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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.12.1916
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- 1916-12-12
- Erscheinungsdatum
- 12.12.1916
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Redaktioneller Teil. ^ 288, 12. Dezember 1918. serich im Reichstag sagte, »aber hinter seinen Paragraphen rollt der Donner der Somme-Schlacht. Heimat- und Feldheer rei chen sich in diesem Gesetz die Hand in unauflöslichem Bund zu Kamps und Sieg. Neben die allgemeine Wehrpflicht tritt mit die sem Gesetz die allgemeine Pflicht zum vaterländischen Hilfsdienst, neben die kämpfende Gruppe tritt die organisierte Helmarmee«. Ein solches Gesetz, wie es die Regierung gedacht hatte, in die Form eines weiten, aber sehr kurzen Mantels von 4 Paragraphen zu fassen und alles andere den Richtlinien und den Ausführungs bestimmungen des Bundesrats zu überlassen, fand nicht die Billi gung des Reichstags. So sehr das ganze Volk und alle Teile der verschiedenen Körperschaften Kern und Absichten dieses Ge setzes guthießen und mit der Begeisterung aufnahmen, die einer großen Notwendigkeit zukommt, so mochte der Reichstag doch nicht darauf verzichten, daß Sicherungen für die Durchführung des gesetzgeberischen Gedankens in dem Gesetz selber ausgedrückt würden. So wurde aus dem Regierungsentwurs von 4 Para graphen nach der Beratung des Reichstagsausschusses ein Ge setzentwurf von 2V Paragraphen, und in dieser Ausdehnung ist die Vorlage Gesetz geworden. Da es sich in erster Linie um die Verwirklichung des sog. »Hindenburg-Programms für Muni tionserzeugung« handelt, so ist ganz naturgemäß im Auge zu be halten, daß die Handarbeit auf Kosten der Kopfarbeit eine ge steigerte Höherbewertung erfahren muß. Granatendrehen und Feldbestellung ist in diesem Sinne nun einmal notwendiger, jeden falls von näherer Notwendigkeit als das Buch, und es bedarf für diese manuelle Tätigkeit zahlreicherer Arbeitskräfte als für die geistige Leitung von Betrieben oder für die Pflege des Gei steslebens. Trotzdem haben die leitenden Männer bereits ganz deutlich ausgesprochen, daß sie keineswegs alles auf den Kopf stellen wol len, daß ihnen der Bühnenkünstler und das »gelehrte Haus« nicht in erster Linie als Munitionsarbeiter brauchbar scheinen und daß der Begriff der Volksversorgung nicht im engen materiellen Sinne aufgefaßt werde, sondern auch die Befriedigung geistiger Bedürfnisse, wie z. B. durch die Presse, die Lehrerschaft und die Geistlichkeit ferner die Berufsorganisation von Arbeitgebern und Arbeitnehmern und die Organe der Sozialversicherung, unter den Begriff des Hilfsdienstes fallen. Ähnlich wie -dies Staatssekretär vr. Helfferich bekundet hat, hat sich General Groener, der Leiter des neuen Kriegsamtes für den vaterländischen Hilfsdienst, da hin ausgesprochen: »Das Gesetz ist nicht geeignet, nun ganz plötzlich alle möglichen wunderbaren Maßnahmen in die Welt zu setzen, mit einem Schlage alles das zu schaffen, zu erreichen, was wir zum Ziele haben. Es bedarf einer langsamen, wohlüberleg ten, organisatorischen Arbeit und einer organisatorischen Ent wicklung der ganzen Sache. So liegt nicht im Gesetz die Haupt bedeutung, nicht im Gesetz der Schwerpunkt, sondern in seiner Ausführung. Sie mögen in das Gesetz hineinschreiben, was Sie wollen, es kurz fassen, lapidar, wie wir es vorgeschlagen haben, Sie mögen den Mantel — es ist ja ein Mantelgesetz — mit allen möglichen Zieraten, mit Tressen, Kantillen und allen möglichen anderen Sachen versehen, es nützt Ihnen alles nichts, wenn wir das Gesetz nicht vernünftig ausführen.« Daß dies nicht etwa nur leere Worte sind, zeigt der auf die Eingabe des Vorsitzenden des Verbandes der Fachpresse Deutsch lands von Generalleutnant Groener eingegangene Bescheid, den das Börsenblatt in Nr. 284 veröffentlichte. Wir ersehen daraus, daß der Begriff »Presse« nicht eng herzig ausgelegt wird, daß also das Buch- und Zeitungsgewerbe im weiteren Sinne darunter verstanden wird, offenbar in der Erkenntnis, daß alles, was im deutschen Vaterlands geleistet wird, vom ganzen geistigen Ausbau abhängig und in ihm verankert ist. Es liegt ja auf der Hand, daß wir im Buchhandel unfern Anteil an diesem geistigen Aufbau der deutschen Wirtschaft nicht gering anschlagen. Aber auch wenn wir uns objektiver, unüber heblicher Beurteilung befleißigen, werden wir dem modernen so zialpolitischen Gedanken Hinneigen, daß nicht Unterschiede des Besitzes, Wohl aber Unterschiede der Bildung und des Wissens gemacht werden müssen. Im Heere wie im bürgerlichen Leben ist es ein — auch von linksliberaler Seite nicht angefeindeter — 1508 Grundsatz, daß die Leitung dem gebührt, der mehr kann und mehr gelernt hat. Bildung und Wissen sind investiertes geistiges Ka Pital, das nicht so fehlerhaft gewonnen oder verloren wird, wie es oft bei materiellem Kapital, bei Geld und Gut, der Fall ist. Ein Reicher läßt sich ohne Schaden für die Allgemeinheit aus schalten, sein Reichtum kann ohne Erschütterung des sozialen Lebens in andere Hände übergehen — Wissen und Fähigkeiten indes sind höchstpersönliche, unübertragbare Güter in ganz an derem Sinne, oder wenn sie übertragen werden sollen, muß der andere sie wieder mit eigener Fähigkeit erwerben, um sie zu besitzen. Diese Grundlehren der Geistigkeit hat auch der Krieg nicht umgestoßen — er kann höchstens dazu beitragen, sie im einzelnen auf ihre gerechte Anwendung zu prüfen. So wird man sehr Wohl fragen dürfen, ob nicht gewisse Zweige auch des Buchgewerbes — ebenso wie bei gewissen Zweigen des Kunstbetriebs — entbehrlicher sind als andere, sodaß aus ihnen ohne Schädigung der geistigen Interessen Kräfte ge nommen und in andere Arbeitsgebiete gegeben werden. Dabei kann natürlich nicht ausschlaggebend sein, ob ein Buch oder ein Kunstwerk höhere oder geringere Bedürfnisse befriedigt. »Ein Stückel Brot und ein Groschen«, sagt Wilhelm Busch, »ernähren auch ihren Mann«, und es gibt bescheidenere Köpfe, die mit win ziger Geisteskost vorliebnehmen müssen, während andere nach den Höhen streben. Ausschlaggebend kann -dabei also nur sein, ob etwas absolut überflüssig oder schädlich ist. In solchem Falle mag die rauhe Hand der Kriegswirtschaft ernstlich zugretfen und darf nicht vor sogenanntem »Geistigen« haltmachen oder das Gedruckte nur deshalb achten, weil es gedruckt ist. Wie weit der Krieg da ein praktischer Lehrmeister sein wird, kann natürlich nur von Fall zu Fall von sehr verständigen Men schen entschieden werden. Interessant ist bei alledem übrigens die unterschiedliche Wertung der Fakultäten durch den Krieg: während die Medi ziner und Theologen in ihrem wissenschaftlichen Berufe im Felde verwendet werden, ist dies bei den Juristen nur ausnahmsweise der Fall, namentlich wo sie als Kriegsgerichtsräte tätig sind, und bei den Angehörigen der philosophischen Fakultät gar nicht. Dies kann aber bei der Wahrung des geistigen Aufbaus der deut schen Kraft nicht für die letzte Bewertung ausschlaggebend blei ben, denn von den Medizinern und Theologen verlangt man auch nur ihre praktisch wissenschaftliche Betätigung, mit der freilich namentlich aus medizinischem Gebiet notgedrungen auch wissen schaftliche Fortschritte verbunden sind. Unabhängig davon aber muß die Kontinuität der wissenschaftlichen Arbeit doch wohl ge wahrt bleiben, soweit dies irgend mit andern wirtschaftlichen Forderungen des Kriegs verträglich erscheint. Ebenso wie die Stärkung sehr zahlreicher Waffen- und Werkzeugindustrien einen positiven Posten bedeutet, der mit seinen Folgen in den Frieden hinüberreicht, darf auch bei den geistigen Industrien, wenn wir sie so nennen dürfen, die Frie denspolitik nicht ganz aus dem Auge verloren werden. England hat uns gelehrt, schon jetzt im Krieg zugleich Politik für die künf tige Friedenszeit zu treiben, und Frankreich setzt gegenwärtig alles daran, seinen Buchhandel ausgestaltend zu organisieren, da mit er künftig die Macht der deutschen buchhändlerischen Orga nisation und Produktion brechen könne. Es wäre kurzsichtig, bei der Beurteilung von Notwendigkeiten im vaterländischen Hilfs dienst das Geistige, auf das ja auch die Militärbehörde für die Leute im Schützengraben den allergrößten Wert legt, zu kurz 1 kommen zu lassen, insbesondere wenn von Feindesseite so große l Anstrengungen gemacht werden, gerade das deutsche Buch für ! später aus dem internationalen Wettbewerb zu verdrängen, über diese Vorgänge namentlich in Frankreich ist im Bbl. in letzter Zeit so Interessantes mitgeteilt worden, daß jeder, den es angeht, sich bewußt geworden ist, was hier auf dem Spiele steht. Das neue Kriegsamt, das die geistigen Bedürfnisse des Soldaten im Felde kennt und die Wertschätzung der geistigen Arbeit hinter der Front hochhält, wird demgemäß - das dürfen wir nach alledem er warten — auch das gesamte Buchgewerbe pfleglich und scho nend zu behandeln geneigt sein.
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