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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.04.1920
- Strukturtyp
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- 1920-04-03
- Erscheinungsdatum
- 03.04.1920
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- Deutsch
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Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. Xe 71, 3. April 1920. nun aber keine Gewähr, daß sic das Buch zu schaffen imstande sind, das uns hcranbildet, was mir für die Zukunft brauchen: Persön lichkeiten. Wir haben die größte Befürchtung, daß, wenn jene Herren ans der Linken den allein ausschlaggebenden Einfluß auf die Gestaltung des Lehrbuchs der Geschichte haben, wir dann zu einer einseitigen P a r t e i d a r st e l l u n g klimmen. (Sehr wahr! rechts) Linen Vorgeschmack gibt uns ja die tieftraurige und beklagenswerte Tatsache, daß kürzlich in den verschiedensten Lehrerzeitungcn, z. B. im »Freien Lehrer«, Inserate zu lesen waren, daß von sozialdemokra tischen Stadtverwaltungen katholische und evangelische Lehrer gesucht - werden, die sich der mehr h ei ts s o z i a l i sti s che n Partei zuzählen. Ja, meine Damen und Herren, wenn das schon möglich ist, dann brauchen wir gar nicht erst lange zu überlegen, was alles in Zukunft noch unser harrt, wenn die Dinge so weitergehen. Ich bin ja nun der erste Redner zu diesem Gegenstände, der nicht dem Lehrerstande angehört, der also als Laie über diese Dinge spricht, und ich werde es selbstverständlich mit der notwendigen Zurückhal tung tun. War denn nun der Erlaß des Herrn Ministers vom 6. Dezember notwendig? Sind die Mißstände in den Lehrbüchern'der Geschichte so groß, daß der Herr Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung nichts Eiligeres zu tun weiß, als diesen Erlaß in die Welt zu schicken? Ich din der Auffassung, daß der Erlaß recht kleinlich ist, Saß er übe r st ü r z t ist und daß er auch u ns achlich ist. Der Erlaß ist für mich vielmehr ein Beweis der Wankelmütigkeit des K u l t u s m i n i st e r s, ein Beweis für seine geistige Biegsam keit, die es schließlich am liebsten a l l e n Seiten recht machte. Es ist eine Verbeugung vor dem äußer st en Radikal! s mus, wie wir es schon oft gerade bei dem Herrn Kultusminister erlebt ha'ben. Diesmal aber war die Verbeugung, die der Herr Kultus minister gemacht hat, nach meiner Auffassung zu tief und zu radikal. Man könnte es ja noch gelten lassen, wenn er die Geschichtsbücher für neuere Geschichte ausschalten wollte. Aber nun mit einem Federstrich alle Geschichtsbücher an allen Schulen auszuschalten, auch die »kleine deutsche Geschichte« zur Makulatur zu machen, die mit der neueren Zeit gar nichts zu tun hat, da sie lediglich die Geschichte bis zum 30jährigen Kriege behandelt, so heißt das, das Kind mit dem Bade ausschütten. Wenn ferner »die Hauptdaten der Weltgeschichte«, die nur eine chronologische Reihenfolge der geschichtlichen Vorgänge darstellen, mit einem Federstrich zur Makulatur gemacht werden, so ist das nach meiner Auffassung eine kostspielige Übertreibung, die nicht notwendig war. Ich sagte schon: ich bin nicht Pädagoge, nicht Fachmann; aber schließlich habe ich doch auch die Schule besucht und muß offen ge stehen, daß ich den Ausführungen des Herrn von der Mehrhcitssozial- demokratie doch nicht so ganz folgen kann, wenn er meint, cs gehe sehr gut, einen Geschichtsunterricht ohne Leitfaden, ohne Lehr buch zu geben. Eine Stunde meinetwegen, auch zwei; aber einen Geschichtsunterricht ohne die Unterstützung eines Lehrbuches halte ich auf die Dauer nicht für durchführbar, nicht für erfolgreich; denn bas alte System des Nachschreibens ist zeitraubend, quälerisch, unnütz und führt auch, glaube ich, nicht zu guten Resultaten. Nun hat der Herr Vertreter der Negierung gesagt: wir haben mit diesem Erlaß ja keineswegs einen Z w ang ausüben wollen, wir haben lediglich Freiheit schaffen wollen. Ich will die Ausführun gen des Herrn Regierungsvertreters nicht wörtlich vorlesen, die er hier am 2. Februar gemacht hat. Ich glaube aber doch, daß dieser Erlaß vielmehr einen Z w am g darstellt, der zur Anarchie, zur Willkür führt und führen muH, daß er Schaden an den Schülern wie auch an der Schule im Gefolge haben muß. Das, was der Herr Negierungsvcrtreter hier als Zweck des Erlasses angegeben hat, wird man mit diesem Erlaß nie erreichen. Ich glaube, es hätte genügt, um den neueren Verhältnissen Rechnung zu tragen, wenn eine Matcria- liensammlung oder ein Ergänzungsheft herausgekommcn wäre, um die Richtschnur zn geben. So aber ist der Willkür Tür und Tor ge öffnet und eine Kontrolle der Aufsichtsbehörde ausgeschlossen, aber andererseits der Denunziation der Weg bereitet. Ich will auf diese Dinge nicht weiter entgehen, weil ich nicht, wie gesagt, Fachmann bin, will vielmehr nur noch daraus Hinweisen, was die P h i l o l o g e n k a m m e r der Provinz Westfalen in einem einstimmigen Beschluß scstgelegt hat. Ich erlaube mir mit Genehmigung des Herrn Präsidenten diesen Beschluß hier -n verlesen. Die Philologenkammcr der Provinz Westfalen hat ein stimmig beschlossen: 1. Eine Reform des geschichtlichen Un terrichts an den höheren Schulen und der ihm dienenden Lehr bücher ist in der'vom.Verband deutscher Geschichtslehrer be fürworteten Art durchaus wünschenswert. Der Ministerial- erlaß vom 6. Dezember 1019 ist aber offenbar nicht so sehr 300 durch di« Rücksicht auf eine wünschenswerte vernün- tigc Form des Geschichtsunterrichts als aus parteipoli tischen Gründen veranlaßt und übereilt er gangen. Die Durchführung des Erlasses erschwert den Unterricht in bedenklicher Weise und macht den Schü lern die Einprägung und Wiederholung des im Unterricht Vor- getragencn unmöglich. Wenn aber für die häuslick)« Arbeit die Schüler auf das geschichtliche Lehrbuch verwiesen werben sol len, dann muß der Lehrer im Klassenunterricht sich mehr an das Lehrbuch halten und von den Schülern seine Anschaffung verlangen dürfen. Derartige in den Unterrichtsbe trieb tief einschneidende Bcstimmungen sind grundsätzlich nicht ohne vorheriges Benehmen mit den Provinzialschulkollegien und den be rufenen Vertretungen zu erlassen. Ich schließe mich in jeder Beziehung dieser Auffassung der westfäli schen Philologenkammcr an. Meine Damen und Herren, der Herr Minister hat etwas be seitigt, ohne etwas Besseres an die Stelle setzen zu können. Der Er laß ist also verfrüht, und die Ausführungen, die von pädagogischer und fachmännischer Seite hier gemacht worden sind, sollten das Mini sterium veranlassen, diesen übereilten Erlaß, zu dem auch das Mini sterium — den Eindruck hatte man auch heute wieder nach der Er klärung des Herrn Negicrungsvertreters — nicht mehr mit voller Freudigkeit steht, zurückzuneh m e n. Es ist für mich nicht zweifel haft, daß, wenn der Erlaß nicht schon in die Welt hinausgegangen wäre, er heute nicht mehr erlassen würde. Nun gestatten Sie mir noch einige wenige Worte über die wirt schaftliche Seite dieser Frage. Der Herr Abgeordnete Hacks von der Mchrheitssozialdemokratie hat ja hier in mehr originellen Aus führungen als in sachlich durchdrungenen Darlegungen sich gegen die verschiedensten Dinge ausgesprochen. (Zuruf) Ja, ich habe eine Ahnung davon, wenn der Herr Abgeordnete Hacks hier mit dürren Worten erklärt, daß der Erlaß des Herrn Ministers für den deutschen Buchhandel keinerlei wirtschaft liche Schäden in sich berge. Meine Damen und Herren, Sie werden mir als Verlagsbuchhä'ndlcr doch wohl ein Urteil darüber Zu trauen, so wie ich dem Schulmann auch ein fachmännisches Urteil über Len Geschichtsunterricht zutraue. Herr Kollege Scholich, Ihnen empfehle ich auch für Ihr ganzes Leben: tun Sie das auch und lassen Sie den Fachmännern immer den Vortritt und Lenken Sie nicht, Sie wüßten alles ganz allein. Der überstürzte Erlaß des Herrn Mi nisters schädigt nach meiner Auffassung, dafür bin ich imstande die Beweise zu bringen, den S ch u l b u ch v e r l a g auf das allerschwerste. Der Schulbuchvcrlag hat nicht leichtsinnig gehandelt. Er hat sehr wohl gewußt, daß die großen Umwälzungen, die wir alle miterlebt haben, auch nicht ohne Einfluß auf die Gestaltung des Lehrbuchs sein wür den, und er hat sich deshalb vorsichtig, wie der Verleger heute mehr denn je sein muß, an das Ministerium mit der Frage um Aufklärung über die Absichten, Ziele und Pläne des Kultusministeriums gewandt. Daraufhin hat das Kultusministerium am 2. Januar 1920 ausdrücklich geantwortet, daß Änderungen in den Lehrplänen, die eine Änderung der Lehrbücher mit sich brächten, vor Ostern 1922 nicht in Kraft treten würden, und es wurde wörtlich in der Antwort des Herrn Kultusministers gesagt: Falls solche Änderungen vor dem genannten Zeitpunkt für nötig erachtet werden, würde für die etwa erforderliche Abände rung der eingeführtcn Lehrbücher oder die Bearbeitung neuer Bücher eine angemessene Frist gewährt werden, wie dies bisher in derartigen Fällen immer ge schehen ist. Dagegen kann auch die zweite Bitte zugesagt werden, daß vor dem Jahre 1922 die Forderung auf Einführung neuer Lehrbücher, welche den Weltkrieg und die veränderten staat lichen Verhältnisse berücksichtigen, oder auf entsprechende Um arbeitung der eingeführtcn Bücher vonhicr aus nicht gestellt werden wird. Nach dieser klaren eindeutigen Erklärung des Kultusministeriums ist der Schnlbnchverlag scclenrnhig an die Arbeit gegangen und hat die Vorbereitungen für den neuen Bedarf getroffen. Nun kommt dieser Erlaß vom 2. Januar 1920, der mit einem Federstrich Millionenwerte zu Makulatur macht. Denn darin hat Herr Kollege Sommer durch aus recht, daß, wenn es dein Vater freigeftellt wird, ob er für den Hausbedarf, nicht für den Schnlbcdarf seines Kindes ein Geschichts buch anschaffcn soll oder nicht, in dieser Zeit der übermäßigen Teue rung sicherlich bei diesem nicht notwendigen Lehrbuch gespart werden wird. Ich könnte Ihnen mit vielen Zahlen ziffernmäßig den großen Schaden Nachweisen, den dieser Erlaß anrichtet. Nur darauf will ich noch Hinweisen, daß er kleinere Firmen fast ruiniert, andere sind aufs
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