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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.03.1885
- Strukturtyp
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- 1885-03-11
- Erscheinungsdatum
- 11.03.1885
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- Deutsch
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^ 57, II. März Nichtamtlicher Teil. 1l47 liefern gehabt, sondern gleichzeitig auch für den Hausbedarf des gemeinen Mannes an Schul-, Andachts- und poetischen Volks büchern gesorgt, die sie auf wohlfeiles Papier schrieben und mit rohen, in Wasserfarben ausgemaltcn Federzeichnungen ausstatte ten. Auch für die Anfertigung solcher ganzen Bücher zogen sie jetzt den Holzschnitt heran, versuchten ganze Bücher, von denen sie bisher immer nur je ein Exemplar durch Abschrift hatten Herstellen können, jetzt in größerer Anzahl durch den Holzschnitt zu vervielfältigen. So entstanden jene zahlreichen Druckwerke, die aus Bildern und einem kurzen, aus dem Ganzen geschnit tenen erläuternden Texte bestanden und die man, weil sie mit dem ganzen Holzblock, der ganzen Holztafel gedruckt wurden, als »Blockbücher« oder »Holztafeldrucke« bezeichnet. Sie belehren uns darüber, was unsere Vorfahren um die Mitte des fünf zehnten Jahrhunderts zu lesen pflegten, und zeigen uns, daß außer vielen religiösen und moralischen Werken doch schon da mals auch eine Reihe rein profaner Schriftchen im Volke ver breitet war. Freilich feiert in vielen derselben die Thorheit und der Aberglaube Triumphe, so daß man sie heute kaum ohne Lächeln betrachten kann. Aber davon abgesehen, bilden sie doch eine eigentümliche Abteilung in der Litteratur des Mittelalters, die von jedem zu Rate gezogen werden muß, der sich über Religions- und Elementarunterricht, über Wunder glauben und Volkspoesie jener Zeit Aufschluß holen will, und haben, so sehr sie auch oft nach Aberglauben schmecken, sicherlich viel zur Erweiterung des mittelalterlichen Gesichtskreises bei getragen. Sie sind bekanntlich noch aus einem anderen Grunde von durchgreifender Bedeutung, weil sie uns zeigen, wie sich aus dem Holzschnitt allmählich der eigentliche Buchdruck entwickelte. Während anfangs ein kurzer Text einfach neben den Figuren angebracht war, gelangte man später dazu, ihn auf besonderen Tafeln beizudruckcn, so daß immer Text und Bild einander gegcnüberstanden; ja man erwarb sich eine solche Fertigkeit, daß man Bücher herstellte, die ausschließlich aus Holztafeltext be standen, wie das damals vielgebrauchte grammatische Handbuch, der sogenannte »kleine Donat«. Auf diesem Wege ging die Entwicklung weiter. Man erkannte, wie störend es war, daß die Texttafeln immer nur für ein Buch verwendbar waren, und es regte sich der Wunsch, die einzelnen Buchstaben zu trennen, um sie zu anderen Werken wieder benutzen zu können. Unab hängig von einander werden schon um 1440 au verschiedenen Orten, in den Niederlanden und in Deutschland, Versuche dieser Art gemacht. Die meisten geben wenig befriedigende Resultate, bis es schließlich Johann Gutenberg gelingt, das Problem cnd- giltig zu lösen, den Druck mit beweglichen Lettern und damit die eigentliche Buchdruckerkunst zu erfinden. So war -die Holz schneidekunst die Mutter der Buchdruckerkunst geworden. Hiermit war nun den Briefdruckern ein ganz neuer Tätig keitskreis eröffnet, und ihre Kräfte genügten kaum, um alle die biblischen und moralischen Schriften, die Rittergeschichten und Sagen, die Geschichtswerke und Reisebeschreibungen, die bota nischen und medizinischen Bücher zu drucken, die das Volk in Massen verlangte. Auch für alle diese Werke hatte nach wie vor der Holzschnitt zu sorgen, sie alle waren reich mit Illustrationen zu versehen. Man kann sich heutzutage kaum mehr vorstellen, was für eine Aufgabe in jenen Zeiten beginnender Kultur der Holzschnitt zu lösen hatte. Gar viele konnten damals noch nicht fertig lesen, die Bilder mußten ihnen beim Verständnis des Textes behilflich sein. Während jetzt das illustrierte Buch nur ein Schaustück ist, das in müssigen Stunden flüchtig betrachtet wird, hatten damals die Bilder den Zweck, von dem ungelehrten Volke gleichsam gelesen zu werden; man brauchte sie, da sic eine Sprache redeten, welche auch der, der nicht lesen konnte, ver stand. Freilich war auch jetzt noch der Holzschnitt ausschließlich ein literarisches, nicht ein künstlerisches Hilfsmittel, hatte auch jetzt noch nur für die Belehrung der niederen Klassen, nicht für eine Befriedigung des Schönheitssinnes zu sorgen. Auch jetzt noch erkannte man seine eigentliche Bedeutung nicht, sondern be trachtete ihn noch als Ersatz für die alten Miniaturen, fertigte also nur rohe Umrißzeichnungen an, die mit Farbe ausgcfüllt wurden. Auch die sachliche Genauigkeit der Bilder brauchte nicht groß zu sein, sondern es genügte, wenn man Holzstöcke hatte, die annähernd der Phantasie des Volkes entgegenkamen und die dann unzählige Male unter verschiedener Bedeutung in dem selben Buche wieder abgedruckt wurden. Wie der alte Holztafel druck hatte aber auch die Buchdruckerkunst in ihrer ersten Zeit nur für die Bedürfnisse des niederen Volkes zu sorgen, während die vornehmen Kreide nach wie vor geschriebene Bücher bei behielten. Erst als an die Buchdruckerkunst höhere Anforderungen ge stellt wurden, konnte auch der Holzschnitt in bessere Bahnen eiu- lenken. Und dieser Umschwung zeigte sich bald. Immer größere und wichtigere Werke wurden veröffentlicht, reiche Männer wie Anton Koburger in Nürnberg übernahmen den Buchdruck und nahmen Formschneidcr in ihre Dienste, welche die Zeichnungen zu liefern und in Holz zu übertragen hatten; und schließlich er kannten auch die vornehmen Kreise, die sich bisher der Buch druckerkunst spröde verschlossen hatten, die Tragweite der neuen Erfindung. Dieser Triumph der Buchdruckerkunst wurde gleich zeitig zu einem Triumphe des Holzschnittes. Die Bnchdrucker- kunst, die sich ursprünglich aus dem Holzschnitt entwickelt hatte, war es jetzt, die ihrerseits den Holzschnitt zur höchsten Vollen dung führte. Die deutschen Maler, die sich bisher vom Formschnitt fern- gehalten hatten, sahen ein, welche Vorteile der Buchdruck für die Veröffentlichung ihrer künstlerischen Arbeiten bot, und entschlossen sich, für den Holzschnitt zu arbeiten, den Buchdruckern die Zeich nungen zu liefern, welche die von jenen besoldeten Formschneider in Holz zu übertragen hatten. Die Folge dieses Eingreifens der Maler war, daß nun der Holzschnitt sofort in künstlerischer Hinsicht auf die Höhe der Zeit kam. Die früheren kindlichen Phantasiebilder wurden durch genaue sachliche Illustrationen er setzt. Und, was das wichtigste ist, er erhielt einen wirklichen künstlerischen Selbstzweck. Er hatte nicht mehr wie früher Mi niaturen zu ersetzen, sondern sich die Berechtigung zur selb ständigen Existenz erobert. Man ließ daher die Ausfüllung mit Farbe weg und schritt dafür vom rohen Umrißschnitt zu einer vollkommeneren malerischen Behandlung des Holzschnittes selbst durch Anwendung von Kreuzlagen, Schraffierungen und dergleichen fort. Er erhielt »Farbe« an Stelle der Farben und wurde ein aus eigenen Mitteln in Licht und Schatten selbständig wir kendes Bild. So war er aus der niederen Sphäre gerückt, in der er ursprünglich sich bewegt hatte; er hinkte nicht mehr der freien Kunst nach, sondern war ihr gleichberechtigt, mit ihr in inniger Verbindung. Jeder Schritt in der Weiterentwicklung der Malerei bedeutete von jetzt an einen Fortschritt des Holzschnittes. Die deutsche Malerei erhielt im Beginne des sechzehnten Jahrhunderts ihre höchste Ausbildung durch Albrecht Dürer: er war es auch, der dem Holzschnitt seine künstlerische Weihe gab. Das sechzehnte Jahrhundert ist dann die Blütezeit, das eigentliche goldene Zeit alter des deutschen Holzschnittes geworden. Um die Sonne Dürers bewegte sich bald' ein ganzer Planetenkreis anderer 162*
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