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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.02.1920
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1920-02-07
- Erscheinungsdatum
- 07.02.1920
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- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Redaktioneller Teil. 31, 7. Februar 1S20. die ich durch die Bedingung meines Verzeichnisses: Lieferungszwang lehne ich ab, die Möglichkeit hatte. Ich schicke voraus, daß mir der durch meine Berechnungsart er zielte Mehrgewinn persönlich völlig gleichgültig und ohne jeden Ein fluß auf meine Entschließung gewesen ist. Die Möglichkeit, daß ich Widerspruch bei denen finden würde, denen meine geschäftlichen Grund sätze unbekannt sind, hätte mich eher veranlassen können, hiervon ab- -usehen. Höher als persönliche Annehmlichkeit steht mir das Allge meinwohl Deutschlands, das dadurch, daß unsere Währung den zehnten Teil ihres einstigen Wertes hat — ein Währungstiesstand, wie ihn seit 100 Jahren kein Volk erlebt hat —, auf allen Gebieten von Waren entblößt und ausgepowert wird. Auf vielen Gebieten leiden wir Slot. Schon fehlt es uns an den notwendigsten Bedarfsartikeln, an Hausrat, Kleidung usw., oder aber die Preise steigen durch den Ausverkauf der artig, daß für den größten Teil der Bevölkerung Neuanschaffungen un möglich sind. Diese Lage würde noch verschärft werden, wollten wir unsere Jnlandpreise dem ungünstigen Stand unserer Valuta anpassen, um so eine besondere Behandlung des Auslandes zu vermeiden. Gewiß wäre das der einfachste Weg; aber er ist nicht gangbar. Solange wir in Deutschland noch alte Langer haben oder unsere Lager aus Deutsch land zu unseren Preisen ergänzen können, solange sollen wir m. E. den deutschen Käufer an diesem Vorteil teilnehmcn lassen und durch die Auslaudsberechuung verhindern, daß unsere Lager überschnell ge räumt werden. Das gilt wie für den anderen Handel auch für den Buchhandel. Wenn im deutschen Antiquariat der französische 3.50 Fr- Noman, dessen Preis jetzt auf 7 Fr. herausgesetzt ist, im Inland zu Preisen von 3—5 Mark verkauft wird, so läßt sich dagegen nichts ein wenden. Wenn wir aber diese Bände ohne Aufschlag an das Ausland lieferten, so würde sie das Ausland sich um ungefähr den zehnten Teil des Wertes beschaffen, den es bei sich selbst zu Hause zu zahlen hat. Auch das wäre gleichgültig, wenn wir nicht andererseits bei Neu beschaffung aus dem Ausland — neu oder antiquarisch — zum min desten 40 bis steigend 60 Mark im Einkauf für den Band bezahlen müßten und so das Leben unseres eigenen Volkes verteuerten. Der Durchschnittskäufer ist nicht in der Lage, solche Preise zu zahlen. Dies soll nur e i n kennzeichnendes Beispiel sein, das sich auf alle Gebiete der Literatur übertragen läßt. Genau so geht es uns mit den deutschen Veröffentlichungen, die — sind sie einmal ausverkauft — häufig nur zum Mehrfachen des ehemaligen Preises hergestellt werden können. Wir sind an Waren nicht reich genug, um Vorsichtsmaßregeln zu unserem Schutz zu unterlassen. Sie alle wissen aus eigener Erfahrung, wie zahlreiche Antiquariate im Auslande gerade in den letzten Jahren entstanden sind, daß ferner eine Anzahl bedeutender Auslandsortimente in letzter Zeit angefangen hat, nebenbei Antiquariat zu betreiben. Hierin' wurden sie im wesentlichen durch den Tiefstand der deutschen und österreichischen Währung gefördert. Ich gönne das dem Ausland neidlos. Nur haben wir in Betracht zu ziehen, welcher Schaden uns dadurch erwächst. Die Folge des Verkaufes ohne Auslandaufschlag würde die sein, daß, sobald die- deutsche Währung sich gebessert hat. das Ausland, soweit es noch deutsche Waren im Besitz hat, und das wird es, uns mit unseren eigenen Waren einen Wettbewerb macht, gegen den wir nichts ausrichten können. Das sind die schweren Rückschläge, die wir zn erwarten haben. In erhöhtem Maße wäre der Verlag von diesen Rück schlägen bedroht, wenn er sich nicht sicherte. Zudem, muß ich sagen, sind mir meine Waren zu lieb, um sie zu Gegenständen der Wührungs- spekulation herabgesetzt zu sehen. Die Sorge um seinen Bücherbestand muh also das deutsche Antiquariat veranlassen, sich zu sichern. Die Sache liegt einfach so: Wir verkaufen unsere Bücher zum zehnten Teil des Wertes und sind infolge des hohen Auslandkurses nicht in der Lage, uns Ersatz aus dem Ausland zu ver schaffen. Sehen Sie sich die Lager der deutschen Antiquare an, und Sie werden erstaunt sein, in welch beängstigender Weise sie geräumt sind. Ich könnte Ihnen höchst bezeichnende Beispiele hierfür angeben. Im Inland ist der Ersatz nicht überreichlich vorhanden, da ausländische Händler deutsche Bibliotheken aufkaufen und deutsche Sammler, die verkaufen wollen, sich den Auslandknrs zunutz machen. Ich weiß von genügend Sammlungen, die dadurch dem deutschen Antiquariat entgangen sind. Solange das Reich uns nicht hilft, müssen wir uns selbst helfen. Sonst werden wir im Buchhandel genau so wie auf an deren Gebieten geradezu ausgepowert. Das müssen wir hindern, und ich sehe gar nicht ein, weshalb das deutsche Antiquariat nicht nach genau denselben Grundsätzen handeln sollte, wie der übrige Buchhandel. Ich wäre bereit, den deutschen Antiquaren die Regelung dieser Frage nach eigenem Ermessen zu überlassen. Diejenigen, die keinen Anslandauf- schlag berechnen, werden die Folgen am eigenen Körper spüren. Ich verkenne allerdings keineswegs die Schmierigkeit einer einheitlichen Regelung für das Antiquariat, weil bei mancher Preisstellung die Valuta schon in Betracht gezogen wurde. Aber eine wichtige Aus nahme ist unbedingt notwendig. Bücher, die im Laufe der letzten 40 124 bis 50 Jahre erschienen sind, dürfen n u r mit dem vom Börlenverctn vorgcschlagenen Aufschlag geliefert werden, sofern sie nicht vergriffen lind. Geschieht dies nicht, dann wird die Maßnahme des Börsenver eins, soweit sie den Verlag schützen soll, und besonders den wissen schaftlichen, zum guten Teil hinfällig. Wir sind heute nicht dazu da, unsere persönlichen Vorteile wahrzunehmen. Unser Aufstieg kann nur erfolgen, wenn wir, dem selbstisch-materiellen Geist der Zeit abhold, bei unseren Entschließungen stets das Wohl des Volksganzen als Ziel im Auge haben. Mag in Anbetracht mancher Geschehnisse eine gewisse Entsagung hierzu gehören, diejenige», die Verantwortnngsgefühl haben, die sich — selbst am kleinsten Platze — verpflichtet fühlen, im Wirrwarr der Zeit durch Beispiele a u f die Zeit zu wirten, werben auch diese Entsagung aufbringen. Und daher gestehe ich ein, wenn das Antiqua riat selbst Vorteile aus der Freiheit zieht, die ihm der Börscnvercin zugestcht, wir wollen ans diese Vorteile verzichten, denn sie bringen dem Gesamtbuchhandel Nachteile, dem Verlag wie dem Sortiment, und beide sollten dahin wirken, daß der Vorstand des Börscnvcreins hier eine Änderung cintreten läßt. Die Bestimmung ist in Eile getroffen, und es ist dabei vielleicht nicht genügend beachtet morden, daß der Ver lag — wofern nicht die noch beim Verleger erhältlichen Veröffentlichun gen der letzten Jahrzehnte auch im Antiquariat nur mit Aufschlag ins Ausland verkauft werden — ganz erheblich darunter leibet. Einige Antiquariate haben nun einen Auslandanfschlag von 20 bis 30°/, eingcführt. Meine Herren, das ist eine Maßregel, die wohl die gute Absicht beweist, aber völlig unzulänglich ist. Denn 20—50 vom Hundert bedeuten beim Stande unserer Mark 2—5 Pfg. auf die Mark. Eine Sicherung bietet^ nur die Berechnungsart, die der Börsen verein festgesetzt hat, und die auch ich in ähnlicher Höhe eingefiihrt habe. Diese Bcrechnungsart wirb dem Käufer wie dem Verkäufer gerecht. Sie läßt dem Käufer einen angemessenen Vorteil und bewahrt den Verkäufer vor einem unangemessenen Nachteil. Daß eine ganze An zahl auswärtiger Kunden nichts Unbilliges in der von der Notlage aufgczwungencn Forderung sieht, beweist der Umstand, daß sie sie angenommen hat. Meine Herren! Als ich vor ungefähr 28 Jahren als junger Buch händler in Italien tätig war, stand die Lire auf 54 Cts. Die italieni sche Firma, eine der ersten Noms, rechnete fürs Ausland stets Franken, d. h. Goldlire. Kein Mensch erhob dagegen Widerspruch. Tie For derung war aus der Not des Landes geboren. Die Möglichkeit, daß sich jemand durch Mittelspersonen — es gibt immer Menschen, die sich zu Unrechten Geschäften, manchmal auch unbewußt, hergcbcn — die Bücher zum Markkurs verschafft, leugne ich nicht. Wo ich das vermute, verzichte ich auf den Verkauf. Wegen die ser Ausnahmefällc auf den ganzen Grundsatz verzichten hieße auf die Gesetzgebung übertragen, auf ein Gesetz verzichten, weil Umgehungen Vorkommen. Ich komme noch zu einem Punkte, unsere Ankäufe im Ausland. Im neutralen Ausland sind in den letzten Jahren zahlreiche Veröffent lichungen erschienen, für die ich die beste Verwendung hätte. Der zehnfache Preis hindert einfach den Anlauf. Ich nenne Ihnen nur einige Werke. Das wunderschöne Zwingli-Werk kostet 50 Fr. — 800 das Schweizer Künstlerlexikon bietet mir der Verleger für 700 an. Stähclin, Basler Porträts kostet 33 Fr. — 500 ungefähr. Diese Liste ließe sich nach Belieben fortsctzcn. Und dann soll ich meine Waren um den zehnten Teil verschleudern? Das läßt schon meine Liebe zu den Büchern nicht zu. So trennt sich nur der Nichts-als- Händler von seinem Besitz. Der wahre Bücherfreund bringt es nicht fertig. Wenn andere deutsche Antiquare trotzdem anders handeln wol len, so kann das keinen Einfluß auf meine Entschließung haben. Die werden erst zu meinen Anschauungen kommen, wenn die Not am höch sten ist, d. h. ihre Büchergestelle leer sind. Auch dagegen, daß unsere Maßnahmen trotz unserer Aufklärung von einigen im Auslände falsch beurteilt werden, können wir nichts machen. Und wenn gar, wie mir es geschehen ist, ein ausländischer Besteller, droht, er werde sich das für die Zukunft merken, so tröste ich mich mit unserem Theodor Storni: Der eine fragt: Was kommt danach? Der andere fragt nur: Ist es recht? Von einigen Ausländern abgesehen, die verärgert sind, weil sic die günstige Gelegenheit nicht genügend ausnutzen können, gibt es bei uns selbst npch einige allzu besorgte Herren, die da fürchten, wir könn ten im Auslände damit Anstoß erregen oder gar das Vertrauen ver lieren. Mein Gott, womit haben wir nicht alles in den letzten fünf Jahren Anstoß erregt! Wer sich dabei nicht die ruhige Gelassenheit errungen hat, unbekümmert um alle Anwürfe das zn tun, was sein Gewissen und sein Glaube an das Rechte ihm vorschreiben, der wird sie sich nie erwerben. Übertragen wir einmal unseren Fall, der das ganze Volk betrifft, auf einen Einzelfall. Dann liegt die Sache so: Zu einem Mann, der in höchster Geldnot ist und einen wertvollen Gegenstand sein eigen nennt, kommt jemand und bietet ihm den zehn-
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