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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.09.1900
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- 1900-09-24
- Erscheinungsdatum
- 24.09.1900
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- Deutsch
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222, 24. September 1900. Nichtamtlicher Teil. 7121 Farbe und Vortragsweise feinere Werte und größere Sicher heit erlangt hat, auch die Formengebung ist in den letzten Darstellungen wesentlich ausgeglichener und maßvoller ge worden. Weisen Odin und Wahrheit immerhin noch eine merkliche Eckigkeit der Formen und Härte der Formengebung auf, so ist bei deren Gegenstücken: »Loki« (Widerstreit) und »Dichtung« eine Schönheit des Linienflusscs und Harmonie der Farbe getreten, die namentlich in der Figur der Dichtung zu höchster Vollendung gelangen. Odin ist dargestellt, wie er in ehernen Tafeln das Schicksal der Welt verzeichnet; die Wahrheit erscheint als ein ernstes.majestätisches, mit einem Diadem geschmücktes Frauen bild. Loki in kraftvoller Männlichkeit, beleuchtet vom Wider spiel glühenden Flammenscheius und den bläulichen Reflexen kalten Moudlichts, während die Dichtung nächtlicherweile, ähnlich wie Venus Auadyomene als Schaumgeborene dem Meere, hier einer Muschel entsteigt. Für die große, die Balder-Mythe als Grundgedanken bergende figurenreiche Darstellung, die durch das Einschneiden der Nische mit dem Standbild Guteubergs in drei Teile zerfällt, seien als Erläuterung des Künstlers eigene Worte, die vr. Volkmann im vorigen Herbste in der »Kunst und Dekoration« veröffentlichte, hier angeführt: »Die große Skizze, für die Hauptwand der Guten- berghalle gedacht, soll Balders Erwachen und Erblühen darstellen, aus den Frühlingsblumen der Erde wächst er empor. Sein Erscheinen bedeutet für die beiden reprä sentierenden Menschen, die rechts und links auf der gleich falls mit Blumen überstreuten Wiese sich befinden, Licht, Luft, Freiheit und Erwachen zur Wonne. Im Hinter gründe ballen sich die verdrängten und besiegten Winter riesen zu einem drohenden Gewitter zusammen, nochmals zu einem Angriff auf die befreite Erde sich vereinend und rüstend, wenn Balder, das Licht, der Befreier, sich nicht stark genug zeigen sollte, sich zu behaupten. Unter den fröhlichen Menschenkindern, in bröckelnden Höhlen, im Feuchten, Dunkeln, kauern wieder finstere Mächte, teils vom Schlafe übermaunt, teils wachend, grollend vor sich hinstarrend, mit Schätzen irdischer Art. Oder sie ziehen aus auf Drachen und Schlangen, schon überzeugt von Balders Kraft und an ihrer Herrschaft verzweifelnd. — So wie Balder, der läuternde Frühling, uns herrlich vom Winter und seinen Gewalten befreite, so stürmte die Erfindung der Buchdruckerkunst, ähnlich leuchtend, erweckend und befreiend, in die Finsternis des Mittelalters hinein, und schon sind viele von diesen Raufriesen vernichtet, andere liegen in tiefem Schlafe. Das Gewitter ballt und ballt sich aber immer und immer wieder zusammen. Möge die Presse doch so stark wie der sieghafte Gott sein, dem Ge witter zu gebieten und die Dämonen zu zerstreuen. Ich erlaube mir solches an Stelle einer mageren und unmale rischen Allegorie vorzuschlagen, wie die schon so oft, zwar didaktisch aber unerquicklich wirkend, allenthalben angebracht worden ist.« Aber weit mehr als des Künstlers eigene Worte bestätigt die reichgegliederte Komposition, in wie tiefsinniger und genialer Weise Sascha Schneider den Mythus weitergesponnen, mithin dichterisch erweitert hat. Dabei ist jedoch wohl zu beachten, daß mancher Figur, die hier in Erscheinung tritt, kein eigentlicher litterarischer Gedanke zu Grunde liegt. Sie ist entstanden aus rein künstlerischen Gesichtspunkten, hervor- gegangeu aus reiner Lust am Schaffen. Zu der in großen Zügen gehaltenen Darlegung Schnei ders sei weiter ergänzend hier auf die Einzelheiten der Kom position näher eiugegangen. Wie schon oben gesagt, zerfällt das große Hauptbild in drei Teile. Das obere und Mittel bild, das nach oben hin ruudbogenförmig abschließt, zeigt p>kbeinmi>seklnWer Jahrgang. ganz im Vordergründe die aus einer Blumenfülle, welche den Armen der »Erda« entsprießt, aufsteigende Gestalt Balders. Dessen Figur wird durch ein flatterndes goldiges Gewand, das jedoch, nach rückwärts fliegend, die Körperformen unver hüllt läßt, in der Bewegung und Erscheinung wirksam unter stützt. Die Freude des Erwachens, die Lust am Dasein läßt sich treffender nicht charakterisieren, als in dieser fast schwebend aufsteigcnden Balder-Gestalt in ihrer Jugendschöne. Nach rechts und links hin sieht man auf blumiger Wiese ein knieendcs Menschenpaar — Mann und Weib —, das, ganz versunken im Anblick des Sonnengottes, diesem in stillem Staunen zujubelt. Im nebligen Dämmerlicht des Hinter grundes tauchen die drohenden Gestalten der Wiuterriesen auf, die aber trotz ihrer Menge in respektvollem Abstand vor dem Götterjüngling sich zu halten scheinen. Im rechten unteren Bilde fällt zunächst ein Riesenpaar ins Auge, das beim Erscheinen Balders flieht. Daneben, zu einer von feinfühligstem Linienfluß erfüllten Gruppe vereint, gewahrt man drei wundersam charakterisierte, von tiefem seelischen Empfinden zeugende Figuren: einen vor sich Hin starreuden Greis, mit beiden Armen kostbare Erdenschätze zu sammenraffend, ein abstoßendes Bild des Geizes; ferner einen wie traumverloren niederblickenden Ritter, von dessen Ober körper die stählerne Rüstung bereits abgenommen ist — eine Personifikation des entschwundenen Rittertums — und eine ruhende, mit verhülltem Gesicht und rosenbekränztem Haar daliegende weibliche Gestalt: die schlafende Minne. Aus dem tiefen Dunkel des Hintergrundes blicken in verschwommenen Umrissen, wie düstere Gespenster, der Teufel, halb Mann, halb Stier, sowie die zurückgedrängten Krankheiten hervor. Der dritte Gemäldeabschnitt, der nicht ganz auf gleicher Höhe malerischen Feingefühls wie die beiden vorher be schriebenen Teile steht, aber höchst wirksam ist, läßt in langem Zuge von rechts nach links erscheinen: die Zauberei (den Hexeuglauben) in roten: Gewände, ein Herz in der Hand tragend, ferner einen Zauberkönig, den Eisriesen, den Waldriesen, hinter beiden in prächtigen Gewändern einen Popen, als Vertreter der Kirche, und ganz vorn, in selbstbewußter Haltung, weitausschreitend, eine männliche Figur von slavischem Typus, die autokratische Staatsidce verkörpernd. Was nun den kühn konzipierten Aufbau der Gesamt komposition, die Eigenart der Formensprache, die Kraft des Tons anbelangt, so werden diese Teile der künstlerischen Ausdrucksweise Sascha Schneiders gewiß nicht allseitig un bedingte Zustimmung finden. Dem einen wird der Aufbau zu gewagt — dem andern werden die Farbenwerte zum Teil zu stark erscheinen, und anderes mehr wird eingewendet werden. Aber was will dies alles besagen angesichts der Größe der Anschauung, der Erhabenheit der Gestaltung, die sich hier doku mentieren? Wird doch keiner kommen und sagen können: daß da und dort ein modernes Werk der Wandmalerei ent standen ist, das einen größeren Zug des Monumentalen oder mehr geistigen Inhalt aufwiese als dieses! Und des halb wollen wir uns dieses Werkes freuen und wünschen, daß der Genius unseres Sascha Schneider, der hier die Kraft fand, seine Schwingen voll zu entfalten, unsere deutsche Kunst noch mit manchem ebenbürtigen Werke bereichern möge. Ernst Kiesling. Kleine Mitteilungen. Veröffentlichungen der Kölner Stadtbibliothek. — Wir empfingen hierzu die folgenden Mitteilungen: Doppelheft 7/8 (Katalog der Abteilung Rheinische Geschichte und Landeskunde der Rheinprovinz Band II) befindet sich im Drucke. Die bei Gelegen heit der Gutenbergfeier erschienene Festgabe: Ulrich Zell von I. I. Merlo, bearbeitet von O. Zaretzky (Druck und Verlag der Kölner Verlagsanstalt und Druckerei A.-G.) trägt die Bezeichnung -Veröffentlichungen der Stadtbibliothek in Köln Beiheft 3». Als 054
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