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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.02.1916
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- 1916-02-15
- Erscheinungsdatum
- 15.02.1916
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«SrpE»U s, d. Dllchlu. B„chl„»d«I. Redaktioneller Teil. 37, 15. Februar 1818. harmonische Glück des Einzelnen — wichtigere Fragen gibt als die Physiologie und Anatomie der Kauwerkzeuge eines Eintags- insekts? Ich will den Wert derartiger Studien, die immer auch ihre vergleichend-physiologische, also allgemeingültige Seite ha ben, nicht verkleinern, aber: bedeutet es wirklich einen Rückschritt der Kultur, wenn einmal auf einem Gebiet allzu spezieller Studien auf einige Zeit halt gemacht und andere, vielleicht praktisch wich tigere, jedenfalls allgemeinere Fragen bearbeitet werden? Es ist nicht mit Unrecht gesagt worden, daß wir uns vielfach allzu sehr im Spezialitätcntum verloren haben und eine Menschen spezies gezüchtet haben, die ich einmal als den »Scheuklappen- Menschen« bezeichnte. Den Wald vor lauter Bäumen nicht zu sehen, in Verzückung über ein Winziges zu geraten und die große Anschauung des Lebens darüber zu verlieren, das war wirklich eine Gefahr! Und immer muß einer Zeit analytischer Forschung nnd Sammclarbeit die synthetische der Sichtung und Gestaltung folgen. Ich verkenne auch durchaus nicht, daß man oft — und zwar in manchen technischen und exakten Wissenszweigen ganz besonders — nur durch das Mikroskop in die makroskopische Welt umfassender Erkenntnis gelangen, nur durch die Erde in das Reich der Mütter steigen kann. Man braucht gewiß vielfach den Krims krams der Technik und des geringen Objekts, um große Gedanken in verkehrsbrauchbare Gestalt zu gießen. Leicht aber geht der so arbeitende Mensch in der Technik seiner Arbeit auf — im guten wie im üblen Sinne, d. h. entweder verschmilzt ihm (und das ist dann der glückliche Zufall!) Gedankenreichtum und Einfall mit der Technik zu eins — oder er vergißt über der Technik die Größe der Gedanken, wird statt künstlerischer Beherrscher ein handwerks mäßiger Diener der Materie, den der Künstler in sich zu ersticken vergaß! Wenn diese Seite der Forschung — kvie gleichfalls der belletristischen Arbeit — künftig auf einige Zeit eingeschränkt wird zu gunstcn größerer, weiterer Gesichtspunkte, aus dem Kriegs- zwang einer gesteigerten Nutzbarmachung großer Gedankenarbeit heraus, so ist das ein Vorteil und jedenfalls von einem Rück schritt der Kultur weit genug entfernt. Daß aber für das Not wendige das Geld und die Kraft in Deutschland immer noch vor handen sein werden, dafür mögen wir die Zuversicht aus den drei Kriegsanleihe-Ergebnissen, aus der bisherigen Kriegsge staltung der Wirtschaft und den Anzeichen für die künftige Pro duktivität der Arbeit nehmen, auf die wir noch zu sprechen kom men werden. Mit dem Popanz »zurückgeworfener Kultur« schrecke man den Buchhandel nicht. Es wird gewiß so kommen, daß zunächst die schwierige Zeit des Überganges auch im Bücherkauf den Willen des Käufers mehr aus das Notwendige lenken wird und das Ent behrliche hintansetzen. Aber was heißt notwendig, was heißt entbehrlich? Die gesteigerte ^ebensnotwendigkcit nach dem Kriege, die ungeheure Anspannung, die sich aller Kräfte be mächtigen wird, muß in verhältnismäßig kurzer Zeit gerade dem Buch weite Wege öffnen. Das hängt mit der sonstigen Gestaltung des Wirtschafts- und Arbeitslebens ganz eng zusammen. So wird aller Vermutung nach die Teuerung teilweise wieder zurückgehen, aber, wie jede Teuerung, nicht ganz zurückgehen. Die Folge muß dann Wohl erhöhte Bezahlung der Arbeit sein, um so mehr, da die Fähigkeiten vorderhand seltener geworden sind, die Nachfrage größer sein wird. Denn daß etwa keine Nachfrage da sein, daß es also an Unternehmungsgeist und Kapital fehlen werde, dem widersprechen die Tatsachen von heute bereits. Der erste Balkanzug war reichlich besetzt; man bahnte bereits Geschäfte an — ein Zeichen der nie verlorenen, aber in anderer Richtung wie derkommenden Wirtschaftsenergie deutschen Fleißes. Jeder sucht auf allen möglichen Gebieten Arbeit und Verdienst und läßt gerne andere daran teilnehmen, wenn sie etwas können und fleißig sind. Nach dem Rückfluß von Arbeitskräften lechzt die Wirtschaft be reits jetzt, und so angespannt wie die jetzt tätigen Kräfte schaffen, können sie es auf die Dauer allein nicht. Trotzdem darf ver mutet werden, daß auf einige Zeit nach dem Frieden hinaus sehr viel vorsichtiger disponiert werden wird, weil man vorderhand das Kapital schnell wieder wird fruchtbringend machen wollen. Dabei sind mannigfache Aufgaben entstanden, die erst auf lange Sicht Gewinn versprechen. In größeren Zusammenhang gestellt — in den diese Fragen 188 eben gehören! — heißt das, zugleich nach der Wettbewerbsfähig keit Deutschlands nach dem Kriege zu fragen. Denn diese Wett bewerbsfähigkeit macht ein gut Teil des wirtschaftlichen Auf schwungs aus — wobei aber nie vergessen werden darf, daß die reiche deutsche Eigenwirtschaft, die sich in dem »geschlossenen Han delsstaat« dieses Krieges so gut bewährt hat, sich auch im Frie den nützlich geltend machen wird, zumal wenn sie, wie zu er warten steht, eine größere natürliche Ausbreitung durch engeren wirtschaftlichen Zusammenschluß der Mächte des Vierbundcs ge winnt. Die Frage nach der Wettbewerbsfähigkeit hat aber zu gleich noch die beachtenswerte Bedeutung, daß sie die Relativität dieser ganzen Angelegenheit bezeichnet: denn es handelt sich für die Zeit nach dem Kriege nicht darum, ob unbedingt alles wie früher erblühen könne, sondern wer unter den wirtschaftlich ge schwächten Völkern verhältnismäßig die größte Wtederherstel- lungskrast besitzt. In dieser Hinsicht aber ist ein Beispiel von be sonderem Interesse: Das »Uritisk 'Pracks Intelligence Depart ment« von Kclly's Directories Ltd. gibt eine Monatsschrift mit dem ausgesprochenen Zweck heraus, den deutschen und den öster reichischen Handel sowohl von den inländischen als auch von den ausländischen Märkten zu verdrängen. Um dieses Ziel zu erreichen und die englische Fabrikation zu unterstützen, sollen Sachverständige nach Deutschland und nach Österreich geschickt werden, um dort die Muster und Preise von Exportwaren zu sammeln. Also selbst nach der Schwächung der Mächte durch den Krieg glaubt England seine eigene Wettbcwerbskraft nicht besser stützen zu können, als daß es uns Muster und Technik abguckt. Diese Tat sache ist bezeichnend genug, aber sic scheint auch sachlich, vom englischen Standpunkt aus, ganz berechtigt. Die Engländer mit ihrem richtigen Instinkt für Handels- und industrielle Dinge haben offenbar schon Wind davon bekommen, was gerade w i r alles im Kriege wirtschaftlich gelernt haben und wie sehr ihr Handelskrieg uns zu diesen Fortschritten gedrängt hat. Daß wir Salpeter aus der Luft, Fett aus Hefe, Web- und Schießsafer aus Baumzellu lose machen, Teeröle statt Erdöle, Eisen statt Kupfer verwenden, daß wir Kampfer, Eiweiß, Gummi, Leder einfach künstlich Her stellen, wenn wir sie brauchen, daß wir Ersatz für allerlei andere Rohstoffe oder Halb- und Ganzsabrikate schaffen, das alles er schöpft ja seine Bedeutung nicht in diesen technischen Errungen schaften selbst, obschon sie wichtig genug sind, sondern zeigt zu gleich ebensoviele G e ist e s k r ä ft e, die ihrerseits produktiv sind für ähnliche und noch größere Fortschritte. Wir haben also nicht nur erreicht, daß wir von Waren, die früher nur vom Aus land, namentlich von Übersee, eingeführt werden konnten, nach dem Kriege vermutlich werden ausführen können, sondern wir haben zugleich bewiesen, daß unsre von der Wissenschaft ge leitete Industrie geradezu jeder Aufgabe gewachsen ist. Wenn ein Volk sich so erfolgreich, wie dies hier geschah, aus der Friedenswirtschaft in die Kriegswirtschaft umgestellt hat, so liegt nicht der mindeste Anlaß vor, zu zweifeln, daß dies bei der Umstellung der Kriegs- in die Friedenswirtschaft nicht noch er folgreicher geschehen werde. Wir brauchen ja nur daran zu er innern, daß nach amtlicher Ermittelung beispielsweise im Juli 1915 die Einnahmen aus dem Güterverkehr der preußischen Eisenbahnen die Einnahmen des Friedensjuli 1914 um 2,89"/» überstiegen und damit die höchste Julieinnahme übertroffen ha ben, die je erzielt worden war. In die Kriegswirtschaft haben wir uns also mit größtem Erfolg eingestellt, und wenn Schwie rigkeiten naturgemäß bestehen, so mögen wir nur auf die ande ren, auch auf neutrale Länder blicken, in denen diese Schwierig keiten kaum geringer sind. Was bei der Umstellung in die Friedenswirtschaft bedenk lich werden kann, ist die Gefahr, daß wir bei dem erniedrigten Stand unserer Valuta verhältnismäßig zu viel Geld für die Ein fuhr von Rohstoffen und Nahrungsmitteln werden zahlen müssen, die wir in immerhin hohem Maße brauchen werden. Man hat, um dieser Gefahr vorzubeugen, schon von verschiedenen Seiten darauf aufmerksam gemacht, daß in den Friedensbedin gungen dem ein Riegel vorgeschoben werden müsse. Durch Ent schädigungen in Naturalien oder in Wertpapieren, Monopolen, Ausbeutungsrechten, Domänen, Eisenbahnen und Konzessionen
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