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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.03.1911
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- 1911-03-16
- Erscheinungsdatum
- 16.03.1911
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- Deutsch
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62, 1«, März 1911. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 3285 wenn man sich diese Ziffern vergegenwärtigt, geradezu als Ironie, wenn die Begründung auf S. 103 jagt, beim Ausbau der Invalidenversicherung hätte man an einer viel bescheide neren Renten- und Hinterbliebenenverjicherung sesthalten müssen, als die Angestelltenversicherung sie vorjähe. Denn es ist wirklich schwer zu sagen, wie noch geringere Waisenrenten normiert werden können. Man muß sich angesichts der Winzig keit dieser Erziehungsbeiträge die Frage vorlegen, ob man nicht besser von einer Waisenversicherung überhaupt Abstand nimmt und die hierfür frei werdenden Mittel zur Aufbesserung der Invalidenrenten verwendet. Mit der wichtigste Grund für die Niedrigkeit aller Renten, die die Vorlage in Aussicht stellt, sind die hohen Verwaltungs kosten, mit denen die neue Versicherung bei ihrem enormen Verwaltungsapparat rechnen muß. Wie hoch diese Kosten sein werden, wird klar, wenn man sich die verschiedenen Organe vergegenwärtigt, deren Schaffung die Vorlage ins Auge faßt. Für die Reichsversicherungsanstalt ist natürlich ein umfang reiches Verwaltungsgebäude zu errichten. Die Mitglieder des Direktoriums, deren Zahl im Entwurf nicht angegeben wird, werden nicht geringe Gehälter beziehen. Zu den leitenden Beamten wird eine große Schar von Bureau-, Kanzlei- und Unterbeamten treten. Der Verwaltungsrat besteht aus min destens fünfzig Personen. Ihnen sind Tagegelder zu zahlen und die Reisekosten nach festen Sätzen zu vergüten. Dasselbe gilt für die vier Mitglieder des Verwaltungsausschusses. Bei den Rentenausschüssen, die nach Bedarf errichtet werden sollen, sind der ständige Vorsitzende, sein Stellvertreter und die nötigen Hilfsbeamten zu besolden. Auch müssen alle Rentenausschüsse über Bureauräume verfügen können. Den Beisitzern dieser Ausschüsse, deren es bei jedem einzelnen mindestens zwanzig gibt, sind bare Auslagen zu erstatten. Außerdem ist ihnen als Entschädigung für Zeitverlust und entgangenem Arbeitsver dienst ein Pauschalbetrag zu vergüten. Dasselbe gilt für die Vertrauensmänner, deren Zahl für den Bezirk einer unteren Verwaltungsbehörde sich auf mindestens sechs beläuft. Die Beitragsstellen erhalten für ihre Arbeitsleistung eine Ent schädigung, ebenso die Ausgabestellen für die Ausfertigung der Verjicherungskarten der Angestellten, endlich bezieht die Post, die die Renten zur Auszahlung bringt, hierfür eine Vergütung. Bei den Schiedsgerichten find sowohl der Vorsitzende wie dessen Stellvertreter sest besoldete Beamte. Die Beisitzer in der Zahl von mindestens zwölf für jedes Schiedsgericht erhalten Reise- kostenentschädigung und Diäten. Das gleiche gilt für das Oberschiedsgericht. Zu den richterlichen Beamten bei den Or ganen der Rechtsprechung kommen die zahlreichen Unter beamten, Gerichtsschreiber, Registratoren, Sekretäre usw., deren Besoldung auf Kosten der Reichsversicherungsanstalt erfolgt. Ebenso sind für die Organe der Rechtsprechung Bureau räume vorzusehen. Wenn man diese verschiedenen Behörden, Ämter und Stellen überblickt und überlegt, welche Fülle von Druckmaterial seitens der Reichsversicherungsanstalt in Form von Beitragslisten, Aufnahmekartcn, Versicherungskarten, Formularen zur Versügung zu stellen ist, welches Heer von hohen und niederen Beamten für die Verwirklichung der Ange stelltenversicherung tätig ist und in Bureauräumen untergebracht werden muß, dann wird man zu der Überzeugung gelangen, daß die Kosten zu hoch so leicht nicht veranschlagt werden können. Die gesamten Kosten der Angestelltenversicherung müssen von den Versicherten und ihren Arbeitgebern gemeinsam ge tragen werden. Das Reich gibt selbst die ersten Kosten für die Einrichtung nicht her, sondern streckt diese nur vor. Man hätte dementsprechend erwarten sollen, daß die Verwaltung der neuen Versicherung im wesentlichen denen überlassen worden wäre, die die Kosten derselben zu tragen haben. Das ist aber keineswegs der Fall. Die Mitarbeit der Angestellten an der Verwaltung der staatlichen Versicherung hält sich vielmehr in engen Grenzen. Auf die Wahl der leitenden Beamten der Reichsversicherungsanstalt haben sie keinen Einfluß. Der Vcr- waltungsrat ist nur gutachtlich bei Fragen von besonderer Wichtigkeit zu hören. Auch der Verwaltungsausschuß hat nur beratende Stimme im Direktorium und ist im wesentlichen mit Befugnissen formaler Natur ausgestattet. Die Beisitzer bei den Rentenausschüssen wirken zwar bei der Feststellung, Anweisung, Entziehung und Einstellung der Bersicherungsleistungen mit, der Entwurf sagt aber nichts über ihre Stellung zu dem be amteten Vorsitzenden und dessen Stellvertreter. Man kann daher nicht behaupten, daß bei der Organisation der Verwal tung der Angestelltenversicherung eine organische Verbindung der freien Selbstverwaltung mit der sachlich unentbehrlichen behördlichen Einwirkung, wie die Begründung sich so hübsch ausdrückt, vorgenommen sei. M Zu ernsten Bedenken geben des weiteren die Bestimmun gen der Vorlage über die Vermögensverwaltung Anlaß. Während die Denkschrift vom Jahre 1907 behauptete, daß man auf Grund der Erfahrungen in der Invalidenversicherung einen höheren rechnungsmäßigen Zinsfuß als 3 Proz. nicht verwenden dürfe und auch die Denkschrift vom Jahre 1808 an diesem Zinsfuß fcsthielt, hat der Gesetzgeber im Entwurf mit einem Rechnungszinsfuß von 3>/^ Proz. gearbeitet. Es scheint hier demnach eine Wandlung in den Anschauungen über die Rentabilitätsaussichten des Vermögens beim Gesetzgeber einge- treten zu sein. Zutreffend dürste allerdings die Vermutung sein, daß der Gesetzgeber eine Verzinsung von 3>/z Proz. in Aussicht nimmt, um wenigstens zu etwas höheren Renten resultaten zu gelangen, als sie beim Beharren bei einer Ver zinsung von 3 Proz. hätten in Aussicht gestellt werden können. Man muß, wenn in der Vorlage plötzlich mit 3^ Proz. Zinsen gerechnet wird, erwarten, daß der Nachweis der Erreichung dieser Zinsrente in der Begründung erbracht wird. Das ist aber nicht der Fall. Zunächst wird die Gesamtverzinsung nicht unwesentlich dadurch ungünstig beeinflußt, daß nach § 221 Abs. 2 mindestens 25 Proz. des Vermögens in Reichs- und Staats anleihen anzulegen sind. Diese Vorschrift wird von der Be gründung mit dem Hinweis daraus verteidigt, daß die Anlage des Vermögens ausschließlich in Hypotheken illiquid sei und die Reichsversicherungsanstalt an der Befestigung des Staats papierkurses Mitarbeiten müsse, da sie unter dem Schutz der Reichsgesetzgebung stehe und auf die Mithilfe der Reichs- und Landesbehörden angewiesen sei. Hiergegen ist zu bemerken, daß die Hypothekenanlage, wie die Erfahrungen der privaten Lebensversicherungsgesellschaften zeigen, keineswegs so illiquid ist, wie die Begründung anzunehmen scheint. Insbesondere für die Angestelltenversicherung, die doch wenigstens noch für einen längeren Zeitraum mit einem fortwährenden Anwachsen des Versicherungsbestandes zu rechnen haben wird und bei der infolgedessen auf lange Zeit hinaus die Einnahmen größer sein werden als die Ausgaben, spielt die Frage der Liquidität keine Rolle. Auch müssen Staatspapiere in den Händen der Reichs versicherungsanstalt als höchst illiquide Vermögcnsteile bezeich net werden, weil die Zeiten großer Inanspruchnahme für diese Anstalt Krisen und Kriege sind. Jedermann weiß aber, daß in solchen kritischen Zeiten Staatspapiere einfach unverkäuflich sind. Es muß aber auch die Verquickung der Finanz- mit der Sozialpolitik aus das entschiedenste bekämpft werden. Die Tatsache der Aussicht des Reichs über die Reichsvcrsicherungs- anstalt, die diese teuer genug bezahlen muß, kann die Heran ziehung erheblicher Teile des Vermögens dieser Anstalt zu finanzpolitischen Zwecken nicht rechtfertigen. Daher ist nicht einzusehen, warum die Privatbeamten dem Staate in die Millionen gehende Zinsopfer bringen sollen. Wenn die Be gründung aus das Beispiel der Träger der Invalidenversiche rung hinweist, die ebenfalls dem Staatspapieranlagezwäng Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 78. Jahrgang. 429
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