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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.04.1920
- Strukturtyp
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- 1920-04-15
- Erscheinungsdatum
- 15.04.1920
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. - V! 80. 15. April 1920. Bei dem vorwiegend ländlichen Charakter der Pfalz und der heiteren Lebenslust'der Bewohner sind Beschäftigungen mit Literatur, den Studien, wie die Leselust nicht vorwiegend, und diese Neigungen stehen gegen den größten Teil des jenseitigen Deutschlands bedeutend zurück. Luxus in Büchern ist eine Sel tenheit. In den letzten 5—0 Jahren war die Zeitnngs- wie Wochenblatt-Lektüre die einzige Lektüre der meisten Lesclustigen. Der Absatz des Buchhändlers beschränkt sich daher beinahe aus schließlich auf die Schulanstalten, den Beamten-, Lehr- und geist lichen Stand. Diese Stände sind nicht die reichern; ihre Nei gung zur Literatur wird durch die Rücksichten auf das Gehalts und Familienverhältnis in Schranken gehalten; wo diese Schran ken überschritten werden, trägt der Buchhändler den Nachteil; die Konto s der Kunden stehen in seinen Büchern und bleiben ungelöscht. Der allergrößte Teil der Bücher wird auf Conto bezogen, nicht bar bezahlt; die Ausstände im Geschäft sind daher^wohl bei keinem andern so bedeutend, als bei dem buch- händlerischen, und infolge dessen auch die uugiebigen Posten. Das Buchhändlergeschäft im Pfalzkrcise ist in Betracht aller dieser Verhältnisse daher augenscheinlich kein beneidenswertes. Noch kein einziger Buchhändler hat cs weiter, als zu einem mäßigen Wohlstände gebracht; die meisten müssen froh sein, wenn sie sich spärlich mit ihren Familien darauf ernähren können. Alle diese Verhältnisse sind auch schon öfters, wenn es sich um Bittgesuche zur Verleihung weiterer Buchhändler-Concessioncn handelte,.sowohl König!. Hoher Kreisregierung, als auch dem Höchsten Slaatsministerium vorgetragen worden, damit der Buchhändlerstand des Pfalzkreises nicht durch die zahlreiche Ver leihung von Concessionen Rot leide und am Ende gefährdet werde«. Aus eine Eingabe in diesem Sinne hatte das Höchste Ministerium des Innern seinerzeit verfügt; »daß bei dem Bestände von 13 Buchhandlungen in der Pfalz die Errichtung einer vierzehnten durch das Bedürfnis um so minder begründet erscheine, als größere Buchhandlungen auch in der nahen Umgebung der Pfalz, zu Mannheim, Mainz etc., vorhanden sind und übrigens die Vermehrung der Buch handlungen in dem genannten Regierungsbezirke das geeignete Mittel nicht wäre, dem dortigen Buchhandel aufzuhelfen«, und dadurch die Verhältnisse des Buchhandels im Pfalzkreise mit klarem Blicke rechtlich und treffend gewürdigt. Über das geringe Lese- und Bildungsbedürfnis der Pfälzer in und vor jener Zeit enthalten die Schriften von K. I. Weber (Verfasser des »Demokritos«), F. Blaul, W. H. Riehl, E. Geib, August Becker, K. Hampe manche treffende Bemerkung, ebenso das »Pfälzische Memorabile«, Bd. I. So schreibt der treffliche Kenner und meister liche Schilderer der Pfalz F. Blaul um die Mitte der dreißiger Jahre; »Ich habe es bereits augedeutct und es als betrübende Erscheinung bedauert, daß in der schönen und reichen Pfalz, in einem Volk, das hinsichtlich seines Ver standes wahrlich nicht stiefmütterlich behandelt worden ist, das Streben nach dem Materiellen so sehr überwiegt, die höhere gei stige Ausbildung über Gebühr gering geachtet wird. Es ist schade, daß dieses Volk mit seinem praktischen Sinn und Streben so sehr sein wahres Interesse verkennt. Aber eben diese pein liche Richtung ist schuld daran, nicht minder aber der heitere, allem Ernsten abholde Sinn, und vor allem der Mangel an Ge legenheit, an erweckenden Elementen. An Talent fehlt es we niger als irgendwo, aber an Lust, Liebe und Beharrlichkeit zur Verfolgung wissenschaftlicher und künstlerischer Zwecke. Bei allem regen Leben betreffs der Bedürfnisse und Annehmlichkeiten des gewöhnlichen Lebens liegt es wie ein bleierner Schlaf über den höheren geistigen Interessen . . . Ein Gelehrter, ein Dichter, ein Künstler wird durchschnittlich für einen überspannten Toren, für einen unnützen Menschen gehalten, und im gelindesten Fall als ein armer Teufel bezeichnet. Hat einer gar das Unglück, den Doktorgrad in einer andern als der Arznciwissenschaft zu be sitzen, so dient ihm diese Würde so wenig zur^Empfehlung als «in Adelsdiplom, ja er darf darauf zählen, ein Gegenstand des Spottes zu werden«. > Dieses eine Beispiel möge für die ähnlich klingenden Urteile ' der genannten anderen Schriftsteller dienen. Nun, das war ein- /mal! Nach den Jahren 1870/71 setzt ein erfreulicher, sich immer steigernder Umschwung ein, und die Pfälzer von heute sind eben so lese- und bildungsbedürstig wie die Angehörigen irgend welcher anderen deutschen Volksstämme. Den besten Beweis da- ' für liefern die wohl an allen Orten wachsenden Umsätze der psäl- ! zische» Buchhandlungen. Wenn Friedrich Perthes heute die Pfalz bereisen könnte, würde er seine Meinung von der I »literärisch tobten Gegend« freudig widerrufen. Die Konzessionen wurden oft in solch spärlichem Maß er teilt, daß z. B. einem Bürger in F r ank c n t h a l ein sörmliches privilsgium oxclusivum für den Buchhandel dieser Gegend zustand. «Mit den in den Volksschulen eingefllhrten Büchern trieb der /Staat selbst Handel (nach Höfle, Gewerbeordnung d. Pfalz, 1908). In späteren Jahren, besonders nach der Einführung der Ge- ! werbcfreiheit 1868 vermehrten sich die buchhändlerischen Be triebe in fast überreichem Matze. Welcher Unterschied zwischen ! 1854 und heute! Den damals vorhandenen 14 Firmen der j Pfalz stehen jetzt laut Adreßbuch des Deutschen Buchhandels , rnnd 90 gegenüber, wovon 73 Sortiment, 17 Verlag betreiben. /Unter den Sortimenten befinden sich allerdings in den kleine ren Städten manche, die den Namen Buchhandlung kaum ver- ^ dienen. Die meisten bedeutenderen Geschäfte, 38 an der Zahl, 'gehören dem Badisch-Pfälzischen Buchhändlerverband an, wo- / von sich 30 dem Sortiment, 8 dem Verlag widmen. In Kai serslautern (Industriestadt von 55 000 Einwohnern) gibt es zurzeit 5 Sortimente; Cr »sius, gegründet 1881; Dörner, 'gegründet 1890; Laible (Nachfolger des Gottholdschen Sorti ments, das schon 1814 als Buchbinderei nachweisbar ist und 1867 die Konzession für den Buchhandel erhielt); Lascher, ge gründet 1830; Evangelische Vereinsbuchhand lung, gegründet etwa 1893; ferner 3 Verlage; Tascher, ge gründet 1830; Kayser, gegründet 1868, und Crusius, ge gründet 1881. 2 Zeitungsverlage, verbunden mit Buchverlag; Thieine, gegründet 1816, und Rohr, gegründet 1867; 1 Verlags- und Versandbuchhandlung A. Gotthold (als Buchbinderei zum erstenmal 1814 bezeugt). Mit dem Ver kauf von Büchern befassen sich auch mehr oder weniger, wie überall die Buchbinder, Warenhäuser und »Auchbuch händler«. Dieser Gattung begegnen wir übrigens in der Pfalz schon 1696! In den Kaiserslauterer Ratsproto- kollen von 1696 ist berichtet, daß ein wandernder Buch- führer« (Sortimenter) namens von Romea versäumt hatte, den Kaiserslauterer Martinimarkt zu besuchen, und daher nach träglich seine Bücher in der Stadt feilhalten wollte. Der Stadt rat hätte dies genehmigt, allein die Krämerzunft, die »auch« Bücher führte, erhob Widerspruch auf Grund ihres Zunftbrieses, der sie zum Bücherverkauf berechtigte. Der Buchhändler v. Romea erhielt abschlägigen Bescheid! / Von den wackeren kerndeutschen Männern des pfälzische» Buchhandels, denen es zu gönnen ist, daß sie die deutsche Schmach nicht mehr erlebten, seien einige hier genannt; I Vor allem Eduard Witter (Firma Gottschick-Wittcr in Neustadt), geb. 1824, gest. 1912, der nicht nur als Buchhändler, sondern auch als Mensch hervorragende Eigenschaften besaß. Noch vielen Zeitgenossen ist seine Erscheinung in unvergeßlicher / Erinnerung; sein rassiger Kopf, sein blitzendes Auge unter duscht« gen Brauen, sein sprühendes Temperament, sein schlagfertiger Witz. Er wurde von namhaften Schriftstellern besungen, beson ders treffend von Scheffel: Im Giebelhaus, das jeder kennt, Hielt stets er hinterm Gitter Im auscrwählten Sortiment, Des deutschen Geistes Ritter. Heitern Humors, klug wie ein Fuchs Kür Licht und Wahrheit stritt er, Doch stets gedenk des Bibelspruchs Bom Balken und vom Splitter. Witter, der durch seinen »süffigen Verlag« weit über den Buchhandel hinaus bekannt geworden ist, war eine Persönlich keit, die, überall geachtet und beliebt, unserm Stande zur Ehre gereichte. 344
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