma ihrem Weihnachtskataloge beigesügt hat und die sicherlich zur Aufrccht- erhaltung der Ordnung im Betriebe das ihrige beigetragen hat: Regeln slir den Weihixichtscinkaus. 1. Die zurzeit ungewöhnlich langsame Postpaket- und Krachtbesördcruug erheischt dringender als sonst die Aufgabe der Weihnachtsbcstellungen bereits in den erste» Dezcmber- tagen. 2. Besorge deine» Btichcreinkans hauptsächlich in den frtihcn Vormittagsstunden und berücksichtig«, daß in der Mittagspause von 12 bis 2 oder von 2 bis 4 Uhr nur die Hälfte des durch den Heeresdienst ohnehin stark verringerten Personals zur Bedienung vorhanden ist. 8. Wurdest du bei deinem Einkauf einmal nicht Ivunschgeinätz berate», so beachte, datz zum Teil ungeschultc Hilfskräfte die Arbeit der im Felde Stehenden übernehmen mußten: sieh deshalb nicht unzufrieden fort, sondern wende dich an den Inhaber oder, seinen Vertreter, er wird helfend eingreifcn und dich zufriebenzuftellen wisset!. 4. Zahle bar und nimm kleinere Biicherpakete gleich selbst mit, da pünktliche Zustellung sehr erschwert ist und Ablieferung für be stimmte Tagesstunden überhaupt nicht mehr zugefagt werden kann. 5. Von Ansichtssendungen nimm, soweit irgend angängig, in dieser Zeit, die zu jeder nur möglichen Arbeitsverminderung zwingt, freundlichst Abstand. K. Literarische Auskünfte, die Katalogarbeit nötig machen, ver lange nicht an, Fernsprecher. Selbst für Auskünfte über BUchcr- preise oder für die Mitteilung, ob ein bestimmtes Buch vorrätig sei, ist jedesmal Feststellung im Lager nötig, die eine gewisse Zeit erfordert, da sich das Lager über verschiedene Etagen erstreckt. Sei also nicht ungeduldig, laß uns zur Ermittlung Zeit und laß die Auskunft nach gemachter Feststellung burchsprechcn. Gibt uns insofern die Schwere der Zeit manche kleinen wirk samen Hilfsmittel in die Hand, deren Gebrauch uns Nutzen bringen kann, so schafft sie uns nach wie vor allerlei Gelegen heiten, im Interesse bestimmter Autoren oder Werke zu wirken. Noch immer spüre» wir die Nachwirkungen des 100. Geburts tages Adolf von Menzels und des Todes Johannes Trojans. Daneben verlangen auch die Lebenden ihr Recht, besonders dann, wenn ein besonderer Anlatz, ihrer zu gedenken, vorliegt. Solche Anlässe sind für die nächste Zeit der 80. Geburtstag des in seltener Rüstigkeit im Felde weilenden Generals Grafen Gottlieb von Haeseler <18. Januar), Verfassers von »Zehn Jahre im Stabe des Prinzen Friedrich Carl«, der 50. Geburtstag des Roman schriftstellers und Dramatikers Emil Strautz am 31. Januar, der 50. Geburtstag des Romanschriftstellers Anton Schott am 8. Februar, Adolf Winds' 60. Geburtstag am 10. Februar, und der 70. Geburtstag des bekannten Straßburger Universitäts lehrers Theobald Ziegler am 19. Februar. Kurt Loele. Der einsame Hauptmann. Von Edmund Kren sch, Offenburg, Baden. Im bürgerlichen Bcrnfe war er Direktor eines großen Verlags geschäftes. »Ein grundgelehrtes Haus!«, versicherte meine Fra», nun schon zehn Jahre lang. »Er las alles und kannte alles.« Sie hatte nämlich als Gehilfin unter seinem Kommando gestanden und zitierte noch immer gern seine Sentenzen. »Wir empfanden einen ungeheuren Respekt vor ihm«, versicherte sie oftmals, und besonders dann, wenn ich ihr mal gern imponiert hätte. »Stets war er der Erste und der Letzte im Geschäft . . . Und immer — drei Schritte Ab stand!« Das hatte ihr ungeheuer gefallen. Der Direktor war ledig geblieben. Wir trafen ihn vor drei Jahren einmal beim Kaffee nach Tisch im Speiscsaale des Bahnhofs, wo er stets allein speiste — und las. »Immer noch so allein?«, himmelte meine Frau ihn sehr betrüblich an. »So einsam, Herr Direktor!« »Sie waren Ihr Schwarm«, wagte ich zu erklären. Er lächelte nachsichtig und erwiderte: »Ich freue mich der Einsamkeit«. »Wie so?«, fragte sie rasch. »Sich selber genügen«, gab er zur Antwort, »ist die zuverlässigste Bürgschaft für unser Glück, und mit leidlicher Sicherheit kann man nur auf sich selber zählen.« »Da hast du's!«, wollte ich sagen, dacht' es aber nur . . . »Ei«, gab sie spitzig zurück, »der Mensch ist doch ein soziales Wesen —« Ich schaute meine Frau verwundert au . . . Indessen, was hatte sie nicht alles aus dem großen Betriebe aufgeschnappt! »Gewiß«, bestätigte der Direktor gelassen. »Es gibt jedoch keinen verkehrteren Weg znm Glück als den gesellschaftlichen; denn jede Ge sellschaft erfordert notwendig gegenseitige Anpassung und Ausglei chung der Temperamente —« »Wirkt also erzieherisch«, warf meine Frau triumphierend ein. »I — a —«,, gab er überrascht zu. «Jedoch, je größer die Ge sellschaft ist, um so fader wird sie.« «Das ist wahr«, nickte sie. »Wenn ich au unser Kaffeekränzchen denke —« Als ich aber zu lächeln begann, hielt sie strafend inne. »Sehen Sie wohl«, sprach der Direktor. »Ganz er selbst darf nur der Mensch sein, der alleinsteht. Und wer nicht die Einsamkeit liebt, der liebt auch nicht die Freiheit.« Ich vermochte kaum, einen Seufzer zu unterdrücken . . . Wohin war ich mit meiner Freiheit gelangt? Mit meiner Selbstbestimmung? Umringt von vier sozialen Wesen! Vier! Meine Frau vernahm auch uugehauchte Seufzer und blitzte mich bedrohlich an. Der einsame Direktor lächelte für mich und fuhr fort: »Jede Gesellschaft fordert von uns Zwang und Opfer, die um so schwerer fallen, je bedeutender unsere eigene Persönlichkeit ist.« Ja, das war ihr allerdings klar; eine Persönlichkeit wie er, ihr hochverehrter Direktor, durfte sich freilich dem Zwange des geselligen Lebens entziehen; jedoch einer der minderen Götter, wie ich zum Beispiel — Der Blick, den sie mir zuwarf, redete Bände . . . Der Halbgott aber durfte fortfahren: »Daher wird jeder im genauen Verhältnis znm Werte seines Selbst die Einsamkeit fliehen oder suchen.« »Sie suchen sie.« Selbstverständlich suchte er sie. Wozu wäre denn sonst den Göttern der Olymp reserviert? »Ähnlich spricht auch Schopenhauer«, wagte ich zu bemerken. »Hm — ja«, nickte der Gewaltige. Wußte denn dieses animal goeiale, das sich eine von seinen ehe maligen, in Anbetung ihm ergebenen Gehilfinnen znm Weibe genom men, auch etwas von Schopenhauer? Er, der Halbgott, war ledig geblieben. »In der Einsamkeit«, orakelte er, nun genauer zitierend, »fühlt der Jämmerliche seine ganze Jämmerlichkeit, der große Geist seine ganze Größe.« Meiner Frau ward ein wenig unbehaglich. »Wir machen zwar nicht viel mit«, meinte sie kleinlaut, »aber hin und wieder muß man doch mal ein anderes Gesicht sehen.« »Hm — jawohl«, — er neigte sich gnädig zu ihrer Schwachheit herab. »Aber: je höher einer auf der Rangliste der Natur steht, desto einsamer steht er, und zwar wesentlich und unvermeidlich.« Ein Hilfe heischender Blick zu mir . . . Von ihr . . . Mir schwoll der Kamm. »Überhaupt«, schloß der große Einsame seine Zitate, »überhaupt, sagt Schopenhauer, kann jeder im vollkommenen Einklänge nur mit sich selbst stehen, nicht mit seinem Freunde, nicht mit seiner Geliebten . . . Ja, es sei herausgesagt: so eng auch Freundschaft, Liebe und Ehe die Menschen verbinden, ganz ehrlich meint jeder es am Ende doch nur mit sich selbst, und höchstens noch mit seinen» Kinde.« Meine Frau starrte ihren Halbgott an. »Zahlen —« flüsterte sie mir dann zu. Ihr Olympier war ihr zu groß geworden . . . Das war vor drei Jahren. Bald darnach ward ich ver setzt, und »vir sahen und nicht mehr. Bis i»n zweiten Jahre des Krieges. Da trafen »vir uns auf einem vlämischen Bauernhöfe: er, der Hauptmann, und ich . . . Zwölf Mann von unserer Batterie hausten in einer Stube mit zwei belgischen Familien zusammen. Für den Hauptmann wurde ein Verschlag hcrge- richtet, für mich fand sich eine Ecke mit einem Tischchen zwischen zivei Schränken. Über Tags ging's noch an; aber wen» abends alle beieinander »varen, zwei Familien mit zusammen sechzehn Kindern —! Die eine hatte sich aus St. Georges bei Nieuport hierher geflüchtet, nachdem eine Granate ihren ganzen Hof in Brand geschossen hatte. Außer ihren» Leben hatte sie nur ein Pferd und einen Wagen mit dem aller- notwendigsten Hausrat gerettet. Der Manu war mit seiner Familie 59
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