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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.04.1927
- Strukturtyp
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- 1927-04-09
- Erscheinungsdatum
- 09.04.1927
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- Deutsch
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X- 84, g. April 1927. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Jetzt können wir noch nicht einmal wissen, ob in Rom über haupt ein Antrag zur Änderung der bestehenden Schutzsrist-Be stimmungen gestellt werden wird. Vor mir liegen die Vorschläge des Berner Büros, di« zur Grundlage der Besprechungen in Rom dienen sollen. Von Änderung der Schutzfrist steht darin nichts. Es ist ja möglich, daß solche Anträge noch kommen. Aber viel leicht auch nicht, wenn nämlich ihre Nutzlosigkeit bei fester Haltung Deutschlands im voraus zu erkennen sein sollte. Feste Haltung! »Denn der Mensch, der zur schwankenden Zeit auch schwankend gesinnt ist. Der vermehret bas Übel und breitet es weiter und weiter; Aber wer sest auf dem Sinne beharrt, der bildet die Welt sich.-- Aber ist es noch erlaubt, Goethe den Verstaubten zu zitieren? Bleibt Deutschland fest bei den 30 Jahren, so wird die Frage, ob mit dem Urheberrecht auch die Verlags mono pole ver längert werden, gegenstandslos, und die beteiligten Verleger wer den es nicht nötig haben, um dieses Zugeständnis zu betteln und, wenn das, wie vorauszusehen, keinen Erfolg haben wird, als betrübte Lohgerber dazustehen. Abfinden oder befreunden wollen Sie sich auch mit einer Zwangs lizenz, d. h. es soll nach Ablauf von 30 Jahren nach dem Tode des Urhebers jedermann das Nachdruck- oder Auf führungsrecht erwerben können gegen eine den Erben oder dem Staate zu entrichtende Gebühr. Das war bereits Rechtens in Italien und ist es seit 1911 noch in Großbritannien. Dazu hat bereits Herr Kirstein in seiner Beweisbroschüre S. 6 und 7 das Nötige gesagt. Auch ich habe mich in meinem Aufsatz in der Unterhaltungsbeilage der Täglichen Rundschau 1926, Nr. 284 und 285 dazu geäußert. Haben Sie das nicht gelesen, Herr Cohn? — Käme es in Deutschland, was ich nicht befürchte, zu solcher Zwangslizenz, so würde sich das voraussichtlich etwa folgender maßen entwickeln müssen. Entweder soll der Lizenznehmer mit den Erben der Verfasser verhandeln; dann würde es unerläß lich sein, daß der Staat, der dieses verordnet, den Erben aufgibt, sich zu verhandlungs- und vertragsfähigen Rcchtskörperschaften zusammenzuschließcn. Ohne solche stünde die Zwangslizcnz in der Luft. Wird aber der Staat als Lizenzgeber und Geldempfänger eingesetzt, so bekämen wir eine »Amtsstelle« mehr in dem bereits überbürokratisicrten verarmenden Deutschland. Nach Abzug der Erhebungskosten wird dabei wenig herauskommen. Um wie lächerlich geringe Beträge überhaupt es sich dabei handeln kann, hat bereits Dr. Kirstein ermittelt (Seite 4 seiner Beweisbroschürc). Es tut mir leid, Herr Cohn, mit Ihnen öffentlich streiten zu müssen. Viel netter wäre es gewesen, wenn Sie als guter Kamerad mit Ihrem Tatendrang und Ihren Taktikplänen sich zunächst an den Börsenvcrcin gewendet hätten. Dann wäre Ihnen in aller Stille das gesagt worden, was nun leider Aufregung, Tinte, Druckfarbe und Papier kostet. Obwohl wir Dreißiger weder Ihr Teufel Draku noch Engel sind, hätten wir uns doch vielleicht Sie erhalten. Nunmehr wende ich mich an Sie, sehr geehrter Herr R o s n e r. Sie haben mir die Erwiderung leicht gemacht, denn Ihr »Offener Brief- bestätigt ja eigentlich nur das, gegen das ich mich gewendet habe. Und ob Sie Freytags »Soll und Haben- zwar auch noch gelten lassen wollen, aber weniger hochschätzen als ich, das sind Privatmeinungen, über die weitere Worte sich nicht lohnen. Nur das erlaube ich mir zu sagen, daß die hohe Mei nung, die ich von »Soll und Haben-, aber auch von der »Ver lorenen Handschrift-, von Reuters Stromtid, von Kellers Sinn gedicht und Martin Salander, von Stifters Nachsommer und ande ren Meisterwerken habe, nicht auf Jugcndeindrückcn beruht, son dern sich mit den reifen Jahren gesteigert hat. Das ist aber doch wohl der beste Prüfstein eines Werkes, wenn es, nachdem der stoffliche Reiz der bekannten Handlung zurücktreten darf, als Kunstwerk mit erhöhtem Genuß gewürdigt zu werden wert be funden wird. Aber es bleibt ja leider dabei, daß solche Bücher für Sie marktvcrstopfendc Mumienware sind. Ihre Liste von Konsirmandcn-Büchern in Nr. 72 des Börsen blattes scheint mir für die vorliegende Sache wenig beweis kräftig zu sein. Denn es gehören die meisten Verfasser dieser Bücher nicht mehr zu den jungen, am Aufstrebcn verhinderten Kräften, denen Sie helfen wollen, sondern es sind altbewährte und altbeliebte Schriftsteller, die es wahrscheinlich weit von sich weisen würden, daß ihretwegen die deutschen Klassiker von dem Büchermarkt weggedrückt werden sollen. Es sind auch verhältnis mäßig wenig Berussschriftsteller unter ihnen, die schreiben müssen, um leben zu können. Darum find die meisten der von Ihnen genannten Werk« aus Erlebtem und' Erfahrenem geboren, und nicht nur ausgeklügelt und gemacht, wie so vieles, das besser ungeschrieben geblieben wäre und zwecklos den Markt verstopft. Bitte, lesen Sie im Börsenblatt 1926, Nr. 292 nach, was »Para- zelsns- hierzu gesagt hat. Ich will doch lieber gleich feinen Schluß satz hier abdrucken: »Lieber Verleger, laß dir, ganz unter uns, ins Ohr raunen: von 100 Büchern sind 99 nicht ivert, daß man auch nur fünf Minuten in ihnen blättert-. Machen Sie bitte nicht mich verantwortlich für diesen Aus spruch*). Aber er zeigt doch, daß die »jungen strebenden Kräfte- der Gegenwart nicht durchweg in Ihrem Sinne beurteilt werden. Ich kehre zum eigentlichen Streitpunkte zurück. Es ist nun einmal so: Wer gute Ware wohlfeiler liefert als andere, hat den Zulauf, und gegen sein Tun ist nichts einzuwen den, solange es ehrlich bleibt. Das mag mitunter für die Be troffenen des alten Geleises hart sein. Aber Klagen und Ent rüstung, seien sie menschlich noch so verständlich, nützen gar nichts, ebensowenig Versuche, den unbequemen Wettbewerber mit Gewalt, mit Boykott oder, wie Sie wollen, mit gesetzlichen Maßregelungen zu schädigen. Wer das tut, schädigt sich erfahrungsgemäß nur selbst, sei es auch nur dadurch, daß der Sinn von dem einzig rich tigen Wege zur Selbsterhaltung abgelenkt wird: der Umstellung des eigenen Betriebes. Der deutsche Buchhandel ist nicht Selbstzweck; er hat dem deutschen Volke zu dienen, das heißt, dem Volke seinen Bedarf an Büchern jeder Art so gut und so wohlseil zu liefern, als es die Umstände zu lassen. Genügen die herkömmlichen Formen und Einrichtungen des Buchhandels dieser seiner Ausgabe nicht mehr, kann oder will er sich auf die Wandlungen der Zeit nicht besser einstellsn, so muß er sich gefallen lassen, daß andere Gebilde an seine Stelle oder ihm zur Seite treten, mögen sie Buchfabriken, Buchgemein- schaften, Vereinsbuchhandlungen, Fachbuchhandlungen, Waren häuser oder sonstwie heißen. Sollte sich der Buchhandel dieser Erkenntnis entziehen und eigensinnig sich von denjenigen lenken lassen, die ihn jetzt ver leiten wollen, erprobte Werke des Büchermarktes zurückzudrängen, um unerprobten, oft des Probierens unwerten Büchern Bahn zu machen, so würde das den Buchhandel mit Recht in der allgemeinen Achtung herabsetzen. Das mag ein hartes Wort fein, Herr Rosner. In diese Dinge verstrickt, spreche ich es bewußt aus, so gern ich sonst rück sichtsvoll bin, »doch zu Zeiten sind erfrischend wie Gewitter goldne Rücksichtslosigkeiten-. Auch jede andere Zeile von Storms Gedicht »An meine Söhne- ist ein Hammerschlag an die schlappen Gewissen der Gegenwart, für die, meinen Sie, auch Storm Mumie werden soll. Er und die andern Großen leben aber noch und werden weiter leben, wenn überhaupt in Deutschland Ehrfurcht vor großen Deutschen als unantastbares Volksgut fortbestehen wird. In vorzüglicher Hochachtung Robert Voigtländer. Nachwort. Die Niederschrift dieses Offenen Briefes hatte ich am 2. April dem Börsenblatt eingereicht. Nachdem am 5. April die Erklä rung des Akttonsausschusses »der- (! ?) Originalverleger erschienen ist, treten zwar die Herren Cohn und Rosner etwas zurück. Aber der Brief gilt der Sache, und darum veröffentliche ich ihn doch! *> S. dazu die Anmerkung der Red. in Nr. 12 des Bbl., S. 64. Die Red. 399
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