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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.12.1880
- Strukturtyp
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- Band
- 1880-12-06
- Erscheinungsdatum
- 06.12.1880
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- Deutsch
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283, 8. Hecember. Nichtamtlicher Theil. 5S63 mechanischen Kunstfertigkeit des Schreibers und Stilisirers ein fremdes Geisteswerk angemaßt worden ist. Wenn man die Anwendung solcher Kunstfertigkeit nicht mit der Bezeichnung einer mechanischen Geistesarbeit belegen will, so möge man dafür handwerksmäßige Geistesarbeit setzen Daß diese handwerksmäßige Geistesarbeit auf dem literarischen Ge biete nichts Höheres als diejenige aus dem Gebiete der Kunst ist, beweist sie dadurch, daß sie nichts Mehreres bedarf, als eine angelernte und zu erlernende Fertigkeit, eine eingehende Kennt- niß des Formenwesens der Sprache, ein oberflächliches Ver- ständniß des Gegenstandes, welchen das Schriftwerk behandelt, wie es die allgemeine Bildung, die uns Erziehung, Unterricht und Verkehr bringen, ermöglicht, um die Schöpfung des Geistes eines Andern zu einem den sinnlich wahrnehmbaren Darstcllungs- mitteln nach scheinbar neuen Werke umzuwandeln. Dieses enthält allerdings auch den schöpferischen Gedanken, welcher vom Urheber unter Anwendung allgemeiner Mittel, den Gedanken in die Sinnenwelt überzuführen und für Andere faßbar zu ge stalten, zum Gcisteswerke geschaffen ist. Aber da der Nach bildung die gestaltende, selbständige Thätigkeit des schaffenden und beim Schassen bildenden Geistes, welche in der Art der Anwendung der Darstellungsmittel auf den Gedanken in Ge mäßheit seiner Eigenheit sich ausdrückt, gefehlt hat, so hat sie nichts als den Ausdruck der formal umgestaltenden Thätigkeit, welche von der Nothwendigkeit, ein anderes Kleid für dieselbe zu finden, charakterisirt wird. Eine solche Nachbildung ist das eigentliche Plagiat. Es entsteht also das Plagiat in umge kehrter Weise, als das Original. Der Urheber erzeugt den Ge danken des Geisteswerks und drückt ihn den Darstellungsmitteln als einem materiellen Stoffe auf, der Plagiator drückt dagegen die ihm geläufigen Darstellungsmittel dem fremden Werkle aus. Dies ist kein Schaffen, weil Formen der Sprache, des Stils re. bereits vorhandenes Gemeingut sind. Die Verwendung der selben ist nicht eine eigene Neues erzeugende Thätigkeit, sondern nur Mechanik des Geistes, welche die Urheberschaft an ihrer Frucht zu begründen nicht vermag. Wir sind also zu der Uebcr- zeugung gekommen, daß dieses beim Schriftwerk vorkommende Plagiat nur eine mechanische (handwerksmäßige), durch Kunst- sertigkeit in der Sprachkunst hergestellte Vervielfältigung des Originalwerkes sei. Damit würden wir dann mit unserer oben aufgestellten Forderung gerechtfertigt sein, daß der in der Be stimmung, daß die unbefugte Vervielfältigung eines Kunstwerkes auch dann als ein verbotener Nachdruck soll angesehen werden, wenn die Nachbildung nicht aus rein mechanischem Wege, sondern mit Hilfe einer durch selbständige Kunstfertigkeit hervorgebrachten Nachbildung bewirkt worden ist, liegende Grundsatz zur Anwendung auf Schrift werke komme. Sie würde damit erfüllt werden, daß man ge setzlich eine durch selbständige Kunstfertigkeit in der Sprachkunst hergestellte Umbildung des Originalschristwerks für eine unbe fugte verbotene Vervielfältigung beziehentlich Nachbildung er klärt. Wir versuchen es, im Nachstehenden dies zu begründen. Wir müssen daran sesthalten, daß nur die eigene schaffende geistige Thätigkeit dem Urheber ein ausschließliches Recht an seinem dadurch aus seinem Gedanken erzeugten Geisteswcrke her vorbringt. Da wir jedoch kein Gedankeneigenthum anerkennen, so schließt dies nicht aus, daß der dem Werke zu Grunde liegende Gedanke von dem schöpferischen Geiste eines Andern zu neuer Gestalt ersaßt und durch eigene geistige Thätigkeit zu einem selbständigen neuen Geisteswerke umgeschaffen werden kann (z. B. die Umarbeitung einer Novelle in ein Drama). Dabei kommt alles daraus an, daß der fremde Gedanke von der gegebenen fremden Gestaltung völlig losgetrennt sei, bevor er vom Dritten ! verwendet wird. Dann wird das auf diesem Gedanken neu er- ^ baute Werk schon in seiner äußeren Erscheinung nicht als eine mit nur mechanischer Kunstfertigkeit ausgestattetc fremde Form erscheinen. Damit kommen wir zur Ueberzcugnng, daß bei der , Frage: Liegt ein Plagiat vor? es daraus allein ankommt, zu er kennen, welches die dem Urheber eigcnthümliche, seinem Geistcs- werke gegebene Gestaltung des Gedankens sei. Dann begreift sich auch leicht, daß nicht nur das dringend verlangte Verbot des Plagiats durch ein Gesetz eine Möglichkeit sei, sonder» daß auch der Geltendmachung des Verbotes im einzelnen Falle kein Hinderniß entgegenstehe, wenigstens wenn man dem Richter die Beihilfe des Gutachtens von Sachverständigen für Unterordnung des einzelnen Falles unter das Gesetz zugesteht, wie dies für die Beurtheilung der Frage über die rein mechanische Verviel fältigung, sowie für die dem Plagiate gleichen Nachbildungen von Ton- und Kunstwerken (Reichsgesetz vom 11. Juni 1870, ß. 46. und Z. 49. in Verbindung mit tz. 31. Reichsgesetz vom 9. Januar 1876, Z. 16.) bereits gesetzlich feststeht. Aus dem vorstehend Verhandelten dürste hervorgehen, daß das Plagiat als eine Aneignung fremden Schriftwerkes mit den verboienen Nachbildungen der Ton- und Kunstwerke zwei ge meinsame Merkmale habe: die Anwendung einer der mechanischen Thätigkeit gleichen Kunstfertigkeit zur Bearbeitung eines fremden Geisteswerkes und seiner Gestaltung, und den Mangel einer eigenen schöpferischen Kraft, sowie einer individuellen Ausfassung und Verarbeitung des fremden Gedankens, und daß die Gründe, aus denen man Werken der Tonkunst und der bildenden Kunst gegen solche Bearbeitungen Schutz gewährt, gleichermaßen für die Schriftwerke gelten und also das Plagiat ebenso wie der Nachdruck zu verbieten und zu bestrafen sei. Um unhaltbaren, aber zu erwartenden Einwendungen gegen das Verbot des Plagiats zu begegnen, dürste es nicht unnütz sein, schließlich noch darauf hinzuweisen, daß mit einem solchen Gesetze keineswegs die Reproduction verboten — kein Gedanken eigenthum ausgestellt ist. Denn wir haben oben schon mehrfach ausgesprochen, daß den Gedanken, welchen ein Urheber in seinem Geisteswerke ausgesührt hat, zu benutzen, uni ein neues Geistes werk zu schaffen, Jedem sreigelassen sein müsse. Wir stellen nur als Bedingung für die Freiheit, den Gedanken des fremden Werkes zu benutzen, eine schassende Thätigkeit, mit der Eigen schaft, die Kennzeichen des selbständigen Schaffens dem neuen Werke aufzudrücken, was niemals damit erreicht wird, daß bloß andere allgemeine Formen an die Stelle der allgemeinen Formen des ersten Urhebers gesetzt werden. Wir machen diese Bedingung vielleicht wiederum am klarsten an folgendem Beispiele aus der zeichnenden Kunst. Den Gols von Neapel abzubilden (aufzunehmen) ist jedem Maler gestattet, obwohl der Gedanke, dies zu thun, und die Ausführung bereits früheren Künstlern angehört, — obwohl der Maler keinen andern Gegenstand für sein Kunstwerk wählt, als den genannten Golf, als das Bild, welches diese Gegend seiner Ausfassung und Kunst- sertigkeit wie jedem andern bietet. Wenn auch der Maler den Gedanken erfaßt, den schon oft aufgenommencn Gols von Neapel zu malen, ja wenn selbst dieser Gedanke durch das Erblicken eines früheren von fremder Hand gezeichneten Bildes davon in ihm erst erzeugt ist, so wird die Auffassung dieses Gegenstandes seitens des Künstlers den Eigenschaften seines Geistes entsprechen, somit eine von der des ersten Künstlers vollständig verschiedene sein, und diese Verschiedenheit sich bei der Wiedergabe des selben Gegenstandes deutlich markiren, weil eine vom Künstler selb ständig nach der Natur wiedergegebene Zeichnung dessen indi- 721'
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