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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.07.1916
- Strukturtyp
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- 1916-07-27
- Erscheinungsdatum
- 27.07.1916
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- Deutsch
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Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. >72, 27. Juli 1916. Verfügung gestellt. Badeanstalten sind davon gebaut, Soldatenheime, Büchereien und dergleichen mehr eingerichtet, kurz, Veranstaltungen, die notwendig sind, um die Stimmung der Truppen zu erhalten und zur Wohlfahrt der Truppen beizutragen. Ich habe das mit großer Freude und Begeisterung getan. Aber cs war nicht ganz leicht. Es war außerordentlich schwer, sich durchzusetzen. Das wurde erst später besser, als der Kronprinz mir die Uniform seiner Hosbcamten verlieh, in der ich draußen arbeiten konnte. Meine Herren, nun können Sie sich ja vorstellen, wie es war, als ich hinausging. Wußten Sie etwa, wie man eine Feldbuchhand lung einrichtet? Ich nicht. Ich habe selbstverständlich meinen Verlag mit cingepaikt — ich glaube, es ist keiner unter Ihnen, der das anders vermutet hätte —, ich habe aber auch alle anderen Kollektionen mit eingepackt; denn ich bin nur mit Kollektionen hinausgegangen, weil ich mir sagte: das wird ja unbedingt gehen. Da waren 1000 Wies badener Volksbücher, 1000 Ullsteinbücher, Engclhornbücher, Dichter- Gedächtnis-Stistung, Schatzgräber, und wie sie alle heißen. Sehr bald stellte sich dann heraus, daß die Leute auch etwas anderes haben wollten, und nach und nach sind denn auch teure Bücher hinausgekommen, sodaß wir Bücher bis zum Preise von 6.— und mehr in großen Mengen hinausschicken. Herr v. Weber behauptet nun, nach einem ihm zugegangenen Bries habe »eine ganz kleine Bataillons-Buchhandlung verkauft: Hafis in Leder, .kt 12.— ord., 8mal, aus Bütten zu .K 25.— 2mal, Lafontaine, Erzählungen I/II zu .tk 18.— 3mal, Sainte-Beuve, Frauenbildnisse, zu.11 15.— 2mal und Mauclair, Florenz, Luxus Imal, Chinesische Geistes-und Liebeslieder 5mal. Ist dieser ganze Brief nicht apokryph, dann möchte ich behaupten, daß es wohl kein Sortiment in ganz Deutschland gibt, welches diese hier genannten Bücher und in solcher Menge innerhalb eines Jahres verkauft hat. Ist es nicht höchst eigenartig, daß ausgerechnet eine kleine Batail- lons-Buchhandlung derartige Bücher verkaust, die auch in Privat- bibliothcken selten alle vertreten sind, und Sie werden mit mir einer Meinung sein, wennich behaupte, daß doch wohl Tausende von anderen Büchern viel dringend notwendiger im Felde sind. Ich habe ge glaubt — und ich habe mich damit in voller Übereinstimmung mit den Herren befunden, die unsere Armee leiten —: nur das Notwendige soll hinaus; alles andere, was der literarische Feinschmecker haben will, soll er von seiner heimatlichen Sortimentsbuchhandlung be ziehen. Das war ja um so mehr nötig, als wir ja draußen doch aus die beschränktesten Raumverhältnisse angewiesen waren, als wir oft nur ein Dach hatten, aber nichts darunter, als wir oft nur einen Stall bekamen, den wir uns erst ausbauen mußten. Die Herren, die beim Herrn Generalquartiermeister draußen waren, haben ja einige der Feldbuchhandlungen gesehen. Das waren schon Prunkpaläste. Ich habe einmal in einem Raum schlafen müssen, wo wir eine Feldbuch handlung hatten. Eines Morgens, als wir erwachten — ich schlies Gott sei Dank anderwärts —, war von der Feldbuchhandlung nichts mehr zu sehen, auch von dem Lager nicht; sie war in der Nacht von den Franzosen beschossen worden. Mit der Zeit haben die Feldbuchhandlungen sich ausgewachsen. Wir sind von den ersten anfänglichen Ansätzen, die sehr gering waren allmählich gestiegen. Das aber kann ich sagen: ich kenne die ganze Westfront, aber Schundliteratur habe ich nicht in einem einzigen Falle gesehen. Ich habe weder die »Romanperlen« gesehen, noch habe ich anderes gesehen, was zur Schundliteratur ge- hört, und ich vermute, daß diese ganze Romanperlengeschichte durch einen Feldpostbrief des Herrn vr. Oldenbourg entstanden ist, der einmal schrieb, er hätte bei seinem Marketender so etwas bemerkt. Das ist ja auch erklärlich. Die Marketender verkaufen alles mögliche; sie verlausen Postkarten, Briefpapier, Lebensmittel, Liederbücher, und sie verkaufen auch solche Bücher mit, wenn sie ihnen gerade an- gcboten werden. Späterhin haben wir in unsere Feldbuchhandlungen nach und nach alle besseren Werke unserer deutschen Dichter und Gcisteshelden hinausgebracht. Es wird Sie interessieren, zu erfahren, daß wir Gustav Freytag wenn auch nicht in großen Mengen, so doch immerhin in 10, 20, 30 Exemplaren in den verschiedenen Feldbuchhandlungen ver kaust haben, daß wir Scheffels Ekkchardt, Max Eyth, Wildcnbruch, Spielhagen usw. neben den modernen Autoren in einer großen An zahl verkaufen. Aber Sie müssen bedenken, daß als Verkäufer nur gewöhnliche Soldaten zur Verfügung standen, weil es von vornherein 1000 verboten war, irgendeinen Zivilisten in die Kampszone zu bringen. Es ist heute noch verboten. Als die Hauptaufgabe wurde mir be zeichnet: Tageszeitungen und Zeitschriften so schnell wie möglich an die Front! Wir haben es erreicht, daß bestimmte Tageszeitungen schon morgens um 11 Uhr vorn in der Reservestcllung sind. Im Schützengraben selbst haben sie natürlich keinen Zweck, denn die Leute haben wirklich etwas anderes zu tun. Naturgemäß tritt ja immer die Frage an uns heran: was wollen wir denn nun bestellen? Ich habe mir sämtliche Angebote, die sür die Feldbuchhandlungen gemacht sind, gesammelt und werde nach dem Kriege eine Ausstellung veranstalten. Ich glaube nicht, daß diese beiden Säle ausreichen werden, um auch nur ein oder zwei Exemplare von all den Büchern aufzustellen, die als »unumgänglich notwendig sür die Feldbuchhandlungen« von den Verlegern bezeichnet worden sind. Um einmal einen ganz absurden Fall herauszusuchen, erwähne ich folgendes. Der Herr Generalquartiermeister hat in den Leitsätzen gesagt: grundsätzlich soll jedes Vcrlagserzeugnis zugelasscn werden. Der Verleger einer Friseurzeitung schreibt an das Armee oberkommando: »Grundsätzlich soll jedes Verlagserzeugnis zugelassen sein, mithin bin ich auch zugelassen; ich verlange, daß meine Friseur zeitung geführt wird«. (Heiterkeit.) Das ist kein Spaß. Der Bries kann vorgelegt werden. Ich bin nun deswegen gefragt worden. Ich habe gesagt: Ja, warum sollen wir denn das nicht verkaufen können? Gewiß gibt es ein paar Friseure unter den Soldaten, die das kaufen. Aber dann wollen wir gleich einen Saal anbauen. Es sind ja so und soviele Gewerbe vertreten, und schließlich gibt cs ja nicht nur eine Friseurzeitung, sondern vielleicht zehn. Einen andern Fall! Die Firma Bachem in Köln hat mit außer ordentlichem Geschick begriffen, welch große Notwendigkeit eine gute Tageszeitung ist, die schnell hinauskommt. Sie war die erste, die kam. Sie druckt schon abends und kann infolgedessen die Nachtzüge benutzen. Die Kölnische Volkszcitung ist diejenige Tageszeitung, die im Westen bei den vorderen Truppen überall schon am Morgen ist, sodaß sie in einer Auflage von etwa 100 000 Exemplaren gelesen wird. Die Folge davon waren Hunderte, ja ich kann fast sagen Tausende von Beschwer den an jedes Armcckommando: Die Kölnische Volkszeitung ist überall, das muß ein Katholik sein, der da oben sitzt; warum sollen denn die protestantischen Zeitungen nicht auch dorthin, warum nicht die liberalen, warum nicht die nationalen? Meine Herren, ich bin nicht katholisch; aber ich mutz sagen: die Kölnische Volkszeitung hat einen ausgezeich neten Inhalt, sie hat das Konfessionelle ganz zurückgestellt, und sie ist von nationalem Geiste durchtränkt; warum soll man sie jetzt zurück drängen, nachdem sie selbst sich dieses Feld mit ungeheuren Mühen und Opfern geschossen hat ? Haben doch allein die Autos viele Tausende gekostet, die im Anfang die Blätter an die Front brachten. Weiter, meine Herren! Im Oktober 1915 trat die Bug-Armee an mich heran und telegraphierte mir: Wollen Sie bei uns eine ähn liche Feldbuchhandlung einrichten wie in der sünsten Armee? Ich habe den Herren geschrieben — die Akten sind draußen, und ich bin bereit, sie jedem vorzulegen, der sie sehen will —: »Ich bin in der fünften Armee außerordentlich beschäftigt; ich bin nicht in der Lage, das zu tun. Ist es nicht möglich, daß Sie einen Zivilbuchhändler zu ziehen? Dann werde ich mich bemühen, jemand zu sinden. Es gibt verschiedene Firmen, die Ähnliches schon betreiben. Ich habe die Firmen erwähnt, die Bahnhossbuchhandlungen haben: Dittmar, Stille, Vaternahm, Bettenhausen, Schnitzler, Saunier usw. Ullstein L Co. hatten auch verschiedene Verkaufsstellen mit großen Mühen und Opfern eingerichtet, die sie nachher an andere Firmen übertragen haben. Darauf kam der Bescheid zurück: Das geht nicht, es soll mili tärisch eingerichtet werden, es geht aus keinen Fall anders, wir bitten Sie, zu kommen. Dann bin ich hingefahren. Zu den Verhandlungen mit dem Herrn Generalquartiermeister bin ich dienstlich besohlen worden. Das bezieht sich aus die Frage, die Herr Dietrich gestellt hat. Ich bin als technischer Vertreter des Armeeoberkommandos V hingekommen, und ich bin sehr froh, daß ich an diesen Verhandlungen teilnehmen konnte; denn meine Tätigkeit muß nicht so ganz unnütz gewesen sein, weder sür das Sortiment, noch für den Verlag, noch sür die Feldbuchhandlungen im allgemeinen, da der Herr Generalquartiermeister ohne jede äußere Veranlassung an das Armeeoberkommando V eine warme Anerkennung für mich ge sandt hat, indem er seststellt: «daß meine Tätigkeit und meine Mit arbeit an diesen Beratungen von großem Werte gewesen sei«.
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