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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.06.1927
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- 1927-06-07
- Erscheinungsdatum
- 07.06.1927
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- Deutsch
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^ 130, 7. J-um 1927, Redaktioneller Teil, Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Tief vergraben unter den nationalen Eigentümlichkeiten der Völ ler rauscht der breite Strom eines geistigen Lebens, das allen ge meinsam ist und von dem die nationale Kultur eines bestimmten Volkes nur eine besondere Ansdrucksform ist. und wir könnten uns, wie wir ans politischen, physikalischen, geologischen und wirtschafts geographischen Karteil die Besonderheiten durch Farben kennzeichnen, eine Karte denken, die cs nicht gibt, und die herzustellen sehr schwierig wäre, eine Karte nämlich, die bei jedem Volke die aus innerer Ver anlagung und äußeren Bedingungeil erwachsene besondere Kultur, die auf dem Boden eines allen Völkern gemeinsamen (geistigen), ich möchte sagen, kosmischen Lebens entstanden ist, durch feinste Farbcn- schattierungen veranschaulichte. Wir würden finden, daß kein Volk mit einem andern eine gemeinsame Farbe auswiese, weil die von außen kommenden fremden Kultureinflüsfe sich doch stets den be sonderen Bedürfnissen des andern Volkes angeglichen haben. In diesem Sinne können wir von einem deutschen oder einem schwedischen Typ im allgemeinen kulturellen Sinne sprechen. Und so gibt es also eine schwedische Fassung für die Beziehung zwischen dem Wort des Autors und seiner Manifestation im gedruckten Wort. Wenn wir diese schwedische Fassung aus der Sprache des ge druckten Wortes, das alle Kulturvölker sprechen, herausgelesen Haben, so werden wir damit das besondere Wesen der schwedischen Typo graphie und der schwedischen Buchkunst erfassen. Wir werden, vom historischen Standpunkt aus, die Einflüsse, die von andern Völkern hier zu spüren sind, festlegen können; wir werden aber zugleich er kennen, wie diese Einflüsse von dem schwedischen Geist aufgesaßt und verarbeitet sind. Wenn das Geheimnis der Typographie — es kommt von t^pos — Abdruck, Stempel, Wiedergabe — darin besteht, das ganze Weltge schehen, wie es sich im Gedanken und im ausgesprochenen Wort äußert, in der spröden Sprache seiner Lettern festzuhalten, so wird das schwedische Denken, Fühlen und Wollen aus der Art, wie der Trucker jene unsichtbaren Kräfte des literarischen Werkes gefaßt hat, oder wie ein Auchkünstler wie Akte Kumlrc n mit seinen Ornamenten oder Illustrationen den Text begleitet, uns in greifbarer Form vor Augen treten. Wenn wir sehen, daß dieses oder jenes Buch mit einer deutschen Drucktype, etwa der G e n z s ch - Antigua oder der Wal- b a u m-Autigua, oder mit einer französischen, etwa der Cochin- Schrift, gedruckt worden ist, wie z. B. die schöne Festschrift des Verlages P. A. Norstedt L Söner von 1923 — oder wie in der typographischen Anordnung einer Zeitschrift sich englisch-ameri kanischer Einfluß bemerkbar macht, oder wie in so herrlichen Ein bänden wie denen von Gustaf Hcdberg die Grazie und Ele ganz des französischen 18. Jahrhunderts lebt, so ist das alles nicht mehr deutsch, nicht mehr englisch, nicht mehr französisch, es ist schwe disch geworden. Überall hin, durch diese ganze Ausstellung, in allen Nuancen, von der Drucktype bis zum Einband wird uns jener Lagerlös-Akke Kumlien- sche Geist, wenn ich so sagen darf, begleiten, jener Geist zarter Poesie nnd ruhiger Wirkung, jener Geist größter Geschlossenheit, der gerade für die schwedische Buchkunst charakteristisch ist. Weder die schwedische Buchillustration noch die schwedische Typographie im engeren Sinne kennt ein Experimentieren mit einer Fülle originaler Formen, wie cs für Deutschland bezeichnend ist. Sie hat aber mit der deutschen Buchkunst jenen Zug ins Große, mit der englischen die Betonung des Korrekten, mit der französischen Anmnt nnd Geist gemein. Um die Eigenart der schwedischen Buchkunst — und das gilt nicht nur voir dem modernen, sondern auch von dem alten schwedischen Buch, namentlich dem des 18. und des beginnenden 19. Jahrhunderts, von dem die meisten Linien zum modernen Buch führen, zu begreifen, also ihre ciUkei-eniia Zpeeikiea, wenn ich mich so ansdrücken darf, fest zustellen, müssen wir in der gegenwärtigen Ausstellung drei Dinge betrachten: die Kinderbücher, die Karten der lithographischen Anstalt des Gcncralstabs in Stockholm und die Plakate. Bei diesen drei Gruppen wird uns die Eigenart des schwedischen Charakters und aus diesem fließend die besondere Auffassung' der Kunst am Buche deutlich werden. Denn um das hier noch einmal zu sagen, das Ideal der Typographie ist nicht die Herstellung eines künstlerischen Buches um jeden Preis, sondern jedes Buch, auch das wissenschaftliche, so zu gestalten, daß es eine seinem Inhalt entsprechende gute Ausstattung erhält. Uns geht bei der Betrachtung der Novitäten auf der Bibliothek manches wissenschaftliche Werk durch die Hand, das weitaus besser gedruckt uud ausgestattet ist als ein sogenannter künstlerischer Druck. In diesem weiter gefaßten Sinne ist die Buchkunst das suminnm et po8tremuw äonum, wie Martin Luthers Ausspruch lautet, den Isak Eollijn, Mitglied des Arbeitsausschusses dieser Ausstellung, in seinem Widmungsschreiben an die Lübecker Stadtbibliothek anläßlich ihres 30Vjährigen Jubiläums angeführt hat. 708 Bei den drei erwähnten Gruppen ist nämlich die Farbe so außer ordentlich charakteristisch; namentlich bei den Karten, aber auch bei den Kinderbüchern und Plakaten tritt das hervor. Bei aller Farbcnfreudigkeit. z. B. in den Kinderbüchern, überrascht doch die jeden schreienden Kontrast vermeidende, vornehme Zurückhaltung; in den Plakaten steht die Schrift in Verbindung mit dem farbigen Orna ment oder auf einem farbigen Untergründe monumental und ruhig da. Die Reklame wirkt hier eindringlich, ohne aufdringlich zu sein. Dieser Eindruck ist ein so starker, daß man durch diese Plakate in eine Art gehobener Stimmung versetzt wird, und man erstaunt, wie der Schwede mit so einfachen und dadurch eben besonders künstlerisch wirkenden Mitteln für seine Gebrauchswaren Propaganda macht. Gerade aus den Plakaten erkennen wir einen anderen wesentlichen Zug der schwe dischen Buchkunst, der allen ihren Schöpfungen seinen Stempel ausdrückt, vom kostbar gebundenen Luxusdruck bis zum einfachen Gebrauchsbuch. Das ist die stark traditionelle Note, die aber eben durch die weiche und gedämpfte Farbe einen besonderen Ton erhält, eben den schwe dischen. Am stärksten spüren wir diese »warme Reserviertheit«, wenn dieser Ausdruck erlaubt ist. bei den Karten der lithographischen Anstalt des Gencralstabes, Generalstabens Litografiska A nstal t. Wenn wir später bei der Besichtigung den Weltatlas von Zetterstrand L Rosen (1926) oder die Landkarte darüber betrachten, so wird uns auffallcn, wie deutlich und klar das Karteubild auch ohne Anwendung scharf kontrastierender Farben wirkt. Neben der Zurückhaltung in den Farben, die besonders auch in den Kinderbüchern hcrvortritt, offenbaren diese einen andern echt schwedischen Zug: die Liebenswürdigkeit, und zwar eine Liebens würdigkeit, die sich nicht aufdrängt, die aber aus dem Herzen kommt. Es ist jener gemütvolle Zug, der an den Dingen und Vorgängen des täglichen und häuslichen Lebens seine Freude hat und sie mit freund licher Schilderkunst vergoldet — ein Zug, der seinem Kern nach viel leicht Gemeingut aller germanischen Völker ist. der aber je nach An lage und Temperament seine verschiedene Ausprägung findet. Er tritt z. B. stark in Karl Larssons »Haus in der Sonne« hervor, das in Deutschland so viel Freunde gefunden hat. — Kinderbücher haben vor allem herausgegeben die von Stina Quint 1892 ge gründete Folkskolans Barntiöning, Wahl ström K W i d st r a n d und der Verlag ^ hl 4 n L ^kerlund. Von der gedämpften Behandlung der Farben führt die Betrach tung hinüber zu dem Problem der Form, dessen Lösung mir nicht nur für das schwedische Buchhandwerk, sondern für die Truckkuust überhaupt charakteristisch zu sein scheint. Hierfür bezeichnend ist das Titelbild, wie es uns nicht nur bei den Werken der großen Verlage wie P. A. Norstedt L Söner und Albert Bounier, son dern vor allem auch in denen von Druckereien wie A l m g v i st K Wickscll in Uppsala, Bröderna Lagerström in Stock holm und bei Waldemar Zachrisson in Göteborg ent- gcgcntritt, deren Gründer Waldemar Zachrisson zum Teil in Deutsch land seine Ausbildung genossen nnd deutschen Fachkreisen besonders nahegestanden hat. Das Titelblatt ist deshalb so besonders wichtig, weil hier das Kompositionskalent des Buchdruckers besonders hcrvortritt in der Ver bindung der wichtigen uud weniger wichtigen Teile, uud iveil im Titel sozusagen der Inhalt des ganzen Buches auf einen letzten knappen Ausdruck gebracht wird. — Neben rein typographisch gehaltenen Titeln, wie sie eine besonders meisterliche Behandlung — um nur zwei Bei spiele zu nennen — in der Familiengeschichte des Ge schlechts de Geer (Xtten de Geer. 1 920) und in der Fest schrift von Alfred Nobel von der Buchdruckerei Almgvist L Wick - sell erfahren haben — neben diesen rein typographischen Titeln also, ist in Schweden die Anbringung einer Vignette, und sei es nur des Verlagssignets, auf Titeln sehr beliebt. Wie diese Vignette, ob sie nun schwarz-weiß oder farbig gehalten ist, mit dem Text des Titels verwebt, zu einer organischen Einheit verschmolzen wird und so den geschlossenen und straffen Charakter der typographischen Anordnung des Buchganzen gleichsam schon vorwegnimmt, finden wir in dieser Weise kaum in der Buchkunst eines andern Volkes, es kann als ein spezifisch schwedisches Merkmal angesehen werden und zeigt, daß der Schwede den eigentlichen Buchcharakter aufs strengste wahrt. Das Ornament also, die Illustration wird dem Truck des Textes dienst bar gemacht; der Setzer und der Drucker siud die führenden Per sönlichkeiten bei der Herstellung des Buches, ihnen muß sich der Illu strator fügen. Auf diese Weise entsteht ein wirkliches, den besonderen in der Druckkunst gegebenen Voraussetzungen entsprechendes Kunstwerk. Aus Unkenntnis, darf man sagen, neigt man leicht zu der Auf fassung, die Kunst am Buche als eine minor arl, wie der englische Ausdruck lautet, also sozusagen als eine Kuustübung geringeren Grades anzusehen, da der künstlerischen Phantasie und Inspiration hier durch
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