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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1916-10-02
- Erscheinungsdatum
- 02.10.1916
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- Deutsch
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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Redaktioneller TcU. ,/E 229, 2. Oktober 1916. Die Anfahrt der hohen Würdenträger dor der Moschee, im Schmuck ihrer Orden, von Palastbeamten mit dem feinen Zeremoniell des Orients beglicht, der Anmarsch der Truppen, darunter Garde in rotem, reichverschnürtem Rock, der feierliche Moment, wenn alle Truppen ins Gewehr treten, die Sultanshhmne von allen Musik korps ertönt und oben, am Tor des Parks von Nildizkiosk, der kaiserliche Wagen erscheint, von dem brausenden Ruf der Trup pen: »Unckiselmb tsellok z-asekall!« begrüßt. S. M. fährt lang sam die Front der Truppen ab, überall und besonders die Frem den freundlich grüßend. Nachdem S. M. den Wagen verlassen und die Treppe zur Moschee erstiegen, wendet er sich nochmals nach der Menge mit gütigem Gruß. Auch sonst merkt man natürlich sofort, daß die Fremden feh len. Die Dampferhaltestellen an der neuen Brücke, wo sonst alle Dampfer der europäischen Nationen hielten, sind verwaist, die schönen Dampfer nach dem Bosporus, nach den Prinzeninseln und dem Goldenen Horn, die sonst alle Stunden oder in noch kürzeren Zwischenräumen fuhren, machen jetzt täglich ein halbes Dutzend oder wenig mehr Fahrten. Nur die Dampfer nach Haidar Pacha, dem Ausgangspunkt der anatolischen und der Bag dadbahn, nach Kadiköi und Skutari laufen so ziemlich jede Stunde, da in den genannten Städten sehr viele Geschäftsleute von Konstantinopel ihren Wohnsitz haben, übrigens sind die Dampfer sehr sauber, die erste Klasse schön ausgestattet und da bei außerordentlich billig. So kostet die Fahrt auf dem Goldenen Horn bis zum Endpunkt Ejub hin und zurück erste Klasse 211 Piaster — 90 Pfennig, wofür man das Vergnügen hat, beinahe 2 Stunden ans dem Goldenen Horn zu fahren und die entzückende Aussicht aus der einen Seite auf Stambuls prächtige Moscheen, auf der anderen Seite auf Pera, Galata und die anderen dorti gen Vororte zu genießen. Die Fahrt nach dem Bosporus ist verhältnismäßig noch billiger, da man bis Therapia und zurück erste Klasse nur 5 Piaster — 1 Mark bezahlt, wofür man etwa 5 Stunden auf dem Wasser ist und alle die prächtig gelegenen Ort schaften ans dem europäischen und dem asiatischen Ufer Revue passieren lassen kann. Die Hagia Sophia, die sonst täglich Hunderte von Besuchern sah, ist ganz leer, und ungehindert kann man die prächtigen Räume durchwandern. Dafür findet man ans der anderen Seite des Platzes die Sultan Achmed-Moschee voller Soldaten, die übri gens, der Heiligkeit des Ortes eingedenk, ohne jeden Lärm sich um die ungeheuren, mit blauen Kacheln gezierten Säulen ge lagert haben und ruhig essen, rauchen und schlafen. Gleich daneben liegt der herrliche Gülhanepark, der Park der Rosen, weitaus der schönste Park der Hauptstadt, mit präch tigen schattigen Baumgruppen und wundervollen Rosenfeldern; am Schluß des Parkes ist eine der herrlichsten Aussichten, die man hier haben kann. Das Marmarameer mit den Prinzen inseln, das asiatische User mit Kadiköi, Haidar Pacha, Moda und Skutari, Pera und Galata, das europäische User des Bosporus mit dem prachtvollen Palast von Dolma Bagtsche liegen vor unse ren Augen im Glanz der Frühlingsfonne. Besonders am Frei tag nachmittags ist der Garten belebt, voll stillvergnügter Men schen, die die Aussicht, die Rosenfeldcr, sich selbst bewundern und dabei wunschlos glücklich sind. Auf diese patzt das kleine tür kische Berschen: »Lja ball, vidli/.a bak, ckancka (luiLn !:v?.a bali, Lj benim, villli/ bonim, ckancka cknran bv/ benim —« Auf deutsch: Den Mond sieh an, die Sterne sieh an, und das Mädchen auf dem Dach sieh an: Der Mond ist mein, die Sterne sind mein, und das Mädchen auf dem Dach ist mein. Nun ist es aber höchste Zeit, zu dem Hauptthema dieses Ar tikels, unserem lieben Buchhandel, zu kommen. Die europäischen Buchhandlungen sind nur in Pera zu finden. In der »6ramlv kne cks kern«, die in endloser Länge wie ein Bandwurm von Galata kommend die ganze Frmkenstadt bis zum Taximplatz in zwei Hälften teilt, sieht man in erster Linie die beiden deutschen Buchhandlungen von Keil und Weiß, dann eine von einem deutschfreundlichen und deutschsprechenden, in der hiesigen dent- >258 schen Schule erzogenen Griechen gehaltene, sogenannte »Schul- buchhandlung« und last anck least «in halbes Dutzend griechischer Buchhändler, die jetzt bet der Anwesenheit des deutsche» und österreichischen Militärs auch deutsche Bücher führen, und zwar mit dem sicheren kaufmännischen Instinkt des Griechen nur solche, die »gehen«, das heißt, täglich bei ihnen verlangt werden. Manche dieser Leute haben beinahe den 24stündigen Arbeitstag einge- führt. So sehe ich einen davon schon morgens in aller Frühe gegen halb acht Uhr in seinem Laden stehen und abends gegen 10 Uhr immer noch unermüdlich Bücher und Zeitungen ver kaufen. Auch Sonntags hat er, da hier dafür gar keine Ver ordnung besteht und auch der verschiedenen Religionen wegen nicht bestehen kann, den ganzen Tag offen. Also nichts für solche Herren Gehilfen, die im Weggehen wie im Kommen gleich Pünkt- lich zu sein Pflegen, wie cs solche, einer unverbürgten Sage zu folge, auch im Buchhandel geben soll. Die Fortsetzung der großen Perastraße gegen Galata, die so genannten »Luelrsek Uaickirim«, die steilen Staffeln, sind rechts und links mit meist israelitischen Antiquaren besetzt. Ich zweifle aber, daß man auch hier vergessene Schütze ans Tageslicht ziehen könnte, wie dies manchmal einem Bibliophilen bei den »Bouqui nisten« am Seinequai gelungen ist. Wollen wir den türkischen Buchhandel aufsnchen, so müssen wir uns über die Brücke bemühen und nach dem schönen Stambnl hinüberwandern. Einige Minuten von der Brücke zieht sich eine schöne breite Straße — an der vette publique Ottomane und der persischen Gesandtschaf!, sowie am »Var ül leünun«, dem Titz der Wissenschaften (der Universität), vorbei, bis zur Tuerbe Sultan Mahmuds. Hier sind eine Menge kleiner Läden, die meist nur türkische, selten auch ein Paar französische Bücher führen. Übersetzungen aus europäischen Klassikern, wissenschaftliche Werke, Wörterbücher, Schulbücher usw.; dazwischen Post karten von Hindenburg, Enver Pascha und Mackensen. Beinahe alle diese Buchhändler sind Armenier, ebenso wie die Besitzer der Buchdruckereien, die hier herum zu finden sind. Geht man durch den letzten Rest des Orients hier, den mächtigen Bazar, und biegt oben b«im Ausgang nach rechts, so findet man, in nächster Nähe des bekannten Taubcnhoss der Sultan Bajazid- Moschec, ein weiteres Buchhändlervicrtcl, noch kleinere, noch be scheidenere Läden als die vorhin erwähnten. Es ist der Beazct- Bazar, wo in erster Linie arabische und persische Werke verkauft werden. Wohl i» erster Linie wegen der teuren Mieten und weil sich noch keine größere Gesellschaft zu diesem Zweck zusannnengefun- den hat, sind alle die erwähnten buchhändlerischen Geschäfte nicht groß und können deshalb nur ein beschränktes Lager Hallen. Auw ist ein einziges Schaufenster beinahe die Regel, so daß alle die erschienenen Neuigkeiten nur kurze Zeit zur Schau gestellt wer den können, um wieder anderen Platz zu machen. Der Vorschlag, den Habib Edib Beh in der Nr. 51 vom 2. März 1916 gemacht hat, eine große deutsche Druckerei, verbunden mit Verlag und Buchhandlung, solvie Leihbibliothek, zu errichten, hat bis jetzt noch keine Beachtung gefunden. Auch der Vorschlag der Frau Else Marquardscn, hier eine Buchhandlung zu errichten, die nur deutsche und türkische Bücher zu führen hätte, ist bisher ein fronuner Wunsch geblieben. Dagegen sind in letzter Zeit verschiedene Lehrbücher hier auf den Markt gekommen, die in erster Linie der türkisch-deut schen Annäherung ihr Entstehen verdanken. Besonders die hie sigc Buchhandlung »Jkbal« und deren Besitzer Hussein Effcndi haben es sich angelegen sein lassen, eine Anzahl Lehrbücher her auszugeben, die zur weiteren Verbreitung der deutschen Sprache in der Türkei sicher beitragen werden. Ein Oberleutnant Mehe- med Ali, der gut deutsch spricht, gab eine illustriert« deutsche Fibel für Türken heraus, ebenso eine deutsche Sprachlehre sAlmandsche Kavaid), schließlich «ine deutsche Sprachlehre nach der Berlitz- Methode, die vielleicht auch für Deutsche unter Umständen in Betracht käme, vorausgesetzt, daß sie sich mit der türkischen Schrift vorher genau bekannt gemacht haben. Auch für Deutsche, die Türkisch lernen wollen, haben Hussein Essend! und Mehemed Ali eine »Fibel der türkischen Sprache« herausgcgeben, die natürlich nur für den »blutigen« Anfänger, der wenigstens eine Vorstel-
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