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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.04.1927
- Strukturtyp
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- 1927-04-30
- Erscheinungsdatum
- 30.04.1927
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- Deutsch
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X- lOO, 30. April 1927. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. weil sie Raum -schuf für das Neue. Sein Tun zwang sich ihm als einer -kämpferischen und wahrhaftigen Natur inmitten einer verdorbenen und verlogenen Umgebung als Muß auf. Zeitlich ungesähr gleichzeitig sendet Gerhart Hauptmann mit »Die Weber- (7) den machtvollsten Mahnruf zur sozialen Ver antwortung aus und stellt neben das Heroenkdeal -der Vergangen heit ein neues Heldentum schlichten, duldenden Tuns und Leidens. Neben Zeugnissen der geistigen Bewegung und Umwandlung dür fen als Dokument unserer staatlichen Einigung, die ein« säst un deutsche Kraft des Handelns erforderte, Bismarcks »Ge danken und Erinnerungen- (8) nicht fehlen, -weil sie das Wesen einer genialen politischen Persönlichkeit zeigen mit all ihren Mängeln und Vorzügen. Im 20. Jahrhundert. Die noch folgenden vier Bücher scheiden sich von den vorauf gehenden deutlich durch das Merkmal des Generationcnunter- schieds. Die von Nietzsche begonnene schöpferische Erneuerung unserer Sprache erreicht «inen Höhepunkt in George, -dessen »Stern des Bundes» (9) weniger um seiner geistigen Hal tung als um seiner sprachlichen Konzentration willen, di« unserem Lebensgefühl entspricht, und seines strengen Formwillens wegen gewählt wurde. 'Gegenüber dieser Bewegung, di« besonders be deutsam dadurch ist, daß unser« Zeit unter Gestalt- und Maß losigkeit leidet, kommt eine ganz andere Bewegung in der Arbeiter dichtung zum Ausdruck. Neu ist hier das dichterische Verhältnis zur Werkwelt und Gegenwart. Keiner hat mit der Seel« -des Arbeiters unser Schicksal in seinem Gang von Krieg zu Um sturz — Wiederaufbau — Werkvolksein mit neuen -sprachlichen und mit einer bei allem Realismus gläubigen Haltung so gestaltet wie H. Lersch in seinem »Mensch im Eisen» (10). Noch elementarer -werden in En gelles »Rhythmus desneuen EuroPa- (II) die Kräst« -des Blutes, der Erde und der Arbeit seelisch belebt und auf eine andere Ebene gehoben. Das Erbe des gefallenen Dichters .weist .visionär aus di« kosmische Weite -des Raumes hin, in -dem die Völker Europas leben werden. Als letztes sei ein wissenschaftliches Buch genannt, weil es die lebendigen Kräfte unserer Zeit aus dem Hintergrund einer kri tischen Rückschau auf das 19. Jahrhundert anszeigt, weil es der genialste Versuch ist, in dem geistigen Chaos deutscher Gegenwart die Struktur eines -werdenden Kosmos aufzuweisen. Dies mit "einer großartigen Totalität -der Erfassung nach Weite und Tiefe in verständlicher Sprach« geleistet zu haben, ist das Verdienst von Tillichs »Die religiöseLageder Ge genwart- (12). Damit schließt die Reihe der Bücher, denen der Verfasser dieser Zeilen eine Bedeutung für die innere Erneuerung unseres Volkes zuspricht, und von denen er glaubt, daß sie uns im Lebensraum der Erde einen unseren besten Kräften und tiefsten Möglichkeiten entsprechenden Platz mitschaffen können, was schließlich die doppelte Aufgabe der Gebildeten in unserem -Volk ist. Daß diese Aufgabe eine.vorwiegend geistige ist, scheint mir das spezifisch Deutsche so wohl nach unserer Vergangenheit -wie auch für die Zukunft. Kennwort: Es gibt Bücher, die mehr als Bücher sind. Rudolf G. Binding, Buchschlag (Hessen). In die Hausbücherei jedes gebildeten Deutschen gehören heute die folgenden zwölf Bücher: Deutsches Lesebuch. Herausgegeben von Hugo von Hofmannsthal (1922) (1). Bismarck, -Gedanken und Erinnerungen (2). Nietzsche, Zarathustra (3). Burckhardt, Kultur der Renaissance in Ita lien (4). Freytag, Soll und Haben -(b). Mann, Buddenbrooks (6). Busch, Die fromme Helen« (7). Di« Verfassung -des Deutschen Reichs (8s. Keyserling, R-e i s« ta ge b u ch eines Philoso phen (9). Unruh, Ein Geschlecht (10). Binding, Aus dem Kriege (11). Georg«, Jahr der Seele (12). Eine Reihe von zwölf aus vielen Millionen ausgewählden Büchern hat ihre beste Begründung in ihrer Auswahl. Man könnt« mit dem -vollen Recht der Selbstverständlichkeit verlangen, daß die zwölf Bücher aus der Zeit der letzten drei Geschlechter, die wir für die wichtigsten und unerläßlichen in der Hausbücherei jedes gebildeten Deutschen halten, diese Eigenschaften aus sich selbst dartun, indem sie sich mit ihren Titeln vorstellen. Die Begründung -wird also nur zugefügt, weil sie verlangt ist. Denn ein« bessere Begründung für die getroffen« Auswahl als die Tatsache der -Auswahl gibt es nicht. Der zwölffoche Griff suchte und griff das Lebendig«. Denn die wichtigsten Bücher -für einen gebildeten Deutschen sind die, -die seine -Well, ihn selbst, sein Menschcnlum, ja sein Gewissen — bald hier, bald da — bestimmen und erfüllen; die ihm den Umfang und Inhalt seiner Wel! und seines Selbst bestätigen und -befestigen; die ihn angehn und ihm zugleich jenes ganz -bestimmt« und wahr haft« Eigengewicht des Gebildeten verschaffen mögen. (l.) Ein Lesebuch ist vorangestellt. Wie -duftende Krumen des Erdreichs, daraus wir erwuchsen, -darauf unsere Füße nun ruhen, ist dieses Buch für uns hingebreitet. Sprechen auch Tote, so sprechen sie -doch Lebendiges, und unsere Sprach« ist es, die sie reden. Nur aus diesem Grunde, so fühlen wir, sind und beruhen wir, -wurden wir deutsch. Wunderbar, so einheitlich dieses zu vernehmen: Di« Deutschesten -sprechen: Lessing redet über sich selbst; Claudius hält -seinen Sermon an die Mädchen; Herder sicht Moses; Goethes Mutter schreibt an den Sohn; Hebels unverhofstes Wiedersehen rührt bis zu Tränen; Grillparzer spricht an Beet hovens Grab; -Kleists Tiefsinn über das Marionettentheater — wo ist je Tiefsinn mit solcher ritterlichen, fechtenden Eleganz vorge bracht? — Novalis' Worte fagen das Letzt« — auch über dies Buch: »Jedes Wort -ist em Work der Beschwörung. Welcher Geist ruft — «in solcher erscheint-. (2.) Bismarcks Gedanken und Erinnerungen führen uns -weiter; in diejenige entscheidende Epoche der deutschen Geschichte und Politik nämlich, -die eigentlich die Orakel und Vor zeichen unseres gegenwärtigen Schicksals enthält. Bei ihm aber, wo nicht nur die Genialität, sondern menschliche und fromme Größe den Menschen groß macht, wo die umfassendste Bildung -selbst sich in jedem -Worte kundtut, wird der -wahrhaft Gebildete in einem großen Geist zugleich auch mit seinesgleichen sich begegnen. (3.) Anders und wohl lauge noch wie ein verfrühtes Gesetz, zu letzten Grenzen menschlichen Sieges und menschlicher Über windung hinweisend, mag Zarathustra zu ihm reden. Loch dem Gebildeten gerade steht es an, jene höchst« Gestaltung menschlichen Bildes — und -wenn sie nichts wäre als eine Vision — sich zu zueignen, die, europäisch« Geltung sich erzwingend, dem Menschen von heute den großen Zweifel an das Überkommene, den um- stürzlerischen Mut der Umwertung, den Heroismus eines reineren Daseins in die Seele legte. Zu viel aus Zarathustras -Geist ist, ohne daß wir uns dessen -bewußt sind, in uns eingedrungen, als daß dies Buch nicht schon mehr als Buch für uns wäre. (4.) A-ber es klingt in das Leben jedes gebildeten Deutschen von jeher auch eine süßer« — südliche — Stimme; gleichwohl nicht unähnlich jener herben des großen Zerstörers: di« Stimm« der Renaissance in Italien. Sie hat sich wahrhaft der unseren ver mischt, ist liebend und sehnsüchtig ausgenommen worden, nicht nur weil sie aus dem Lan-de ewiger deutscher Sehnsucht ertönte, sondern weil sie die Stimme des Lebens war. Die Kultur dieses Lebens ist in deutschem Wort zu einem klassischen Buch Europas geworden; und wenn das Buch dieser -Kultur deutsch ist, gehört es in das Haus -des gebildeten Deutschen. (S. 6.) Der Anschauung der näheren Zeit, die vor dem großen Kriege liegt, »mit -dessen Beginn so vieles begann, was zu be ginnen wohl kaum schon ausgehört hat-, find -die beiden nächsten Bücher der Reihe gewidmet. Das bürgerliche Leben der Väter, das bürgerliche Leben, dem er selbst schon angehört oder in -das er wenigstens hineingeboren wurde, vor jener Wende, in Aufstieg und Abstieg bis zu den Erscheinungen des Zerfalls, wird der Ge- 497
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