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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.12.1880
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1880-12-22
- Erscheinungsdatum
- 22.12.1880
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- Deutsch
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nach oben und unten überragenden Buchstaben den Zwischenraum verengen und, wenn ein großer oben und ein kleiner unten hervor ragender Buchstabe genau gegenüberstehen, den Durchschuß nur I mm groß erscheinen lassen. Unterwerfen wir nun in dieser Beziehung die gelesensten Zeit schristen einer Prüfung. Nur in den „Grenzboten" und in der „All gemeinen Modenzeitung" finde ich de» guten Durchschuß von 3 MM, im „Ausland" 2,75 mm; die Grenze dessen, was man ge statten dürste, scheint mir 2,5 mm zu sein. So ist der Durchschuß in den meisten Artikeln der „Deutschen Rundschau", in „Wester- mann's Monatsheften", im „Magazin sür die Literatur des Aus landes". Dagegen ist er nur 214 mm in einzelnen Artikeln der „Gegenwart", nur 2 mm im „Daheim", „Gartenlaube" und „Bazar", I U mm in einzelnen Artikeln der Leipziger „Jllustrirten Zeitung" und von „lieber Land und Meer". Auf 114 mm Durch schuß gehen die „Modenwelt", die „Jllustrirte Zeitung", kleine Artikel in der „Gartenlaube" und im „Daheim" herab; 1!4 mm finde ich in vielen Aussätzen von „lieber Land und Meer"; ja in der „Briefmappe" dieser und in dem „Büchermarkt" der Leipziger „Jllustrirten Zeitung" ist man sogar auf 1 mm Durchschuß herab gestiegen. Auch hier thut baldige Abhilfe dringend Noth. Die längere Lectüre der meisten Zeitungen wird wesentlich durch den aus 2 oder 114 mm betragenden Durchschuß erschwert. Wie es mit den Schulbüchern in dieser Beziehung steht, folgt beispielsweise daraus, daß in dem Bock'schen Lesebuch sür Anfänger bereits Seite 37 der Durchschuß nur 2 mm, in den oben genannten Grammatiken nur 1U, in den Wörterbüchern gar nur 114 und 114 wm beträgt! Dem Durchschuß steht an Wichtigkeit kaum die Dicke der Buchstaben nach. In der „Deutschen Rundschau" ist jeder Strich des „n" etwa !4 mm dick; das ist gut. Manche Verleger aber suchen mehr Worte auf die Zeile zu bringen, indem die Lettern schmäler gegossen werden. Natürlich wird das Bild eines Buch stabens auf der Netzhaut des Auges um so breiter, dieser daher um so weiter lesbar sein, je dicker der Buchstabe ist. Man kommt nun erfreulicher Weise wieder zu der alten dicken Schrift, den sogenann ten Schwabacher Typen zurück. Ein Grundstrich, der schmäler als 14 mm ist, dürste in Schulbüchern nie geduldet werden. Auch die Länge der Zeilen ist als Ursache der Myopie ange schuldigt worden. Javalmeint, daß Kurzsichtige bei langen Zeilen für die Mitte derselben ihre Linse stärker krümmen müssen, als für die Enden derselben. Das ist zwar noch nicht nachgewiesen, aber es ist nicht unwahrscheinlich. Jeder starke Myop kennt übrigens am besten selbst die Qual, die ihm, falls er ohne Brille liest, eine Reihe langer Zeilen bereiten. Längst ist man ja auch von den großen Quartbänden des vorigen Jahrhunderts zurückgekommen. Es er scheinen fast alle Werke in Octav, und die Zeitschriften, welche in Folio oder Quart ausgegeben werden, bringen ihren Stoff in 2 oder 3 Spalten unter. Je kürzer die Zeile, desto angenehmer ist sie zu lesen, weil dann die Augen keine großen Excursionen zu machen brauchen. Am bequemsten in dieser Beziehung sind „Westermann's Mo natshefte", die nur 5K MM Zeilenlänge haben. Ihm folgen „Bazar" und „Modenwelt" mit 7 7 mm, Leipziger „Jllustrirte Zeitung" und „lieber Land und Meer" mit 78 mm, „Ausland" mit 80 mm, „Ma gazin sür die Literatur des Auslandes" mit 85, „Daheim" mit 89, „Gegenwart" und „Gartenlaube" mit 91, „Grenzboten" mit 107 und die „Deutsche Rundschau" mit 120 mm. Als Grenze sür Schulbücher ist eine Zeilenlänge von 90 mm zu empfehlen. Auch die App röche, d. h. der Zwischenraum zwischen 2 Buch staben muß reichlich sein; Laboulaye verlangt, daß der weiße Raum Wischen 2 Buchstaben breiter fei als der Zwischenraum zwischen s den beiden Grundstrichen des „n". Wir markiren ja auch durch gesperrte Schrift das besonders Wichtige, weil sich dann jeder Buchstabe durch seine Jsolirung mehr abhebt. Nicht zu unterschätzen ist die Beobachtung von Javal, daß die rechteckigen lateinischen Buchstaben durch die Irradiation des weißen Grundes in ihren scheinbaren Dimensionen verringert werden, daß also ihre Winkel abgerundet und sie selbst kleiner er scheinen, also » statt I . Damit sie rechteckig erscheinen, müsse man ihre Ecken verstärken, die Querstriche an den Enden also dicker machen: I statt I. In der deutschen Fracturschrift scheint mir diese Rücksicht nicht nöthig, da unsere Buchstaben oben und unten umgebrochen sind (daher der Name Fractur) oder kolbig anschwellen, z. B. n. Manche Aerzte, namentlich die Ausländer, sind der Ansicht, daß gerade die deutschen Fracturbuchstaben den Augen besonders schädlich seien. Gewiß sind sie keine germanischen, sondern nur miß gestaltete lateinische Buchstaben; ich gebe auch zu, daß es im Inte resse der deutschlernenden Ausländer wäre, Alles in Antiqua zu drucken, daß es ferner den Elementarlehrern und den kleinen Schul kindern zu wünschen wäre, wenn sie nicht schon im Anfänge mit der Einübung von zwei Alphabeten gequält würden, — allein warum die Fracturschrift, wenn sie nur groß, dick und gut durchschossen ist, die Augen mehr als die Antiquaschrift anstrengen soll, wüßte ich nicht *); einAugenarzthat auch diese These bisher nie verfochten. Ge wohnheit mag hierbei viel thun; mir persönlich ist es immer an genehm, nach längerer Lectüre der eintönigen Antiquaschrift wieder „unser geliebtes Deutsch" zu lesen. Die Form der Buchstaben bis ins Alterthum zurück zu ver folgen, ist zwar sehr interessant, düste jedoch hier nicht am Platze sein. Wohl aber darf hier erwähnt werden, daß die Akademie der Wissenschaften zu Paris bereits von Ludwig XIV. im Jahre 1692 um Rath gefragt wurde über die Form der Buchstaben, welche sür die kgl. Druckerei gegossen werden sollten. Die Akademie ernannte eine Commission, deren Bericht 1704 im Departement der Manu- scripte der National-Bibliothek niedergelegt, mit vielen Druckproben versehen, aber niemals veröffentlicht wurde. Emile Javal hat sich jetzt sehr viel mit der Form der Antiqua-Buchstaben beschäftigt, be rücksichtigt aber oft mehr das Interesse des Verlegers, betr. der Papierersparniß, als das der Augen der Leser. So glaubt er, daß man, damit die Jnterlignage noch kleiner werden könne, die nach unten überragenden Theile der Buchstaben ganz unter drücken könne, ohne die Lesbarkeit zu schädigen. Er erwähnt dabei, daß die Omnibus-Compagnie in Paris, die auf ihren Billets Platz für Annoncen vermiethet, bereits der Raumersparniß wegen die langen unteren Buchstaben durch kleine Anfangsbuchstaben ersetzt hat, und z. B. druckt: ,,Ou pout romarquor, cru'on no oourrait . . . ckoas. ks.it plus... los lousuos . . ." Javal hat nun die sehr hübsche Beobachtung gemacht, daß man sehr leicht eine Zeile lesen könne, wenn man die untere Hälfte der selben mit einem Blatte Papier verdeckt, daß dies aber sehr schwer, ostunmöglichsei, wenn mandieobereHälfte zudeckt. Erzeigte, daß der Leser den Blick etwas über die Mitte der Buchstaben gleiten läßt, weil nur 5 lateinische Buchstaben unter der Linie vor ragen: g, j, p, q und z-, und daß diese nach den Durchschnittsrech nungen der Setzer unter 100 langen Buchstaben nur 15 mal Vor kommen. In der deutschen Fractur finde ich das Verhältniß noch günstiger; hier ragen infolge der vielen großen Buchstaben nur ') In der „Kölnischen" Zeitung bemerkte Jemand gelegentlich, die deutschen Fracturbuchstaben seien zu geschnörkelt. Wer könne das Wort „GASLWJRTHSCHAFT" so leicht lesen als „6X81- 7VIll18800Xb'1" ? Sehr richtig I Aber wer druckt denn in solchen Initialen? Die kleinen Buchstaben sind ja in der Fractur auch einfacher.
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