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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.02.1917
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1917-02-03
- Erscheinungsdatum
- 03.02.1917
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- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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^ 28, 3. Februar 1917. Redaktioneller Teil. Wieviel Leid, wieviel Schmerz, wieviel Not flutete von deinem schmalen Bett in die Welt, Mllttrrträncn allein würden dich zum Strom stauen! Aber du liegst da, kalt und ohne Wissen um Meuschenleid. Deine Hänge tragen die Schlacht, deine Schluch ten brodeln - und du hast nichts, als ein frostiges Echo, das Schuß und Schuß zum Eins verbindet, zum langhallenden, rollenden, hohnlachenden Schall. Wir klettern durch diesen Grund der zerstampften Wiesen; weiß blecken Kreide und Kalk, sirrend platzen Schrapnells, kra chend wühlen Granaten. Stacheldraht und Minierrahmen wachsen über die Zentnerlast hinaus. Wir sind ani Ziel. Das Material fällt von den Schultern, die Pioniere ruhen sich ans. Mit triefenden Uniformen legen sie sich der Länge nach in angefangene Unterstände; sich nur einmal strecken, den Schmerz der Glieder beruhigen. Einer spielt dazu die Mundharmonika . . . In einer Stunde ist Mitternacht. Und in einer Stunde beginnt die Arbeit. Immer noch peitscht der Regen. Er treibt die Nässe aus den Uniformen und sättigt von neuem jeden Faden damit. Die Füße quapvschen in den Stieseln und die Stiefel versinken im Dreck. Die Pioniere arbeiten. Die einen minieren die Unterstände; in manche trieb der Schlamm, er muß erst eimerweise entfernt werden, andere, die hoher liege», werden vorgcsprcngt, denn keine Meißel und Spitz hacke kann das harte Gestein ausstemmen. Dazwischen liegen dritte ini Lettenboden, der nie mehr abgibt, als die Spitze der Hacke packt. Eine Arbeit von Zentimeter zu Zentimeter; die mannshohen Rahmen, die gefügt werden, müssen genau anliegcn. Ein Fehler im Ausschlag kann Gesteinsrutsch zur Folge haben, kann mühselige Arbeit erdrücken und zunichte machen. Ist ein Rahmen festgekeilt, so erfolgt der Ausschlag für den nächsten, steht ein Nahmen schief, mißlingt der ganze Unterstand. Der Pionier mutz berechnen und immer wieder berechnen, er muß das Winkelmaß im Auge und das Längenmaß im Kops haben. Die Kleider dünsten den Regen aus, der Schweiß dringt durch, die Gesichter werden kreideweiß oder lehmgelb, die Lungen hüsteln. Aber der Pionier arbeitet unentwegt. Im Halbdunkel dieser Stollen, beim schwachen, schwelenden Licht, wächst jeder von ihnen plastisch zum Rembraudtschcn Mei sterbild. Oft trommeln die Granaten aus den Hohlraum, im plötzlichen Lustdruck löscht das Licht aus, der Eingang wird ver schüttet aber diese Pioniere arbeiten weiter: kaltblütig, still, berechnend. ^ Sie haben schon andere Arbeit getan ! Damals im Labprinth, als wir fast 30 m tief im Weißstem gegen den Engländer ver stießen und seine Linie hochsprengten, als wir jede» Augenblick damit rechnen mußten, daß er uns zuvorkäme, als wir nach jedem zehnten Schlag aus dem Boden lagen und horchten, wie weit sein Hämmern sei, damals, als wir ganz und gar nur Nerven waren und sein mußten ! Trupps ziehen die Stacheldrahtverhaue, viele Meter tief, kilometerweit; immer in; Feuer. Sie brauchen den Mond dazu, das schwache Dämmerlicht. In diesen Nächten ist er da, darum muß geschasst werden, viel geschafft werden. Zwar ist cs nicht die vorderste Linie, die wir heute ausbauen, aber es ist ein Riegel guer durch die Stellung, vor dem nichts ist, als die dünne Reihe der Postenkette und wenn der Engländer kommt, daun soll er in den rostigen Nägeln hängen bleiben. Ja, das soll er, der Brite, unser Feind!, und dann werden mir zu den Gewehren greisen . . . nein, die Handgranatenkisten werden wir ausreißeu und diesen Halunken, die das Batcrland bespien, eine Granate nach der anderen in die höhnischen Gesichter wersen und sie samt und sonders zum Teufel schicken, diese Ma rionetten eines gehässige» Lloyd Georges, der nach satanischen Gedanken stinkt. Hei! wenn sie kämen. . . wir Pioniere wollten es ihnen wieder einmal zeigen! Doch die Schlacht steht im Schlamm, sie werden nicht kommen; sie warten auf Frost, oder che warten aus Frühling. Ihre Artillerie aber schießt unablässig, unaufhörlich, überall hin, auch zwischen uns; alle Kaliber jagen die Front ab. Die Steinhaufen des Dorses P. werden Staubwolken, alles Land pflügt sich um, immer wieder pslügt es sich um. Lässig, wie jemand die weißen Glacds zum Ballabcnd über die Finger streist und dabei einen wiegenden Walzer hinsummt, ziehen die Pioniere dickledernc Handschuhe über die schwieligen Hände und pfeifen dazu ein lustiges Lied in das heulende Todes orchester hinein. Dann packen sie zu, schrauben die Eisenstäbe fest in die Erde, verbinden sie systematisch mit dem stachligen Draht hierhin und dorthin, ziehen Maschen und Stolperdrähte, und schncllwachseud schiebt sich das Verhau vor den langen Riegel. Ein Teil der stählernen Front steigt in, dämmrigen Mondlicht aus der sumpfigen Erde. Immer wieder wird neues Material herangeschasft: In der Meilentiefe des Schlachtfeldes an der Somme, in der An häufung der Artillerie aller Kaliber, vom Regen zerweicht, von tausend entsetzlichen Tode» bedroht, schleppen die braudcnburgi schon Pioniere im Bewußtsein ihrer Pflicht unter Hingabe aller Krast die schweren Lasten immer und immer wieder vor und bauen, selbstlos um sich, jene geheimnisvollen Katakomben, die dem Trommelfeuer des Feindes trotzen konnten und trotzen wer den, sie schassen die starken Verhaue, die die Stürmenden in der Sperre der Artillerie fcsthalten, bis sic vernichtet sind. Der Morgen dämmert; die Sicht wächst. Da hören sie vorn in den Drahtverhauen aus mit der Arbeit und die in den Unterständen stellen die Spitzhacken beiseite. Der gcsördcrte Kalk wird abgedeckt .... der Regen spült den Lehm wieder herunter. Der feindliche Beobachter sicht die weißen Punkte im schwär zcn Schachbildc. Er kann nicht unterscheiden, ob es Kämme von Granat trichtern sind. Aber er gibt die Meldung nach hinten; »Feuer aus das soundsovielte Feld, Punkt x!« — und krachend jagen die Projektile in unseren Graben. Alle Pioniere liegen in ihren Unterständen und schlafen. Der erste Schuß löschte das Licht; der zweite saß links; der dritte detonierte auf der Grabeukautc. Die Pioniere schlafen. Was kümmert sie die Wut Tommys? Was deutsche Pioniere bauen, das hält!*) Wu—i—i—i—bum—ratsch. . . . Ein Ausbläser segt den Eingang schies. Wu—i—i—i—bum—krach. . . . Eine Granate schüttet ihn zu. Wu -i—iwu—i—i—i—krach—bum -krach . . . Ein Volltrefser rast aus den Unterstand. Sand rieselt durch die Versteifung, oben steigt eine Schlamm fontäne haushoch. Einer wacht aus; »Was ist los?« Einer antwortet; »Tommy schenkt uns Blumentöpfe.« »Er hat die schlechte Kiste ausgemacht« . . . — «? ?« — »Was er hcrschmeißt, geht kaput.« Lachen. — »Ich penne weiter.« — Die Pioniere schlafen. Der Brite schießt schießt in unser Verhau, zerreißt Drähte und macht das Hindernis nur wirrer schießt über die ganze Gegend mit Schwer-Schrapnells: Diese verflixten deutschen Pioniere!! Z Die schlafen, ganz unschuldig. - -Schlafen durch den Tag, der die Sonne hcraussteckt; schlase» durch die Sonne, die die Flieger lockt. Die Flieger, die sich alles ansehen. Die meist melden, das alles zerstört sei. . . . und nachts kommen die deutschen Pioniere hervor- gekrochen und bauen weiter. Am andern Tage wundert sich der Brite wieder und wütet von neuem gegen uns. Am Abend schnüren wir den Stahlhelm fester. *) Ausspruch des Kaisers. >15
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