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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.04.1927
- Strukturtyp
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- 1927-04-09
- Erscheinungsdatum
- 09.04.1927
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- Deutsch
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>-° 84, 9. April 1927, Rcdaliionellcr Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. In den Entwicklungsjahren, in denen die Mehrzahl der Kinder sich verkannt und unterdrückt fühlt, werden die Motive der leidenden Tugend gerade von ihnen gesucht und immer wieder im Herzen bewegt, bis ein Heroismus des Leidens gefunden ist, den sie mit vollster Hin gabe auch bei kleinen Gelegenheiten ausüben. In diesem Alter können Bücher zu Schicksalen werden, und man muß darum bitten, daß dem Kinde nicht nur gute Freunde, sondern auch gute Bücher in den Weg geführt werden. Deshalb ergrimmt es den Jugendfreund täglich von neuem, wenn er unter den Darbietungen auch guter Tagesschriften geradezu vergiftende Stoffe findet. Die Jugendlichen nehmen manchen Abend einen solchen Gisttropfen mit zu ihrer Abendruhe. Viele ge wiegte Literaturkenner wissen es nicht, wie es auf einen jungen Men schen wirkt, wenn er es in einer kurzen Sonntagsgeschichte als ganz selbstverständlich dargestellt findet, daß eine Ehefrau in Gegenwart ihres Mannes unter dem Tisch die Berührung mit dem Fuße eines anderen sucht und ihm beim Gutenachtsagen zuflüstert: »Du kommst doch bald?«, da sie weiß, daß ihr Gatte auf die Jagd reitet. Solch eine drei Spalten lange Erzählung kann einem jungen Menschen das Bercchtigungsgefühl zu einer gemeinen Handlung geben. Hätte die Geschichte von Gattentreue und Frauenehre gehandelt, so wäre Ehr furcht und Verantwortungsbewußtsein in ihm gestärkt worden. Im Kinde gilt es die Charakteranlagen zu pflegen; beim Jugend lichen ist es die Aufgabe, ihnen zur Reife zu verhelfen. Vom 14. Jahr an wählt das Kind den Lesestoff nach seinem Geschmack und ist leicht gereizt und mißtrauisch, wenn ihm Vorschläge gemacht werden. Es verliert gewöhnlich die freie, offene Mitteilsamkeit, je mehr es von den körperlichen und seelischen Veränderungen seiner Jahre hingenommen ist. Da können die Lebensschicksale tatkräftiger, freimütiger Menschen stille Bildner sein. Der junge Mensch lernt daraus, daß jeder tüchtige Charakter sich durchkämpfen muß, daß nur Ausdauer und Vertiefung in die Arbeit zu einem befriedigenden Leben führen. (Werner von Siemens, Jürn Jakob Swehn, Zlmalie Dietrich, Uli der Knecht, Familie Pfäffling und mancher einfach kräftige Roman, der »Büttnerbauer«, Hann Klüth u. a. geben Hilfen, die nicht als solche empfunden werden und doch nachhaltig wirken). Die Jugend mit einfacher Vorbildung findet ethische Werte in Büchern, die literarisch geschulten Leuten un bedeutend Vorkommen. Sie fühlt das herzlich treu und ernst Gemeinte des Schriftstellers durch den Stoff, sie nimmt jedes Wort so, wie es geschrieben steht, das Gedruckte ist ihr Autorität, deshalb -desto größer die Gefahr, wenn sie auf psychologische Romane stößt, deren Wert sie nicht erkennt, die sie beunruhigen und sie in Grübeleien verstricken, die ihr Kraft kosten. Es ist nicht gut, wenn ein Kind von seelischen Konflikten liest, für die es noch nicht reif ist. Es wird dadurch früh reif und verliert die Naivität, die es an vielen Gefahren varüber führt. Der Charakter bildet sich nur an erlebter, nicht an erlesener Erfahrung. Ist aber eine Erfahrung gemacht, und der Jugendliche liest davon, daß es auch anderen so ergangen ist, dann wird er ein Freund schaftsgefühl für diese Bücher bekommen, die ihm wie Schicksals genossen erscheinen. Unter den großen Gestalten, welche die Klassiker geschaffen haben, und welche eine gewisse Typisierung der Art Mensch darstellen, wird jeder Jüngling und jede Jungfrau besonders bevor zugte Helden haben. Es werden diejenigen seiu, welche die Charakter eigenschaften, die der Reifende in sich ausbilden möchte, in höchster Vollkommenheit vertreten. Ein werdender Charakter wächst nicht dauernd aus gleicher Linie oder in gleichem Anstieg, es treibt ihn, sich nicht nur am Edlen zu fordern, sondern sich auch am Grauenvollen, an der Satire, am Aufreizenden zu regulieren. In diesen kritischen Zeiten muß sich die Grundlage als tragbar erweisen, die eine gesunde Lektüre tn der Kinderzeit gelegt hat. Kein Mensch kann da Helsen; Er mahnungen werden mit Ungeduld abgelehnt, Vorschläge verlacht, Ver bote nicht beachtet; aber je besser der Sinn für gesunde beseelte Bücher geschult ist, desto leichter wird ein Gefühl der Übersättigung ein- tretcn und ein edles Buch wieder wie ein alter guter Frcnnd ausge sucht werden. Vereinigungen aller Art bieten jetzt ihren jungen Mit gliedern in Zeitschriften eine Fülle von Anregungen, und der sunge Mensch schwimmt hier in dem Fahrwasser seiner Interessen und Nei gungen dahin, aber diese Schriften zwingen ihn nicht, sich mit anders artigen Überzeugungen auseinauderzusetzen. Das Buch als Nieder schlag einer Weltanschauung beansprucht mehr Ausmerksamkeit, mehr Beurteilung, mehr Stellungnahme und mehr Vertiefung. Aber es hat auch etwas zu geben. Es schärft das Auge für das eigene Er leben, es ergänzt die Erkenntnisse und weitet das Ich und seine In teressen ins allgemein Menschliche, sodaß wirkliche Charaktere gar nicht ohne die Vergleichsmöglichkeiten, die die Literaturkenntnis ver mittelt, zu Stetigkeit und Reife gelangen können. Die großen Charaktere erkennt man nicht an den großen Taten, sondern an der Kraft, mit der sie Richtung halten. In diese Richtung ziehen sie die ihnen gemäße Literatur hinein, und schon im achtzehnten Jahr pflegt sich aus der literarischen Neigung ein ziemlich sicherer Schluß auf die Art des Charakters eines Jugendlichen ziehen zu lassen. Die Men schen, die vom achtzehnten Jahr an überhaupt aufhören zu lesen, außer um sich mit Tagesneuigkeiten bekannt zu machen, wissen eö nicht, welcher Bereicherung für ihr ganzes Werden sie sich begeben, indem sie außer Verbindung treten mit den leuchtenden Linien, die großer Menschen Worte aus dem dunklen Grund schwindender Zeiten in die Gegenwart hereingezogcn haben. Auch hier wird sich die Ge wöhnung aus der Kinderzeit durchsetzen. Wer als Kind Bücher zu Freunden hatte, denen er täglich eine Stunde widmete und dem nach lauschte, was sie ihm zu sagen hatten, wird ihre Gesellschaft und ihren Rat als Mann oder reife Frau nicht missen können. OeulZLÜtUM UNÜ ^Uälsnä, 8t>udjsn rum ^uijlauckcleutsebtum und 1926 tt. dllt 5 Lildertakelu und 2 Karten, dlü. 4.— bro8oli., dlk. 5—- Zeb. sedmidt, 0. k. dl. XVI u. 403^8. ^dllt 6 Lildtakelu. IM. 7.80, geb. IM. 9.—. kaul Ledneüe, Admiral a. I). 51 8. IM. 1.—, geb. M. 1.80. u.^148 8. IM. 4.—, geb. IM. 5.—. Der Herausgeber dieser neuen Schriftenreihe, Prof. Schreiber- Münster, M. d. R., ist dem Buchhandel wohlbekannt, nicht nur als tatkräftigster Anwalt der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft, die ja auch für den Buchhandel so viel bedeutet, sondern ebensosehr als Anwalt direkt buchhündlerischer Interessen im Reichstag. Schon wiederholt hat er -in Rede und Schrift namentlich für die Bedeutung der Verbreitung des deutschen Buches im Ausland gewirkt. Hier legt er nun, im einzelnen von trefflichen Sachkennern bearbeitet, eine Schriftenreihe vor, die auch dem Buchhändler, gerade wenn er sich für die Bedingungen des Bnchabsatzes im Ausland interessiert, wertvollste Aufklärung und Anregung bieten kann. Im Ausland hat sich unter den Einwirkungen des Weltkriegs so viel verändert. Sv viel Neues hat Bedeutung gewonnen. Der Kampf um die deutsche Weltgeltung ist so viel schwieriger geworden. Wir können dafür gar nicht genug gerüstet sein. Sa gewinnt alles namentlich über die aus landdeutschen Verhältnisse aufklärende Schrifttum nicht zuletzt auch für den Buchhändler besondere Wichtigkeit. Das erste Heft der Reihe spricht von den bisher wenig bekannten Deutschen des ehemaligen Ober- nngarn, der heutigen Slowakei und Karpathorußlands. Die hier gebotenen Aussätze zeigen in -einem bedeutsamen Ausschnitt ans dem Auslanddeutschtum, welche großen kulturellen Werte dort vorhanden sind. Sie lassen aber auch erkennen, welche Aufgaben für die deutschen Volksgenossen, die im Ausland leben, noch zu leisten sind. Die Ver fasser haben aus längeren Fahrten durch die Sprachinseln der Slowakei und Karpathorußlands die dort herrschenden kulturellen, wirtschaftlichen und religiösen Verhältnisse gründlich studiert. Besonderen Wert ge winnt das Buch durch die Mitarbeit von karpathendeutschen Forschern auf dem Gebiete der Heimatkunde. Die für die Entwicklung des Deutschtums dieser Länder so wichtige geistige Zusammenarbeit ist damit eingeleitct. Die beigegebenen Bilder und Karten veranschau lichen die auf dem Spiele stehenden Werte. Auslanddeutschtum und Missionen bilden das Thema des die Hefte 2—4 umfassenden Bänd chens. Die hier obwaltenden Zusammenhänge sind bisher noch nie recht beachtet und noch viel weniger systematisch studiert und geschildert worden. Zwar haben wir treffliche zusammenfassende Werke über die katholischen Missionen der Gcsamtkirchc, z. B. von Schmidlin, Schwager, Louis, Freitag, aber eine Darstellung dessen, was Deutsch lands Söhne und Tochter für die Ausbreitung des Reiches Gottes auf Erden nnd für die seelsorgliche Betreuung der in Ubersee wohnenden deutschen Brüder und Schwestern getan haben, was uns doch zunächst am meisten interessiert, sehlte bisher noch gänzlich. Der Ver fasser, dessen Name seit langem weithin bekannt ist, bearbeitet daher 401
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