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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.06.1916
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- 1916-06-06
- Erscheinungsdatum
- 06.06.1916
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- Deutsch
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Nr. 129. MlMMdMEmVMlmdeL e Ä-um^5^°"/s,IzÄM.^^.2SM° ^s/50M°I2cMchl" n « rnitgliedee 40 Hf.. 32 M.. SO^M.. 100 2N. — Deilagsn werden UMMMMörftMerM'öeMeÄWenBAHMMr')^^ Leipzig, Dienstag den 8. Juni 1916, 83. Jahrgang. Redaktioneller Teil. Nächste Dinge. Von 8HK (z, Zt. verwundet). Noch ist der Krieg nicht zu Ende, noch wissen wir nicht, was uns der Frieden bringt. Wenn aber nicht alle Zeichen trügen, so muß er uns in naher Zukunft blühen, denn er liegt bereits, wie man zu sagen pflegt, in der Luft, Möge er so gesegnet sein, wie es unsere Waffe» waren! Es ist nun nicht lediglich Neugier, die mich angesichts dieser Friedenshoffnungen fragen läßt: Was wird der ehrenwerte Stand der Buchhändler dann beginnen? Wie wird es der Buchhandel anfaugen, das schwer zur Ader ge lassene deutsche Volk in höherem Maße als vor dem Kriege für sein vornehmes Produkt zu interessieren? Unsere Zeit ist ohne Beispiel, und es wird deshalb nicht viel nützen, wenn sich eine Anzahl Kollegen der Zeit nach dem sieb ziger Kriege erinnert, da sich jedenfalls wenig davon auf die neuen Verhältnisse anwenden lassen wird. Nun, zunächst harrt unser schwere Arbeit, das wissen wir, aber sie war von jeher ein Attribut unseres Standes, Sollen die Kulturbestrebungen des letzten Jahrzehnts, die Lebensarbeit so manches klugen Buch händlers verloren sein? Werden wir weiter erfolglos gegen die Warenhausplage ankämpfen? Werden wir wie bisher so auch ferner in der Bücherslut schier ersticken? Wird der Verlagsbuch- händlcr, unzufrieden mit den Erfolgen des Sortiments, über Ver- triebsmaßnahmen brüten, mit denen er den Sortimentskollegen kränkt und schädigt? Und wird sich endlich der Buchhändler das Krebsgeschwür des Kreditgebens aus dem Fleische schneiden? Diese und andere Fragen drängen sich unwillkürlich auf, und sie sollten beantwortet werden, sei nun der Frieden nah oder fern. Wenn an irgend einem Kriege, so ist an dem jetzigen die ganze Ration beteiligt gewesen. Während wir Männer kämpften, haben die Daheimgebliebenen wirtschaftliche Sorgen und Ent behrungen zur Genüge gehabt. Wir alle, nicht zum wenigsten der Buchhandel, hoffen, daß die starke Erschütterung tief genug gedrungen sein möge, daß in Zukunft ein anderer Geist das deutsche Volk beherrsche. Denn wollen wir ehrlich sein, so müssen wir bekennen, daß die Zeichen der beginnenden Zersetzung, des Verfalls deutlich und zahlreich waren, und daß wir mit unserer Operetten- und Kinokultur vor unfern Enkeln vielleicht erröten müssen. Man mag es müßig finden, das Vergangene zu glos sieren, aber das Vergangene ist die Basis des Werdenden, und all das Peinliche und Schlechte, das uns schon seit geraumer Zeit auekelle, es muß Gutes nach sich ziehen. Mit Worten ist es freilich nicht getan, sondern der Buchhändler, Sortimenter wie Verleger, mutz sich hinsetzen und mit einem kräftigen Donner wetter einen Punkt machen hinter die bisherigen Schwächlich keiten, Das Geld ist teuer, und es wird nach dem Kriege noch teurer werden. Infolgedessen werden die Bibliophilen auf Kredit in Zukunft versuchen, ihr Konto zu vergrößern und noch lang fristiger zu gestalten. Was dagegen zu tun ist? Ich getraue es mir, mit Erfolg eine Sortimentsbuchhandlung zu eröffnen, in der neben anderen Plakaten ein besonders deutlich gedrucktes — nach Langewiescheschem Rezept in Augenhöhe angebracht — mit den Worten: Verkauf nur gegen Barzahlung! die Aufmerk samkeit des Käufers auf sich zieht. Auch in alten Geschäften ist strikter Barverkauf möglich, wenn die Kreisvereine richtig ar beiten, selbst wenn im Anfang noch Ausnahmen gemacht wer den müssen. Freilich bedarf es einer gewissen Energie, aber deren bedarf es ja zu jeglicher Arbeit, Ferner möge man nicht zetern, wenn einmal ein Kunde deshalb wegbleidt. Das ist nur ein bescheidener Verlust gegenüber den Kreditverlusten, Es ist anzunehmen, daß die Öffentlichkeit von den Behörden auf den Scheckverkehr hingewiesen wird, um den Barverkehr nach Möglichkeit zu beschränken. Alle Banken geben über den Scheck verkehr erläuternde Schriften heraus, die der Sortimenter zweck mäßig seinen Prospekten und Verzeichnissen beifügt. Denn erstens ist die weitestgehende Ausbreitung des Scheckverkehrs an sich vor teilhaft für ihn, zweitens erzielt er durch diesen Verrechnungs verkehr viel leichter Zahlung, Wer die Psyche des Käufers kennt, wird wissen, daß der Kunde lieber von seinem Bankguthaben als aus der Tasche bezahlt. Er gibt sich dabei derselben Illusion hin wie der im Ratengeschäft Kaufende, nämlich, daß er das Kaufobjekt nicht bezahlt. Im übrigen mag der Sortimenter ein nüchtern rechnender Kaufmann werden. Sein oft mißbrauchter Idealismus kann sich auf die Erkenntnis der Tatsache beschrän ken, daß der das Buch nicht verdient, der seinen Besitz nicht mit dem doch so geringen Preis erkaufen will. Und unsere Kulturbestrebungen? Nun, ich brauche die Na men der Buchhändler nicht zu nennen, die sich um das Buch verdient gemacht haben. Die geleistete Arbeit wird keinesfalls verloren sein, denn wenn unsere im Felde stehenden Berufsge nossen zurückkommen, werden sie mit Ideen und vielen Wünschen kommen. Ich weiß das aus Erfahrung, Sie haben viel ge sehen, und vor allem haben sie eine schwere Charakterprüfung hinter sich. Sie waren lange genug Werkzeuge der Zerstörung und wollen infolgedessen schaffen und aufbauen. Sie sind unsere Hoffnung, denn sie werden das Epigonenzeitalter, das hinter uns liegt, vergessen machen. Die Bestrebungen der letzten zwei Jahrzehnte bilden eine wundervolle Grundlage für diese Arbeit. Daß eine so tiefgehende Bewegung wie der Krieg ge schmackliche Umwälzungen mit sich bringen muß, darf uns nicht bang« machen, denn es ist nicht anzunehmen, daß uns in ge schmacklicher Beziehung der Atem ausgeht, wie nach dem letzten Kriege, Wurde damals fabriziert, so soll jetzt gearbeitet werden. Die Achillesferse des Buchhandels war von jeher der Ver trieb, Das kommt daher, daß das buchhändlerische Geschäft in literarischen Dingen «ine gewisse Gelahrtheit erforderte, wo durch für die rein kaufmännische Bildung nichts oder nicht viel übrig blieb. In der guten alten Zeit genügte das, während heutzutage etwas kaufmännischer Witz zum mindesten angenehm ist. Der kommende Buchhändler wird seine Bücher nicht nur kennen, sondern auch wissen, wie er sie verkauft. Und er wird seine Aufmerksamkeit hauptsächlich dem billigen Buch« zuwenden, dieser genialen Errungenschaft der Vor kriegszeit, Es wird ihm dann die Ahnung auf dämmern, daß er, um es seiner rechten Bestimmung zuzu führen, sich nicht in den Laden setzen und warten kann. Denn Neuland muß mit Schweiß gedüngt werden. Wie ich schon einmal bei anderer Gelegenheit bemerkte, können wir nicht er warten, daß Menschen, die noch nie einen Buchladen betraten, zu uns kommen, um sich über die Annehmlichkeiten des Lesens 70»
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