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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.06.1916
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1916-06-19
- Erscheinungsdatum
- 19.06.1916
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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Nach dieser Regelung ist aber der Herr Generalquartiermeister gleichsam zum Dank dafür, daß er sich in einer so außerordentlich liebenswürdigen und tatkräftigen Weise für die Regelung eingesetzt hat, mit Zuschriften überschwemmt worden, von deren Menge Sie sich gar keinen Begriff machen können. Es hat Tage gegeben, an denen Hunderte von Zuschriften ein- gelaufen sind: Briefe von Verlegern, die ihre Verlagsartikel anboten, und alle möglichen Beschwerden. Meine Herren, ich möchte den dringenden Appell an die Gesamtheit richten, solche Zuschriften zu unterlassen, da diese ganz zwecklos sind und gar keine andere Wirkung haben, als die Herren immer wieder zu ärgern, besonders, nachdem der Ton einiger dieser Zuschriften nicht der richtige gewesen ist. Wir haben uns gestern in kleineren Kreisen über die Form dieser Beschwerden unterhalten, und ich muß mir hier vor der weiteren Öffentlichkeit ein näheres Eingehen darauf versagen; aber ich muß doch erklären: Viele dieser Eingaben beweisen eine so horrende Unkenntnis der tatsächlichen Verhältnisse, daß ich einiges davon doch herausgreifen muß. In einer dieser Zuschriften heißt es: Abgesehen davon, daß die Bücher oft zensiert werden und von ungeeigneten Persönlichkeiten, ist die Auswahl kläglich und unwürdig. Meine Herren, es findet überhaupt keine Zensur statt. Die einzige Zensur, die es gibt, ist die, daß irgendein Ober kommando einen Offizier bestimmt, der die Feldbuchhandlungen überwacht, wenn dann, wie das vorgekommen ist, der eine oder der andere Offizier der Ansicht ist, daß keine Kriminalromane verkauft werden dürfen, weil er sie für Schundliteratur hält, so «erden Kriminalromane verboten. Meine Herren, ob Kriminalromane zur Schundliteratur gehören, darüber sind ja auch im Frieden die Meinungen geteilt. Immerhin werden in den meisten Armeen Kriminalromane seilgehalten und sogar vielsach von den Offizieren gekauft. -— Also mit der Zensur ist es nicht so schlimm. Eine zweite Beschwerde findet sich in einem Bericht: Die Klagen aus dem Felde mehren sich, und fortgesetzt müssen die Verleger Werke aller Art hinaussenden, weil sie draußen nicht zu haben sind, obgleich sie sich für das Feld eignen, und wenn wir nach dem Tiefstand der Feldbuchhandlungen urteilen wollen, so müssen wir auf die Frage: Sind wir Barbaren? mit einem runden Ja antworten. Nun, meine Herren, wenn das richtig ist, dann haben die meisten deutschen Verleger bisher nur Barbarengut her gestellt; denn was einigermaßen möglich ist, ist draußen vertreten. Ich Habe gestern schon ausgeführt, daß wir bescheiden an gefangen haben, daß wir aber jetzt doch alles oder wenigstens das meiste draußen haben, was zu dem Besten unserer lite rarischen Produktion überhaupt gehört. Erst jetzt, in den letzten 6 Wochen, haben wir Max Eyth eingeführt, der mit Begeisterung gekauft wird; wir haben Gustav Frehtag, wir haben Ebers draußen, und alle diese Bücher werden dort mit großer Freude gekauft. Richtig ist allerdings das eine Wohl nicht, was neulich im Börsenblatt ein Herr sagte: daß der Faust das am meisten gelesenste Buch in unserer Feldarmee ist. Nein, meine Herren, das war er wohl auch im Frieden nicht. Aber wir führen eben alles, was verlangt wird, und wir führen das, was verlangt wird, nur dann nicht, wenn es sich der Marke »Schund literatur« nähert. Es ist ganz selbstverständlich, daß die Kollektionen, die vielbekämpften Kollektionen, eine große Nolle da bei spielen. Und nun müssen Sie sich doch auch vorstellen, meine Herren, wie ein solches Geschäft überhaupt stattfindet. Ich habe mir eine Reihe von Aufnahmen machen lassen, die ich nach dem Kriege auch einmal ausstellen werde; vorher darf ich sie nicht veröffentlichen. Neulich hat ein bekannter Redakteur einen Aussatz geschrieben: »Wenn die Zeitung ankommt«. Sie müssen sich vorstellen, daß es Feldbuchhandlungen gibt, bei denen 2000, 3000, 4000, 5000 Tageszeitungen gekauft werden. Da stehen die Leute in langer Reihe, meist stellt ein Unteroffizier sie gleich an, und dann geht alles ganz vorschriftsmäßig vor sich. Jeder zahlt seinen Groschen schon vorher, damit er schnell seine Zeitung haben kann. In anderen Fällen wird die Zeitung durch Autos oder durch Radfahrer vorgebracht, und wir sind heute so weit, daß bei den Kämpfen um Verdun bei einer Armee, bei der doch ein ungeheures Zusammenströmen stattfindet — das ist die Armee, die ich besonders zu versorgen habe —, eine Organi sation geschaffen ist, die es ermöglicht, die Zeitungen bis 10 oder 11 Uhr morgens bis in die vordersten Stellungen zu schaffen, während das früher drei, vier, ja fünf Tage gedauert hat. Aber es geht mit den Zeitungsbesitzern genau so wie mit manchen Verlegern: jeder einzelne glaubt — das ist ja auch ganz erklärlich —, daß gerade sein eigenes Produkt das beste wäre und den Soldaten in erster Linie zugesührt zu werden verdiene. Wenn doch jeder nur bedenken wollte, mit welchem beschränkten Platz und mit welchen beschränkten Mitteln wir arbeiten müssen, und daß wir leider genötigt sind, manches abzulehnen, weil es schlechterdings unmöglich ist, es zu berücksichtigen. Herr von Weber hat weiter noch ausgesührt: Wehe daher, in allen Zeiten wehe dem Unbedachten, Gewinnsüchtigen oder gar Böswilligen, der heute Un kraut sät oder Minderwertiges, für das der Boden zu gut ist; dreimal wehe dem, der guter Frucht den Weg zum Acker erschwert oder gar verschließt! Hierum allein geht der Kampf. Und er fährt dann fort — und das ist ganz charakteristisch für Herrn von Weber —: Um aber zu zeigen, was im Felde verkauft werden kann, sei ein Brief einer ganz kleinen Bataillonsbuchhand lung zitiert, der mir am 15. April zuging: Hafis in Leder, 12 Mark ordinär, verkaufte ich schon sechsmal, auf Bütten zu 25 Mark zweimal, Lafontaines Erzählungen zu 18 Mark dreimal, Sainte-Beuve, Frauenbildnisse zu 15 Mark zweimal, von den Perlen älterer romanischer Prosa verschiedene mehrfach, Mauclair, Florenz, Luxus einmal, Chinesische Geistes- und Liebeslieder fünfmal. (Heiterkeit.) Meine Herren, glauben Sie wirklich, daß das der Lesestoff ist, der allein für unsere Soldaten in Frage kommt, (er neute Heiterkeit) und glauben Sie nicht, daß es doch möglich ist, daß derjenige, der solche literarische Leckerbissen haben will, sie sich sehr gut von seinem heimatlichen Sortimenter kommen lassen kann? (Sehr richtig!) Können wir damit unsere Feld buchhändler — ich meine die Soldaten, die als Verkäufer tätig sind — beladen, die von diesen Dingen gar keine Ahnung haben? Das kann ein Fachmann verkaufen und liefern. Deshalb ist es damals die Grundlage und der Grundzug unserer ganzen Verhandlungen gewesen, dem heimatlichen Sortiment zu lassen, was irgend möglich ist. Es sollen und dürfen in den Feldbuchhandlungen keinesfalls Bestellungen auf zu besorgende Bücher angenommen werden. Jedem einzelnen, der mit solchen Wünschen kommt, wird gesagt: der Herr Generalquartiermeister hat ausdrücklich bestimmt, daß diese Sachen dem heimatlichen Sortiment zugesührt werden. Ich habe darauf vom ersten Tage meiner Tätigkeit an ganz besonderen Wert gelegt, weil ich mir sage, daß dem Sortiment am besten damit gedient ist, wenn solche Bestellungen nach Hause kommen, nicht nur wegen des kleinen Gewinnes, der dem Sortimenter dabei bleibt, sondern auch mit Rücksicht auf die persönliche Freude, die es diesem be reitet, wenn er einmal wieder ein Buch ins Feld schicken kann. Ich glaube, die Mehrheit der Herren Sortimenter steht da ganz auf meinem Standpunkt, (Bravo!) und auf dem Standpunkt des Herrn Generalquartiermeisters. (Sehr richtig!) 76»
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