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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.06.1917
- Strukturtyp
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- 1917-06-02
- Erscheinungsdatum
- 02.06.1917
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. ,1/ 126, 2. Juni 1917. 5 Prozent auf Bücher und Zeitschriften für die Bibliotheken, deren Vermehrungsfonds weniger als 16 600 K jährlich be- - trägt, verzichtet hat (s. Bbl. Nr. 97), freuen wir uns, daß auch der Staat unserem Gesuch stattgegeben hat, sodatz für die Mitglieder unseres Vereins nunmehr allen hiesigen Staats- unb städtischen Bibliotheken dieser Art gegenüber Rabatt in Wegfall kommt. Leipzig, den 29. Mai 1917. Der Vorstand des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. RichardLinnemann, RichardFrancke, Vorsteher. Schriftführer. Krebse oder „Krebse"? Wie ich aus verschiedenen Zuschriften ersehe, die sowohl der Schriftleitung des Börsenblattes für den Deutschen Buch handel als auch mir über meinen Kantate-Artikel in Nr. 103 zugegangen sind, scheint der von mir dort gemachte Vorschlag, das Fremdwort »Remittenden« der Fachsprache des deutschen Buchhandels durch den längst bei den deutschen Buchhändlern eingebürgerten deutschen Ausdruck »Krebse« zu ersetzen und diesen so zum Range eines Fachausdruckes zu erheben, allge meinen Anklang gesunden zu haben. Die Helwingsche Verlags buchhandlung, Hannover, übersendet mir einen auf die Rück sendung zur Ostermesse 1917 bezüglichen Vordruck, aus dem die Bemerkung zu lesen ist: »Rach dem 25. Mai 1917 in Leipzig cintreffende Krebse' werden zurückgewiesen«. Die Firma- be merkt dazu, daß der hier in Rede stehende Ausdruck »Krebse« von ihr schon seit laugen Jahren anstelle von »Remittenden« gebraucht wird. Dieser Fall ergibt einen interessanten Beleg dafür, wie gerade bezüglich des Wortes »Krebs« in der deut schen Buchhändlersprache der Vorgang der sogenannten Selbst reinigung der Sprache schon vor diesem Kriege beobachtet wer den kann. Die in Rede stehende Hannoversche Verlagsbuchhandlung stellt in ihrem Vermerk das Wort »Krebse« in Gänsefüßchen. Diejenigen Firmen, die das Wort »Remittenden« gebrauchen, wenden die Gänsefüßchen mit Recht nicht an; durch die An wendung von Gänsefüßchen bei dem Worte »Krebs« bringt man zum Ausdruck, daß es sich in dieser ernsthaften Anwendung noch nicht eingebürgert hat, erst wenn es allgemein als offi zieller Ausdruck und als Ersatz für das Fremdwort »Remitten- den« Aufnahme gefunden hat, wird man auch aus die Gänse füßchen verzichten können. Im allgemeinen wird ja von den Gänsefüßchen weit mehr Gebrauch gemacht, als durchaus notwendig ist; bei Bücher und Zettungsiiteln könnte man zuallermeist aus sie ver zichten. Schillers Geschichte des Dreißigjährigen Krieges, Schil lers Wallenstein, Brockhaus' oder Meyers Konversations- Lexikon, Rassische Zeitung, Tägliche Rundschau usw. bedürfen nicht der Gänsefüßchen! Diese sind dann angebracht, wenn beispielsweise ein Romanschriftsteller einen Roman »Hände« veröffentlicht hat und aus einer Erwähnung des Romans nicht ohne weiteres ersichtlich ist, ob die wirklichen Hände des Schrift stellers oder aber der diesen Namen führende Roman gemeint ist. Gewöhnlich erfährt man aber auch schon durch den Zu sammenhang den wirklichen Sachverhalt. Im Januar vorigen Jahres habe ich an dieser Stelle einen Fall behandelt (vgl. Bbl. 1916, Nr. 14), in dem ich auf die Notwendigkeit der An wendung der Gänsefüßchen unter gewissen Voraussetzungen hin wies. Ein Mann, der sich als Verlagsbuchhändler ausgab, es aber nicht war, hatte sich in Berlin vor Gericht wegen ver schiedener betrügerischer Machenschaften zu verantworten, und er war deshalb in den Gerichtsberichten der meisten Berliner Blätter als Verlagsbuchhändler ohne die hier notwendigen Gänsefüßchen bezeichnet worden. Die Gänsefüßchen besagen also genau dasselbe, was wir in mündlicher Rede durch die Worte »der sogenannte« oder »der angebliche« zum Ausdruck bringen. Der Mann war »Verlagsbuchhändler« und nicht Verlagsbuchhändler. «26 Von Rechts wegen und aus sachlichen Gründen müßten wir nun auch das Wort »Krebse« immer in Gänsefüßchen setzen, auch wenn es sich als vollgültiger und besserer Ersatz für »Remittenden« in der deutschen Buchhändlersprache eingebür gert haben sollte. Und derselbe Anspruch gebührt eigentlich auch dem Ausdruck »Krebsgang«, der schon längst einen festen Be standteil unserer allgemeinen Spräche, also nicht der Buchhänd lersprache allein, darstellt. Das der Geschäftssprache entstam mende Wort »Krebsgang« hat aus das Ganze Bezug, während der Buchhändlerkrebs sich auf das einzelne Exemplar bezieht. So kann also auch ein Buch den Krebsgang gehen, ohne ein Krebs zu sein. Ein Buch geht den Krebsgang, würde nicht heißen, daß die Exemplare dem Verleger als unverkauft zurück gesandt werden, sondern daß das Buch starken Rückgang im Absatz aufweist, der Absatz also nicht recht vorwärts geht. Das schließt aber keineswegs ein, daß die Exemplare zurückgehen, das Buch wird eben einfach nicht verlangt. Nun tut man aber dem wirklichen Krebs bitter Unrecht, wenn man ihn beschuldigt, daß seine hauptsächliche Gangart das Rückwärtsgehen sei. vr. Kurt Floericke schreibt in seinem hübschen Buche »Ge panzerte Ritter« (Franckh'sche Verlagshandlung Stuttgart) zur Entkräftigung dieser Fabel folgendes: »Daß er (der Krebs) nur rückwärts laufe, ist zwar sprich wörtlich geworden, aber trotzdem eine Fabel, obschon er es im Notfälle sehr gut kann. Ungleich häufiger bewegt er sich beim Schwimmen rückwärts, und zwar stoßweise mit ein paar raschen Schlägen'des Schwimmschwanzes. Aber der Ausdruck Krebs gang', der sich trotz aller Aufklärungen (schon 1379 durch Meppenberg!) mit einer merkwürdigen Hartnäckigkeit in seiner sprichwörtlichen Bedeutung erhalten hat, ist durchaus nicht ge rechtfertigt, denn im allgemeinen geht der Krebs genau so seiner Nase nach wie andere Tiere auch. Die Kritiklosigkeit unserer Vorfahren hat viel Schuld an der unausrottbaren Ver breitung dieses und anderer Märlein aus der Naturgeschichte der Tiere.« Das rückwärtige Schwimmen des Krebses ist eine Taktik, die er mit viel Geschick und Erfolg namentlich seinen Verfolgern gegenüber anwendet, sonst aber ergibt ja auch sein ganzer Körperbau, daß auch für ihn die Vorwärtsbewegung die haupt sächliche Bewegungsart ist, denn er hat doch vorn die Augen, und vorn trägt er auch seine wichtige starke Waffe, die Scheren. Run hat sich aber das Wort Krebsgang so sehr in unserer Sprache eingebürgert, daß wir es nicht daraus entfernen kön nen, auch wenn wir uns davon überzeugt haben, daß seiner Entstehung eine unrichtige Anschauung zugrunde liegt. Wollten wir einen derartigen Versuch machen, so müßten wir auch an viele andere Ausdrücke unserer Sprache Herangehen. Wir dürf ten dann auch nicht, um nur ein Beispiel anzusühren, von dem Untergang oder Aufgang der Sonne reden, da es sich ja nur um einen scheinbaren Untergang und Aufgang handelt und die Sonne am Firmament ja stillsteht. Aber damals, als die Ausdrücke geprägt wurden, wußte man noch nichts von dem System des Kopernikus. Später behielt man dann die Ausdrücke bei, trotzdem man zu der Überzeugung gelangt war, daß sie auf einer unrichtigen Voraussetzung beruhen. Der alte römische Rechtsspruch Lommuuis error weit ius (ein gemeinsamer Irrtum schasst einen Rechtszustand) muß oft genug auch in der Sprache dazu herhalten, wir müssen ihn also ebenfalls in Anspruch nehmen, wenn wir in der allgemeinen Sprache vom Krebsgang und in der Buchhändlersprache von Krebsen sprechen. Wenn nun begeisterte Krebsfreunde (unter den Naturforschern natür lich, unter den Buchhändlern wird es schwerlich welche geben) verlangen, daß man das Wort »Krebsgang« stets mit Gänse füßchen zu schreiben habe, um sich so das den wirklichen Krebsen mit diesem Ausdruck zugefügte Unrecht immer vor Augen zu halten, woraus dann folgen würde, daß auch den Krebsen der Buchhändler die stete Schreibung mit Gänsefüßchen zuteil wer den müßte, so geht eine solche Forderung entschieden zu weit. Mit demselben Rechte könnten dann die Astronomen fordern, daß man die Bezeichnungen »Aufgang« und »Untergang der Sonne« stets mit Gänsefüßchen zu schreiben hätte.
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