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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.07.1916
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- 1916-07-06
- Erscheinungsdatum
- 06.07.1916
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^ 154, 6. Juli 1916. Redaktioneller Teil. Haltung und Ausstattung und natürlich auch wegen seines In halts. Von München darf man nicht Abschied nehmen, ohne des Kunstairktionshauses Hugo Helbing zu gedenken. In dem Auktionssaal in der Liebigstratze finden jahraus, jahrein in un unterbrochener Reihe große und kleine Versteigerungen statt, unter Leitung des Gründers des Instituts, Kommerzienrats Helbing. Der Mann ist ein Faktor im Kunstleben Münchens und weiß das auch. Wenn ich geschäftlich mit ihm zu tun hatte, kam ich mir immer wehrlos vor. Er war mir so über, daß ich einfach ja sagen mußte, wenn er etwas haben wollte. Er vergewaltigte einen mit der größten Liebenswürdigkeit und Urbanität. Ich habe diese persönliche Macht der Suggestion nur noch in gleichem Maße gefunden bei K ar l W. H i e r s em a n n. Da dieser Name genannt ist, bitte ich mir nach Leipzig zu folgen, der Hauptstadt des deutschen Buchhandels. Auch ich habe den Buch handel dort erlernt in den Jahren 1869—70 in einem Sortiment in der Petersstraße, das längst nicht mehr existiert. Hicrscmann aus Grimma lernte zu gleicher Zeit bei List L Francke. Wir besuchten — der kürzlich verstorbene Kommerzienrat Nauhardt ge hörte auch dazu — gemeinsam die Buchhändler-Lehranstalt in der alten Börse, täglich morgens von 7—9 Uhr. Obgleich der da malige Direktor, vr. Bräutigam, ein gütiger Lehrer und kenntnis reicher Pädagoge war, glaube ich nicht, daß Hiersemann und Rauhardt dieser Anstalt ihre Befähigungen und Erfolge ver danken. Von eisernem gleiße war Hiersemann damals schon. Er wohnte mit einem Holzschneider-Lehrling gemeinsam aus einer Stube, und seine Kommode strotzte von Antiquariats- Katalogen. Diese Jugendzeit mit Spaziergängen und Kondi torei-Besuchen, wie weit liegt sie zurück! Dann entsinne ich mich noch eines Besuches Mitte der siebziger Jahre bei Hiersemann ln Mannheim. Er war damals Antiquar bei Bensheimer, wo ich mit einem Freund in einer Bodenkammer schlief, die den Ge hilfen als Nachtlager diente. Wegen häufigen Wangels des Schlüssels waren einige Latten des Verschlags eingedrückt, durch die man kroch; eine Bettstelle krachte in der betreffenden Nacht zusammen; wir hatten auf dem Gau-Verband gesungen, hatten in der Mannheimer Oper Rossinis »Teil« gehört und fuhren bei Sonnenaufgang nach Frankfurt zurück, um früh recht zeitig im Geschäft zu sein. Dann sah ich Hiersemann erst wieder, als er sich soeben in Leipzig etabliert hatte, ein kleiner Lager raum mit Regalen und sein Bureau — jetzt nennt er ein großes, vielstöckiges Geschäftshaus in der Königstraße sein eigen, und sein Betrieb ist der umfangreichste im deutschen Antiquariat. Ein Erfolg ohnegleichen, den Hiersemann sich ganz allein zu verdanken hat, wie es nur einer genialen Persönlichkeit sich durchzusetzen vergönnt ist. Arbeitskraft und Organisationstalent vereinigen sich hier zur Bewältigung der gestellten Aufgabe. Tritt man in sein Antiquariat und wirst einen Blick aufs Pult, es ist aufge- arbeitet, Platz für neue Ausgaben. Zeit hat der breitschultrige Mann mit den starken Zügen und der großen Nase freilich nicht. Man fühlt, spricht man mit ihm, die Maschine bremst nur, um mit Vollkraft wieder einzusetzen. — Die Besitzer der alten Leip ziger Antiquariate Oswald Weigel, List L Francke habe ich per sönlich nicht kennen gelernt. Sie müssen daher in dieser Skizze fehlen. Ich möchte nur an den großen »Frühdruck-Katalog« von Weigel und den »Americana-Katalog« Sobolewskis von List L Francke erinnern, um die Bedeutung der Geschäfte anzudeuten. Ein mächtiger Sprung in die modernste Zeit, der Aufstieg des Boerner schen Geschäfts von etwa 1900 an I Das Boerner- sche Kunstgeschäft war vom Großvater des jetzigen Inhabers gegründet und von dessen Vater zurBlllte gebrachtworden. Dieser tüchtige Kunst-Antiquar stavb frühzeitig, die Führung seinem lang jährigen Mitarbeiter Arnold überlassend. Bei diesem dicken Arnold, einem tüchtigen Fachmann«, einer behäbigen Natur, die gern ein Glas guten Weins trank, habe ich noch ein« Auktion mitgemacht. Dann starb er, nachdem noch unter seiner Leitung die große Coppenrath-Kupserstichsammlung mit bedeutendem Er folge zur Versteigerung gelangt war; ihm folgte der jüngere Bruder Arnold, eine ängstliche, zaghafte Natur, dem Leben nicht recht gewachsen. Ich entsinne mich noch der ersten von ihm geleiteten und für ihn letzten Versteige rung im früheren Boernerschen Lokal in der Nürn berger Straße. Den ersten Tag leitete Arnold die Ver steigerung, den zweiten Tag ergriff der sehr jugendliche Hans Bocrner die Zügel, und mit diesem Tage begann der neue Aufstieg des alten Geschäftes. Hans Boerner hatte in München Kunstgeschichte studiert und war durch die Lage der Verhältnisse gezwungen, das väterliche Geschäft so frühzeitig zu übernehmen. Er griff energisch zu, fand aber in der rein auf das Kupferstich- Geschäft sich beschränkenden Tätigkeit kein ihm genügendes Ope rationsfeld und faßte den Plan, «in Buch-Antiquariat und -Auk tions-Institut mit dem bestehenden Geschäft zu verbinden. — Mit scharfem Blick erkannte Boerner nach kurzer Begegnung mit Gustav Nebehay in diesem die Kraft, die er brauchte, und schon nach wenigen Jahren war Nebehay Sozius des Buchantiquariats C. G. Boerner. Nicht häufig gesellen sich glückliche Umstände, hinreichende Mittel, kluges, schnelles Handeln und sichere Sachkenntnis so zusammen, wie es hier geschah, um den neu angegliederten Zweig des Hauses zu ungeahnter Blüte zu bringen. Boerner und Nebehay ergänzen sich sowohl durch ihre Naturen wie Begabung. Hans Boerner, eine schlanke, fast zarte Erscheinung, schmal«, feingeschnittene Gestchtszüge mit scharfem Augenpaar, der Typ des hochgebil deten Leipzigers, mit kühler Geste abweisend, was er vermieden wissen will. In diesem anscheinend zarten Körper ist «ine Leistungsfähigkeit eingeschlossen, die es spielend fertigbringt, acht Tage hintereinander, selbst versteigernd, eine Auktion zu lei ten, ohne daß selbst die Stimme merklich sich verändert, eine Per sönlichkeit, die noch Kraft Hot, Gäste zu empfangen und sich gesell schaftlich zu betätigen, nachdem die anstrengenden Vor-Auktions- Arbeiten und Reisen vorausgegangen sind. — Gustav Nebehay, in vielen Dingen das Widerspiel zum Sozius, aus Wien kom mend, wenig gedrückt vom Schulsack, sein Glück in Deutschland suchend, kommt er nach Leipzig mit dem gewöhnlichen Ge hilfengehalt, findet in Boerner den Mann, der ihm Mittel und freie Hand gewährt, seine Ideen zu verwirklichen, und schafft eine Reihe von glänzenden Buch- und Autographen- Auktionen, die mit einem Schlage das Boernersche Bnch-Auktions- Institut als führendes Geschäft an die Spitze setzten. Die Auk tionen waren bestimmend für die Preise der Erstausgaben der deutschen Klassiker und Romantiker, sie wurden zum Teil ganz neu durch diese Auktionen geschaffen. Auch Versteigerungen auf Gebie ten, auf denen Nebehay wenig Erfahrung hatte, wie bei den Auto graphen, schlugen glänzend ein. Ich erinnere nur an die Samm lung Geibel mit dem berühmten Lutherbrief. Eine seltene Kar riere, die der junge Wiener machte und noch dazu verdiente, dem man mit seinem einnehmenden Wiener Naturell kaum wider stehen kann. Mit dem Auftreten dieser jüngsten, so erfolgreichen Schule ist «ine nervös-hastige Tätigkeit in das Antiquariatsgeschäft eingeführt worden, die es früher nicht kannte, und die jüngeren Kräfte, di« gleichzeitig, zum Teil angeregt durch Nebehays Er folg, sich in ähnlichen Bahnen bewegen, haben die gleiche rasche Abwicklung des Geschäftsbetriebes, die wir nun namentlich in Berlin finden. Ehe ich mich diesen modernen Berlinern zuwendc, sei noch im Rückblick einiger älteren gedacht, die noch Zeitgenossen des alten Stargavdt waren und zum Teil doch bis zur Jetztzeit herüberreichen. Da ist zuerst R u d o l f L e p k e zu erwähnen, der Gründer des großen Berliner Kunstauktions-Hauses. Er war ein munterer, schwadronierender Herr, lebhaft agierend; jedenfalls hatte er den Zeitpunkt zu treffen verstanden mit Gründung seines Instituts für Berlin. Das nur mäßig große Lokal war damals in der Nähe des König!. Schauspielhauses. Merkwürdig stach das stille Wesen von Lepkes Sohn gegen ihn selbst ab, der Sohn war aber trotzdem der weiterblickende Geschäftsmann. Unter seiner Leitung wuchs das Geschäft, und er baute das Auktions- Haus in der Kochstraße, wo es verblieb, bis die Nachfolger den Prachtbau in der Potsdamerstraße auffllhrten und mit der »Lanna« und anderen Sammlungen große Schlager machten. — Dann auch eine Weltfirma im Spezialfach R. Friedländer L Sohn in der Karl-Straße, wo das Geschäft sich heute noch befindet, Buchhandlung und Antiquariat für Naturwissenschaften. Der damalige Inhaber, ich meine die siebziger und achtziger 889
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