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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.03.1920
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- 1920-03-03
- Erscheinungsdatum
- 03.03.1920
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VSrs«>dI»u >. d, Dgchn, «uchh-nd-I, Siedakttoneller Teil. 51, 3, März 1928, Grund dafür, daß ich es unmoralisch finde, einen derartig an- ekeindcn, perversen Text zu komponieren. Sie verstehen, mir erscheint nicht der Stoff als solcher unmoralisch, der wahre Dichter wird auch die schwärzesten Nachtseiten der menschlichen Seele dichterisch gestalten können, unmoralisch finde ich es aber, daß der Dichterkomponist, nachdem er dem Zwange seines dichte, rischen Dämons genügt und den Text geschrieben, nicht von der Komposition abstand. Er mutzte sich sagen, wenn auch die Dich, tung aus der Musik geboren, datz eine Oper mit d e m Text den absoluten Todeskeim in sich trage, und wenn auch noch so viel Bühnen das Werk zunächst aufführen. Jedes geschaffene Werk sollle über seinen Selbstzweck hinaus doch zugleich Baustein für die Kulturerwciterung des Volkes sein. Die Frage ist: Hat der Künstler nicht die Pflicht, mit seinen schöpferischen Kräften hauszuhalten und von Entwürfen das zu verwerfen, was bei ruhigem Prüfen sich als lebensfähig nicht erweist? Keiner von uns, weder im früheren noch im jetzigen Staat, darf seinen Gefühlen zügellosen Lauf lassen — der Kritiker lächelte mit seinem freundlichen Auge sehr beredt, als er sortfuhr —: wenn mir im schönsten Frühlingswettcr auf der Stratze ein junges, liebreizendes Mädchen entgegenkommt, das in seiner ganzen Erscheinung wie Frühling und Sonne aus. schaut, so kann ich meinem lebhaften Enrpfinden nicht Ausdruck geben, indem ich der jungen Dame anbetcnd auf der Stratze um den Hals falle, ebensowenig wie ich einem Manne, der aussieht, als ob er — wie Heine sagt — die Viehseuche erfunden hätte, ob meiner Mißbilligung seiner Physiognomie eine Ohr feige verabreichen darf. Wir müssen unsere Gefühle im Zaum Hallen, — und sollten die schöpferisch Gottbegnadeten in ganz anderer Weise nicht hierzu auch verpflichtet sein? Ich meine, es muß doch lebhaft zu denken geben, datz augenblicklich drei große, beachtliche Musik.Bühnenwerke im Mittelpunkt un. scres Interesses stehen: Strauß, Die Frau ohne Schatten: Pfitzner, Paleslrina; Schrecker, Die Gezeichneten, — alles drei Werke, die die Komponisten, die Bühnen und ein Heer sonstiger Künstler und Literaten lange Monate hindurch beschäftigt haben unter einem fabelhaften Aufwand von Kraft, denen man aber ein Daucrlcbcn nicht zusprcchcn kann. So verschieden auch die Bedeutung der Werke sein mag, so himmelweit die Ansichten über sie auseinandergehen, daß die Art ihrer Texte — Pfitzncrs schönen poetischen Paleslrina-Text wird man leider kaum aus- nehmen können — bei allen dreien eine dauernde Bühnen- Fähigkeit unmöglich macht, darüber herrscht eigentlich nur eine Stimme-, Unser Kritiker-Freund hatte sich warmgeredet, er stärkte sich, nachdem er geendet; man sah es dem Komponisten, der selbst manch kurzlebige Oper schmerzlich geboren hatte, an, daß er antworten wollte; er rückte an seiner Brille und begann etwas zaghaft: »Gewiß ist viel Richtiges in dem, was unser strenger Herr Kritiker gesagt hat. Wenn Sie aber den Kom ponisten in Anklagezustand versetzen und fordern, datz er mU seinen schöpferischen Kräften im Hinblick auf allgemeinen Nutzen Haushalten soll, so frage ich, ob der Komponist nun nicht auch seinerseits verlangen kann, datz die geschaffenen Werke von den anderen Instanzen für die Allgemeinheit in denkbar zweck- mäßigster Weise nutzbar gemacht worden. Ich meine, er kann und muß es verlangen, mein« weiter aber auch, daß diesem berechtigten Verlangen seitens der Musikverleger durchaus nicht immer ent- sprachen wird. Denn, meine Herren, was tut denn der Musik- Verleger im allgemeinen für uns, was weitz das große Publikum von den Neuerscheinungen auf dem Musikalienmarkt? Wenn ich — selbst ein starker Bücherfreund — beobachte, mit welcher Energie, mit welchen weiigrcisenden Mitteln der rührige Buch. Verleger seine Verlagskindcr fördert und ihnen immer weitere Kreise erschließt, so glaube ich, daß manchem der Musikverlcger — die Ausnahmen bestätigen nur die Regel — für die Nutzbar machung aufgewandter Kräfte noch vieles zu leisten übrig bleibt«. Es schien sich in der Runde, trotz später Zeit, eine gewichtige Redeschlacht entwickeln zu wollen. Der sonst so liebenswürdige Verleger-Kollege stand auf mit einer Miene, als wolle er singen: Heraus zum Kampfe mit uns allen: »Der Vorwurf, den unser verehrter Freund gegen uns Verleger richtet, ist nicht neu, auch 2!2 wird seine Berechtigung von manchen Kollegen zugegeben; man darf hierbei aber nicht vergessen, daß, wie die Musikwissenschaft eine junge Wissenschaft ist, auch der Musikalicnhandei in seiner jetzigen Selbständigkeit in vieler Beziehung noch in den Kinderschuhen steckt. Gewiß wäre gerade auf dem Gebiete zweckmäßiger (nicht amerikanischer) einheitlich organisierter Propaganda für Neuigkeiten noch manches zu tun. Am merkwürdigsten scheint mir dabei, daß die Instanz, die für eine wirklich durchgreifende Propaganda ernster musikalischer Neuheiten in der Praxis am ersten in Frage käme, völlig versagt hat. Ich denke an die feindlichen Brüder: die Genossenschaft deutscher Tonsetzer und die Genossenschaft zur Verwertung musikalischer Ausführungsrechte, Der Allgemeine Deutsche Musiker-Verein, der in engster Fühlung mit der Ge- nossenschaf! deutscher Tonsetzer steht, hat während des Krieges keine Tonkünstler-Feste veranstaltet, (bet der vorjährigen Haupt versammlung in Berlin ist die dortige Singakademie hilfreich cingcsprungcn »nd hat in einer Reihe großer Konzerte moderne Werke zur Aufführung gebracht) — cs ist natürlich, daß der Verein große Konzerte nicht geben konnte und vermutlich auch in den nächsten Jahren kaum wird geben können. Aber wer sagt denn, daß es glanzvoll« Musikfeste sein müssen; beide Gesellschaften möchten sich den Komponisten angenehm und unersetzlich machen, und wie könnten sie das besser, als durch regelmäßig direkt oder indirekt zu veranstaltende Lieder-, Klavier-, Kammermusik-Abende mit hierfür besonders verpflichteten Künstlern? An den Kosten kann solches Pro jekt nicht scheitern; sicher würden Komponisten wie Ver leger gern auf einen Teil ihrer Aufführungsanteile verzichten, wenn hierdurch neuen Werken die Bahn geebnet würde, denn wichtiger als alle Aufführungs-Abgaben ist zunächst für den Komponisten wie für jeden Verleger, daß das Werk überhaupt aus- gefllhrt wird. Eine Verlagshandlung hat, da Hilse von diesen Seiten nicht kam, einen gleichen Weg auf eigenen Füßen be schritten, Die in Berlin auf Veranlassung der Firma Ed, Bote L G, Bock am 3, September Veranstaltete Reg er-Woche ist als Pionier-Arbeit auf diesem Gebiete mit Freuden zu begrüßen ; die Presse brachte dem Unternehmen zum Teil merkwürdig wenig Verständnis entgegen, d, h, nicht den aufgeführtcn Werken, son dern dem Gedanken der Veranstaltung, Ob es zweckmäßig war, nur Werke eigenen Verlags zu bieten, ob es der Neger-Kunst und damit auch dem Verlage nicht mehr gedient hätte, ob die aufgewandte Kraft nicht viel mehr hätte ausgenutzt werden können, wenn die Reger-Verleger gemeinsam die Konzerte ge geben hätten, bleibe dahingestellt — jedenfalls ist für große musi kalische Kunst eine solch großzügige Konzert-Propaganda die richtige und vornehme. Im Mai kommenden Jahres soll in Amsterdam unter Mengelbergs Leitung ein Mahler-Fest statt finden; ob und inwieweit Mahler-Vcrlcger hierbei beteiligt sind, weiß ich nicht, aber wenn sie es sind, wäre es richtig!« Der Verleger-Kollege merkte, daß man unruhig wurde und an den Aufbruch dachte; er fuhr schneller fort: »Der an die Verleger-Adresse gerichtete Vorwurf der Kompo nisten: Was tut ihr für uns — denn die Honorar-Zahlung und das Drucken allein lut es nicht, dieser Vorwurfsvoll ist eigentlich nach zwei Seiten weiter zu senden, an die Adresse der verehrten Herren Sortimenter und an die Herren der Tagespresse, Im Gegensatz zu den Büchern, die in der Tagespresse weitestgehende Beachtung finden, werden Musikalien-Neuheiten hier wie auch in der Fachpresse meist in wenig genügender Weise gewürdigt, und die Sortimenter — was tun sie für die mit Mühe und Opfern herausgebrachten Neuheiten der Verleger??« Mit diesem doppelten Fragezeichen schloß der Verleger seine Rede, — die Verteidigung wäre nun bei meinem Sortimenter. Freund gewesen, — der kostbare Wein aber war ausgelrunken, die Polizeistunde nahte, so trennte man sich, ohne das Problem der Ausnutzung einmal aufgewandler musikalicher Kräfte gelöst zu haben, aber um manche Anregung reicher. Seit ich obige Erinnerungen niederschricb, sind Monate ins Land gegangen. Vieles hat sich geändert, statt 1919 schreiben
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