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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.05.1927
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- 1927-05-21
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- 21.05.1927
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transitorische Charakter der Theatcraufführung, deren wichtigster Teil obendrein im Akustischen liegt, entzieht sich den Ausstellungsgesetzen. Dadurch treten Dinge von viel geringerer Wichtigkeit fast ausschließlich in Erscheinung: das Blihncnbild. Das ist, vielleicht, nicht zu ändern. Aber dann soll man sich wenigstens dessen bewußt sein, daß trotz aller szenischen Künste der Schauspieler das A und O des Theaters ist — und man muß das besonders heute hervorheben, wo ohnehin die Ge fahr einer Überschätzung des Regisseurs und seiner Leistung als der des bkißen Szenen-Schöpfers besteht, während er ja, wenn er wirklich ein Schauspiclerregisseur ist, seine Haupttätigkcit in der Arbeit mit den sprechenden Schauspielern, nicht mit dem Bühnenmaler zu suchen hat. Etwas anderes aber beschäftigt uns an dieser Stelle vielleicht noch mehr: man vermißt nämlich eine besondere Berücksichtigung von »Theater und Presse« und »Theater und Bu ch«. Man weiß, daß ursprünglich von zentraler Stelle eine Gruppe »Theater und Buch« ge schaffen werden sollte. Dann übernahm die Magdeburger Firma Heinrichshofen die Aufgabe, das Buch im Nahmen der Ausstellung zur Geltung zu bringen. Ich will (ohne es bestimmt zu wissen) gern an nehmen, daß es der Magdeburger Firma keine geringe Mühe gemacht hat, ihr Ziel zu erstreben. Aber alle Entschuldigungen dürfen uns nicht hindern, das Ergebnis als nicht ganz befriedigend zu bezeichnen. An einer recht günstigen Stelle in der Industrie-Halle hat die Firma Heinrichshofen ihren Platz — aber als Mittelpunkt ihres schönen Ausstellungsraumes erscheint nicht etwa das Buch, sondern — d»s Grammophon, der Sprechapparat, mit dem blickfesselnden V0X- Plälknt als beherrschendem Wandbild! Daneben sind auch Bücher da, gewiß, sogar eine große Zahl Theaterbücher, aber man vermißt eine systematische Gliederung. Was haben denn Knaurs »Romane der Welt« hier zu suchen? Die Theaterleute lesen sie? — aber dann könnte man die ganze Weltliteratur hier aufstellen! Vielleicht ändert sich bei späteren Besuchen noch etwas an diesem Eindruck; es soll dann aus führlicher von diesem Teil der Ausstellung die Rede sein. Schon heute sei aber gesagt, daß die großen Besucherverbände: Volks bühne und Bühnenvolksbund, in ihrer Weise dem Buch durchaus wür dige Plätze angewiesen haben. Es ist nun auch Sache des Magdeburger Buchhandels, durch literarische Veranstaltungen während der Ausstel lung die Teilnahme der Besucher auf das Buch, und natürlich nament lich das Theaterbuch in wirksamer Weise hinzulenken. Die Biicherwoche in Italien (S —15. Mai). (Nach dem Aufsatz von Aldo Sorani im Uarroeoo, Florenz, vom . 1. Mat 1027, übersetzt von vr. Hertha Michel.) Wenn der Feldzug für die Verbreitung des italienischen Buches, der im vorigen Jahre begann, die Grille einiger Intellektueller oder ein akademischer Wettstreit zwischen den Industriellen der Buchtechnik und dem Buchhandel hätte bleiben sollen, so würden wir keinen Schritt vorwärts getan haben zur Lösung des Problems der sogenannten Bllcherkrise. Zum Glück ist er nicht toter Buchstabe geblieben, sondern ins Gebiet der Praxis getragen worden, sei es bei Kongressen der Ver leger oder Buchhändler, wo der Nachhall groß war, sei es in intellek tuelle und politische Kreise, die kräftig angeregt worden sind. Wir sind heute als Kampfmittel bei der »Bücherwoche« ange langt. Sie ist ein besonderes Verdienst der letzten Literarischen Mai länder Messe, welche den Gedanken lanciert hat. Warum sollten wir auch nicht nach der Getreidewoche oder der Strohhutwochc eine Bücher woche haben? Sie ist nicht weniger notwendig und dringend als die jenigen, die für andere Zwecke und Interessen so tatkräftig begonnen und durchgeführt worden sind. Zwischen dem neunten und fünfzehnten Mai wird mit fast allgemeiner Zustimmung und unerwartet großer Unterstützung die Bücherwoche gefeiert werden, und zwar nich nur in den größeren geistigen Zentren, sondern in schöner Einhelligkeit im ganzen Lande. Die Gelegenheit könnte nicht günstiger sein, um die allgemeine Auf merksamkeit auf das Problem des Buches zu lenken und die Möglich keiten einer künftigen Bücherpolitik zu durchdenken. Es wäre naiv zu glauben, daß die Bücherwoche genügen könnte, um allein im italieni schen Volke die Liebe zum Lesen zu erwecken und aus dem Buche nicht nur das notwendige Hilfsmittel der Schule, sondern auch des Lebens und der bürgerlichen Gemeinschaft in allen Schichten und Kreisen zu machen, um so alle Wunden zu heilen, die den italienischen Verlag seit manchem Jahr peinigen. Die Bücherwoche würde ihren Zweck schon sehr gut erfüllen, wenn sie nur als weithin hallender Aufruf diente und eine vollständige Vision von dem böte, was in Italien zugunsten des Buches zu ersinnen und zu tun nötig ist. Die Bücherwoche hat eine gute Grundlage bekommen in der Tat sache, daß zu ihrer Organisation außer den Sachverständigen alle die berufen worden sind, die in irgendeiner Weise mit dem Buche oder der geistigen Kultur in Berührung stehen: Verleger, Buchhändler, Stu denten, Journalisten, Redner, Politiker. Schon die Ankündigung, daß die Frage des Buches alle angeht, ist ein Symptom der neuen Auf fassung, die allmählich an Ausbreitung gewinnt, daß nämlich das Buch ein Ding ist, dessen Pflege nicht allein Verleger, Buchhändler und Bibliothekare angeht, sondern alle, die mit Ernst am nationalen Leben teilnehmen. Nur oberflächliche Beobachter können heute noch glauben, daß die Schwierigkeiten, unter denen das italienische Buch kämpft,, äußerer Art sind, die sich mit Verminderung der Kosten, Erleichterung der Steuern oder einer Regierungsbeihilfe beheben lassen. Es handelt sich im Gegenteil um eine lange, geduldige und mutige Arbeit, wenn die alte Gleichgültigkeit des Publikums dem Buche gegen über behoben werden soll; es handelt sich um eine grundlegende Er ziehung zum Buche und zur Bücherliebc für das italienische Volk. Die Biicherwoche will zunächst auf die Suche nach dem großen Publikum gehen, mit einer neuen Methode, die gerade um ihrer Neuheit willen denjenigen bitter schmecken wird — auch Verlegern, Buchhändlern und Bibliophilen —, die aus das Buch mit einer Art liebevoller Eitelkeit schauen, mit einem charakteristischen Gefühl des Gönnertums, das sehr wohl erklärlich ist bei allen, die dem Buche wirkliche Verehrung widmen. Wenn, wie es fast sicher ist, die Organisation der Biicherwoche als einer ganz populären Unternehmung überall im Vordergrund stehen wird, so werden wir recht ungewöhnliche Bllchertage in Italien er leben. Man will endlich das Buch aus den heiligen Bezirken der Buch läden, die die große Menge nicht aufsucht, herausholen aus den wohl geordneten, strahlenden Schaukästen, von denen die eiligen Passanten megstreben; man wird cs auf die Plätze und Verkehrskreuzungen tragen, auf die menschenvollen Bürgersteige, um das Buch auch den Augen der Unwissenden und Unaufmerksamen aufzuzwingen. Sie sollen es sozusagen zwischen Händen und Füßen finden, gerade da, wo sie es am wenigsten erwarten. In den sieben Tagen sollen auch Vor träge über Bücher gehalten werden von Schriftstellern, Künstlern, Poli tikern. Man wird wenigstens für einen Tag auf Lastwagen oder mehr oder minder beweglichen Karren Ausstellungen und Verkaufs lager einrichten, während Ausrufer oder Verkäufer, die herumgehen werden, diese kostbare und so neue Ware den Vorübergehenden anbieten sollen. An einigen Orten sind sogar Studentenumzüge zu Ehren des Buches angekündtgt und hochherzige Stiftungen für die Bände und das Gefährt, sog. Wagenbibliotheken errichtet worden, die ähnlich den von Cristoforo Morlcy in Amerika unsterblich gemachten »Reisenden Parnassen« eingerichtet werden. An einigen Orten hat man auch Schaufensterwettbewerbe aus geschrieben. Wir kehren, wie man sieht, zu den wirklichen, eigentlichen Bttcher- mcssen zurück, im genauen und volkstümlichen Sinne des Wortes und der Sache, und gerade diese Volkstümlichkeit erregt den Widerspruch einiger Buchhändler und Bibliophilen, die starrsinnig nicht nachgeben wollen einer Unternehmung gegenüber, die ihnen als Profanierung und Entwertung des Buches erscheint. Dann muß der Versuch, nach unserer Meinung, mutig begonnen werden. Denn die strengen Buchausstel lungen, die Verleger- oder Buchhändlerkongresse, die feierlichen Vor träge und die literarischen Aufsätze haben nicht vermocht, das Publikum aufzurütteln. Allzuviele Beweise erhärten leider die Tatsache, daß das italienische Volk sich noch nicht von dem Buch anlocken läßt, das ihm durch den üblichen Vertrieb angeboren wird; man muß diesem Publi kum entgegengehen, um es zu besiegen, ihm fast Gewalt antun, mit anderen als den bisherigen Mitteln sein Interesse erwecken und er halten. Bestimmte Buchhändler sollten keine Angst haben, daß ihre Kundschaft sie nun verlassen wird. Ihre alten Kunden werden darum nicht die Gewohnheit aufgebcn, in den Laden zu kommen und nach Neuem zu suchen, aber es ist zu hoffen und zu wünschen, daß der offene Büchermarkt ihnen neue Kunden zuführt, solche, für die heute noch der Buchladen ein verbotener, geheimnisvoller Ort ist. Selbst in einem Zentrum des Buchhandels wie Florenz mit seinen vielen Buchläden, wo der intellektuell egoistische Geist, von dem wir eben sprachen, daher besonders stark zu vermuten ist, hat sich der Ge danke äußerster Popularisierung für die Bücherwoche durchgesctzt. Es ist das besondere Verdienst Attilio Vallecchis, der seil Jahren ein leidenschaftlicher Apostel des italienischen Buches ist, der alle Unter nehmungen, die zu diesem Zwecke begonnen wurden, großherzig unter stützt hat und das seltene Beispiel eines Verlegers bietet, der mit Gratiszeitschriften, Mitteilungsheften und Spezialkatalogen, mit Auf rufen und jedem andern Mittel stets die Liebe nicht nur zu den Werken seines Hauses, sondern der Bücher überhaupt zu verbreiten gesucht hat. Aristokrat im Hinblick auf die Art seiner eigenen verlegerischen Tätig keit, ist Attilio Vallccchi der gewandteste Verteidiger der Demokratisie rung für die Florentiner Biicherwoche geworden. Er wird Bücher tische auf den Plätzen der inneren Stadt wie in den Arbeilcrquartieren aufstellen und eine wahre Messe veranstalten. 647
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