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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.10.1917
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1917-10-09
- Erscheinungsdatum
- 09.10.1917
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- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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/V 236, Oktober 1917. Redaktioneller Teil. I In dem Matze, Mie die Quellen der Einsicht fließen, wird auch I die geistige Kraft des Volkstums ständig gestärkt. Es' ist daher I die größte Geschwindigkeit der Verbreitung wissenschaftlicher I Erkenntnis unbedingt notwendig. Außerdem müssen auch diese I Quellen dauernd reichlich fließen und unverlierbar gemacht wer- I den. Sie aber rasch vergänglichen Stoffen anzuvertrauen, heißt I ihre Lebensdauer kürzen, ihre Energie herabsetzen und ihre I Wirkung schwächen. Es ist ganz'und gar nicht gleichgültig, ob I die Träger der wissenschaftlichen Einsicht, die Zeitschriften und I Bücher, auf minderwertigen, holzschlifshaltigen Papieren ge- I druckt werden oder nicht; sie müssen dauerhaft sein wie jedes I andere Handwerkzeug und dürfen durch Benutzung so wenig I leiden wie andere Waffen, die ja auch nicht aus Sparsamkeits- I rücksichten aus minderwertigem Material hergestellt werden I können, ohne ihre Wirksamkeit einzubüßen, denn die geistigen I Waffen sind die wichtigsten dieses Krieges und aller künftigen I Kriege. j Es muß daher für die wichtigste Kraftquelle, die wissenschaft- I lichc Belehrung, ein Grundstoff gewählt werden, der dem Unter gang nicht anheimfällt. Ein Papier, das nur 357» Zellstoff ent hält und sonst in der Hauptsache aus Holzschliff besteht, mag für den Tagesbedarf dienen, für Zeitungen, Lebensmittelkarten und sonstige kurzlebige Zwecke hinreichen, für das wichtigste und wertvollste Erzeugnis des menschlichen Gehirns muß mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln ein Papier beschafft wer den, das eine dauernde Benutzung und lange Ausbewahruirg möglich macht. Aus diesem Grunde muß die Forderung er hoben werden, daß nur ein Papier verwendet werden darf, das keinerlei Holzschliff enthält, wenn es wissenschaftliche Ergeb nisse der Nachwelt überliefern soll. Täfern es also irgend eine Möglichkeit gibt, Zellstoff in der notwendigen, verhältnismäßig geringen Menge zu erhallen oder zu erzeugen, so sollte dies ge schehen, wenn nötig auf Kosten jener unzähligen kleinen Tages- blätter, die alles wiederholt Gesagte nochmals wiederholen, oder auf Kosten der Blätter, die mehGnals täglich das Neueste brin gen, im wesentlichen aber dem llntcrhaltungsbedürfnis Unzäh liger, nicht aber der Forschung und Belehrung der Besten der Nation dienen. Es ist auch nicht angängig, einen Teil dieser Literatur auf holzfreies Papier zu drucken und einen anderen Teil, der nicht unmittelbar an Bibliotheken gelangt, auf minderwertiges Ma terial zu bringen; Werke wie das Grimmsche Wörterbuch, die Annalen der Physik und Chemie, die Jahresberichte der gesam ten Medizin, das Handwörterbuch der Staatswissenschaften oder das große Künstler-Lexikon von Thieme-Becker, das 150 090 Biographien enthalten wird, können unmöglich auf vergäng liches Material gedruckt werden; derartige Werke werden alle hundert Jahre nur einmal unternommen, und lieber wird der Verleger das Werk ganz unterbrechen als seine kostbare Fracht solchen Schiffen anvertraucn, die binnen kurzer Zeit leck wer den müssen. Der Gedanke, zweierlei Ausgaben streng wissen schaftlicher Werke herzustellen, solche auf holzfreiem Papier für Bibliotheken und solche auf holzhalligein Papier für Privat gelehrte, ist abzuweisen, denn ans den Bibliotheken privater Gelehrter wird nach dem Tode der Eigentümer das Werk doch seinen Weg in die dauernde Bibliothek finden, so daß auch diese Ausgaben den anderen an Dauerhaftigkeit gleichstehen müssen. L. Der fernere Gedanke, aus mehreren wissenschaftlichen Zeitschriften durch Zwang eine einzige herzustellen, kann nur von demjenigen ausgenommen und verteidigt werden, der die Bedeutung und den Wert dieser Träger wissenschaftlicher Er örterung verkennt. Abgesehen davon, daß hinter jedem Zcit- schriftentitel ein leitendes Gehirn steht, "dem eine Fülle von Er kenntnis, ein reifes Urteil und ein bestimmter Charakter eignen, geht es nicht an, den Strom der wissenschaftlichen Forschung in bestimmte schmale Betten zu zwängen, weil die belebende Wir kung dadurch erheblich eingeschränkt werden muß. Auch hier gilt das Wort, daß man die Stimmen wägen und nicht zählen soll. Ein Einziger kann mit neuen starken Gründen der gan zen wissenschaftlichen Forschung neue Wege und Ziele weisen, sein Urteil kann wichtiger sein als die Stimmen von hundert anderen, wie die Geschichte fast aller Wissenschaften, insonder heit aber der Naturwissenschaft, beweist. Tie Namen Liebig, Helmholtz, Selnmelweis, Hertz, Behring, Ohm, Abbe genügen, um daran zn erinnern, welche Hindernisse die wissenschaftliche Wahrheit zu überwinden hat, ehe sie sich durchsetzt und allge meine Geltung erlangt. Jede Minderung des Reichtums der wissenschaftlichen Erörterung und jede Hemmung in der Ge schwindigkeit ihrer Verbreitung setzt den Pulsschlag der For schung herab; nie abxr hatte das deutsche Volk einen raschen Pulsschlag dieser Art nötiger als heutzutage, wo jede wissen schaftliche Entdeckung sofort eine Verbreitung heischt, um die Widerstandskraft zu erhöhen. Noch während des Kampfes, der so intensiv geleistet wurde, ist die Herbcischaffung geistiger Munition aus den Arsenalen der Wissenschaft dringend nötig, und es hat sich eine geradezu glänzend rasche Umsetzung der theoretischen Erkenntnisse in praktische Ausnutzung gezeigt. Diese Raschheit ist aber nicht nur während der Dauer des Endkampfes nötig; gerade für die Zeit der Neuerstarkung, zur raschen Hei lung der tiefen Wunden, die dem gemarterten deutschen Volke durch seine räuberischen Gegner zugefügt sind, wird die um fassende Ausnutzung aller intellektuellen Kräfte von der aller größten Bedeutung sein. Aus diesem Grunde wäre cs nicht wohlgetan, dem Baum der Wissenschaft einen Teil seiner At- mungsorganc, die Blätter, zu rauben, wenn aus volle Reise seiner Früchte gerechnet werden soll. 6. Nicht minder erscheint es nachteilig und bedenklich, wis senschaftliche Werke von geeigneten oder, lose gesagt werden darf, von vielleicht ungeeigneten Prüsungsstellen vor dem Druck daraufhin untersuchen zu lassen, ob sic vervielfältigt werden sollen oder nicht. Eine solche Zensur, selbst wenn sie von Fach genossen ausgeübt wird, kann für die freie Entwicklung der Wissenschaft verhängnisvoll werden, da die meisten Gelehrten geneigt sind, den gewonnenen Ergebnissen mit einer Leiden schaftlichkeit anzuhängen, die die reine Erkenntnis trübt und den Fortschritt der Wissenschaft hindert. Darwin, Robert Mayer, Schlicmann, Hittorf sind nur einige Beispiele, die mit Leichtig keit aus der Geschichte der Wissenschaften vermehrt werden könnten. Tie auf allen wissenschaftlichen Gebieten immer wie derholte Klage vom Totschweigen beweist, daß in sehr vielen Fällen die Träger von »sicheren« Errungenschaften, d. h. von zum Dogma gewordenen Lchrmeinungen, einen starken Wider stand gegen neue Ideen und neue gute Gründe geübt haben. Alle solche Versuche, den ungehinderten Fluß der For schung aufzuhalten, müssen nachteilig wirken; der Druck, den die geistige Monopolisierung der französischen Wissenschaft in Paris und der englischen in London auf die Entwicklung der wissenschaftlichen Gesamtleistung ausgeübt hat und der vielfach geradezu Niedergang hcrbeigeführl hat gegenüber der starken, raschen, ergiebigen Entwicklnng..auf deutschem Boden, zeigt, daß es gefährlich ist, die wissenschaftliche Arbeit hier zum Teil still zulegen und das, was dem Deutschen die gewaltige Überlegen heit über die Nachbarvölker verschafft hat, ans mißverstandenen Rücksichten zum Schaden der Nation wieder zu beseitigen. In soweit eine Zensur für wissenschaftliche Werke notwendig ist, wird sie am besten durch die Makler der geistigen Ware, den Verlagsbnchhandel, ausgeübt. Der Buchhandel, der das Gold der Wissenschaften ausmünzt und schnellstens in Verkehr bringst kennt solche Rücksichten ans.Festhaltnng bestimmter Meinungen nicht, im Gegenteil, je lebhafter der Kamps der Gründe, der der Vater aller Erkenntnis ist, entbrennt, um so lieber ist es dem Verlagsbuchhandel. Er ermuntert den jungen, unbefange nen Kopf, der seine Anschauungen vorbringt, viel eher, als daß er ihn abschreckt, und so trägt er, wenn er nicht gehemmt wird, an dem raschen Fortschritt wissenschaftlicher Erkenntnis, die dem deutschen Volke jetzt nötiger ist als je, das seine bei. Ans allen diesen Gründen erwächst die für das Gedeihen der Wissenschaft und damit für die Widerstandskraft des deut schen Volkes unerläßliche Forderung! Es möge mit allen Kräften und Mitteln dafür gesorgt werden, daß die für den Buchhandel erforderlichen Mengen von Zellstoff beschafft werden, sei es durch Erzeugung im Jnlande, sei cs durch Kauf im neutralen Ausland, damit die Freiheit der Wissenschaft nicht leidet und die Raschheit der Verbreitung 1135
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