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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.02.1910
- Strukturtyp
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- 1910-02-08
- Erscheinungsdatum
- 08.02.1910
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- Deutsch
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Sprechsaal. ^ 41, 8, Februar ISIS Sprechsaal. Eine neue Zensurbchörde. Seit einiger Zeit sind unsere Schulbehörden eifrig bemüht, den schädlichen Einfluß gewisser Schmutz, und Schundwerke zu bekämpfen, durch die, wie es in einem amtlichen Rundschreiben heißt, der »Hang zum Abenteuerlichen und Verbrechertum« gerade- zu verherrlicht und den Kindern ein Gift eingeflößt wird, das ihre gesunde sittliche, ja auch körperliche Entwicklung in bedenklicher Weise gefährdet. Das Mittel, das die Behörde in diesem Kampfe anwendet, ist ein sehr einfaches und wirksames. Sie läßt die einzelnen Verkaufsstellen durch die Polizei ersuchen, die bean- stundeten Bücher,aus den Schaufenstern zu entfernen, und da die meisten Sortimentsbuchhandlungen auch aus den Vertrieb von Schulbüchern angewiesen sind, wird diesem Ersuchen in der Regel bereitwilligst entsprochen. Mit diesem etwas summarischen Verfahren wird jeder Familienvater einverstanden sein, der in der »Bibliothek« seines die Quinta oder Quarta besuchenden Sprößlings eine jener grellbunt illustrierten Räubergeschichten entdeckt und beschlagnahmt hat, durch die in unreifen Köpfen schon so viel Unheil angerichtet worden ist. Ganz anders aber sieht die Sache aus, wenn einzelne Schulbehörden, durch diese Erfolge ermutigt, dazu übergehen, sich als eine Art von neuer Zensurbehörde zu etablieren, ihren Einfluß auf die Sortimentsbuchhandlungen dazu benutzen, auch Erzeugnissen einer sensationslüsternen Afterliteratur nicht das ge ringste zu tun haben. Ein derartiger Fall hat sich kürzlich in Schöneberg zugetragen. Eine angesehene Sortimentsbuchhandlung, Fritz Stolt <L Co., die seit Jahren in Charlottenburg domiziliert und seit einiger Zeit in der Colonnadenstraße eine Filiale unterhält, erhielt von der dortigen Schuldeputation eine Aufforderung, den Verkauf und die Ausstellung von »Schundliteratur« einzustellen. Hiergegen protestierten die Inhaber dieser Firma und baten den Magistrat um Bekanntgabe der Ursachen, die zu dem Schreiben der Schul deputation Veranlassung gegeben hatten. In dieser Erwiderung wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, daß niemals irgend welche literarische Erzeugnisse, die auch nur annähernd zu der be anstandeten Literatur gehören könnten, in dem Schöneberger Geschäft verkauft oder ausgestellt worden sind. Erst auf eine nochmalige Bitte um die Erledigung der Angelegenheit nach einigen Wochen wurde die Buchhandlung benachrichtigt, daß die Zuschrift der Schuldeputation auf Grund einer amtlichen Meldung erfolgt sei und daß der Magistrat erst antworten könne, wenn eine Rückäußerung der darum ersuchten Behörde eingetroffen sei. Einige der Kriemhildstraße gebeten, und dort erfuhr er, daß außer zwei anderen Büchern, die mit der Schund- und Schmutzliteratur nichts gemein haben, auch Richard Skowronneks »Verlobungsschiff« die Veranlassung zu der amtlichen Meldung gegeben haben. Dieses Buch ist bekanntlich ein humoristischer Roman, ein liebenswürdig.lustiges Werk, aus dem, wie zum Beispiel die »Vossische Zeitung« urteilt, ein echter sonniger Lebensfrohsinn spricht, der geradezu ansteckend wirkt. Der Schöneberger Schul mann hat also das Buch entweder nicht gelesen, oder aber er werden kann. Entbehrt der vorliegende Fall somit nicht einer gewissen Komik, deren Kosten von den literarischen Sachverständigen der Schöneberger Schuldeputation bestritten werden, so ist er in anderer Beziehung recht lehrreich. Es ist kaum anzunehmen, daß das Wirken dieser neuen Zensurbehörde bei den Sortimentsbuchhand lungen sich auf diese eine, uns zufällig bekannt gewordene Maß regelung beschränkt, man wird wohl nicht fehlgehen, wenn man der Vermutung Raum gibt, daß auch andere, von vornherein für einen »erwachsenen« Leserkreis bestimmte Richtungen oder auch Werke wissenschaftlichen Inhalts dem Bannstrahl des im Ver- borgenen wirkenden Schulmannes verfallen. Unsere literarische Produktion wird aber bereits jetzt von einer reichlich bemessenen Zahl von Aufsichtsbehörden überwacht. Es ist also zum min desten recht überflüssig, daß sich daneben noch eine neue Be- davor scheuen müssen, in jedem Falle die Öffentlichkeit anzurufen. Im Interesse des Sortimentsbuchhandels versucht die be troffene Firma unter allen Umständen eine Klärung der An- Berlin VV 30, 27 Januar 1910. Hermann Ehbock. Die Angelegenheit hat inzwischen durch folgenden Brief wechsel ihre Erledigung gefunden: Schoneb-rg, den 2>. Januar ISW. Zum Schreiben vom 23. November 1609. Es ist uns jetzt amtlich bestätigt worden, daß Sie in Ihrem Geschäfte sogenannte Schundliteratur nicht auslegen. Wir ziehen daher unser Schreiben vom 15. November 1909 — 11 2811 — hiermit zurück. (gez) I- V. Kloß. 1. Februar 1910. An den hochlöbl. Magistrat der Stadt Schöneberg Schuldeputation. Tageb.-Nr. 3339. Zum Schreiben vom 21. Januar 1910. Nach der an uns gerichteten Zuschrift halten wir die An gelegenheit für uns erledigt. Wir hatten allerdings erwartet, daß nach den wider uns erhobenen ungerechtfertigten Vor würfen in dem amtlichen Schreiben einige Worte der Ent schuldigung enthalten sein würden, und wir hatten dieses um so mehr erwartet, als die Vorwürfe uns seitens einer Behörde Hochachtungsvoll (gez ) Fritz Stolt L Co. Bücherbettel. >Vgl. Nr. 10 d. Bl.) Im Anschluß an die bezügliche Mitteilung im Sprechsaal der Nr. 10 d. Bl., betreffend den Bücherbettel eines »mittellosen« Deutsch-Amerikanischen Stadtverbandes für seine neu erbaute »Öffentliche Frei-Bibliothek« — übrigens ein bemerkenswert statt liches Gebäude — sei hier die Antwort einer großen Wiener Verlagsbuchhandlung mitgeteilt, an die sich der Stadtverband gleichfalls gewandt hatte: »... Wir müssen unserem großen Erstaunen darüber Ausdruck geben, daß Sie sich an die deutschen Verleger wenden, um eine Bibliothek zu erhalten. Sie sollten doch wissen, daß die Verleger ihr Geschäft betreiben, um daran zu verdienen, und deshalb ihre Ware nicht verschenken können. Es wird Ihnen sicherlich noch niemals eingefallen sein, von den Lebensmittel händlern Ihrer Stadt die für den Unterhalt der Bibliotheks beamten notwendigen Lebensmittel gratis abzuverlangen. Ebensowenig werden Ihnen wohl kaum die Maurermeister Ihrer Stadt und die bei dem Bau Ihres Bibliothekshauses beschäftigten Handwerker das Material und ihre Arbeitskraft umsonst zur Verfügung gestellt haben. Wie kommt denn nun der Buchhändler dazu, die Bibliotheken, auf deren Kaufkraft er doch zum großen Teil angewiesen ist, auf eigene Kosten zu errichten? »Wir glauben, daß es doch in Amerika genug reiche Leute gibt, die für Bibliothekszwecke namhafte Summen stiften und die auch ein Interesse daran haben, daß die Kultur Ihres Landes vorwärts geht. »Befremden muß es uns auch, daß Ihre Vereinigung in der Lage gewesen ist, einen so großartigen Bau aufzuführen, dagegen nicht die Mittel besitzt, ihn seiner Bestimmung gemäß einzu richten. Unserer bescheidenen Meinung nach wäre es zweck mäßiger gewesen, den Bau weniger splendid und großartig ein zurichten, eventuell sich sogar mit Mieträumen zu begnügen. Dann hätten die verfügbaren Gelder zur Anschaffung der Hauptsache, nämlich der Bibliotheken, sicherlich ausgereicht. »Wir bedauern sehr, Ihnen keine andere Antwort geben zu können, zumal da sich in den letzten Monaten die Zahl der artiger Gesuche ganz außerordentlich vermehrt hat.« Hochachtungsvoll <
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