Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.01.1916
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- 1916-01-18
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- 18.01.1916
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Redaktioneller Teil. 13, 16. Januar 1916. auf den Hof seines verstorbenen Bruders gezogen, der die Schwester seiner Frau geheiratet halte. Ter Hauplmann sah sich die Gesellschaft an und lachte. Ich'dachte an sein Privatislimum von anno dazumal über den Borzug der Ein samkeit und vermutete hinter seinem heutigen Lachen nur Galgen humor. . Ah bah! Ewigkeiten lagen zwischen damals und jetzt. »Herr Feldwebel, wie viele sind wir zusammen?« »Zwölf, Herr Hauptmann.« In der Stube ward es still. »Und die Familien?« »Neunzehn, Herr Hauptmann.« »Gut — laßt euch nicht stören, Leute.« Er trat in seinen Berschlag, um zu arbeiten, und ich setzte mich in meine Ecke zwischen den beiden Schränken, um au meine Fran zu schreiben. Die Leute genierten sich nicht lange. Ruhe gab's überhaupt keinen Augenblick des Tags in der Stube; denn abwechselnd wurde von den beiden Familien und der Mannschaft gekocht und gegessen. Ter Hauptmann tam aus seinem Berschlag heraus und schnup perte. »Was gibt's denn heute Gutes?« »Kalbfleisch, Herr Hauptmaun.« »Oho! Wieso?« »Der gestrige Sturm hat das Dach des Stalles eingedrückt und einem Kalb das Kreuz zerschlagen.« »Ah, man feiert wohl die Feste hier, wie sie grad fallen . . . Da tun wir doch mit?« Selbstverständlich! Die Leute freuten sich mächtig und schoben alle Tische aneinander. Der Hauptmann spendete zum Nachtisch Pud dingpulver nnd Eier, ich opferte Rum und Zigarren. Die Belgier klapperten mit ihren Holzschuhen aufgeregt durch die Stube; denn sonst gab es nur Bataten, Milch und Butterbrot. Der Braten duftete, die Decke rauchte; Misere Köche versuchten ihre Kunst an dem Pudding . . . Endlich schlug die Stunde der Erholung für die harrenden bel gischen Jungens. Der Braten ward aufgetragen; wir langten alle zn. Der Hauptmann lachte über das ganze Gesicht. Kein Schnalzen störte ihn und kein Schmatzen; auch nicht, daß die Jungens voll Be geisterung ihre geleerten Teller abschleckten. »Je größer eine Gesellschaft ist«, zitierte ich seine Worte von anno dazumal, »um so fader ist sie.« »O woher?«, lachte er arglos. »Höre« Sie mal!« Die Weiber, Männer und Soldaten sprachen durcheinander »Keine Plattheit, kein fades Kompliment —« »Allerdings nicht; nur vollsaftiges Leben.« Unsere Köche trugen den Pudding auf. Leider war er n:5't steif geworden; leider war die Milch angebrannt. »Macht nichts, Leute«, tröstete der Hauptmann. »Man muß sich das Leben so angenehm wie möglich gestalten, indem man's immer von der besten Seite ansieht.« Und alle schleckten ihre Teller gründlich ab, um sauberen Raum für den flüssigen Pudding zu gewinnen. »Jede Gesellschaft«, konnte ich mir ein nochmaliges Zitat von anno dazumal nicht verkneifen, »fordert von uns Zwang und Opfer —« Er sah mich belustigt an, lachte über das ganze Gesicht und mischte den Grog. »In der Einsamkeit, meinen Sic, fühlt der Jämmerliche seine ganze Jämmerlichkeit, der große Geist seine ganze Größe.« Ich wußte nicht, was ich denken sollte . . . Ironisierte er sich selber oder strafte er mich? Als er das Glas erhob und mit mir ansticß, merkte ich, daß er einen Ehering am Finger trug. Das mußte ich doch meiner Frau schreiben. Die scheckige Tafelrunde aber ging nun, bei Rum und Zigarren, erst recht aus sich heraus. Tie Soldaten begannen mit furchtbarer Kraft zu singen und rauchten, im Verein mit dem alten Blamcn und seinen sechs Söhnen, nach den Zigarren noch alle Sorten von Tabak. Schließlich spielte einer die Ziehharmonika, ein Zweiter bearbeitete die Kochkessel als Zymbeln, ein Dritter mit der Kohlenschanscl eine Truhe als große Trommel; andere schlugen Wirbel mit zwei Gabeln auf einem leeren Benzinbeckcn, schlugen den Schürhaken mit einer Feile als Triangel an und bliesen dazu die Mundharmonika. »Im vollkommenen Einklang«, lächelte der Hauptmann rätselhaft, »kann jeder nur mit sich selber stehen —« »Von diesen Musikanten freilich«, gab ich zu. Der Kopf sank ihm auf die Brust ... Ich dachte, es sei ihm übel von dem Qualm. Aber nein; er öffnete ein Medaillon an der Uhrkette und hielt mir's hin: ein junges Weib mit einem herzigen Büblein. »dlon omni8 w.oriar«, sprach er zufrieden. »Wenn's sein muß: ich sterbe nicht ganz. Und lasse auch sie nicht allein.« Kleine Milteilungen. Jubiläum. — Am heutigen Tage kann die Firma CarlDuncker ill Berlin auf ein öOjährigcs Bestehen zurückblicken. Der Gründer des Geschäfts, Earl Tunckcr, war schon mehr als zwei Menschenalter im Buchhandel tätig und zuletzt Inhaber der angesehenen Firma Duncker L Humblot in Berlin gewesen, als er sich entschloß, die große Arbeitslast, die mit der Führung dieses Geschäfts auf seinen Schultern ruhte, auf jüngere Kräfte zu übertragen. Er verkaufte im Januar 1866 die Firma Duncker L Humblot au die Herren Earl Geibel sen. und jun. in Leipzig, die also mit Beginn dieses Jahres 50 Jahre im Besitze der Familie Geibel ist, und behielt sich nur die Werke: Meier Hirsch, Sammlung von Beispielen usw. aus der Buchstabenrechnung und Algebra; Sachs, Auflösungen zu vorigem, und Dielitz, Grundriß der Weltgeschichte zurück, die er unter der Firma Carl Duncker weiter vertrieb. Earl Duncker war eine im deutschen Buchhandel wohlbekannte Persönlichkeit. Er besuchte die Leipziger Ostermesse sehr regelmäßig und war Ehrenbürger der Stadt Leipzig, außerdem schmückte ihn der Titel eines königlich preuß. Kommerzienrats, und hohe preußische und sächsische OrdensauSzeichnungcn waren ihm zuteil geworden. Da er bet Gründung des Verlags unter der Firma seines Namens schon in hohem Lebensalter stand, nahm er noch im Jahre der Gründung, 1866, Earl Hcymous als Teilhaber auf, der das Geschäft am 1. Juli 1867 allein übernahm. Den wenigen Berlagsartikeln, mit denen Carl Duncker den Verlag begonnen hatte, gesellte sich bald eine große Anzahl anderer aus dem staatswissenschaftlichen und philosophischen Gebiet hinzu, von denen wir hier nur die Werke Eduard von Hartmanns erwähnen wollen. 23 Jahre lang hat Earl Heymons das Geschäft mit Erfolg geleitet, am 1. November 1889 verkaufte er es an Herrn Heinrich Kornfeld, der vier Jahre zuvor die Firma Fischers medicin. Buchhandlung H. Kornfeld gegründet hatte. Ter neue Besitzer änderte, angeregt von Max Nordau, die Richtung des Verlags, der jetzt hauptsächlich belletristische Sachen herausbringt. Es erschienen unter andern Werke von Nordau, Lindau, Dessoir, Achleitner, Goclcr v. Ravensburg. Herr Kornfeld wurde für sein Wirken mit dem Titel eines Herzoglich Bayerischen Hof- und eines K. u. K. Kammerbuchhändlers geehrt; seit 1. Januar l914 ist ihm sein Sohu Kurt, Herzog!. Anhaltischer Hofbuchhändler, zur Seite getreten, der jetzt als Oberleutnant in Flandern steht. Wir wün schen der Jubelfirma, daß Vater und Sohn noch lange ersprieß lich Zusammenarbeiten können, wenn letzterer nach siegreich erkämpftem Frieden in die Heimat zurückgckehrt sein wird. Die National Portrait Gallery i» London ist für die Dauer des Krieges geschlossen worden, und die Räume werden von der Regierung benutzt. Gründe für diese Maßnahme werden nicht angegeben. Um eine Vorsichtsmaßregel gegen Zeppelin-Angriffe — so bemerkt die »Kunstchronik« hierzu — kann cs sich kaum haudclu, denn die unver gleichlich wertvolleren Schätze der National Gallery stehen den Be suchern noch offen. Peksollaliiachrichten. Auszeichnung. — Herrn F. W. Schrimpf, Prokuristen und Ge schäftsführer der Verlagshandlung L. Schwann in Düsseldorf, wurde am 14. Januar durch den Kardinal von Hartmann das ihm vom Papste Benedikt XV. verliehene Verdienstkrcuz pro eeelesiae et ponti- kiee in Gold überreicht. Joh. Adolf Herzog f. — Am M.Tezbr. 1915 ist in Wcttingen (Schweiz) Seminardircktor Joh. Adolf Herzog gestorben, dessen Werke auch in Dentschland Beachtung gefunden haben. Seine Schrift »Die Schule und ihr Aufbau auf natürlicher Grundlage« war ein Werk von ent scheidender Bedeutung, das jetzt noch dem denkenden Schulmannc eine Fülle von Anregungen bietet. In dem 1900 erschienenen Bnche »Was ist ästhetisch?« bot er einen feinsinnigen Beitrag znr Lösung dieser Frage; ein Hauch von dem Geiste Jakob Burkhardts, seines einstigen Lehrers, ist darin unverkennbar. Auch seine »Poetik« fand lebhaften Anklang. Mit Glück hat sich Herzog auch auf belletristischem Gebiete versucht. Sein 1907 unter dem Decknamen Viktor Frey erschienenes »Schweizerdorf« kann als Musterbeispiel eines gesundwüchsigen Nolks- romans gelten.
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