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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.11.1916
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1916-11-28
- Erscheinungsdatum
- 28.11.1916
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. »V 27K, 28. November 1916. einer beruflichen Sondervereinigung gezogenen Rahmen hinaus zugehen beabsichtigte, indem ihr schlechtweg der Name Deutsche Buchhändlcrgilde beigelegt wurde. Wenn es aber noch des Be weises bedurft hätte, daß es sich dabei um mehr als Gründe des Wohlklangs und der Rücksichtnahme auf alle diejenigen gehandelt hat, die nicht wissen, was sie mit derBezeichnungSortimenter an fangen sollen, so wird er in dem programmatischen Artikel des Herrn Paul Nitschmann: »Buchhändlerischer Betrieb aus ge nossenschaftlicher Grundlage« in Nr. l des »Buchhändler- gilde-Blattes« erbracht, der unmittelbar der einleitenden An sprache des Vorstands: »An unsere Mitglieder und Freunde!« folgt. Dieser Artikel ist so charakteristisch für die Be strebungen ihres 1.Vorstehers, des Herrn Nitschmann, und zeigt so deutlich den Weg, aus dem er die Deutsche Buchhändlergilde zu Macht und Ansehen führen möchte, daß wir uns etwas aus führlicher mit ihm beschäftigen müssen. Denn wenn auch anzu- nchmen ist, datz alle Berufsgenossen, die sich einen klaren Blick über die eigenen Verhältnisse wie für die ihrer Umwelt bewahrt haben, keinen Augenblick im Zweifel sein können, datz hier nicht aufbauende, sondern zerstörende Kräfte am Werke sind, so wür den wir doch fürchten, gerade weil wir seit Jahren für die Grün dung eines starken, zielbewutzten Sortimentervereins eingetreten sind, uns mitschuldig zu machen, wenn wir nicht dazu Stellung nehmen würden. »Die genossenschaftliche Betriebsform«, sagt Herr Nitsch mann, »ist kurzweg die gegebene Betriebsform des Mittelstandes. Sie steht nicht im Gegensatz zum Kapitalismus, bekämpft diesen auch nicht, oder doch nur mit seinen eigenen Mitteln«. Daran ist nur soviel richtig, daß die Genossenschaften, um den Kapitalis mus zu bekämpfen, selbst Kapitalismus werden und kapitalistische Formen annehmen müssen. Der Teufel wird also durch Beelze bub ausgetrieben, wenn er ein dummer Teufel ist und sich nicht zu helfen weiß. Meist kommen die Dinge jedoch anders, nämlich, daß die Genossenschaft zugrunde geht und der Kapitalismus in seiner ursprünglichen Form sich behauptet. Auch ist es gerade im Buchhandel nicht der Kapitalismus, gegen den sich diese Be triebsform kehren würde, es sind vielmehr die zahlreichen mittel- ständischen Betriebe, die davon betroffen würden, jene, auf denen die Kraft und das Ansehen des deutschen Buchhandels beruhen und deren Schutze die Arbeit des Börsenbereins seit seinem Bestehen gilt. Wohl hat auch im Buchhandel das Großkapital seinen Einzug gehalten — eine Entwick lung, der kein Berufsverein Einhalt tun kann, weil sie im Wesen der Zeit liegt und für bestimmte Arbeitsgebiete erhebliche Vor teile bietet —, aber Wert und Bedeutung des Buchhandels werden nicht von ihm, sondern von den individuellen Kräften bestimmt, die in den zahlreichen Einzelwirtschaften wirken und sich dort nach freiem Ermessen betätigen können. Selbst Kapitalismus geworden, müßte die Genossenschaft auch ihre eigenen Genossen bekämpfen, einmal, weil die Zusammenfassung und der Kampf gegen die Einzelbetriebe in ihrem Wesen liegen, zum anderen aber, weil sie sich den wirtschaftlichen Verhältnissen anpassen mutz, um sich gegenüber der Konkurrenz zu behaupten. Nun sagt zwar Herr Nitschmann, datz den Genossen aus reichend Schutz und Sicherheit zur Vertretung ihrer Interessen ge währt werde, und lässt durchblicken, daß ja jeder Genosse Eigen tümer des Betriebs sei. Er sagt ihnen aber nicht, welche Bewandt nis es mit diesem Schutze und mit diesem Eigentumsrecht hat, obwohl von vornherein damit gerechnet wird, datz sich von den 1000 Gilde-Mitgliedern 690 mit 1ÜOO Anteilen L 500 melden werden. Für jeden einigermaßen mit dem Wesen genossenschast- licher Betriebe Vertrauten ist es klar, datz bei einer solchen Zahl die Rechte des Einzclmitglieds fast jede Bedeutung verlieren, besonders da der Schwerpunkt des Unternehmens nicht in den Generalversammlungen, sondern bei der Betriebsleitung liegt, wie ja überhaupt die tatsächliche und rechtliche Vertretung bei der Genossenschast als solcher zu suchen ist. Wer anders als Beamte würden die Leitung der Genossenschaft überneh men, die genau so souverän wären wie die Direktoren der Aktien gesellschaften, nur datz sie, an ihre Instruktion gebunden, den Ge nossen nicht einmal die Vorteile einräumen könnten, die der Einzelunternehmer jedem seiner Kunden, zu dem er persönlich 145« Vertrauen hat, nach freiem Ermessen zruvenden kann. Was das besonders im Buchhandel bedeuten will, in dem die Persönlich keit noch immer ihr Recht behauptet, brauchen wir nicht hervor- zuheben. Bei einer über ganz Deutschland verbreiteten Genossen- schüft, von der doch hier nur die Rede sein kann, würde die Mehr zahl der Genossen zudem auch ihre bescheidenen Recht« als Genossenschafter nicht einmal ausüben können, da eine Über tragung des Stimmrechts nur in ganz wenigen Fällen möglich ist (vgl. ß 43 des Gesetzes) und das Unternehmen genau so »kapitalistisch« betrieben werden mutz wie jedes Konkurrenz geschäft. Wenn man den »großzügigen« Plan des Herrn Nitschmann voll würdigen will, so mutz man sich zunächst über den Umfang der Aufgaben klar sein, die er dem genossenschaftlichen Unter- nehmen der Gilde zuweist. Von den verschiedenen Arten ge nossenschaftlichen Betriebs sind ungefähr alle in seinem Plane vertreten: die Produktivgenossenschast sowohl als die Verwer- tungs- und Bezugs-, Verbrauchs- oder Wirtschaftsgenossenschaft, um uns an die von ihm gewählte Einteilung zu halten. Wenn schon einmal reformiert werden soll, dann auch gründlich und von Anfang an. Infolgedessen steht auch in seinen Ausfüh rungen der genossenschaftliche Verlag obenan, ob wohl sonst die Erfahrung lehrt, daß der Weg zur Produktion meist erst dann beschritten wird, wenn die Genossen der Meinung sind, datz zu dem Gewinn beim Ein- und Verkauf auch noch der Gewinn an der Produktion treten müsse. Anscheinend gewarnt durch das Schicksal verschiedener Genossenschaften, für die dieser Weg der Anfang vom Ende war, geht Herr Nitschmann vom Ver lage aus oder stellt ihn doch wenigstens an die Spitze der Unter nehmungen der Deutschen Buchhändlergilde. Liest man diese Aus führungen, so ist die ganze Sache so einfach wie nur irgend möglich, und man hört förmlich das Geld im Kasten klingen, das bei dieser Art genossenschaftlichen Betriebs verdient wird. Das ist keineswegs Hexerei. Denn: »Es ist ohne weiteres klar, datz ein genossenschaftliches Verlagsgeschäft, an dem 600, 800 oder 1000 deutsche Sortimenter als Mitbesitzer lebhaft und dau ernd interessiert sind, bei halbwegs geschickter Leitung einen überaus großen, durch nichts zu beeinträchtigenden Erfolg zei- tigen muß. Rechnet man, datz jeder Genosse von einem neu er scheinenden Verlagsartikel des Gildeverlags nur 10 Exemplare übernimmt und durch seine Verwendung absetzt, so er gibt sich für die Verlagsleitung der Vorteil, daß sie in der Lage ist, durch den risikolosen Druck einer Auflage von mehr als 10 000 Exemplaren eine billigere Herstellung alz unter normalen Verhältnissen zu erzielen. Hieraus wieder ergibt sich die Möglichkeit, von vornherein höhere Honorare als der übrige Verlag zu bewilligen und dadurch die Verfasser stärker anzu ziehen und zugleich einen niedrigeren Preis als gleichwertige Konkurrenzwerke in Ansatz bringen oder bei gleichem Preise einen höheren Unternehmergewinn den Genossen zuwenden zu können. Die Folge einer solchen wesentlich erleichterten Kalku lation und eines aufs äußerste beschränkten Risikos würde die Ge währung eines hohen Rabatts an die Genossen rechtfertigen und außerdem die notwendigen Rücklagen sichern, sowie die Aus schüttung einer beträchtlichen Dividende gestatten.« Mit mehr Offenheit ist ein manchesterliches Glaubensbe kenntnis wohl noch nicht abgelegt worden. Wo mag Wohl bei Herrn Nitschmann die Grenze liegen, die Brotartikel von den übrigen Werken, »leicht vertauschbare Waren« von Monopolar tikeln trennt, die nicht ohne weiteres »vertauscht« oder durch andere ersetzt werden können? Hat hier nicht auch das Publi kum ein Wort mitzureden? Unwillkürlich wird man an die Ver suche zur Einführung des »Sortimenterverlags« nach dem Rezept: jedermann sein eigener Verleger erinnert, nur daß beim Gtldever- lag alles noch viel, viel einfacher und müheloser ist. Besonders für den, der nicht fragt, was Wohl aus dem Buchhandel der Zukunft werden soll, wenn solche Grundsätze verlegerischer Tätigkeit von dem Wortführer eines Buchhändlervereins verkündet werden, der seine ideale Gesinnung bei jeder Gelegenheit hervorkehrt und sein Schild, das Schild der Gilde — in Holz verpackt Preis 3 ^ 60 «s — als das »Kennzeichen eines Vollbuchhändlers« hin zustellen sucht.
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